Those Of The Unlight
Runde 2 des Black-Metal-Battles
Special
Der Black-Metal-Untergrund lockt und wir lechzen. Zwei Kategorien, ein kollegiales Battle:
A: Aktuelle Veröffentlichungen der letzten sechs Monate
B: Alltime-Releases zu einem bestimmten Thema
Welches Release gewinnt, entscheidet ihr in den Kommentaren auf metal.de und Facebook. Wir verkünden den Publikumsliebling dann in der nächsten Ausgabe. Da die Abstimmung in Runde 1 etwas konfus war, konnten wir leider nicht zu einem eindeutigen Ergebnis kommen. Also denkt daran: Ihr nominiert einen Sieger für Kategorie A und einen weiteren Sieger für Kategorie B.
Ob Demo, EP, Split oder Album – grundsätzlich ist alles erlaubt, nur keine Nazi-Exkrete natürlich, immer und überall. Daher bitten wir euch um zwei wachsame Augen und entsprechende Hinweise, sollten wir ungewollt zweifelhafte Bands nominieren. Trotz intensiver Recherchen sind wir leider nicht omnipräsent und allwissend.
BATTLE A
Vorschlag von Johannes: ANAEL – Mare (2021)
Nachdem unser geschätztes Publikum in unserer vorigen und insgesamt ersten Ausgabe latent moniert hatte, dass wir möglicherweise etwas zu tief im Unterholz gewühlt haben, möchte ich in dieser Ausgabe eine durchaus bekanntere Band vorstellen. Die Thüringer ANAEL sind für Trüffelschweine beileibe keine Unbekannten, dürften allerdings in den vergangenen 13 Jahren auch bei einigen in Vergessenheit geraten sein. Denn so viel Zeit verging zwischen dem vorigen Longplayer “From Arcane Fires” (2008) und dem aktuellen Output “Mare”.
Bei Alben dieses Qualitätslevels ist allerdings jedes einzelne Jahr des Wartens seine Zeit wert, denn solch vorbildliche Qualität findet sich auch unter deutlich bekannteren Bands selten. Ein weiteres Mal ist es ANAEL gelungen, linientreuen und authentischen Black Metal mit kompositorischem Anspruch und atmosphärischer Dichte zu kreieren. “Mare” – ein Konzeptalbum über die Tücken des Meeres – öffnet sich zudem dezent genrefremden Einflüssen (“Anachron”), ohne insgesamt stilistisch verwässert zu sein. Außerdem ist der ausbalancierte Sound des Albums der reinste Genuss. Damit haben ANAEL den Zeitgeist so zurückhaltend-charmant aufgegriffen, dass sie ein wundervolles Bindeglied zwischen WATAIN und TRIBULATION darstellen, dem nun hoffentlich wieder mehr Wertschätzung zuteil wird.
Vorschlag von André: KILATUS – The Return And Darkness It Shall Be (2021)
Zunächst gebe ich offen zu, dass mir der Bekanntheitsgrad von ANAEL bis dato verborgen geblieben ist. Zweite ehrliche Einschätzung: So richtig traurig stimmt mich das nicht. Schlecht ist das Gehörte keineswegs, aber mitreißend eben auch nicht. Vermutlich ist es genau das von dir beschriebene Pendel zwischen WATAIN und TRIBULATION: Bei ersterer Hingabe gefällt es, während die andere Seite zu viele halbgare Lückenfüller platziert, die mich eher langweilen statt begeistern. In der Theorie kann ich den Reiz verstehen, daher passt die Mischung möglicherweise nicht zu meiner aktuellen Stimmung.
Um nicht wieder Äpfel mit Salzgurken zu vergleichen, versuche ich mich heute an einer stilistischen Annäherung – und scheitere, denn ich möchte einfach KILATUS ins Rennen schicken, die mit „The Return And Darkness It Shall Be“ fast 25 Jahre nach der Bandgründung ihr erstes Studioalbum veröffentlichen. Der Vierer aus Malaysia brachte bislang zwei Demos, vier Splits und ein Livealbum heraus. Allgemein steht die Zeit bei KILATUS auf wunderbare Weise still. Ende 90er? Passt, denn das fiese Stück Musik reduziert die erhebliche Strecke von Sandakan bis Bergen spielerisch auf maximal 666 Schritte und verteufelt auch jedes Jahr, das sich zwischen die zweite Black-Metal-Welle und dem Jetzt geschlichen hat. Vielleicht nervt die Stimme teilweise, doch das ändert nichts daran, dass „The Return And Darkness It Shall Be“ in kleines Prachtwerk ist, das sich hin und wieder doch aus dem Akkord-Geschiebe-Korsett stiehlt, ohne die Jahrtausendwende zu überschreiten.
BATTLE B
Thema: One-Release-Wonder
Vorschlag von André: EERIE – Into Everlasting Death (2014)
Erklärende Worte zum Thema: One-Release-Wonder meint kein objektives Qualitätsmerkmal wie eine Chartplatzierung – so weit ist der Black Metal dann doch noch nicht in den Mainstream gekrochen; zumindest im Rahmen hier besprochener Bands. Nein, es meint lediglich Gruppen, die nur ein Album veröffentlicht haben und seitdem abgetaucht sind. Ich denke sofort an die Polen EERIE. Im Jahr 2014 brachte das Duo „Into Everlasting Death“ zur Welt – ein Meisterwerk der polnischen Black-Metal-Szene mit eiskalten Melodiebögen in bewährter Tradition, Sensations-Riffs der Marke „Minute 3:50“, neuzeitlich anmutenden alarmierenden Gitarren, mutigem Klargesang, der seine Klasse kurz vor Minute elf veredelt, einem gänzlich raffinierten Songwriting und echten Emotionen.
Ja, ich bin hin und weg. Und das seit nunmehr sieben Jahren. Immer wieder landet „Into Everlasting Death“ in meinen Gehörgängen und jedes Mal weckt das leider nur vier Songs umfassende Werk meine Begeisterung aufs Neue. Weil hier alles stimmt außer die Laufzeit. Weil die ersten drei Songs schon fantastisch sind, das Album-Highlight mit „Of Descending Moon“ aber noch kommt. Euphorie ist großartig, oder? Sie muss ja nicht geteilt werden. Doch wer sie hier nicht teilt, hat schlichtweg keinen Geschmack. Mit dieser lieb gemeinten, plumpen Provokation verabschiede ich mich und übergebe das Wort an EERIE und meinen reizenden Kollegen Johannes.
Vorschlag von Johannes: WEAKLING – Dead As Dreams (2000)
Toll, dank der lieb gemeinten, plumpen Provokation fühle ich mich in meiner Meinungsfreiheit beschränkt! Spaß beiseite, EERIE sind ein Kleinod mit einem eigenständigen Sound und einem Album, das mich spontan von vorn bis hinten fesseln konnte. Irgendwie muss ich aber dennoch bemeckern, dass sie mir ein gutes Stückchen more eerie klingen dürften – alles in allem agieren die Musiker ja technisch recht versiert, die Produktion kann schon fast als audiophil bezeichnet werden.
Daher wollte ich aus plumper, garstiger Provokation (Küsschen!) eigentlich das einzige Album der Franzosen S.V.E.S.T. namens “Urfaust” in den Ring schicken. Der komplett unfreundliche, orthodoxe Hassbatzen aus dem Jahr 2003, den ein User auf Youtube treffend mit den Worten “I love tripping with this album, LSD, mushrooms, hell even cannabis is so good with this” kommentierte, musste nach reiflicher Überlegung allerdings dem One-Album-Wonder des Black Metals schlechthin weichen: “Dead As Dreams” der Amis WEAKLING. Einerseits ist dieses Album ein unfassbar eindringlicher, depressiver Höllentrip; andererseits erwies es sich als höchst einflussreich. Mehrere Cascadian- und Post-Black-Metal-Bands, allen voran WOLVES IN THE THRONE ROOM und ASH BORER, zehren ihre Inspiration von “Dead As Dreams”, das im Jahr 2000 erschien, als WEAKLING bereits ein Jahr aufgelöst waren. Trotz der Nachwirkung ist “Dead As Dreams” selbst ein reines, unverfälschtes Black-Metal-Album, das klingt wie kein anderes.