Summer Breeze 2017
Der metal.de-Liveblog
Special
Samstag, 19. August 2017
Es gibt Nächte, die sollten nie enden. Und es gibt Tage, die sollten nicht mit Power Metal beginnen. Kollege Schörg ist sich leider nur einer dieser Tugenden bewusst, als er um kurz nach zwölf voller Wonne seine unverbindliche Anfrage in die Runde stellt: „Kommt einer mit zu PRIMAL FEAR?“ Die einzig richtige (und überhaupt einzige) Antwort kommt von Autogrammstunden-Manager Flocke: „Ne sorry, ich muss gerade diesen Müllbeutel hier durchsuchen.“ Touché.
Nach ausgiebigem „Metal is forever (forever, forever, forever)“-Genöle lacht dann auch endlich wieder die Sonne, da können selbst MONO INC. nicht dran rütteln. Fragt mal Kollege Rothe, der sich den Gig nicht ganz freiwillig in Gänze reingezogen hat. Ähnliches Prinzip bei den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS, die erst Kopfschütteln (Kostudis), dann aber zunehmend auch Lacher aus den Redaktionsreihen ernten. Erste Feierei dann zu ERSTE ALLGEMEINE VERUNSICHERUNGs „Fata Morgana“, das Zeitzeuge und PRIMAL FEAR-Fangirl Schörg dann allerdings kritisch die Nase rümpfen lässt. Vielleicht ist es auch nur die allseits beliebte Sommererkältung, die sich inzwischen bereits in der Chefredaktion breitgemacht hat.
Totale Belagerung dann nicht nur bei der Autogrammstunde von CORVUS CORAX, die uns am Abend mit der Vertonung der Carmina Burana in den vorzeitigen Tiefschlaf lullen, sondern auch bei DER WEG EINER FREIHEIT – das Vorab-Release der neuen Platte „Finisterre“ will schließlich angemessen gefeiert werden. Kollege Maronde macht hierbei sein Versprechen wahr und sieht die Truppe nach gefühlt zehnter Summer-Breeze-Teilnahme zum ersten Mal – und ist zufrieden. Die Reinwaschung hat er auch bitternötig, wusste er der gestrigen BELPHEGOR-Besudelung doch nur noch mit einer guten Prise bibel.tv entgegenzuwirken. Quintessenz unseres neuen Lieblings-TV-Priesters: „Das neue Jerusalem ist ein 2000x2000x2000 Kilometer großer Todesstern.“ Ja, Mahlzeit.
Todessternartige Circlepit-Explosionen dann anschließend bei HEAVEN SHALL BURN, sanftmütiges Oldie-Gekuschel wiederum bei TIAMAT, während die 90er-Generationen den doch gar nicht mal so umstrittenen Headlinern KORN frönen. Bombensound, wenigstens mal keine Band, die alle zwei bis drei Jahre spielt, wie Kollege Kreutzer folgerichtig konstatiert. Anschließend steigt spätestens zu FINNTROLLs „Trollhammeren“ der Konsum von Nutella-Crêpes (Klug/Möller) und Hammer-Schnaps (alle anderen) bis ins Unermessliche, bevor MGŁA uns mit ihren „Exercises In Futility“ in die Nacht entlassen – eine Übung, an der wir gerne teilhaben.
Der ausführliche Festivalbericht zum Summer Breeze Open Air 2017 folgt in Kürze.
Freitag, 18. August 2017
CELLAR DARLING, SONATA ARCTICA, EPICA: In der hippen Multikulti-metal.de-Redaktionskommune finden sich zweifelsohne genug Fans dieser Truppen – der Kern der unverbesserlichen Frühaufsteher-Camping-Mannschaft gehört nicht dazu. Allem penetranten Hintergrund-Gedudel zum Trotz findet das allmorgendliche Kaffeekränzchen ohne größere Ausfälle in Hörweite der Hauptbühne statt. Erst bei BATTLE BEAST zieht Kollege Klug endgültig die Notbremse: Einen Barbarenspieß mampfend – seine Treuekarte ist mittlerweile zum dritten Mal voll – sucht er rasch das Weite. Und findet FALLUJAH. (Kollege Møller ergänzt: Dabei gehört Klug übrigens nicht mal zur Barbarenfraktion der Redaktion, sondern zu der der vntrven DER WEG EINER FREIZEIT-Fans.)
„Wir spielen keine Popsongs / wir lieben nur die harte Melodie / wir scheißen auf den Mainstream / passen nicht in eure Strategie!“ Uiuiui, was BETONTOD hier an bitterbösem Kommerzhate abfeuern, lässt Stephan Weidner ja vergleichsweise als größten Dichter und Denker der Deutsch-Rock-Generation erstrahlen. Danke nein, da bleibt man ja fast schon lieber bei AMARANTHE. Wesentlich kreativer als die genannten Kapellen präsentiert sich dann Standmeister Röttgen, der über das XXL-Shirt von Angela plötzlich ungeahnte Schneider-Fähigkeiten entwickelt und daraus ein vollwertiges INSOMNIUM-Kleid bastelt – mit nichts als einem Teppichmesser bewaffnet, versteht sich. Selbiges möchte man auch beim lieben Wettergott ansetzen, als pünktlich zu CROWBAR erste Wassertröpfchen Kirk Windsteins beachtlichen Wuschelbart benetzen. Kollege Kostudis hält es gerade einmal drei Songs aus, anderen Jungspunden ist die überragende Performance durchaus ein anschließender Sommerschnupfen wert.
Flash Forward: Kurz sludgetrunken im Zelt eingenickt, schon hat sich die Welt um uns herum in ein Minenfeld aus Matsch und plattgetretenen Pommesresten verwandelt. CHILDREN OF BODOM beginnen nach kurzer sturmbedingter Unterbrechung, KREATOR dann im Trockenen, ein Siegeszug ohnegleichen. Wie kann man eigentlich fünf so derart geile Titeltracks hintereinander rausballern? Kann da nicht mal jemand einschreiten?! Der Chef schon mal nicht, der verpasst mal wieder den ganzen Spaß und „vergnügt“ sich lieber bei INSOMNIUM. Ach, Eckart …
Und so geht der dritte Festivaltag zu Ende: Kollege Maronde probt den Aufstand, Kollege Klug hingegen die sich ans Summer Breeze anschließende Zugspitzbesteigung. Viel härter als die elende Morastwaterei kann das eigentlich auch nicht werden. Einmal im Schlamm festgestapft, legitimiert die nachfolgende BELPHEGOR-Show den post-mitternächtlichen Aufwand dann aber doch noch. Oder wie Onkel Helmuth spricht: „DEEEEUTSCHLAAAAND. DANKESCHEEEEEEN.“
Donnerstag, 17. August 2017
Jubiläen, überall Jubiläen! Nachdem euer Lieblingsmagazin bereits im vergangenen Jahr zwanzigjähriges Bestehen feiern konnte, gleicht das diesjährige Wochenende in Dinkelsbühl einer einzigen trinkwütigen Karnevalssession: Das Summer Breeze selbst feiert 20-jähriges Bestehen, Nuclear Blast hat 30 Jahre auf dem Buckel, Metal Blade ihrerseits 35. Man munkelt, der Herr Chefredakteur liege noch darüber.
Heute Morgen trumpft er aber wieder einmal mit seiner frischen, jugendlichen Erscheinung auf. Und auch das eine oder andere Mitglied der immer dünner gesäten metal.de-Camping-Crew findet heute erstmals den Weg unter die Dusche. Der perfekt temperierte Wärmestrahl soll dann auch erst einmal das vorläufige Tageshighlight für Kollege Klug bleiben. Jedenfalls bis der Chef sich bereiterklärt, gemeinsam mit ihm dem Totenkult auf der T-Stage beizuwohnen. OBITUARY, DECAPITATED, alles schön und gut – der amtliche Abriss kommt dann aber vom reichlich verjüngten NILE-Geschwader.
Das lässt sich dann aber natürlich wie immer die halbe Mannschaft entgehen. „Moment mal, wir gehen zu NILE, wenn gleich MEGADETH spielen?! Das ist ja absurd!“, entfährt es dann auch noch dem Chef persönlich. Bitteschön, dann geh halt zu Megadave, wenn du willst. Bei everybody’s Motivationskanone weiß man immerhin, was man hat: Eigenmächtig um 15 Minuten verkürzte Spielzeit zum Beispiel. Aber ansonsten ja irgendwie doch eine runde Sache, gleich fünf „Rust in Peace“-Tracks können sich durchaus sehen lassen. Ähnlich wie das New-School-AMON AMARTH-Set, mit dem Johan Hegg und Rudermannschaft ihren Fluch des schlechten Festivalsounds auch am zweiten Tag zu brechen wissen. „Die machen das schon ganz gut“, erkennt auch Djent-Minister Kostudis.
Generell verteilt der Mann inzwischen Ritterschläge wie am Fließband. „WARDRUNA? Die waren gar nicht so scheiße wie aufm Roadburn.“ Ja, sapperlot! Da hat Kollege Wischkowski aber ganze Arbeit geleistet, als er die versammelte Mannschaft am Nachmittag zum Rudelgucken verdonnert und bis zum Anschlag mit Hopfen-Smoothies versorgt hat. Einzig einen Kameraden zieht es lieber zu ENSIFERUM: Kollege Maronde macht die One-Man-Army. Aber ihr wisst ja: In His Sword We Trust!
Mittwoch, 16. August 2017
„Das Ganze jetzt also noch vier Mal?“, denkt sich der namentlich nicht genannte Kollege, der sein Zelt in der Nacht mit dem Chef persönlich teilen durfte und folglich wenige Stunden später eine zünftige Aspirin-Eigentherapie beginnt. Tja, Kinder, das DJ-Set hallt nach. Trotzdem ist Daddy Maronde hellwach, als die mit Spannung erwarteten Surprise-Acts angekündigt werden. „VOMITORY? VOMITORY! Alder! Die haben acht Alben und die sind alle geil!“ Entsprechend losgelöst ist dann auch die Stimmung als er gemeinsam mit Klug und dem zwischenzeitlich dazugestoßenen Herrn Kostudis dem zünftigen Gig lauscht, das mit dem programmatischen „The Corpsegrinder Experience“ seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Maronde lacht, die Sonne tut es ihm gleich. Denn: Das die T-Stage umhüllende Zelt ist plötzlich verschwunden. Die zur Ehren des ehemaligen Breeze-Mitveranstalters Michael Trengert umbenannte Bühne beherbergt in diesem Jahr immer größere Bands, weshalb ein Großteil der Konzerte nun im Hellen über die – nun ja – Bühne geht. Und, Kinder, was sind das dicke Namen: Neben VOMITORY, BORN FROM PAIN, POWERWOLF und DESTRUCTION haben sich auch IN EXTREMO und AMON AMARTH für Special-Old-School-Sets am Vortag ihrer eigentlichen Gigs angemeldet.
Herrn Møller, dem die Sonne bereits sein alles überstrahlendes Tageshighlight UADA ruiniert hat, reißt der Geduldsfaden bei den Ober-Vikings heute allerdings etwas schneller. Gut, klar, man kann ein vermeintliches Old-School-Set ja auch nicht ernsthaft mit „Twilight Of The Thunder God“ beginnen. Dafür arbeiten sich AMON AMARTH dann aber Stück für Stück ihre Diskografie herunter. Ein Victorious March, durch und durch.
Dienstag, 15. August 2017
Zum zwanzigsten Mal lockt die schönste Altstadt Deutschlands™ Blumenkinder aus Nord, Ost, Süd und West ins beschauliche Dinkelsbühl. Während Frühaufsteher Wischkowski sich bereits auf der Zugfahrt über Hannover gute Laune in Dosenform angeeignet hat, sieht sich das Ruhrpott/Domstadt-Ensemble Klug/Kreutzer/Maronde/Rothe vor andere existenzbedrohende Hindernisse gestellt. Schmerzlich muss der Kölner Kollege Klug heute lernen: In Dortmunder Bäckereien mahlen die Mühlen noch etwas langsamer.
Nach einigen die Mädchenblase mancher Genossen betreffenden Fisimatenten verfliegen die gut 450 Kilometer bis ins mittigste Mittelfranken dank intensiver ENSLAVED-, GHOST und STEVEN WILSON-Beschallung wie im Fluge. Ein fataler Schritt dann aber, als der mehr schlecht als recht entstaubte Opel Astra auf die andere Spur zieht und damit zumindest musikalisch die Fahrtrichtung wechselt. Nachdem zunächst spirituelle Grundsatzfragen geklärt wurden („Warum feierst du EMPEROR eigentlich so?“), rutschen die beiden Redaktionsküken über BODY COUNT gänzlich ab und widmen sich allmählich nur noch SSIO und DCVDNS. Und verpassen ihre Ausfahrt um gut 25 Kilometer. (Wer wie Wischkowski glaubt die Hip-Hop-Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben, nur weil er eine K.I.Z.-CD besitzt: Ja, es geht um Deutsch-Rap.)
Die Zelte stehen, mit Doublebass-Lautstärke prasselt der Regen gegen unser polyestergeschütztes Heim für die nächsten fünf Nächte. Erfreulicherweise sind die zum vorzeitigen Anreisetag mitgeschleppten Kollegen nicht die einzigen, die sich zum Abend von den Kollegen Klug, Maronde und Wischkowski beschallen lassen: Das metal.de-DJ-Set lockt über unglaubliche drei Stunden alle möglichen feierwütigen Charaktere vor die Bühne, auch von fehlenden Büstenhaltern ist die Rede. In die verregnete Nacht geht es dann mit „Raining Blood“ – wie sollte es auch anders sein.