Those Of The Unlight
Part V – (September 2024)
Special
Die Festival- und Urlaubssaison macht auch vor unserer Kolumne “Those Of The Unlight” nicht halt – wer denkt bei 35°C im Schatten der Kokospalmen schon an Black Metal aus dem Unlicht? Nachdem die meisten Eskapaden und Eskalationen inzwischen aber überwunden sind, haben wir langsam wieder Bock auf Krach aus dem Untergrund. Ich zumindest, denn dieses Mal müssen wir euch die aktuelle Ausgabe als Solonummer präsentieren, da Kollege André der Hölle und ihrem Fürsten aktuell noch in anderen Bereichen zur Verfügung stehen muss.
Those Of The Unlight – Part V mit:
ADORIOR
SPITE
TUSENÅRSEKEN
AVMAKT
HILD
UNTERVOID
ADORIOR – Bleed On My Teeth
Black Thrash With Class garantieren ADORIOR seit jeher. Apropos: ist es wirklich schon geschlagene 19 Jahre her, dass das britische Abrisskommando mit “Author Of Incest” die Moralvorstellungen lockerte? Damals war Frontfrau Melissa “Jaded Lungs” Gray noch hauptsächlich verstärkt um Mitmusiker aus dem Umfeld von DESTRÖYER 666 und RAZOR OF OCCAM. Für “Bleed On My Teeth” rekrutierte sie hingegen Leute von u. a. GRAVE MIASMA und CRUCIAMENTUM.
Besonders stark fallen weder die Line-up-Wechsel noch die lange Pause zwischen den beiden letzten Alben ins Gewicht, auch wenn man speziell der Gitarrenarbeit natürlich eine andere Handschrift anhört. Insgesamt haben ADORIOR nichts von ihrer Intensität eingebüßt und wüten, fauchen und bolzen sich durch acht feurige Gemeinheiten, die den jüngeren Musterbeispielen von DEATHHAMMER, NEKROMANTHEON und Co. in nichts nachstehen. Kann man absolut nichts falsch machen mit!
Wertung: 8
Trackliste:
- Begrime Judas
- Ophidian Strike
- L.O.T.P. – Vomit Vomit Vomit Bastard
- Precipice Of Fire
- Sips Of Sarin
- Scavengers Of Vengeance
- Moment Of Mania
- Bleed On My Teeth
Release: 27.09.2024
Spieldauer: 49:44
Label: Sepulchral Voice Records
SPITE – The Third Temple
Auch SPITE aus Brooklyn, NYC lassen sich etwas länger Zeit, allerdings nur acht Jahre seit ihrem letzten Longplayer “Antimoshiach”. Tatsächlich sind SPITE das Ein-Mann-Projekt des umtriebigen Musiker Jesse “Salpsan” Balgley von IMPURE, der live auch schon bei AMULET, NEGATIVE PLANE und TOWER ausgeholfen hat. NEGATIVE PLANE sind ein gutes Stichwort, denn wer seinen Black Metal im Stile dieser Band, aber auch MORTUARY DRAPE, MASTER’S HAMMER, PREDATORY LIGHT, KVELGEYST oder CULTES DES GHOULES oldschoolig und charmant rumpelnd mag, wird sich auch in “The Third Temple” wiederfinden.
Das ostentative Kokettieren mit okkultem Habitus ist natürlich eine zweischneidige Angelegenheit, trägt es doch häufig sowohl zur Atmosphäre als auch zum Cringe-Faktor eines Albums bei. Die kaum einprägsamen Songtitel sind definitiv ein Symptom prätentiöser Robenträger; ansonsten kommt “The Third Temple” angenehm erdig und bodenständig rüber. Einzig die übertriebene Länge der Platte führt zu Abzügen in der B-Note. Um 20 Minuten reduziert wäre das Album intensiver und kurzweiliger geworden. Niemand wird SPITE wirklich gebraucht haben, aber sie sind eine schöne Ergänzung, wenn die Sammlung größtenteils aus oben genannten Bands besteht.
Wertung: Typische 7er-Platte.
Trackliste:
- The Blackened Talmudist
- Unblessed
- Under Wings Of Cherubim (Dvir, Part I)
- Yahweh’s Vengeance
- Desert Demons
- Hounds Of Herod
- The Spoils Of Judea (Dvir, Part II)
- The Black Moon (Yare’ach Shachor)
- Where Dust Cannot Fall
- The Stone Of Sakrah
- The Dark Ark (Dvir, Part III)
- The Third Temple
Release: 27.09.2024
Spieldauer: 61:47
Label: Invictus Productions
TUSENÅRSEKEN – Omhuldra
Eine spannende Platte unter dem Banner des atmosphärischen Black Metal liefern die tausend Jahre alten Eichen von TUSENÅRSEKEN mit “Omhuldra” (“Die Umhüllte”). Denn das Ein-Mann-Projekt von Andreas Karlsson, der auch seine anderen Projekte WELL OF DEPRESSION und FEBRUUS stets nur als Einzelkämpfer betreibt, spielt nicht den typischen, heutzutage häufig recht monoton gestalteten Atmospheric Black Metal zwischen EMPEROR und PURRZUM mit Synthie-Flächen dicker als die Corpsepaint-Schicht im Gesicht.
TUSENÅRSEKEN geben sich überraschend verspielt, obwohl sie auch straight können und arbeiten über die ganze Platte verteilt ausgiebig mit Chören und Clean Vocals. Dadurch rücken sie auf Stühle, die irgendwo zwischen BORKNAGAR und alten ULVER stehen, erreichen aber nicht deren gehobene Klasse, wie man deutlich festhalten muss. Auf Dauer sind es nämlich insbesondere die heroischen Chöre, die insgesamt auf “Omhuldra” ein wenig zu omnipräsent eingesetzt wurden. Im kompositorischen Bereich ist zudem anzumerken, dass Herr Karlsson seinen Songs manchmal einfach zu viel abverlangt und versucht, sie mit zu vielen Elementen zu füllen, was das Album ähnlich wie die Platte von SPITE auf der vorigen Seite ein gutes Stück zu lang wirken lässt. Auch hier wäre die Wirkung intensiver gewesen, hätte Cheffe selbstkritisch zehn bis fünfzehn Minuten Musik weniger aufgenommen.
Wertung: Recht subjektive und kompromissbereite 6 Punkte. Kann man sowohl besser als auch schlechter finden.
Trackliste:
- Ode Til Alla Fattiga Kräk
- Våren Förgiftad
- Riket Bortom Livet
- Himmelens Hand
- Ett Hjärta Som Lättats Från Kroppen
- En Vila I Eländet
- Mörkret Inuti Allt
- Oändligt Är Dårens Nummer
- Själen Utmärglad
- Grönskan Vi Minns
Release: 06.09.2024
Spieldauer: 54:07
Label: Grind To Death Records
AVMAKT – Satanic Inversion Of …
Woran denkt man zuerst, wenn man von der norwegischen Stadt Kolbotn in Verbindung mit Metal-Musik liest? Richtig, an DARKTHRONE und die Kolbotn Thrashers Union um Bands wie OBLITERATION, NEKROMANTHEON, CONDOR und weitere. Aus genau diesem Umfeld kommen AVMAKT, die aus Kristian Valbo (BLACK MAGIC, OBLITERATION, AURA NOIR u. w.) und Christoffer Bråthen (BLACK MAGIC, FLIGHT, CONDOR, BLACK VIPER u. w.) bestehen. In gewissen Kreisen wird sich schon in Haute-Couture-Manier die Sabber vom Kinn serviettiert und tatsächlich konnte man bei jeder Veröffentlichung aus diesem Umfeld bisher von gehobener Qualität ausgehen.
Da macht auch das AVMAKT-Debüt “Satanic Inversion Of … ” keine Ausnahme. Als hätten DARKTHRONE nach “Sardonic Wrath” nie die NWOBHM für sich (zurück-)entdeckt, schnoddert sich das Duo durch sechs minimalistische, räudige und äußerst abgefuckt klingende Songs, die das Feeling der mittleren Phase von Fenriz und Nocturno Culto so überzeugend vermitteln, wie lange niemand mehr – womit sie sich auf Peaceville ja in bester Gesellschaft befinden. Selbst der Sound klingt nach jener Ära, wobei die Ähnlichkeiten der Produktion zu OBLITERATION oder NEKROMANTHEON unüberhörbar sind – geile 70s-Tom- und Snare-Sounds werden also frei Haus geliefert! Damit gehen AVMAKT locker als Sieger dieser Ausgabe durch, da uns hier bei THOSE OF THE UNLIGHT schon lang nichts mehr unterkam, was so angenehm hässlich war. Wir wüssten allerdings zu gern, wofür die drei Punkte im Albumtitel stehen. Ein Kreuz? Omas Hackbratenrezept? Strichrechnung vor Punktrechnung?
Wertung: 8. Mit etwas mehr tiefen Frequenzen im Sound wären’s 9 geworden.
Trackliste:
- Ordinance
- Poison Reveal
- Sharpening Blades Of Cynicism
- Towing Oblivion
- Charred
- Doubt And The Void
Release: 30.08.2024
Spieldauer: 44:26
Label: Peaceville Records
HILD – Thrash På Svenska
“Thrash På Svenska” (‘Thrash auf Schwedisch’) ist eine Anspielung auf das legendäre schwedische Album “Jazz På Svenska” des Pianisten Jan Johansson – Vater der Brüder Jens und Anders (u. a. YNGWIE MALMSTEEN, STRATOVARIUS, HAMMERFALL). Obwohl HILD im Gegensatz zu Mr. Johansson Sr. durch und durch eigenes Material auf die Platte gepresst haben, ähnelt sich der Ansatz dahingehend, einem nicht schwedischen Musikstil etwas dezidiert ‘Schwedisches’ beizugeben. Wobei sich HILD nicht nur einem Stil widmen und schon gar nicht nur dem Thrash. Die Platte ist ein durchaus buntes Potpourri aus Thrash, Crust, Black Metal und Caveman Death Metal, Marke frühe AUTOPSY.
Klingt in der Theorie gut, wurde in der Praxis leider nicht optimal umgesetzt. Erstens klingen HILD trotz der Stilbeschreibung nicht wie etwa DARKTHRONE, die verschiedene Stile zu einem markanten Ganzen zusammenrühren, sondern mal punkig, mal metallisch, mal heiter und mal grimmig, aber irgendwie nie kohärent. Davon abgesehen ist die Scheibe recht enttäuschend produziert, wenn man bedenkt, dass ihr Hauptakteur Lars Broddesson nicht nur als (Session-)Drummer für Schwergewichte wie MARDUK und FUNERAL MIST, sondern auch als Studiobesitzer und Toningenieur bekannt ist.
Wertung: 5
Trackliste:
1. Vigrid (Visa från vedervärdiga vidder)
2. En Väv av Intet
3. Varm Så Länge Hjärtat Slår
4. Som En Horas Piss
5. Hugg Där Det Smärtar Som Mest
6. Kvinnokroppen Krälande
7. Hjadningavig
8. Framåt
9. Liksvaljaren
10. Lukten Av Kristet Blod
11. Hänrycket är det Enda Sättet Att Leva
12. En Dag Ska Jag Svälja Solen
Release: 25.10.2024
Spieldauer: 35:26
Label: Black Lion Records
UNTERVOID – Parasite
Eine der seltsamsten Platten, die wir überhaupt je in dieser Kolumne besprochen haben. UNTERVOID wissen nicht, ob sie Fisch, Fleisch, Pizza oder Bowl sein wollen und werfen Uffta-Beats, Black Metal, Death Metal, proggige und postige Auswüchse sowie Harmonie und Dissonanz völlig beliebig zusammen. So gibt es zwar eine ganze Menge richtig cooler Ansätze oder Parts wie etwa das Saxofon im eröffnenden Titelsong. “Parasite” schafft es aber viel zu selten, wirklich kohärent zu sein und mutiert so zum wahllosen Durcheinander. Da ist dann auch mit der Vielseitigkeit nichts gewonnen.
Dabei kann man nicht sagen, dass UNTERVOID schlechte Musiker wären. Eigentlich sind die Polen sogar fast schon zu gut, denn die technischen Parts wirken gefühlskalt und steril, ähnlich einer Band wie NIDINGR. Genau wie die Vorbenannten vergessen sie aber zu häufig memorable und mitreißende Parts. Außerdem ist der Gesang von Destroyer (ehemaliger Bassist von KRIEGSMASCHINE und langjähriger Gitarrist von HATE) recht schwach und auf Dauer sogar anstrengend – was verwunderlich ist, da er aktuell auch bei den renommierten BLAZE OF PERDITION live am Gesang aushilft. Freunde der Weirdness können mal reinhören, aber insgesamt ist “Parasite” ein tendenziell verzichtbares Album
Wertung: Ratlose 5 Punkte.
Trackliste:
- Parasite
- 23
- Downfall Of Angels
- Abyss Gazes Black
- Ruiner
- Swarm
- Azure Agony
- Last Shore