Synth Or Die!
2020: Der Jahresrückblick
Special
Vergangenes Jahr beendeten wir den „Synth Or Die!“-Jahresrückblick mit einigen Aussichten für 2020. Nun verlief dieses Jahr 2020 ja vollständig anders, als dies Ende 2019 zu erwarten war. Also: James Kent (alias PERTURBATOR) sollte Roadburn als Kurator anführen (das Festival fiel aus, wurde mittlerweile sogar auf 2022 verschoben), man freute sich auf das Gaming-Highlight Cyberpunk 2077 im Frühjahr (ist dann Dezember geworden, aber immerhin) und auch neues Material von CARPENTER BRUT ist bislang nur auf der Warteliste („Blood Machines“ konnte überzeugen – aber nur ein Soundtrack? Da geht doch noch was!). Hach, das waren unbeschwerte Zeiten mit viel Platz für Wünsche und Ideen. Aber: Nicht pessimistisch werden, auf ein Neues – auch mit „Synth Or Die!“.
Eben jene CARPENTER BRUT haben für 2021 schonmal größere Aktivitäten angekündigt:
Na bitte.
Also, blicken wir jetzt erstmal zurück auf ein verworrenes Jahr, das aber auch so einige Synthwave-Genre-Highlights in petto hatte. Nehmen wir mal die famosen Alben von MASTER BOOT RECORD, DAN TERMINUS und BERGETON. Aber auch das neue, eher durchwachsene Werk von THE MIDNIGHT hat durchaus Eindruck hinterlassen.
Eine bunte und übergreifende Zusammenstellung an zehn kleinen und großen Perlen des Genres haben wir nun darüber hinaus für euch zusammen getragen. Viel Spaß schonmal beim Durchstöbern, wäre ja schließlich schade, wenn die folgenden Alben unerwähnt geblieben wären – eine bunte Mischung vieler Labels und quer über das Jahr verteilt. Ab geht’s.
ZOMBIE HYPERDRIVE – „Imperium“
„Nur“ vier Jahre nach dem wunderbaren „Hyperion“ gibt es endlich einen Nachfolger: „Imperium“ entführt endlich wieder in die kosmischen Welten von ZOMBIE HYPERDRIVE. „Imperium“ ist dabei etwas zackiger als das Vorgängerwerk – direkter, weniger verträumt, könnte man auch sagen. Eines ist aber gleich geblieben: Die Titel sind noch immer starken Melodien gespickt, gern auch mal mit sanfter Gitarre bestückt. Stark!
„Imperium“ von ZOMBIE HYPERDRIVE ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: NewRetroWave Records, Release: 12.06.2020
BALDOCASTER – „Mirage“
Spährisch geht es auch auf „Mirage“ zu, dem 2020er-Werk von BALDOCASTER. Erschienen über das französische Label Lazerdics Records liefert „Mirage“ zehn kurzweilige Tracks und einen Ausflug in eher kosmisch-krude Welten. Ein kleiner Act mit viel Charme und Eigensinn.
„Mirage“ von BALDOCASTER ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: Lazerdiscs Records, Release: 28.02.2020
DONNY BENÉT – „Mr Experience“
Nachdem Kollege Rothe sich schon ausiebig mit BIG MIKE COLONIA befasst hat, hier eine weitere Perle der, nun ja, nennen wir es einfach skurrileren elektronischen Spielart. Irgendwo zwischen Disco, „Zwei Bärenstarke Typen“-Soundtrack und Lo-Fi-Pop wildert DONNIE BENÉT. Der Mann mit dem symphatischen Schnauzbart und dem Goldkettchen liefert mit „Mr Experience“ einen flockigen Tanzflächenschmeichler, der wahlweise zum Verführungsversuch oder zum Oben-Ohne-Autowaschen abgespielt werden kann. Ein Sonderlob geht dabei an die catchy Bassarbeit – da bleibt keine Hüfte ungeschwungen – „Leave No Hip Unswung“.
„Mr Experience“ von DONNIE BENÉT ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: Dot Dash Records, Release: 22.05.2020
VOLKOR X – „This Is Our Planet Now
VOLKOR X liefert 2020 eines der absoluten Jahreshighlights: „This Is Our Planet Now“ ist viel Dark-Synth, lässt sich aber bisweilen ziemlich post-rockig aus. Die Gitarren schrammeln, auch die Rhythmusarbeit klingt ziemlich organisch – und wenig künstlich-steril. Eine Melange, die den Übergang zwischen den Genres gekonnt vollführt. Eindrucksvoll-episch klingt das Ganze natürlich auch – Hut ab!
„This Is Our Planet Now“ von VOLKOR X ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: Eigenproduktion, Release: 10.04.2020
DAFT PUNK – „Tron: Legacy“ (Soundtrack)
Das war eine faustdicke Überraschung: Zum zehnjährigen Jubiläum des Films „Tron: Legacy“ durfte die Soundtrack-Experten-Schmiede Mondo (in Zusammenarbeit mit Walt Disney Records) den meisterhaften Soundtrack neu veröffentlichten. In farbigem Vinyl, neu gemastert und mit neuem Artwork versehen erstrahlt das Werk der Elektronik-Virtuosen DAFT PUNK in neuem Neon-Glanz. Ein Werk, das in jede gutsortierte Synthwave-Sammlung gehört – die musikalische Qualität dieser Filmmusik ist schlicht unvergleichlich.
Label: Mondo Records, Release: 07.11.2020
WAVESHAPER – „The Disk Hunter“
Ach, Leute, der WAVESHAPER hat es echt drauf. Der könnte auch blind was auf den Plattenteller, ähmm, ballern, da kommt immer was gutes bei raus. Aktuelles Beispiel: „The Disk Hunter“. Ist zwar „nur“ eine EP, aber kann nach dem fantastischen „Artifact“ vielleicht bis zum nächsten Album gut die Wartezeit überbrücken. Es ist WAVESHAPER mittlerweile gelungen wirklich unverwechselbar zu klingen und das hohe Niveau von „Artifacts“ zu halten – Gratulation hierzu.
PS. „Client“ ist eine richtig große Nummer – da steckt viel 1980-Synth-„Oxygen“-Feeling drin.
„The Disk Hunter“ von WAVESHAPER ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: Eigenproduktion, Vinyl: Electronic Purification Records, Release: 01.06.2020
MAGIC SWORD – „Endless“
Mit „Endless“ beschließen MAGIC SWORD die erste Alben-Trilogie ihrer Band-Geschichte. Wo der Weg nun hinführt? Abwarten. Angesiedelt zwischen (Gaming-)Soundtrack und Sci-Fi-Electronica – und wie immer unerstützt von einem bunten Comic-Heft – führt das US-amerikanische Trio mit „Endless“ in die unerforschten Weiten des Weltalls. Das ist meist gefällig, selten aufdringlich, aber durchweg unterhaltsam.
„Endless“ von MAGIC WORD ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: Joyful Noise Records, Release: 27.03.2020
TERRA GENESIS – „Aurorium“
Was bei diesem Projekt-Namen zu erwarten ist? Na, ein ordentliches Tribut an die Sounds der legendären Spielekonsole. Springt einem bei dieser Aufmachung und dem dazugehörigen Namensbestanteil „Genesis“ (so heißt das gute Sega Mega Drive in Nordamerika) ja förmlich an. Aber viel mehr als das: TERRA GENESIS liefern einen ungewöhnlich abwechslungsreichen und verspielten Dark-Synth ab, der sich nicht so schnell abnutzt –„Altered Beast“ trifft Cyberpunk trifft Lounge-Disco. Das Artwork ist übrigens eine Klasse für sich – und „Aurorium“ ein echtes Überraschungs-Highlight 2020.
„Aurorium“ von TERRA GENESIS ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: Record Club / Lazersteel Records, Release: 23.04.2020 (digital) / 28.07.2020 (Vinyl)
DEADLIFE – „Dark Nation“
Der gute Herr DEADLIFE hat aber auch einen kreativen Output. Nach dem wirklich guten „City Of Eternal Rain“ (Release: 24.04.2020) wird gleich noch das krachende „Dark Nation“ dieses Jahr nachgelegt. Dark-Synth, der sich gern in Richtung eines „Blade Runner 2049“-Style begibt, der nach Megcity One-Underground-Tanzclub klingt, der herrlich technoid-düster daherkommt. Und trotzdem: Immer eine nette Melodie mitführt.
„Dark Nation“ von DEADLIFE ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: NewRetroWave Records, Release: 20.11.2020
LUEUR VERTE – „Crystalica“
Last but not least noch ein besonderes Schmankerl: Bereits 2013 erschienen (quasi als Synthwave noch in den Kinderschuhen steckte) erhält „Crystalica“ Anfang 2021 endlich eine Neuauflage. Der Mann hinter LUEUR VERTE ist Michaël Brun, verantwortlich für das Label Aphasia Records. Und hier wird verdichtet sich die Geschichte: Aphasia Records förderte so großartige Talente wie PERTURBATOR (u.a. die „Sexualizer“-EP) und DYNATRON (u.a. „Aeturnus“) zu Tage. Und das coole: Selbst nach nunmehr acht Jahren klingt diese EP immer noch frisch und fesselnd – LUEUR VERTE ist eine Synthwave-Ikone und „Crystalica“ ein Must-Have für alle Genre-Fans.
„Crystalica“ von LUEUR VERTE ist auch bei Bandcamp anzutreffen.
Label: Aphasia Records, Release: 01.12.2013, Re-Release: 15.01.2021
Prognosen sind ja bekanntlich immer schwierig – und besonders dann, wenn sie auf die Zukunft gerichtet sind. Daher sollten wir uns höchstens auf ein paar fromme Wünsche für 2021 beschränken, mit allem anderen geht man nur baden, siehe „Synth Or Die!“-Rückblick 2019.
Werfen wir mal zunächst eine vorsichtige cineastische Schau auf 2021: Steht uns im nächsten Jahr vielleicht ein neuer „Mad Max“ ins Haus? Werden wir den neuen „Dune“ zu Gesicht kriegen? Und: Auch ein neuer „Top Gun“ steht in den Starlöchern (Harold Faltermeyer soll hier Teile der Musik beisteuern…) – startet der wirklich im Sommer? Na, mehr 1980er-Feeling geht da jedenfalls nicht – hoffentlich werden all diese Werke auch von den entsprechenden Soundtracks begleitet – „Synth Or Die!“ bleibt dran.
Ansonsten könnte es vielleicht mal wieder ein paar Konzerte geben, PERTURBATOR hat unlängst bezüglich des neuen Albums Aktivitäten angekündigt. Auch THE MIDNIGHT wollen auftreten (jedoch schon im März – das wird sicherlich knapp…) – aber hoffen wir alle das Beste. Für alle Musikgenres, natürlich.
Neue Werke von HOLLYWOOD BURNS sind in der Pipeline, ebenso von DYNATRON. Oh, und die ersten elektronischen Arbeiten von JOSEPH D. ROWLAND (PALLBEARER) gibt es auch zu bestaunen – mit seinem neuen Solo-Projekt HOSSIANA MANTRA, sicherlich nicht zufällig nach dem 1972-Werk von POPOL VUH benannt. Gebt’s euch hier:
Besser wird’s nun nicht mehr an dieser Stelle – also in diesem Sinne: Einen guten Start in 2021, bleibt uns auch im neuen Jahr gewogen und „Synth Or Die!“.
Kein Metal und trotzdem für viele Metaller interessant: Synthwave. Die elektronische Spielart rund um apokalyptische Endzeit, Palmen in Miami und Neonreklame wird einmal monatlich auf metal.de mit einem ausgewählten Release gewürdigt. Also: Synth Or Die!