Turn Back Time To 1996
Folge 7: "Velvet Darkness They Fear" von Theatre Of Tragedy

Special

1996: Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Gothic Metals. Just zu dieser Zeit fangen Metal-Mailorder an, Kerzen in ihr Programm aufzunehmen, dazu schweren Silberschmuck und schwarze Mäntel für den Herren von Welt. Die von Wegbereitern wie PARADISE LOST und TIAMAT aufgedeckte Verbindung zwischen Gothic, Doom und Death Metal wird weiter ausgebaut durch Bands wie THE GATHERING und LAKE OF TEARS.

Eine Band, die mit ihrem selbstbetitelten Debüt ein Jahr zuvor aufhorchen ließ und nun ihr Vorzeigewerk veröffentlicht, setzt sich mit an die Spitze dieser Bewegung: THEATRE OF TRAGEDY mit „Velvet Darkness They Fear“.

Theatre Of Tragedy – Bandfoto (1996)

THEATRE OF TRAGEDY: „Velvet Darkness They Fear“ – Fakten

„Velvet Darkness They Fear“ erschien am 18. August 1996 bei Massacre Records. Aufgenommen wurde das Album im Commusication Studio Beindersheim im Frühsommer 1996. Die Produktion von Pete „Pee Wee“ Coleman kommt auf knapp über fünfzig Minuten Spielzeit (52:00) und neun Songs.

Bandbesetzung:

Tracklist:

  1. Velvet Darkness They Fear
  2. Fair and ‚Guiling Copesmate Death
  3. Bring Forth Ye Shadow
  4. Seraphic Deviltry
  5. And When He Falleth
  6. Der Tanz der Schatten
  7. Black as the Devil Painteth
  8. On Whom the Moon Doth Shine
  9. The Masquerader and Phoenix

 

Theatre Of Tragedy – „Velvet Darkness They Fear“ (Cover)

Was macht „Velvet Darkness They Fear“ besonders?

THEATRE OF TRAGEDY, gegründet 1993 im norwegischen Stavanger, veröffentlichen 1995 ihr selbstbetiteltes Debütalbum (noch produziert von Dan Swanö) , das noch merklich im Death Doom-Metal verortet ist, allerdings bereits das bezeichnende Merkmal der Band aufweist: Den Soprangesang von Frontfrau Liv Kristine Espenæs, die sich die Gesangsarbeit mit der tiefen Stimme von Raymond Rohonyi teilt. Im Folgejahr erscheint dann „Velvet Darkness They Fear“, das mit über 100.000 verkauften Alben auch kommerziell ein Erfolg wird. Gerade im Jahre 1996 ernten viele Wegbereiter des Gothic Metal die Früchte, die sie mit bahnbrechenden Alben gesät haben – darunter MOONSPELL, TYPE O NEGATIVE und THE GATHERING. Das Genre ist zu dieser Zeit populär und angesagt wie später wohl nie mehr: Die „Draconian Times“ führte ein Jahr zuvor PARADISE LOST in seichtere Gefilde, TIAMATs Meilenstein „Wildhoney“ ist auch gerade erst zwei Jahre alt.

Genau auf dieser Welle surfen auch THEATRE OF TRAGEDY mit, allerdings in einer bis dahin ungewöhnlichen Ausprägung und Atmosphäre. Dies ist auch dem Einsatz eines Streichensembles und einem Songwriting zu verdanken, welches man getrost als „geschmeidig“ bezeichnen kann: Die groben Kanten des Death Metal sind weitestgehend glattgehauen, insbesondere der Gesang wird noch stärker in den Vordergrund gerückt. Zudem wählt man einen erzählerhafteren Stil und weniger Impulsivität. Dies spricht auch aus den in „And When He Falleth“ eingefügten Zitaten, die aus einer auf Edgar Allen Poe basierenden Verfilmung („The Masque of the Red Death“ – deutsch: „Satanas – Das Schloß der blutigen Bestie“) entnommen sind. „Velvet“ („Samt“) passt in dieser Hinsicht also hervorragend zu dem Album, denn samtig-weich säuselt „Velvet Darkness They Fear“ aus den Boxen.

Warum „Velvet Darkness They Fear“ 2016 noch rauskramen?

Wenn es eine Blaupause für den klassischen „Beauty And The Beast“-Gesang gibt, dann auf diesem Album. Die wunderbare Liv Kristine Espenæs als weibliche Leadstimme, ergänzt um die tiefe Stimme von Raymond I. Rohonyi, der zwischen Sprechgesang und Growling pendelt. Im Hinblick auf die Ausgereiftheit der Songs und den „Hitfaktor“ stellt „Velvet Darkness They Fear“ sogar das Debüt „Theatre Of Tragedy“ in den Schatten. Apropos „Schatten“: Mit „Der Tanz Der Schatten“ hat man einen ordentlichen Club-Hit im Gepäck. Jede Party, jede Disco, die sich ein bisschen den düsteren Klängen, verschrieben hat, sei es Metal oder Gothic, nimmt den Titel in die Playlist auf – passend zur Geburtsstunde entsprechender Veranstaltungsreihen, die die Genregrenzen zwischen den Subkulturen Gothic und Metal weiter auflösen.

Da der Rest des Albums mit durchaus wunderbarem und stimmungsvollem Gothic Metal überzeugen kann, gerät dabei ein bisschen in den Hintergrund: Sei es das dramatische „And When He Falleth“ oder „Fair And Guiling Copesmate Death“. Das Album trifft genau die richtige Dosierung zwischen rauem Death Metal-Charme und leichten, poppigen Elementen, die auch durch den Einsatz der Keyboards und Violinen noch befördert wird.

Zugegeben: „Velvet Darkness They Fear“ würde bei heutiger Veröffentlichung einen schwereren Stand haben als 1996, was insbesondere einer Flut an nacheifernden Projekten (von TRISTANIA über DRACONIAN bis SHAPE OF DESPAIR) geschuldet ist. Aber dennoch zeigt sich auch zwanzig Jahre später noch die Qualität, die der damaligen Veröffentlichung innewohnt. Die Stimme von Liv Kristine ist nach wie vor ein herausragendes Merkmal, die Produktion ist nicht zu glatt geraten und zeitlos. Unterhaltsam ist „Velvet Darkness They Fear“ zudem nach wie vor – ein Album, das jeder Fan des Genres im Schrank haben sollte.

Theatre Of Tragedy (Bandfoto)

Und was kam nach „Velvet Darkness They Fear“?

Was nach „Velvet Darkness They Fear“ aus dem Hause THEATRE OF TRAGEDY kam, ist dann jedoch nicht unumstritten: Setzt „Aegis“ bereits auf eine deutlich poppige Ausrichtung, bleibt der düster-romantische Charme dennoch erhalten. Mit „Musique“ (2000) und schließlich „Assembly“ (2002) wendet man sich einem eingängigen Elektro-Rock zu und lässt die metallischen Wurzeln weitestgehend hinter sich. Nach der Trennung von Liv Kristine im Jahre 2003 kehren „Storm“ (2006) und „Forever Is The World“ (2009) zwar wieder zu härteren Klängen zurück, die Klasse der ersten Alben wird jedoch nicht mehr erreicht. 2010 lösen sich THEATRE OF TRAGEDY schließlich auf.

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20.09.2016

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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