We Came As Romans
Tracing Back Roots - 2 Reviews, eine Meinung
Special
Dass es unter Redakteuren öfters mal zu Meinungsverschiedenheiten kommt, was neue Alben angeht, ist uns bei metal.de ganz und gar nicht fremd. Wenn es aber viel seltener passiert, dass zwei Redakteure exakt der gleichen Meinung sind, nämlich dass ein großartiges Werk vorliegt, dann ist es Zeit für ein Special. Bei unseren Schreibern Jan und Fabian löst“Tracing Back Roots“, das neue Album der Modern Metaller von WE CAME AS ROMANS, pure Begeisterung aus, nachdem die beiden Gelegenheit hatten bereits vor dem Release am 26.07. in das Album reinzuhören. Aber lest selbst:
WE CAME AS ROMANS haben rückblickend auf ihre Karriere so ziemlich alles richtig gemacht. Aus der unbekannten Metalcore-Truppe aus Michigan ist in den letzten Jahren eine der bekanntesten und begehrtesten Trendformationen des modernen Metals geworden, die weder vor elektronischen Einflüssen noch vor superseichten Melodien und ultra positiver Message halt macht. Mal abgesehen von den über 150 000 (!) verkauften Platten allein in den USA und etlichen ausverkauften Konzerten, unter anderem auf dem Las Vegas Boulevard, konnten mich die Sechs aber bisher weder mit ihrem Erstling „To Plant A Seed“ noch dem gehypten Nachfolger „Understanding What We´ve Grown To Be“ wirklich beeindrucken.
Mit „Tracing Back Roots“ steht nun also Album Nummer drei in den Startlöchern, und obwohl der Titel eher auf eine Rückbesinnung schließen lässt, sind WE CAME AS ROMANS anscheinend etliche Schritte weiter in ihrer Entwicklung fortgeschritten. So gewohnt der Opener und Titeltrack noch daherkommt, mit den klassischen Growls, harten Riffs und gelegentlichen Einsätzen, so unglaublich erscheint spätestens ab „Fade Away“ der Weg, den dieses Album einschlägt. Die harten Passagen werden oft auf null gefahren, stattdessen regieren hier Mitsing-Melodien, rockige Elemente, Chöre und geradezu hymnische Passagen, die man so viel eher von stadiontauglichen 30 SECONDS TO MARS oder auch den neueren A DAY TO REMEMBER kennt. Grandios, wie das neue Konzept aufgeht; Tracks wie „I Survive“, „Never Let Me Go“ oder „I Am Free“ lassen einen nur schwer die Füße still halten und die Melodien gehen schneller ins Ohr, als einem das lieb ist. Wenn ganz selten mal alte Gewohnheiten wie die tiefen Shouts oder etwas härtere Breaks durchschimmern, dann wirkt das längst nicht mehr so aufgesetzt wie früher, und funktioniert zum Beispiel im abschließenden „Through The Darkest Dark And The Brightest Bright“ hervorragend, weil die Balance zwischen den härteren Strophen und den Mitsing-Refrains einfach stimmt. Die Elektroelemente, die auch auf den älteren Werken längst nicht den Stellenwert eingenommen haben wie beispielsweise bei Truppen wie ESKIMO CALLBOY und Konsorten, werden auch dieses Mal nur dezent zum Einsatz gebracht und unterstützen die Gitarrenfraktion immer sehr gezielt und perfekt getimet.
Mit „Tracing Back Roots“ ist den Jungs von WE CAME AS ROMANS eine wohltuende Überraschung gelungen, die so manch neuen Hörer begeistern wird, dem der Anteil an ausgelutschten Core-Parts bisher zu dominant war. Hier gibt es Ohrwürmer am Fließband, Melodien, die zum Mitsingen geradezu zwingen, und ganz viel Emotion, die ich der Band so nicht zugetraut hätte. Hier sollte jeder mal reinhören, der auf gut gemachten, melodischen, modernen Metal mit einer großen Portion Stadionrock steht – „Tracing Back Roots“ ist einfach die perfekte Mischung.
8/10 Punkte, Fabian Just
Manchmal ist es mit der Musik wirklich verrückt. Da gäbe es, rein vom Kopf her, am neuen WE CAME AS ROMANS-Output eine Reihe von Kritikpunkten, die mir bei einem anderen Album sicher den Spaß genommen hätten. Mangelnde Innovation ist da vermutlich der stärkste, denn „Tracing Back Roots“ bietet mit seinen Breakdowns und dem sehr, sehr poppigen Charakter nichts wirklich Neues.
Aber es gibt so Alben, da spielt der Kopf gar keine Rolle. Mit dem Titeltrack und Opener servieren WE CAME AS ROMANS gleich zu Beginn einen saftigen Start, der auf den Rest des Albums wunderbar vorbereitetet – wohlgemerkt ohne vorhersehbar zu werden. Der Song bricht fulminant und ohne Vorankündigung sofort los, lässt den ein oder anderen gewaltigen Breakdown niederkrachen, groovt bis zur Mitte wie sau und verfällt dann in einen leicht schmalzigen (aber irgendwie mitreißenden) Pop-Part inklusive Chorus. Das würde mich auf dem Papier erstmal gar nicht begeistern, doch WE CAME AS ROMANS schaffen es, auch in der Folge. Die etwas härteren Nummern „Ghosts“ und „Present, Future, and Past“ duellieren sich dabei gar um den Titel zu meinem „Modern Metal Song des Jahres“. Aber auch die „seichteren“ Songs bieten teils absoluten Highlight-Charakter. „Never Let Me Go“ geht trotz, oder gerade wegen, der Menge Pathos sofort ins Ohr und der Refrain des etwas flippigeren „A Moment“ lässt sich auch nur schwerlich aus dem Gedächtnis vertreiben. Mit „Through The Darkest Dark And Brightest Bright“ geleiten einen WE CAME AS ROMANS dann auch nochmal amtlich aus dem Album, ähnlich wie beim Opener mit einer gesunden Zusammenfassung des Albums.
„Tracing Back Roots“ hat nur wenige leicht abfallende Songs, die dank der enormen Qualität des restlichen Materials aber keineswegs Material für die Skip-Taste sind. Überhaupt bin ich völlig überrascht, dass mich eine Band wie WE CAME AS ROMANS dazu verleitet, ein Album seit einigen Tagen rauf und runter zu hören. Da spielt dann auch der Kopf keine Rolle mehr, wer aus einer eigentlich standardisierten Schablone so mitreißende Songs schreibt, darf für meinen Geschmack auch herzlich wenig auf Innovation geben!
8/10 Punkte, Jan Wischkowski
„Tracing Back Roots“ erscheint am 26.07.2013 via Nuclear Blast Records