Wacken 3D
Der Kinofilm
Special
Klänge von MACHINE HEADs „Darkness Within“ leiten ein in Wacken 3D – den Kinofilm zum Festival -, begleitet von einer ergreifenden Rede von Sänger Robb Flynn. Ein typischer Metalhead macht sich auf den Weg durch Wacken nach „Wackööön!“ und nimmt den Zuschauer mit auf den Trip zum größten Metalfestival der Welt. Gleich vorab – der Zuschauer wird tatsächlich augenblicklich direkt eingpackt und ab nach Wacken verfrachtet! Unterbrochen wird die Dokumentation von kurzen Statements direkt aus der Spitze der Szene – Mikkey Dee, Henry Rollins, Jeff Waters, Joakim Brodén, Alice Cooper und auch Scott Ian geben Anekdoten zum Festival oder zur generellen Leidenschaft für harte Mucke ab.
Natürlich gibt es in einem Kinofilm über Wacken auch eine Menge Liveperformances, und RAMMSTEINs Till Lindemann scheint, zumindest bei „Du Hast“, einen lockeren Tag gehabt zu haben, denn die Fans übernehmen den Großteil des Gesangs für ihn. Die Specialeffekte von RAMMSTEIN sind natürlich für 3D wie gemacht. Wacken 3D zeigt aber selbstverständlich nicht nur große Bands, sondern auch frische Bands wie ALPHA TIGER oder Dr. LIVING DEAD!, die nicht minder rocken. Genauso bunt wie das Festival ist also auch der Film, und so reihen sich ESKIMO CALLBOY also direkt an RAGNAROK und die wiederum an Acts wie ANVIL oder DORO – eine gewisse Toleranz sollte also schon vorhanden sein.
Was die Besucher jedes Jahr auf die Beine stellen, ist auch tatsächlich filmreif, manches hätte man nicht besser erfinden können. Man kann locker den Eindruck gewinnen, dass sich hier jedes Jahr nur Kaputte treffen und Wacken ärztlich verordnet wird. Ein weiblicher Metalfan aus Taiwan bringt es auf den Punkt: „Man kann hier sehr verrückte Leute treffen, aber irgendwie ist es auch der friedlichste Platz auf Erden“. Die erst offensiv und einfach nur sinnlos pöbelnd wirkenden Typen werden auch mal auseinandergenommen, hinter so manchem erst doofen Spruch steckt nämlich doch eine Message. Denn auch „gute Laune verbreiten“ oder anderen Leuten mit Gewalt „den Stock aus dem Arsch ziehen“ kann ein Auftrag sein. Groß sind auch die Bilder vom Schwimmbad Wacken, einige würde schon alleine dafür jedes Jahr nach Wacken pilgern. Etwas unrealistisch sind allerdings die Aufnahmen von einem komplett ruhigen Zeltplatz am Morgen, nur leises Schnarchen ist zu hören – ja klar, träumt weiter…
Es gibt auch einen intimeren Einblick in das Wacken Battle bzw. die Teilnehmer aus den verschiedenen Ländern. Mikkey Dee offenbart, dass er sich auch gerne mal den Metal Battle anschaut, das sollte Motivation genug sein. Wenn dieses Projekt mal nicht die Welt verbindet, was dann? Man kann sogar sagen, dass dieser Teil des Films wohl der beeindruckendste ist. Denn hier folgen den Worten Taten. Die Metalheads feiern die Bands aus der Mongolei und Russland ab, freuen sich über fremde Klänge – das ist Völkerverständigung und Zusammenhalt ohne jegliche Schranken oder Vorurteile.
Wacken 3D legt großen Wert darauf, genau diesen Aspekt von Musik stark zu gewichten. So mancher Jugendlicher, der gerne nach Wacken möchte, aber noch nicht darf, dürfte mit diesem Film seine Argumentation gegenüber den skeptischen Eltern erhöhen. So böse sind die Metaller nämlich gar nicht, Fans aus aller Welt reisen jährlich an und feiern, verrückt aber friedlich, die größtmögliche Metalparty. Man kann es auch Werbegewäsch nennen, aber wenn ALICE COOPER sagt, dass er sich hier zuhause fühlt – na ja, das hat schon was. Stellt einfach mal den typischen deutschen „Mimimi, alles ist doof-Modus“ aus und freut euch, dass das größte Metalfestival in Wacken stattfindet.
Der Schnitt ist sehr entspannend, keine wilden Kamerafahrten und eine schöne ausgewogene Mischung auch Nahaufnahmen und Panoramabildern. 3D-Animation über die Müllsäcke sind jetzt eher unnötig, aber gerade beim Stageabgang der Künstler oder dem Abfilmen der ekstatischen ersten Fanreihen ist der Effekt sinnvoll genutzt. Die verschlammten Fans sind für den Film natürlich ein auch Gewinn und werden mit einer Oper packend in Szene gesetzt. In Zeitlupe fliegen die Schlammmtropfen langsam auf den Zuschauer zu, verdreckte Haare peitschen aus emtionsgeladenen Gesichtern – ein Stilbruch, aber einer interessanter Einfall. Das anschließende „I Am The Law“ von ANTHRAX wirkt aber schon irgendwie erlösend.
Der Sound ist schlichtweg perfekt und katapultiert den Hörer mitten in die Live-Situation. Alles andere wäre bei einem Film über DAS Musikfestival auch echt peinlich und unverzeihlich gewesen. Das Wikingerdorf und alle sonstigen Kirmesakitivitäten werden übrigens komplett ausgeklammert, auch Wacken selbst. Den letzten Worten des Filmes kann man nur uneingeschränkt zustimmen… „Solange die Veranstalter Wacken machen wollen, wird es jedes Jahr ausverkauft sein…“
Ausklingend gibt es verstaubte Fotos, die die Reise vom kleinen Festival zum größten Festival der Welt anschneiden. Leider zu wenig, davon und von der Historie Wackens hätte man noch mehr bringen können. Zusammenfassend ein kurzweiliger unterhaltsamer Film, der die Atmosphäre von Wacken nahebringt, aber einen eigenen, echten Besuch und das Gefühl nicht ersetzen kann. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass einige Festivalveranstalter sich daran ein Beispiel nehmen, sodass eine Teil dieser wichtigen Kultur für die Ewigkeit festgehalten wird.
Folgende Bands kommen im Film zur Wort oder/und sind mit einem Live-Mitschnitt dabei:
DEEP PURPLE
ANTHRAX
MOTÖRHEAD
ALICE COOPER
RAMMSTEIN
HENRY ROLLINS
ANNIHILATOR
TRIVIUM
SABATON
DORO PESCH & BIFF BYFORD
ANVIL
ALPHA TIGER
RAGNAROK
LAMB OF GOD
BLAAS OF GLORY
DR. LIVING DEAD
DUNDERBEIST
KAMIKAZE KINGS
ESKIMO CALLBOY
NINE TREASURES
GOD – THE BARBARIAN HORDE
ROTTEN STATE