The Devil's Blood
"The Thousandfold Epicentre" - Das meint die Redaktion
Special
Als Newcomer kann man die niederländische Rockband THE DEVIL’S BLOOD wohl nicht mehr zählen, doch genug Staub hat auch „The Thousandfold Epicentre“ bereits aufgewirbelt. Unser Redakteur Eugen ist jedenfalls begeistert. In der Redaktion ist man jedoch geteilter Meinung, ob das nunmehr zweite Album musikalisch immer noch aufregend ist, oder in Gewöhnlichkeit versinkt…
Vor zwei Jahren veröffentlichten THE DEVIL’S BLOOD ihr Debütalbum „The Time Of No Time Evermore“, das teils hochgelobt, teils als langweilig abgetan wurde, aber zu keiner Zeit war es einfach nur egal. Jetzt liegt nach zwei Jahren das zweite vollwertige Album vor, „The Thousandfold Epicentre“, ein über 70-minütiges Werk, das offensichtlich wieder das Potential hat, alle bereits bekannten Reaktionen hervorzurufen.
Denn es hat sich einiges getan bei den Niederländern: Als Band im eigentlichen Sinne sind THE DEVIL’S BLOOD ja nie aufgetreten, aber wo sie sich auf ihrem Erstlingswerk häufig noch auf einen Bandsound mit klar definierter Instrumentierung beschränkten, spielen sie sich nunmehr in einen wahren Rausch. Natürlich mangelt es nicht an großartigen Songs, wie dem Opener „On The Wings Of Gloria“, „She“ oder „Cruel Lover“, bei denen die Nachvollziehbarkeit an erster Stelle steht. Aber im Laufe der 73 Minuten fährt Mastermind Selim Lemouchi unzählige Gitarrenspuren auf, effektgeschwängert, sich kaskadenhaft ergänzend, miteinander verschmelzend. Dabei scheint völlig egal, wie das einmal live umgesetzt werden soll: Was für die Wirkung notwendig ist, wird verwirklicht. Das ist teilweise grandios. Und ein Mehr von allem.
Dieses Mehr von allem ist allerdings auch der Schwachpunkt der Platte: Denn es beinhaltet zugleich, dass „The Thousandfold Epicentre“ eben auch ein Mehr an Leerlauf und nicht unmittelbar nachvollziehbaren Passagen auffährt. Passagen, in denen sich THE DEVIL’S BLOOD selbst verlieren. Passagen, in denen das Offensichtliche so sehr überlagert wird, dass man den eigentlichen Song nicht mehr erkennt. Somit trübt das Ende von „The Thousandfold Epicentre“ mit seinen langgezogenen Songs „The Madness Of Serpents“ und „Firedance“ ein wenig meine Freude über den grandiosen Beginn mit „On The Wings Of Gloria“. Wie gesagt, das Potential ist da, alle oben genannten Reaktionen hervorzurufen – teilweise in einem Atemzug.
Eckart (7/10)
Obwohl sich THE DEVIL’S BLOOD-Mastermind Selim Lemouchi bewusst ist, dass seine Band nicht so gut ist, wie es einige Leute empfinden, wie er einmal selbst in einem Interview von sich gegeben hat, klingt „The Thousandfold Epicentre“ wenig spektakulär und genauso leidenschaftlos wie „The Time Of No Time Evermore“. Die musikalische Magie, die man zumindest auf „Come, Reap“ in Ansätzen spüren kann und berechtigterweise hochgelobt wird, ist völlig auf der Strecke geblieben.
Der Eindruck verstärkt sich vor allem durch einen erschreckend ausdruckslosen Gesang von S. L.s älterer Schwester Farida, die ihren berüchtigt diabolischen Ausdruck – letztendlich bezeichnet sie sich selbst als „The Mouth Of Satan“ – diesmal auf ein zartes „LaLaLa“ (z.B. „Die The Death“) zurückgeschraubt hat und sich damit dem Retro-Charakter der Songs völlig unterordnet. Warum diese Langeweile?
Die immer wieder betonte okkulte Faszination der Band ist Gewöhnlichkeit gewichen, die das Hören der knapp 75 Minuten zur Geduldsprobe werden lässt, nicht zuletzt auch deshalb, weil sich kein Song besonders hervorhebt und sich das Material untereinander stark ähnelt. THE DEVIL’S BLOOD hatten ihre Momente, und die Gedankengänge von Selim sind auch weiterhin interessant zu verfolgen, auf musikalischer Ebene geschieht allerdings deutlich zu wenig um zu fesseln. Gänsehaut? Fehlanzeige!
Jens (5/10)
Es gibt momentan wohl kaum eine andere Band die für mehr Aufsehen sorgt als diese – und zwar im positiven wie negativen Sinne. Etwas Besseres kann zumindest promotionstechnisch auch gar nicht passieren, denn eines steht dadurch von Anfang an fest: An THE DEVIL’S BLOOD kommt man definitiv nicht vorbei!
Die Band wird es einen feuchten Kehricht interessieren, dass sie momentan zu jenen Künstlerverbänden zählt, für die man den Begriff „polarisieren“ an sich erfinden müsste, tät‘ es ihn noch nicht geben, denn ein Teil ihrer „Mission“ scheint dadurch bereits erfüllt.
Und wie auch immer man zum Thema stehen mag, meine Wenigkeit zählt zu jener Kategorie, die diese NiederländerInnen seit Beginn ihrer Karriere verehren und von daher darf man mir ruhig unterstellen nichts weiter als „Teilnehmer“ am Hype zu sein, der rund um die Truppe entfacht wurde.
Aber was bitte ist so übel daran, dass sich eine Band ein mystisches Image zulegt, sämtliche „Randerscheinungen“, die zur Musik selbst gehören, offenbar bis ins letzte Detail perfekt ausgearbeitet hat, um so auf sich aufmerksam zu machen? Noch viel mehr verstehe ich all jene Anschwärzungen nicht, die THE DEVIL’S BLOOD unterstellen, sie würden keine an- bzw. entsprechende Musik komponieren.
Klar bedarf es einer gewissen Hingabe um in die atmosphärisch angelegten Kompositionen überhaupt erst eintauchen zu können, wie es auch nötig ist, sich selbst soweit gehen lassen zu können um in jene Sphären vordringen zu können, die auch auf „The Thousandfold Epicentre“ dominant sind. Doch ganz ehrlich Leute, gerade diese Feinheiten machen die Chose doch erst richtig spannend.
Und exakt jene Markenzeichen sind es selbstredend auch, die das aktuelle Scheibchen dieser Truppe ausmachen. Nein, innovativ im Sinne des Wortes ist die Musik dieser Band sicher nicht – braucht sie auch gar nicht zu sein, denn Emotionen – und solche entfachen THE DEVIL’S BLOOD wie kaum eine andere Band – müssen wir doch auch nicht erst neu erfinden, oder?
Ebenso ist es müßig zu diskutieren, ob denn nun SL ein Riff-Gott vor dem Herrn ist oder seine Partnerin F eine übermäßig talentierte Chanteuse. Alles Nebensache, denn Gänsehaut ist auch hier garantiert!
Mich persönlich packen THE DEVIL’S BLOOD jedenfalls einmal mehr mit ihrer überaus gelungenen Melange aus psychedelischen Klangkaskaden und ihrer wahrlich hypnotischen Darbietung, wobei für mich auffällig ist, dass das Songmaterial dieser Band im Laufe der Jahre zusehends eingängiger geworden ist und dennoch NICHTS von ihrer ureigenen Faszination eingebüßt hat!
Walter Scheurer (9/10)
Nimmt man Gitarrist und Hauptsongwriter Selim seine immer wieder beteuerte Besessenheit von Satan ab, die ihn angeblich während des Komponierens immer wieder heimsucht, dann kann man im Grunde nur zu einem Schluss kommen: Satan mag es retro.
THE DEVIL’S BLOOD, kultig verehrte Holländer im Zentrum der immer weiter um sich greifenden 70s-Retro-Rock-Welle lassen die Fangemeinde mit ihrem neuen Album „The Thousandfold Epicentre“ mal wieder in Ehrfurcht erstarren, und fernab von allen spirituellen und elitären Beschwörungen, mit denen man sich immer wieder befassen muss, und sämtliche Hype-Vorwüfe ignorierend, muss man den Damen und Herren ein sehr gutes, stellenweise allerdings auch etwas langatmiges Werk konsternieren, das in der Tat in seiner Gesamtheit künstlerisch sehr wertvoll und musikalisch überaus inspiriert erscheint. „The Thousandfold Epicentre“ ist aus meiner Sicht kein perfektes Album, besonders das im Finale an eine Jam-Session erinnernde und nie enden wollende 15-minütige Schlussepos „Feverdance“ hätte man auch um einige Minuten kürzen können, ohne etwas zu verpassen. Elitär und leidenschaftlich nennen es die einen, sinnlos in die Länge gezogen nenne ich es. Dennoch: Der (natürlich) an die Siebziger angelehnte, echte und warme Sound bietet über die allermeiste Distanz eine solide Basis für die spannende und heutzutage in dieser Form viel zu selten gehörten Gitarrenarbeit, bei der in erster Linie auf treibende Atmosphäre und epische Brillanz Wert gelegt wird. Der etwas anspruchsvollere zweite Teil des Albums fordert den Hörer zur Konzentration und Hingabe auf, die Orgelspielereien und die zahlreichen kleinen Details sorgen dafür, dass sich die Musik an dieser Stelle eher im U-Musik-Bereich als im Entertainment-Spektrum abspielt. Und das, obwohl das Album durch und durch eine Rock-Scheibe ist. DAS ist dem Feuilleton zu abgefahren und zu unbequem, da taugt LULU eher als Kompromiss. Der ruhige, mit geisterhafter und okkulter Stimmung spielende Schlusspart von “The Madness Of Serpents“ badet knietief im Prog-Fahrwasser und lässt auch diejenigen, die für die Band keine Gebetsteppiche ausrollen erahnen, warum THE DEVIL’S BLOOD von so vielen Legionen verehrt werden. Abgesehen von der erwähnten Spielzeitstreckung am Ende ist im Grunde die komplette letzte halbe Stunde der Scheibe eine eigene, faszinierende Kunstform. Sängerin Farida hat alles andere als ein variantenreiches Organ und bildet vielleicht sogar den Schwachpunkt, sofern man ihn suchen möchte, ihre Stimme passt jedoch sehr gut zu dem irgendwie immer etwas schwebenden, fließenden Sound der Band.
Die erste Hälfte des Albums ist eingängiger, bietet genau die Art Songs, die man braucht, um bereit zu sein für die später erforderliche Aufmerksamkeit, ist jedoch weit davon entfernt, dem Hörer typischen und gängigen Retro-Rock um die Ohren zu hauen. BLUE ÖYSTER CULT, SABBATH oder HAWKWIND, dank des Gesangs JEFFRSON AIRPLANE, sind vielleicht so etwas wie die Paten, THE DEVIL’S BLOOD gehen in ihrer Leidenschaft allerdings sehr speziell vor und verlassen sich nicht auf das, was einst war. Man könnte sagen: Die Mittel sind die gleichen wie bei den Referenzbands der 70er, das Ergebnis ist ein anderes. „On The Wings Of Gloria“ und „Cruel Lover“ sind trotz ihrer sieben Minuten Länge Anspieltipps, wer weniger Zeit hat versucht es entweder mit der Single „Fire Burning“ – oder besser gar nicht erst. Zeitdruck ist keine Voraussetzung, um sich diesem Album zu nähern, der Zielgruppe, die Musik lebt und nicht nur hört, muss ich das nicht erzählen.
„The Thousandfold Epicentre“ ist vielleicht nicht das gottgleiche Überalbum, zu dem es von den Fans gerne mal erklärt wird (wer will es einem Fan verdenken, etwas über die Maßen zu lieben), aber es ist ein spannendes und inspiriertes Kunstwerk. Und ob man es nun von der dunklen, okkulten Seite betrachtet oder von der neutralen: Es zeigt eine Band, die ihre Leidenschaft in aller Konsequenz so überzeugend darbietet, dass man sie unbedingt gehört haben sollte.
Heiko Eschenbach (8/10)
Das Phänomen THE DEVIL’S BLOOD (bzw. das des nahezu allumfassenden ZusprucheS) ist – wenn überhaupt – nicht leicht zu erklären. Da taucht im 21. Jahrhundert eine Band auf, die im Grunde ziemlich altmodischen Hardrock spielt, der hier und dort durch Blues-Einflüsse aufgelockert wird. Dazu gibt es jede Menge saucooler Licks und die markante Lead-Singstimme Farida Lemouchis – nichts wirklich „Unerhörtes“ also. Daran hat sich auch „The Thousandfold Epicentre“ nichts Entscheidendes geändert – auch wenn sich das Album insgesamt etwas weniger „erdig“ anfühlt als sein Vorgänger. Mir persönlich gefällt zusätzlich die Verwendung von Hammond-Orgel und Blechbläsern – und auch die „gegrölten“ Chöre („The Wings Of Gloria“), die sich fast nach Südkurve anhören, aber dennoch absolut integer klingen.
Insgesamt dürfen Anhänger also keine riesigen „Fortschritte“ von den Niederländern erwarten – aber das wäre bei THE DEVIL’S BLOOD meines Erachtens eh sehr seltsam. Was aber macht die Band um die Geschwister Semouchi dann so einzigartig? Es gibt da dieses schöne Wort ‚Charme‘. Was (nicht nur) ich häufig benutze, um einem schwammigen Gefühl einen Namen zu geben, versuche ich an dieser Stelle mal etwas zu präzisieren: THE DEVIL’S BLOOD wissen ganz genau, wo sie atmosphärisch hinwollen – und verstehen es meisterhaft, diesen atmosphärischen Zielen den entsprechenden Klang zu verleihen. Ich spüre als Hörer zu jeder Sekunde die Authentizität, die aus den vermeintlich eingängigen und wenig spektakulären Songs trieft. Dieses unglaubliche Gespür setzt sich in der Produktion, in der Instrumentierung, in den Arrangements und nicht zuletzt in den Texten fort. Genau dieser ‚Charme‘ ist es, der THE DEVIL’S BLOOD von vielen anderen, musikalisch und technisch mindestens ebenbürtigen, aber eben doch nur mittelmäßgen Bands unterscheidet. Natürlich lassen sich bei einem über siebzigminütigen Album gewisse Längen nicht vermeiden – doch Songs wie „Cruel Lover“ oder der Titeltrack zeigen, dass THE DEVIL’S BLOOD problemlos auch die ’neun‘ einheimsen könnten.
Falk Wehmeier (7/10)
Galerie mit 5 Bildern: The Devil's Blood - Bang Your Head!!! 2012Mehr zu The Devil's Blood
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Stile | Hard Rock, Psychedelic Rock |
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Ich findes es interessant, wenn man von einer Band schreibt, sie „plarisiere“, etc. Ganz simpel gesagt, sind The Devil´s Blood ein Musikerzusammenschluß, der ohne Rock Hard nicht in dieser Form existieren würde. Übelstes 70-er Geschwurbe, welches der überwiegende Großteil der Hard Rock/Metal-Fans vor noch wenigen Jahren wie die Pest gemieden hätte wird plötzlich interessant, weil Kühnemund meint, es muss so sein. Diese Band ist, und da stehe ich zu 100 Prozent dazu, der übelste Hype seit vielen langen Jahren (hust – Onkelz – hust). Ganz übele Hippiemusik mit „orthodoxen“ Texten (selbst da komm ich zum lachen). Kann man nicht ernst nehmen, beim besten Willen nicht.