Twisted Talent Entertainment
"Kunst kann man doch mit vielen Ideen präsentieren."
Special
Willkommen zu einem Jahresabschlussspecial der besonderen Art. Natürlich präsentieren wir Euch in den kommenden Wochen auch unsere gewohnten Jahresbestenlisten. Aber da dieses Jahr aufgrund der immer noch anhaltenden Corona-Pandemie gerade für die gesamte Veranstaltungsbranche mehr als schwierig ist, haben wir uns folgendes überlegt: Warum lassen wir nicht einfach mal VertreterInnen der Industrie zu Wort kommen? In den nächsten Wochen werden wir euch hier Texte präsentieren, die von Bands, Veranstaltern etc. verfasst worden sind. In diesen können sie ganz persönlich beschreiben, wie 2021 für sie gelaufen ist. Der vierte Beitrag stammt von unseren Freunden von Twisted Talent Entertainment. Dabei handelt es sich um eine Booking-Agentur, welche schon vor 25 Jahren von Jörg Michael gegründet worden ist (ex-Schlagzeuger von unter anderem RUNNING WILD, SAXON und STRATOVARIUS). Er begleitet damit namhafte internationale Acts wie MUCC, DIR EN GREY, TRIPTYKON, IN EXTREMO oder MINISTRY auf ihren Touren weltweit. Der Text wurde von Jörg Michael verfasst. Er allein ist verantwortlich für die folgenden Zeilen.
Seit nunmehr fast zwei Jahren versuchen wir unser Leben neu zu ordnen und nicht nur den Virus, sondern auch das neue Leben zu verstehen. Für uns in der Veranstaltungsbranche hat sich seitdem alles komplett verändert! Pausenlos werden Konzerte und Festivals nach hinten verlegt oder abgesagt und wenn etwas stattfindet, dann nur unter aufwendigen Auflagen. Ein Ende ist nicht wirklich in Sicht, hoffen wir mal das Beste. Hoffnung stirbt bekanntlich zum Schluss!
Somit mussten wir uns etwas Neues einfallen lassen und haben an verschiedenen Konzepten von Streamingshows gearbeitet. Ich möchte hierzu betonen, dass wir das auch schon vorher gemacht haben, weil es uns komplett auf den Sack ging, immer diese drittklassigen Videos, die „for free“ ins Netz gestellt wurden, zu verfolgen. Wer möchte denn wirklich die verschwommen, verwackelten Bilder von einem Konzert aus einem iPhone sehen? Muss es denn immer umsonst sein, ist keiner mehr bereit auch für Kunst zu investieren, ist Kunst überhaupt nichts mehr wert? Kunst kann man doch mit vielen Ideen präsentieren.
Ein großes Problem, mit dem wir von Anfang an zu kämpfen hatten, war, dass die Künstler oder Managements das fast immer nur als Alternative zu einer Liveshow gesehen haben. Das ist es aber weiß Gott nicht. Es gibt keine Fans, keine direkte Interaktion, kein Schweiß, Blut oder Tränen. Es ist ein komplett anderes Medium, wo man als Künstler schon kreativ werden muss, um etwas Besonderes auf die Beine zu stellen.
Wir haben so um die 20 Aufführungen veranstaltet/gestreamed, die auch immer besser wurden und dann hat mir mein alter Freund Andy Siry (Manager von POWERWOLF) Matthew Greywolf vorgestellt, der das alles genauso verstanden hat wie ich. Das war absolut großartig, der Typ ist ein Genie! Ein Konzept hatte er dazu sogar auch schon im Kopf und wir haben dann circa neun Monate an der Realisierung einer Show gearbeitet, die am 17. Dezember ihre Premiere feierte.
Von Anfang an haben wir uns nicht an irgendwelchen Elementen einer Liveshow gehalten, sondern haben das als komplett anderes Medium wahrgenommen. Herausgekommen ist ein wahnsinnige, einzigartige, bizarre, monumentale Show die wir weltweit veröffentlichen und streamen konnten! Diese Show stellt meiner Meinung nach ein Beweis dafür dar, das präsentieren von Kunst auch eine Daseinsberechtigung entfernt von Platten oder Live Shows hat. Das wir uns auch präsentieren können, wenn wir keine Festivals und Liveshows veranstalten können.
Somit eröffneten sich durch die Pandemie ganz andere Möglichkeiten beziehungsweise Visionen und wenn man es richtig betrachtet, kann das durchaus auch für viele andere Acts eine Möglichkeit sein, sich mal anders zu präsentieren.
Wie schon gesagt: Es kann nie eine Alternative oder ein Ersatz zu einem Livekonzert sein und so sollte man es auch gar nicht betrachten. Es ist eine neue Art, seine Kunst zu präsentieren, sich seinen Fans zu präsentieren.
Ich wünsche uns allen das wir bald lernen mit dieser Situation zu leben und wünsche euch allen ein besseres Jahr 2022 und all das, was 2021 nicht war, …
In diesem Sinne, macht nichts, was ich tun würde,
Jörg Michael