Weltschmerz
Unsere liebsten Doom-Perlen, Teil 2

Special

LORD VICAR – „Fear No Pain“ (The Church Within Records, 2008)

LORD VICAR - "Fear No Pain"

Kimi Kärki lehrt Geschichte an der Universität von Turku, das liegt in Finnland. Des Weiteren lehrt Kimi Kärki Doom Metal an der Spitze von allen, das liegt auf der Hand. Nach REVEREND BIZARRE erschafft der Gitarrist als Medium die mindestens ebenso wirkungsvollen LORD VICAR. „Fear No Pain“ ist deren Debüt und eine Dekade nach Erscheinen ein mächtig lodernder Klassiker, vielleicht der jüngste im Reigen der ganz großen.

Peter Inverted erschafft LORD VICAR

Damals noch unter dem Pseudonym Peter Inverted gelingt es dem Chef, Riffberge zu Song-Gebirgen zusammenzufügen, die es schaffen, gleichzeitig für weiche Knie und Euphorie zu sorgen, die sowohl Melancholie als auch Tatendrang provozieren. Wenn Kärki zur Gitarre greift, dann treffen seine Tonfolgen genau den elektrisierenden Punkt, an dem sich Ergriffenheit und Entschlossenheit begegnen.

Hört man die sieben Stücke von „Fear No Pain“, tut sich vor dem inneren Auge eine weite, erhabene, meinetwegen ganz dezent mystisch glitzernde Landschaft auf, die aber so weit von akustischem Öl-Kitsch oder Aquarell-Idyll entfernt ist wie der Doom als solcher von Hektik oder irgendeinem zweitbesten aller Metal-Genres. Die Epik von CANDLEMASS wird geerdet durch den Schmutz des SAINT VITUS, alles natürlich in Ehrfurcht vor dem Allmächtigen Iommi und dessen linker Hand. Und unterhalb der ganz großen (religiösen) Fragen bewegt man sich hier sowieso nicht.

Chritus Lindersson veredelt „Fear No Pain“

Zweiter wichtiger Faktor bei LORD VICAR und „Fear No Pain“ ist Christian „Chritus“ resp. „Christus“ Lindersson. Der Mann ist eine der zentralen Figuren des Genres und hat unter anderem schon „“C.O.D.“ von SAINT VITUS, „Storm Warning“ von COUNT RAVEN und die beiden exquisiten Scheiben von GOATESS veredelt. Und göttliche Referenzen hin oder her: Auch Chritus Lindersson ist einzigartig. Er klingt zwar wie Ozzy mit einem Schuss mehr Volumen in der Stimme, aber doch unverwechselbar und ist exakt der Richtige, wenn es um das Vertonen schwermütig-aufrechter Doom-Epen geht.

Aus den glorreichen Sieben, die „Fear No Pain“ bilden, einzelne herauszuheben, erübrigt sich. Diese Songmonumente werfen exakt den gleichen Schatten. Hinzuweisen ist auf Details: das akustisch-leise Ende von „The Spartan“ oder den CATHEDRAL-Swing von „A Man Called Horse“. Oder auf den eindringlich-klagenden Rahmen des abschließenden „The Funeral Pyre“, das sich mit seinen beinahe schmerzhaft intensiven gut vierzehn Minuten und seiner permanenten Steigerung vielleicht doch ein wenig über die übrigen Kleinode erhebt. Wie gesagt: groß.

(Die einleitend behauptete Spitzenstellung von Herrn Kärki ist natürlich trotzdem fraglich. Fragt mal, Fodde, Wino oder eben Toni. Aber Relativierungen sind letztlich ja auch keine Lösung.)

(Marek Protzak)

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08.11.2018

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