Todtgelichter
Das meint die Redaktion zu "Angst"...
Special
Das dritte Album der Hamburger TODTGELICHTER hört auf den kurzen, aber prägnanten Namen „Angst“. In der Hauptrezension lässt sich bereits erahnen, dass es sich bei „Angst“ um etwas ganz Besonderes handelt. Daher haben sich auch einige weitere Redakteure die Zeit genommen, „Angst“ ihr Gehör zu schenken und ein paar Sätze darüber zu formulieren…
Nun, Großes habe ich erwartet, nachdem es bereits viele Stimmen gibt, die „Angst“ in die Höhe heben und jetzt schon als Topalbum bezeichnen. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen, die sich letzten Endes leider nicht erfüllt haben. Nein, „Angst“ ist keineswegs übel, ganz und gar nicht; das Album ist in sich stimmig, bietet eine gute spielerische Leistung, ist musikalisch vielfältig, sauber und rein produziert und frei von bösen Zwängen und Etablierungsabsichten. Dennoch greift es mich nicht so sehr wie manch anderen, oder kurz gesagt: Die Musik berührt mich nicht. Warum? Nun, ich werde im Folgenden versuchen, dies zu erklären.
Von ‚weder Fisch noch Fleisch‘ will ich nicht sprechen, denn die Mischung aus Black Metal, progressiven Elementen und atmosphärischen Parts mit Klargesängen und BM-Kreischerei, die TODTGELICHTER auf „Angst“ präsentieren, ist eigentlich ein ganz guter Wegbereiter. Es sind die Songs an sich, bei denen es mich nicht voller Überzeugung fasst. Sie klingen wohl durchdacht und zeugen übertrieben gesagt fast schon von einer Art klinischen Perfektion, der man kaum nennenswerte Kritik entgegenbringen kann, aber vielleicht ist es gerade das, was mich eben nicht vor Begeisterung in die Höhe schnellen lässt. Es fehlt mir an Tiefe, an Emotionen, an Gefühl, an Raum zur Interpretation; alles ist klar definiert und vorgefertigt. Einzelne Parts sind durchaus erste Sahne, besonders dann, wenn TODGELICHTER den Gitarren etwas den Saft nehmen und nicht knallhart herumknattern, und trotzdem bleibt bei mir der Eindruck, hier nichts besonderes zu hören, sondern einfach nur eine ordentliche Mischung aus weiter oben genannten Zutaten. Als wenn diese Band noch nicht ganz ihren Weg gefunden hat und auf „Angst“ noch viel ausprobiert. Manchmal ist eben das Wildern in und das Zusammenfügen vieler verschiedener Elemente der Musik nicht das Gelbe vom Ei…
Bei aller Kritik sei gesagt, dass TODTGELICHTER ihre Sache trotzdem ganz gut machen, sie gehören aber meines Erachtens nicht zur Spitzenklasse, denn dafür sind ihre Stücke einfach nicht greifbar genug; nicht im Sinne von ‚macht ’nen Hit‘ sondern im Sinne von Wiedererkennungswert und einem ‚catchy Faktor‘. Es muss greifbar sein.
Was ich aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass man „Angst“ häufiger hören muss, um es zu erfassen.
Ich versuche es also weiter…
7/10 (Sickman)
Für leichte Kost waren TODTGELICHTER noch nie bekannt, doch was sie mit „Angst“ abliefern, fällt schwer zu beschreiben. Typisch Black Metal waren die Hamburger noch nie, doch auf ihrem Drittling lässt sich nur wenig von der Stimmung finden, die ich eben jenem Genre zuschreiben würde, in dem sie normalerweise gehandelt werden. Vielmehr ist „Angst“ etwas geworden, das schwer zu beschreiben ist, lediglich die Vocals fallen sehr schwarz aus. Darüber hinaus gibt es aber viel gewöhnungsbedürftiges, da wäre z.B. der Frauengesang, der in immerhin vier Stücken auftaucht und auf mich immer noch befremdlich wirkt. Aber auch die warme Stimmung lässt „Angst“ eher schön denn beängstigend wirken. Trotzdem bleibt ein beklemmender Beigeschmack; die Gitarren sind es, welche die Hamburger schon immer zu etwas besonderem machten und so ist auch diesmal. Sowohl die Melodien als auch das Riffing haben etwas verstörendes an sich, das das sonst so schmeichelnde Album kompliziert, ja wirklich schwer verdaulich macht. Es bleibt nebulös und das auf „Schemen“ Begonnene wird auf eine neue Ebene gehoben, ohne dabei zu viele oder zu wenige Elemente des Vorgängers zu verarbeiten. Für mich bleibt „Angst“ ein schwieriges, aber verdammt noch mal großartiges Album, das mit Sicherheit zu den besten Alben im Jahre 2010 gehört und beweist, dass Hamburg langsam zur Bastion des deutschen Metal werden, OPHIS erdrücken schließlich auch von dort jeden Sonnenschein. „Angst“ ist ein Pflichtkauf!
9/10 (The.Beaver)
TODTGELICHTER erwischen mich mit „Angst“ völlig unvorbereitet. Bisher hatte ich nicht unbedingt ein schlechtes Gewissen, ihre musikalische Laufbahn mit geringem Interesse verfolgt zu haben. Heute kann ich nicht mal behaupten, von Anfang an dabei gewesen zu sein. „Angst“ ist keines von diesen Alben, die ehemalige BM-Bands veröffentlichen, weil sie gemerkt haben, dass sie lieber DHG wären, im Unterschied zu Letzteren aber niemals etwas auf dem Niveau von „Kronet Til Konge“ zustande bringen würden. „Angst“ ist viel authentischer, persönlicher und um Längen besser als alles, was die Nordlichter bisher veröffentlicht haben. „Cafe Of Lost Dreams“ eröffnet einen miesen Drogentrip in die Welt der eigenen Ängste und postmodernen Unsicherheiten.
Die musikalische Ausgestaltung beruft sich dabei im Wesentlichen auf ungewöhnliche Gitarrenarrangements und gewinnt vor allem durch Martas geschmackvolle Gesangsleistung enorm an Tiefe, während sich in Nils’ Stimme die klassische Black-Metal-Vergangenheit der Band aufbäumt. „Angst“ ist introvertiert, schwierig und ergreifend, musikalisch unkonventionell, ohne dabei zu gewollt zu klingen und von beeindruckender Wirkung.
8/10 (Timm)
TODTGELICHTERs neues Album geriet für mich zu einer echten Überraschung – und das nicht, weil ich die Band bis dato nur vom Namen her kannte. Nein, „Angst“ hat mich in gewisser Weise genauso überrollt, wie es dieses Jahr schon den Schweizern BLUTMOND mit ihrem aktuellen Werk „Thirteen Urban Ways 4 Groovy Bohemian Days“ gelungen ist. Wenn es nämlich eins ist, was diese Alben musikalisch ausstrahlen, dann absolute Eigenständigkeit und Freiheit. Weder BLUTMOND noch TODTGELICHTER spielen reinrassigen Black Metal, sie geben sich auch nicht mit eine der vielen unübersichtlichen und arbiträren Subkategorien zufrieden. Sie klingen nicht frei, weil sie aus Versatzstücken des weiten Black Metal Spektrums des 21. Jahrhunderts eine möglichst individuelle Note kreiert haben, sondern weil sie tatsächlich freies, von Konventionen befreites Denken, in ihre Kompositionen einfließen lassen. Damit macht man sich nicht jeden Szenegänger zum Freund, entlastet sich aber gleichzeitig von diesem unnötigen Erwartungsdruck, etwas Formgerechtes produzieren zu müssen.
BLUTMOND und TODTGELICHTER – diese Bands spielen nicht einfach einen eigenen Stil, nein, sie haben tatsächlich einen ureigenen Sound gefunden, den ihnen niemand mehr nehmen kann. Und wenn ein Album wie „Angst“ echte Identität widerspiegelt, dann verdient das vollste Anerkennung!
9/10 (Beta)
Vorab: Bislang habe ich die Hamburger Black-Metal-Band TODTGELICHTER eher am Rande wahrgenommen, und das versetzt mich in die glückliche Lage, an das neue, mittlerweile dritte Opus „Angst“ unvoreingenommen heranzugehen. Denn eins machen schon die ersten Klänge von „Angst“ klar: Des Black Metals reine Lehre ist das nicht, und durchschnittlich – ein Attribut, das noch für das Debüt zutreffend gewesen sein mag – erst recht nicht. Insofern spuken mir keine Bilder im Kopf herum, was die Band einmal verkörpert haben mag und wofür sie stand. Musikalisch wird man sich nun auf das Etikett „Post-Black-Metal“ einigen können, was bedeutet, dass Rockelemente in den Sound Einzug gehalten haben, dafür aber die meisten offensichtlichen Extreme über Bord geworfen wurden.
Ist aber letztlich auch egal, denn „Angst“ trägt seinen Titel nicht zu unrecht, sondern ist eine teilweise verdammt intensive Angelegenheit. Dabei macht sich die Band anfangs das Leben schwer: Die ersten beiden Tracks „Café Of Lost Dreams“ und „Bestie“ vermögen es noch nicht, mich vollends zu überzeugen: Etwas holzschnittartig die Arrangements, etwas gewollt der erste Blastbeat des Albums, und der weibliche Gesang klingt etwas zu unnahbar. Spätestens mit dem dritten Song „Oblivion“ haben mich die TODTGELICHTER aber gepackt: Irgendwo angesiedelt zwischen Depression, Verlassen und Verdammnis. Groß auch das zunächst heimelige „Phobos & Deimos“, das sich aber sehr bald in eine Achterbahnfahrt abwärts entwickelt. „Neon“ erinnert ein wenig an die Norweger IN THE WOODS…, und das ist natürlich Kompliment genug. In diesem Bereich bewegen sich die restlichen drei Songs, spannend aufgebaut und in Szene gesetzt. Immer im Fluss, teilweise rasant rauschend, und definitiv keine verkopfte Angelegenheit. Kurzum: „Angst“ macht in seiner Intensität Spaß, ist vielseitig und äußerst ansprechend umgesetzt.
8/10 (Eckart)
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Stile | Black Metal |
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