Summer Breeze
Der Liveblog aus Dinkelsbühl

Special

Mittwoch, 14. August 2019: Im Zeichen des Schraubenziehers

„Sign Of The Hammer“ war gestern. Das Summer Breeze Open Air 2019 steht unter dem „Sign Of The Screwdriver“. Der gigantische Heißluftballon in Form eines Schraubendrehers verdunkelt nicht nur halb Dinkelsbühl, sondern entpuppt sich obendrein als exzellenter Werbegag. Grund zur Flugschau ist hierbei nicht etwa das kommende TOOL-Album, sondern die Kunde einer neuen Kooperation zwischen Summer Breeze und der Wuppertaler Werkzeugfirma Wera Tools. Einfach abgedreht.

HYPOCRISY liefern

Die Camel Stage weicht damit erstmals der Wera Tool Rebel Stage, was den inneren Straight Edger freilich applaudieren lässt. Noch mehr Jubel gibt’s am Main-Stage-freien Mittwoch auch für HYPOCRISY, die im Rahmen ihrer gemeinsame Tournee heute fairerweise einmal nach SOILWORK randürfen. Na klar, Überraschungen bleiben uns heute erspart, da hat Kollege Kreutzer sicherlich recht. Beim ersten Breeze-Gig seit 2014 darf es aber doch gerne eine Best-of-Setlist sein. Schließlich wird ja auch an Oldies nicht gespart. Und da haben metal.de und HYPOCRISY doch schon etwas gemeinsam.

Folglich staunt Kollege Maronde nicht schlecht, als er durch sein staubbenetztes Doppelmonokel pünktlich zu „Roswell 47“ tatsächlich die besungene Untertasse aufsteigen sieht. Magisch! Vielleicht war es aber auch nur eine Drohne. Oder ein fliegender Imbusschlüssel.

Death Angel – Summer Breeze Open Air 2019

Im Anschluss an den bisher üppigsten Gig des Festivals gibt’s dann noch eine Portion ENSLAVED. Hier müssen Band wie Publikum den bereits zweiten Line-up-Wechsel binnen zwei Jahren erst einmal verdauen. Im Großen und Ganzen gewiss solide. Einzig die Live-Clean-Vocals waren eben immer schon ein zweischneidiges Schwert für die Nordmänner. So jedenfalls den Fachsimpeleien zufolge, die Klug und Maronde hier immer wieder ungefragt vom Stapel lassen – wohlwissend, dass sie selbst als nächste ranmüssen.

Synthwave und DJing

Das mittlerweile als Veteranen-Abend etablierte DJing der beiden verläuft dann weitestgehend nach dem Motto „Rest Of The Schützenfest“. Mit der Synthwave-Bande HOLLYWOOD BURNS im Vorprogramm und MORBID ALCOHOLICA-Trauma vom Vortag unter der Haut haben die beiden es aber auch wirklich schwer. Dennoch gipfelt der Abend in 60 zünftigen Minuten metal.de-DJ-Set. So viel sei verraten: Von Ruderboot-Pits über einen verdammt textsicheren, DECAPITATED grölenden Jesus bis hin zu ordentlichen Hammer Smashed Faces war alles dabei.

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Donnerstag, 15. August 2019: Bist du Jägermeister?

Üppige Regentropfen sind es, die den unverwüstlichen metal.de-Campern am Donnerstagmorgen das letzte bisschen Vortagsknaster aus den Bärten waschen. Auch das noch! Dabei hat Kollege/Campingminister von Schaewen in weiser Voraussicht extra den Beefer mitgebracht. In Anbetracht des Wetterberichts muss er die Barbecuesauce an diesem Vormittag aber eher nicht mehr auspacken.

Wenigstens sorgt die morgendliche Wolkendecke für vergleichsweise zünftige Zelttemperaturen, die den Kollegen einen überdurchschnittlich langen Schlaf bescheren – sofern mittwöchliche KNASTERBA… Verzeihung, SUPERKNASTERBART-Ohrwürmer diesen denn nicht zum Negativen beeinflussen. LORD OF THE LOST halten derweil ihre Frühstücksmesse im Regen ab. Und auch das metal.de-Gruppenfoto entsteht zu feuchtester Stunde. Derweil erbeten ein paar verlorene Försterseelen Obdach: „Seid ihr Jägermeister? Wo ist der Jägermeister-Stand? Wir frühstücken da immer.“ Tja, die Herren Designer: Augen auf bei der Farbgebung.

Alle stinken

Doch es klart auf, hier in Nordbayern. Gegen Mittag traut sich die Sonne heraus – und das hat durchaus Auswirkungen. Kaum, dass das erste Tröpflein Schweiß in die Poporitze sickert, wissen AVATAR Bescheid: „Summer Breeze, wir stinken alle gleich!“. Ja geil! Doch so richtig kann Kollege Klug gerade nicht ins Gejubel der Anwesenden einstimmen. Erst recht nicht, nachdem ihm am Pissoir ein gummiartiges Stück Gelatine entgegenschwimmt, das im Zuge einer forensischen Untersuchung wohl irgendwo zwischen Zombieaugen-Haribo-Snack und dem Zahnersatz von Chris Barnes eingestuft würde.

Dazwischen: Trash-Nostalgie mit CLAWFINGER, eine überragende MESHUGGAH-Show und natürlich DECAPITATED. Zur selben Stunde und mit ähnlich „Anticult“-lastigem Set wie noch 2017. Ein Déjà-vu, das hoffentlich keine Fortsetzung erfährt – schließlich klickten nur zwei Wochen nach dem letzten Breeze-Intermezzo die Handschellen.

Wish You Were Beer

Im Zuge der wirklich, wirklich, wirklich schwer okayen IN FLAMES-Show kommt dann alsbald die Frage auf: Was ist platter? Die Bullshit-Bingo-Ansagen eines Anders Fríden oder die immer verbreiteteren T-Shirt-Inschriften der Güteklasse Mickie Krause? „Ich bin 24/7-Trinker!“ / „Wish You Were Beer!“ / „Männer müssen stinken!“ Oder natürlich: „Ohne Bier würde ich wahrscheinlich gar kein KNASTERBART hören!“ Hahahahahaha.

In Flames – Summer Breeze Open Air 2019

„Wenn ich Joey DeMaio wäre, wäre die Show jetzt vorbei.“ Den Showmaster spielen, das kann Klassenclown Tobias Sammet alle Male. Und sicher: Singen ja auch. Nur die Herzen von metal.de-Redakteuren erobern, daran hapert’s noch. „Das ist MEAT LOAF und nix anderes! Bringt mich weg!“, schreit Kollege Lattemann und stürzt sich todesmutig Richtung DEICIDE.

Der Rest feiert in geselliger Runde den Geburtstag von Kollege Erbas – natürlich zu AVANTASIA-Smash-Hits wie „Lost In Space“ und „Sign Of The Cross“. Welcher Kollege zu Hause eine frühe „Metal Opera“-Platte im Schrank hat (und zwar gleich zwischen AMENRA und BAP), sei an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: Kollege Schörg zählt nicht, der jumpt gerade sowieso durch den vordersten Wellenbrecher und tanzt den Tobi Sammet.

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Freitag, 16. August 2019: Arcade-Konsolen und Old-School-Zeugs

Schon gehört, dass die Besucher des Haldern Pop Festivals den Campground nach Abreise müllfrei hinterlassen haben? „Chapeau!“, sagt der Metaller und erfreut sich auch auf dem Summer Breeze – insbesondere im Infield – an müllfreien Böden.

Recycling betreiben übrigens auch DESERTED FEAR und zwar im allerbesten Sinne. Da erfreut sich die Kollegschaft gerade noch an den Auswirkungen des donnerstägigen Mitternacht-Marathons (MESHUGGAH, CRADLE OF FILTH, CASPIAN, ANAAL NATHRAKH), da schallt auch schon echter Thüringer Old-School-Death-Metal von der T-Stage. Keine Frage: Gerade im Todesblei reißt der deutsche Nachwuchs mittlerweile so einiges ab. Was leider auch für Frontmann Manuel Glatter gilt. Der hat sich nämlich gestern noch schön auf der Arbeit „innen Finger reinjesäächt“. Shit happens. Ersatzmusiker in 24 Stunden klargemacht? Läuft.

Dornenreich meets AOR

Bittersüße Panne auch bei der proppenvollen DORNENREICH-Show. 2019 hat es die Band auf die Wera Tool Rebel Stage verschlagen. So weit, so eng. Sichtlich genervt sind die Musiker dann aber zu Recht, als pünktlich zum atmosphärischen „Jagd“-Intro allerfeinster AOR von Band gestartet wird. Mund abputzen, weitermachen. Es gilt: Eine emotional eindringliche Show, die mit „Trauerbrandung“ ein wahrlich imposantes Ende findet.

Unruhe derweil am metal.de-Stand: Der Imperator kommt, besser gesagt seine Dreifaltigkeit: Ihsahn, Samoth und Trym signieren nach Herzenslaune. Im Hintergrund nesteln Klug und Lattemann herum. Gingen die beiden bei der Verlosung des goldenen Summer-Breeze-Horns noch leer aus (die unparteiischen hornbetreuenden Kollegen Becker und Herrmann seien hier natürlich ausdrücklich gelobt), geht‘s jetzt aufs Ganze: Und tatsächlich, am Ende gibt‘s EMPEROR-Signaturen und -Gruppenfoto. Kreiiisch!

DragonForce können Bühnenshow

Auf dem Weg zu CRIPPLED BLACK PHOENIX (❤) dann plötzlich: Amy Lee. Mitten in der Menge blickt sie uns an. Och, Moment einmal: Ein EVANESCENCE-Backpatch gleich unterm GORGOROTH-Aufnäher! Selten, aber stark. Genau wie DRAGONFORCE, die ihre Show auf zwei riesigen Arcade-Konsolen durchziehen (ist das noch Selbstironie?). Gut, dass Gitarrero Herman Li Kollegin Kother im Anschluss Rede und Antwort steht. („Beste Liveband?“ – „DragonForce!“)

Dragonforce – Summer Breeze Open Air 2019

Schnelldurchlauf: PARKWAY DRIVE zeigen feurigste Headliner-Qualitäten, THY ART IS MURDER trampeln herrlich asozial übers Trommelfell und KING DIAMOND spalten die Redaktion: Für die Alterspräsidenten spielen sich hier Wunsch-, für Kollegin Grönecke-Preuß allenfalls Fiebertraumszenarien ab. Via WhatsApp heißt es da: „Gruselkabinett! Wer mit Spielzeugpuppen um sich schmeißt und auf Teufelsaustreibung macht … KING DIAMOND war immer nur dann okay fürs Ohr, wenn ER nicht gesungen hat.“

Telemark, Norway

Der gemeinsame Nenner heißt dann – wie könnte es anders sein – natürlich doch EMPEROR. Nahezu geschlossen zieht die Redaktionskarawane nach amtlicher Verspätung Richtung vorderster Wellenbrecher. Und sapperlot: Drei von zwölf Kollegen kommen sogar vor der Bühne an. In tiefstes Grün getaucht zeigt die beste Black-Metal-Gruppierung Norwegens (Fakten!), warum Nostalgietourneen so eine gottverdammte Daseinsberechtigung haben: Weil sie Kreise schließen, weil sie flüssiges Glück erzeugen, weil sie Kindheits- (Maronde), Jugend- (Lattemann) und Adoleszenz-Träume (Klug) wahr werden lassen. „Anthems To The Welkin At Dusk“, liebe Freunde. Und jetzt geht‘s erst mal in die Butze.

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Samstag, 18. August 2019: Gute Laune, gefundene Handys

Es läuft: Ja doch, muss man so sagen. Von den paar Regenschauern und beängstigend gut gelaunten LORDI-Fans lässt sich am vierten Festivaltag keiner die Stimmung verderben. Im Gegenteil: Was die Monsterjünger hier in den ersten 50 Reihen abziehen, kann sich schon sehen lassen. So richtige Kenner haben sich in den Redaktionsreihen bisher keine zu erkennen gegeben, doch im Gegensatz zu manch anderen Eskapaden des Unverständnisses heißt es hier: Leben und leben lassen.

Auch sonst: Gute Laune wohin man blickt. SKÁLMÖLD freuen sich mächtig hier zu sein, BURY TOMORROW bestechen im Interview mit samtiger Garderobe und zu VAN CANTO schenkt die metal.de-Standcrew zwei ganze Pullen eines nicht näher genannten branntweinhaltigen Partygetränks aus. Gründe zum Anstoßen gibt‘s da viele: Etwa dass die Polizei gestern rund 50 gestohlene Handys an ihre glücklichen Besitzer zurückverteilen konnte. War wohl nichts mit Digital Detox.

Klobürsten und Kult-Grind

Bevor BULLET FOR MY VALENTINE und DIMMU BORGIR hier die letzte Headlinersause zelebrieren werden, schrubben sich GUTALAX noch einmal so richtig schön durch die lokalen Sanitäranlagen. Der tschechische Goregrind-Import bringt die Wera Tool Rebel Stage an die absolute Kapazitätsgrenze, nach dem Gastspiel 2014 nimmt das Ganze mittlerweile fast schon Züge des GRINDFUCKERS-Kults an. Nächstes Jahr also auf der Hauptbühne? Dann besorgt schon mal Sanitärinventar, hier saust nämlich von Klobürsten über Aufblas-Krokodile bis hin zu Toilettenpapier (Recycling!) so ziemlich alles durch die Luft, was der lokale Discounter zu bieten hat.

Summer Breeze 2019

Generell bieten sich hier spektakuläre Ansichten für jeden Hansguckindieluft: Die hiesige Flugschau ist voll im Gange, kleine Propellermaschine, ADAC-Helikopter, Drohnen und natürlich der fliegende Schraubenzieher. Gegeizt wird nicht. Weder hier, noch bei BULLET FOR MY VALENTINE. Die streuen ihre frühen Smashhits nämlich geschickt in so geringen Abständen ein, dass kaum Zeit bleibt, sich für ein paar Songs Richtung GAAHLS WYRD zu stehlen. Stattdessen eine starke Headliner-Sause, rezipiert getreu des 2017er KORN-Auftritts – kritisch beäugt und anerkennend abgeknickt. Und ganz ehrlich: Wer bei „Tears Don’t Fall“ nicht mitsingt, hat wahlweise kein Herz oder eine Geburtsurkunde von vor 1989.

Und so zählen wir nach der letzten absolvierten Autogrammstunde am metal.de-Stand (Grüße gehen raus an GRAND MAGUS!) die entrinnenden Minuten. Spätestens nach DIMMU BORGIR geht die Gemeinschaft getrennter Wege und findet sich wahlweise bei LEPROUS, AHAB oder im Bettchen ein.

Es war ein gutes Jahr – und gute Jahre werden folgen. Wir lesen uns 2020.

Der vollständige Festivalbericht vom Summer Breeze 2019 folgt in Kürze.

18.08.2019
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