Hit or Shit?
Virgin Steele - The Passion Of Dionysus
Special
„The Passion Of Dionysus“ = Hit
Um eines vorweg zu nehmen: VIRGIN STEELE waren einst eine gute Heavy-Metal-Band, die man auf jeder MANOWAR-Party getrost zwischen „Carry On“ und „Pleasure Slave“ platzieren konnte. Da es für dieses Format eben auch einen positiven Hit-Teil benötigt, muss man alleine aus der Geschichte heraus einen Versuch starten, „The Passion Of Dionysus“ etwas Gutes abzugewinnen.
Die 180-Grad-Wende im Grabe
Und tatsächlich klingt der wirklich allererste Akkord und das anschließende Lick nicht einmal schlecht und lässt Hoffnung auf ein versöhnliches Ende aufflammen. Kollege Rothe wird sicherlich noch auf den Sound dieser Produktion eingehen, deshalb machen wir es an dieser Stelle kurz: Den Klang als scheiße zu bezeichnen, wäre geprahlt. Man wünscht sich bald die Kiste herbei, damit man die Platte nicht bis zum letzten Ton hören muss, würde sich beim Gedanken daran Ronnie James Dio sicherlich noch einmal umdrehen.
Passable Ideen scheitern an der fehlenden Selbstreflexion von VIRGIN STEELE
Wenn man ehrlich ist, finden sich neben stumpf eingesetzten Keyboards aus dem Bontempi-Fundus und Gesangsmelodien, die offenherzig zum Fremdschämen einladen, auch ein paar gute Ansätze, die allerdings kaum durch den schrecklichen Sound bis in die Gehörgänge durchdringen können. „A Song Of Possesion“ beispielsweise, legt mit einem flotten Auftakt los, während der Sound von einem x-fach überspielten Mixtape anno 1983 stammen könnte. Ist das Absicht oder Ignoranz?
„The Passion Of Dionysus“ bringt kein kurzweiliges Vergnügen
Dazu passt auch, dass diverse Songs die 10-Minuten-Marke ankratzen, „The Ritual Of Descent“ die Ohren sogar 12:41 Minuten malträtiert. Klar, das Mainriff könnte schön heavy sein. Könnte… Ach, drehen wir den Spieß einfach um. Sänger DeFeis und Kollegen scheinen Regeln auch nicht zu kümmern. „The Passion Of Dionysus“ hat es geschafft, diese Rubrik von „Hit Or Shit“ auf „Shit! Shit!! Shit!!!“ umzutaufen.
(Oliver Di Iorio)
„The Passion Of Dionysus“ = Shit
Um „The Passion Of Dionysus“ etwas Positives abzugewinnen, muss man wirklich eine größere Menge Fantasie aufbringen als J.R.R. Tolkien bei der Erfindung von Mittelerde. Frontmann David DeFeis schändet das Erbe dieser einstmals großen Band seit Jahren mit einer Gümmelveröffentlichung nach der anderen, gegen die selbst jüngere MANOWAR-Veröffentlichungen wie genrerevolutionierende Meisterwerke wirken. „The Passion Dionysus“ setzt diesen Peinlichkeitstrend nahtlos fort.
Gescheiterter Metal-Jesus
Den Anfang macht das Cover. Am Kreuz hängend inszeniert sich DeFeis als heilsbringender Metal-Jesus. Was ihn da geritten hat, bleibt sein Geheimnis. Schließlich hat die titelgebende Figur Dionysus aus den griechischen Sagen keinerlei Bezug zur christlichen Mythologie. Wahrscheinlich war kein Geld für ein gescheites Artwork vorhanden. Oder DeFeis leidet unter Größenwahn. Oder beides.
Für erstere These spricht derweil der Pappsound des Albums. Im Ernst: So eine beschissene Produktion würde selbst die hinterletzte Garagenband nicht als finalen Sound zulassen, für den die Fans im Laden Geld ausgeben sollen.
Zwischen den Instrumenten fehlt jegliche Balance. Die Gitarren sind viel zu laut, die Drums, hinter denen sich vermutlich ein Computer verbirgt, versinken irgendwo im Nichts. Währenddessen sticht der Bass zwar hervor, klingt aber so stumpf, da waren selbst Synthie-Bässe in den 80ern authentischer. Jegliche Form von Qualitätskontrolle existiert bei VIRGIN STEELE augenscheinlich nicht mehr.
VIRGIN STEELE sind nicht mehr zu retten
Doch selbst mit einer Top-Produktion wäre „The Passion Dionysus“ absolute Rohstoffverschwendung. DeFeis bringt als Songwriter nicht eine gute Idee mit. Zwischen Kinderliedmelodien in „You’ll Never See The Sun Again“ und Möchtegern-Epik in „The Ritual Of Descent“ haut er ein Grabbelkistenriff nach dem anderen raus. Die Arrangements sind teils so überladen und unausgegoren, dass es brutal peinlich wird.
Dadurch werden die knapp 80 (!!!) Minuten Spielzeit zur absoluten Qual. Wer „The Passion Of Dionysus“ von vorne bis hinten am Stück durchzieht, verliert entweder den Verstand oder widersteht jeglicher Folter besser als James Bond. Denn nichts als Folter ist diese Platte. VIRGIN STEELE gehören endgültig beerdigt. Hier ist nichts mehr zu retten.
(Dominik Rothe)