Thunder
Ein Blick auf die Jahre von 1996 bis 2003
Special
THUNDER rund um das Millennium ist ohne die Anfangszeit nur bedingt nachvollziehbar. 1992 erscheint „Laughing On Judgement Day“, von Andy Taylor und Luke Morley produziert, das zu einem Bestseller wird. Auch der Nachfolger „Behind Closed Doors“ (1995) kann sich hören lassen und Touren mit VAN HALEN und BON JOVI sind die Folge. THUNDER ist ein UK-Rock-Bestseller, entgegen dem einsetzenden Trend von Grunge, Nu Metal und anderen Strömungen.
Classic Rock wird mal wieder für bereits lange verstorben erklärt, was THUNDER nicht daran hindert 1996 „The Thrill of It All“ zu veröffentlichen. Zumindest in UK ist der Hard Rock noch lange nicht gestorben und die Scheibe durchaus erfolgreich, aber kein zweites „Laughing On Judgement Day“.
„Play That Funky Music“, ein Cover von WILD CHERRY, steht als Synonym für die Veränderung von THUNDER. Funk und Soul-Einflüsse lassen „Giving The Game Away“ einen Flop werden, sodass THUNDER sich nach einer kurzen Tour 1999 auflösen.
Oft ist das Wacken Open Air die Initialzündung für eine Band-Reunion. Bei THUNDER nennt sich das Festival Monsters Of Rock, wo 2002 das Reunion-Konzert über die Bühne geht. Anfänglich werden Aussagen über eine dauerhafte Reunion dementiert, doch spätestens als „Shooting At The Sun“ im Musikfachhandel steht, ist klar: THUNDER sind zurück und kehren auch zu dem Sound zurück, mit welchem die Band bekannt geworden ist.
Wir widmen uns ausführlich den drei Releases zwischen 1996 und 2003, welche via BMG neu auf Vinyl aufgelegt werden und ab dem 20. Oktober 2023 in den Plattenläden stehen. Erfahrene Menschen werden sich erinnern: Der Handel mit Tonträgern war rund um die Jahrtausendwende nahezu ausschließlich auf die CD fixiert. Vinyl war out, wenn neue Scheiben auf Vinyl veröffentlicht worden sind, dann nur in sehr begrenzten Stückzahlen und oft nur in bestimmten Ländern.
„The Thrill Of It All“, das vierte Studioalbum von THUNDER, hat zwei Veröffentlichungstermine. Im September 1996 in Japan, am 2. Februar 1997 in Europa. Als Vinyl und als CD wird die Scheibe aufgelegt, Vinyl jedoch nur 5000 Kopien, welche nummeriert sind und circa 25 Jahre später ein Sammlerobjekt.
Das Songwriting gestaltet sich anders als bei den vorherigen Werken: Sänger Danny Bowes und Gitarrist Ben Matthews halten sich vornehm zurück, die Songs stammen aus der Feder von Luke Morley und Drummer Gary „Harry“ James. Aus persönlichen Gründen fehlt der eigentliche Bassist Mikael Höglund, Morley spielt daher den Bass komplett ein. Im Laufe des Jahres verlässt Höglund die Band.
„The Thrill Of It All“ geht auf Nummer sicher
Bereits der Opener macht klar, wo THUNDER 1996 ihre Stärken haben. „Pilot Of My Dreams“ liefert den bekannten Sound der britischen Band und knüpft an die bisherigen Werke an. Diverse Balladen sind auf der Scheibe genauso zu finden („Love Worth Dying For“, „Something About You“, „This Forgotten Town“, „The Thrill Of It All“) wie die für die UK-Rock-Band typischen 90er Jahre Nummern mit einem eingängigen Refrain und ausgedehnter Arbeit an den Instrumenten. „Welcome To The Party“ und „Cosmetic Punk“ sind straight gespielte Hard-Rocker, aber auch der ein oder andere Filler hat sich auf das Album geschlichen („Hotter Than The Sun“, „Something About You“, „You Can’t Live Your Life In A Day“), welche im gesamten Kontext der Scheibe abfallen.
Kommerziell ist „The Thrill Of It All“ mit Platz 14 der UK Albums Charts und Platz 5 der UK Rock & Metal Albums Charts durchaus erfolgreich. Touren mit Shows in Japan, Großbritannien und Europa zwischen Januar und Mai sorgen für die entsprechende Promotion. Die Rezensionen zum Album waren unterschiedlich: Die Szene rund um Gitarren lastige Musik ist in Bewegung. Davon ist bei THUNDER wenig zu spüren, sodass „The Thrill Of It All“ als ein „Auf-Nummer-Sicher-Gehen-Album“ eingestuft wird.
„The Thrill Of It All“ , das ReRelease auf Vinyl
Die Neuauflage von „The Thrill Of It All“ auf Vinyl enthält die elf Songs, welche auf dem ursprünglichen europäischen Release 1997 veröffentlicht worden sind. Dazu kommen Live-Aufnahmen von “Don’t Wait Up”, “Love Worth Dying For”, “The Thrill Of It All” und “Welcome To The Party”, welche auf diversen Live-Scheiben, wie zum Beispiel „Open The Window – Close The Door: Live In Japan“ oder „Rock City 6 – The Smell Of Snow“, zu finden sind. Eine neue, bisher nicht veröffentlichte, Aufnahme eines Liedes befindet sich nicht auf dem ReRelease.
An der musikalischen Entwicklung der späten 90er Jahre kommen THUNDER nicht vorbei und versuchen mit Album Nummer fünf, „Giving The Game Away“, auf den schon lange im Rollen befindlichen Zug aufzuspringen. Wie beim Vorgänger gibt es wiederum zwei unterschiedliche Veröffentlichungstermine mit Februar 1999 in Japan und März 1999 in Europa. Vinyl ist mittlerweile völlig out, das Album wird ausschließlich als CD auf den Markt geworfen. Chris Childs feiert als neuer Bassist in der Band sein Studio-Debüt und ersetzt Mikael Höglund.
THUNDER als Funk-Rocker?
Gemächlich starten THUNDER in das neue Album: „Just Another Suicide (You Wanna Know)“ oder „All I Ever Wanted“ sind locker gespielte Rocker, welche aber nicht so zwingend rüberkommen wie diverse Tracks auf dem Vorgänger. Es ist Easy-Listening-Music, die sich mit dem Titeltrack fortsetzt, welcher auf BEATLES-Referenzen („I Am The Walrus“) setzt und nur bedingt eigenständig daherkommt. „Rolling The Dice“ oder „Time To Get Tough“ lassen den THUNDER-Spirit früherer Werke erkennen, das Gegenstück ist die bereits angesprochene Coverversion von „Play That Funky Music“. Agieren THUNDER zukünftig als Funk-Rocker?
Wenn eine Band die eigene Fanbase nicht bedient, für eine neue Fanbase aber nicht interessant ist, dann floppt die Scheibe. Diese Beschreibung trifft auf den Erfolg von „Giving The Game Away“ zu. Platz 49 in den UK-Albumcharts, und das gerade eine Woche. Da hilft auch nicht der kurzzeitige zweite Platz in den britischen Rock & Metal Albums Charts, die Verkaufszahlen bleiben weit hinter den Erwartungen. Das Album wird insgesamt als zu sanft kritisiert und markiert die Abkehr vom Sound der bisherigen Veröffentlichungen. Mit nur zwei Terminen in Japan und zehn in Großbritannien zwischen Mai und Juni 1999 ist die Tour zu „Giving The Game Away“ mehr als überschaubar. Nach einigen Monaten Inaktivität verkünden THUNDER im November 1999 das Ende der Band.
„Giving The Game Away“, das ReRelease auf Vinyl
Das ReRelease beinhaltet die elf Songs, welche auf dem eigentlichen 1999-Release zu finden sind. Dazu kommen Live-Versionen von „Numb“, „Rolling The Dice“, „It’s Another Day“ und „’Til It Shines“, welche wie bei „The Thrill Of It All“ von verschiedenen Live-Veröffentlichungen, wie zum Beispiel den Live At Rock City-Aufnehmen, eingesammelt worden sind. Der große Mehrwert liegt in dem Vinyl-Release an sich, wo Sammler eine bisherige Lücke schließen können.
Nach einer Abschiedstour war seit Mai 2000 von THUNDER nichts mehr zu hören und die englischen Hardrocker Geschichte. Für das Monsters Of Rock kommt die Band im November 2002 wieder zusammen, laut Sänger Danny Bowes aber nicht als dauerhafte Reunion. Trotzdem starteten THUNDER mit den Aufnahmen zu einer neuen Scheibe, welche über das eigene Plattenlabel STC Recordings auf den Markt gebracht werden soll. In der Vergangenheit waren THUNDER nicht immer glücklich mit den Plattenfirmen, sodass nach den Worten von Schlagzeuger Gary „Harry“ James es Sinn macht, alles selbst zu machen.
Am 3. März 2003 steht „Shooting At The Sun“ zur Verfügung, zunächst online, gefolgt von den physikalischen Releases am 05. März via Victor Entertainment in Japan und 07. April durch Frontiers Records in Europa.
THUNDER besinnen sich auf ihre Stärken
„Loser“ nennt sich der Opener, es gibt ordentliche Riffs und THUNDER haben anscheinend den Funk-Rock-Makel des Vorgängers abgeschüttelt. Das Hammond-Orgel-Intermezzo erinnert an Genregrößen der 70er Jahre und THUNDER besinnen sich auf ihre Stärken, welche die Herren auf „Laughing On Judgement Day“ eindrucksvoll demonstriert haben. „Everybody’s Laughing“ kommt etwas lässiger, aber genauso rockig, daher, „If I Can’t Feel Love“ eröffnet den Balladenteil.
Der Titeltrack, “The Pimp And The Whore”, “Shake The Tree” oder “Out Of My Head” ordnen sich zu den Rockern, “A Lover, Not A Friend” zu den balladesken Tracks. Temporeicher wird es mit „Somebody Get Me A Spin Doctor“, die Nummer gehört zu den herausragenden Liedern auf „Shooting At The Sun“. Der Schlusspunkt „Blown Away“ verbindet Ballade und Hard-Rocker und setzt zum Abschluss der LP nochmals ein Ausrufezeichen.
Kommerziell ist „Shooting At the Sun“ wenig erfolgreich. Mehr als Platz 24 in den UK Rock & Metal Album Charts springt nicht heraus. Trotzdem erhält die Scheibe durchweg gute Kritiken. „Shooting At The Sun“ wird als vielseitig angesehen und ist nicht weit entfernt vom Bestseller „Laughing On Judgement Day“. Das Album schafft es trotz seines mangelnden kommerziellen Erfolgs das treue Publikum der Band wiederzubeleben.
„Shooting At The Sun“, das ReRelease auf Vinyl
Wie der Vorgänger „Giving The Game Away“ erhält „Shooting At The Sun“ erstmals ein Vinyl-Release. Neben den elf Songs vom 2003er Release gibt es wie bei den anderen beiden LPs eine Live-Zugabe. „Everybody’s Laughing“, „Loser“, „Somebody Get Me A Spin Doctor“ und „The Pimp And The Whore“ wurden von verschiedenen Live-Veröffentlichungen entnommen und auf die Vinyl-Version gepresst. Der primäre Value liegt wie bei „Giving The Game Away“ in dem erstmaligen Vinyl-Release, sodass Menschen mit einer entsprechenden Sammelleidenschaft ein passendes Angebot finden.