The Magus
Ein Abend in Athen zu "Βυσσοδομώντας"

Special

Den Namen THE MAGUS kennen viele noch als Fronter der griechischen Black-Metal-Institution NECROMANTIA, die Ende 2021 nach dem Tod von Gründungsmitglied Baron Blood und nach über 30 Jahren Bandgeschichte aufgelöst wurde. Auch bei ROTTING CHRIST war er Anfang der Neunziger fünf Jahre lang aktiv. Das selbstbetitelte Projekt THE MAGUS, das man wohl irgendwo zwischen Band und Soloprojekt verorten kann, gibt es seit letztem Jahr, und es steht nun mit seinem Debütalbum „Βυσσοδομώντας“ in den Startlöchern. Der Titel, in lateinischen Lettern „Vissodomontas“, bedeutet so viel wie „conspiring in the depths“, lose übersetzt also „Verschwörung in der Tiefe“. Das Konzept des Albums beschreibt Luzifers Wut auf die Menschheit, da sie alles zerstört, und seine Pläne, diese einzustampfen und neu zu erschaffen. Am sehr passenden Datum 31.10.2023 wird es über The Circle Music veröffentlicht.

Die Albumfacts zu „Βυσσοδομώντας“

The Magus – Βυσσοδομώντας Cover

Tracklist
1. This Is My Church
2. The Fall Of Man
3. Lux Tenebrarum
4. ΒΥΣΣΟΔΟΜΩΝΤΑΣ
5. Idolatrous Discord
6. Ama Lilith
7. Negative Renaissance
8. The Peacock King
9. Give The Devil His Due: The Story

THE MAGUS lädt ein

Durch einen glücklichen Zufall befinden wir uns in Athen, als das Album der griechischen Fachpresse vorgestellt wird, und machen prompt einen Besuch bei der Listening Session klar. Als einziges ausländisches Medium sind wir dort der Exot.

Der Veranstaltungsort, das Ignite Studio, ist stilecht in einer zwielichtig wirkenden Seitengasse gelegen, Name und Klingelschild an der schwarzen Hauswand sind nur aus unmittelbarer Nähe erkennbar. „Natürlich ist die Deutsche die Erste,“ lautet die scherzhafte Begrüßung, als wir die Treppe ins Untergeschoss hinabsteigen, wo – wie draußen – kuschelige 30+ Grad herrschen. Ein griechischer Kollege kommt immerhin zeitgleich an, der Rest trudelt erst nach und nach ein. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch.

So bleibt Zeit für Gespräche und Getränke. Der Schock: Es gibt kein Bier! Wir befinden uns schließlich in Land des griechischen Weins (sorry, not sorry). Den gibt es in der Tat und er ist zudem auf THE MAGUS gebrandet, was einiges hermacht. Geschmeckt haben soll er auch, doch als echte Kartoffel geht es in den Convenience Store nebenan für ein kühles Bier namens Fix, über das wir später von THE MAGUS persönlich noch mehr erfahren werden. Ein echter Hingucker ist außerdem die traditionelle Nachspeise Koliva, die es normalerweise bei Beerdigungen gibt. Später wird sich herausstellen, dass sie schmeckt wie Christstollen.

Gut verpflegt: Hauseigener Wein von THE MAGUS und Beerdigungs-Nachtisch Koliva.

Bevor es an das eigentliche Album-Listening geht, ist ein anderes kleines Highlight an der Reihe. Im Flur liegt bereits seit Beginn des Abends eine auffällig sargförmige Kiste, die es nun zu öffnen gilt. Dies ist die Aufgabe von George Emmanuel (LUCIFER’S CHILD, ex-NECROMANTIA, ex-ROTTING CHRIST (live)), der „Βυσσοδομώντας“ in seinem Pentagram Studio aufgenommen und produziert hat. THE MAGUS, bekennender Schwertfan, hat ihm als Dank für seine Arbeit am Album ein Schwert nach dem Vorbild des Logos von LUCIFER’S CHILD anfertigen lassen. Dieses packt Emmanuel nun sichtlich gerührt aus. Später dürfen wir sogar ein bisschen mit seinem neuen Spielzeug posen.

Gut getroffen: Das eigens angefertigte Schwert entspricht dem im Bandlogo.

Nun ist es aber an der Zeit für den eigentlichen Anlass des Abends. Das Studio ist vorbereitet und die Pressevertreter:innen können, ausgestattet mit einer sehr schönen Broschüre zum Album, hinter dem Mischpult Platz nehmen, um „Βυσσοδομώντας“ zum ersten Mal in voller Länge zu hören. Hier ist es angenehm klimatisiert, fast schon kalt. Vorab gibt es eine thematische Einführung von THE MAGUS, der sich auch zwischendurch zu uns gesellt und uns einige Infos zu den spezielleren Stücken auf dem Album gibt. Dann steigt die Spannung, bis die ersten Töne erklingen.

„Βυσσοδομώντας“ hält einige Überraschungen bereit

Unheilvolle Klänge und kräftige Flügelschläge, zweifelsohne die des Lichtbringers persönlich, läuten den Opener „This Is My Church“ ein. Es ist Luzifers Manifest an die Menschheit, die ihn enttäuscht hat. Mehr Rezitation als Musikstück, doch untermalt von an Dramatik zunehmenden orchestralen Arrangements, stellt das Stück die Weichen für das, was das Album bringt. „The Fall Of Man“ startet dagegen mit Geballer und greift den okkult-sakralen Vibe mit einem Chor wieder auf. Die sehr herkömmliche schwarze Gangart wird auf „Βυσσοδομώντας“ stets wiederkehren, stellt aber bei weitem nicht die einzige Stilrichtung. Schleppende Parts sowie Midtempo-Passagen sorgen für ein ausgewogenes Pacing, stellenweise schwer zugängliche Rhythmen für interessante Momente.

THE MAGUS Bandfoto

Obwohl THE MAGUS die Produktion als „not too clean“ beschreibt, ist diese doch sehr differenziert und arbeitet die einzelnen Schichten schön heraus. Dies kommt vor allem den Leads und kleinen Details zugute, doch auch die vielen Zusatzelemente wie Cello und Orgel oder die bereits erwähnten orchestralen Arrangements erhalten ihren Raum. Während diese Klänge für den Black Metal eher weniger überraschend sind, gibt es auf dem Album aber auch solche, die unerwarteter kommen. „Ama Lilith“, das eine ausgedehnte Beschwörung der Urmutter enthält, hat eine stark orientalische Stimmung. Die Vocals in diesem Track werden von Gastsängerinnen, unter anderem Hel Pyre (AFTERBLOOD, NERVOSA), die ebenfalls anwesend ist, übernommen. Nur bei der eigentlichen Beschwörung singt THE MAGUS selbst mit.

THE MAGUS setzt auch auf Humor

Ungewöhnlicher ist allerdings der Album-Rausschmeißer „Give The Devil His Due: The Story“. Dieser Track bietet die Geschichte zum gleichnamigen Stück von NECROMANTIA, und zwar mit einer Mischung aus Black Metal und Blues. Gastgesang gibt es dabei unter anderem von KING DUDE. Die Geschichte spielt sich in einer Bar ab – inklusive entsprechender Geräuschkulisse – und besteht aus einem von einem Erzähler kommentierten Dialog zwischen Mephisto und einem Menschen (read as: Faust). Sieht es zu Beginn nach einer reinen Blues-Nummer aus, so wird es doch noch richtig schwarz, was insgesamt zu einer wirklich interessanten Melange führt. So fügt sich auch dieser Track irgendwie ins Album ein, das nach diesem ersten Hördurchlauf wie eine runde Sache klingt.

Viele der Eindrücke lassen sich erst später und nach mehrmaligem Hören einordnen. Unsere Review zu „Βυσσοδομώντας“ folgt daher in den nächsten Wochen kurz vor Release.

Das Ambiente im Ignite Studio stimmt.

Im Anschluss an das Listening geht es zurück in den Vorraum, wo wir uns der sehr köstlichen Koliva und dem erwähnten Bierchen widmen. Die Dose in den griechischen Farben Blau und Weiß, in der sich ein sehr gutes Lager befindet, ist uns schon unseren ganzen Aufenthalt über aufgefallen. Fix stellt sich als DAS Bier in Griechenland heraus, das aus der ältesten griechischen Brauerei stammt, nach der nun sogar eine Metro-Station in Athen benannt ist. „Mit dem Bier bin ich aufgewaschen,“ kommentiert THE MAGUS, als er uns die Geschichte und die Bedeutung des Bieres erklärt. Also doch nicht nur Wein hier. Falls ihr mal in Griechenland seid, greift auf jeden Fall dazu und nur im Notfall zum sehr viel schlechteren Mythos. Das dunkle Fix ist übrigens ebenfalls gut.

Lesestoff für später: Die offizielle NECROMANTIA-Biografie.

Mit Vorfreude auf „Βυσσοδομώντας“ machen wir uns schließlich auf den Heimweg. Im Gepäck haben wir einen sehr positiven und herzlichen Eindruck der Athener Black-Metal-Szene sowie neuen Lesestoff. „The Serpent & The Pentagram: The Official Chronicles of Necromantia“, die offizielle Biografie von NECROMANTIA, hat uns THE MAGUS nämlich ebenfalls noch mitgegeben. Diese werden wir uns bei Kerzenschein in der kalten Jahreszeit zu Gemüte führen.

Wer nun noch bewegte Bilder vom Event sehen möchte, findet hier ein etwa zehnminütiges (griechisches) Feature des griechischen Metal Hammer.

Quelle: The Magus
30.09.2023

headbanging herbivore with a camera

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