Septicflesh
Das meint die Redaktion zu "Titan"
Special
Mit „Titan“ haben SEPTICFLESH laut unseres Kollegen Florian Hefft nicht weniger als die Bestnote verdient. Aber ist dieses Album wirklich das hochgelobte Meisterwerk wie es in der Review dargestellt wird, oder nicht? Um dieser Frage etwas auf den Grund zu gehen, haben wir „Titan“ nochmals innerhalb der Redaktion auf Herz und Nieren geprüft und ein paar Meinungen mehr gesammelt.
Eigentlich bin ich gar kein Fan von Keyboard-Bombast, Chören und einem halben Symphonie-Orchester auf den hinteren Tonspuren. Oft klingt so etwas sehr billig und klappt live ja sowieso wieder nicht vernünftig. Eigentlich. Die Griechen von SEPTICFLESH, die wir seit 2007 wieder in der Welt des extremen Metals willkommen heißen dürfen, haben mich mit „Titan“ eines Besseren belehrt.
Man hätte das Album kaum besser benennen können. Tiefe Growls und technischer und groovender Death Metal paaren sich mit einem ganzen Arsenal an klassischen Instrumenten und bilden dabei zehn tiefschwarze Songmonolithen voller Abgründigkeit und Epik. „War In Heaven“ könnte auch eine gewaltige Schlachtenszene im Kino untermalen, so majestätisch türmen sich die Soundberge vor einem auf. „Burn“ kombiniert die durchgetretene Double Bass mit leichten Gothic-Elementen und endet mit einem wunderschönen Outro. In „Prototype“ und „Prometheus“ findet sich der technische Death Metal von Bands wie GOJIRA und MESHUGGAH wieder, aber auch an melodischen Parts ist die Scheibe absolut nicht arm. „Ground Zero“ etwa überrascht zur Hälfte mit einem tollen KATATONIA-ähnlichen, düster-melancholischen Part.
Trotz der zahlreichen Soundelemente, hat man die ganze Zeit das Gefühl, es mit einem Album aus einem Guss zu tun zu haben. Selbst Hörner und Frauenchöre („The First Immortal“) fügen sich wie selbstverständlich in das brutale Gitarrenfundament. Woran eine Band wie FLESHGOD APOCALYPSE manchmal krankt, das haben SEPTICFLESH perfektioniert: Orchestraler Death Metal mit Tiefgang in Perfektion. Zudem wurde dem Ganzen ein toller, angemessen gewichtiger Sound verliehen.
(Tobias Kreutzer | 9/10 Punkte)
Die Ankunft von SEPTICFLESHs „Titan“, was bedeutet sie für uns? Das neue Album der Griechen schafft jedenfalls etwas für uns, was in dieser Form wohl noch keines geschafft, aber immer versucht hat: Es lässt die Grenzen der Unterhaltungsmusik und der ernsthaften Musik, wie man sie so schön einteilt, verschwimmen. Der Titan kann sich mit dem Anspruch einer klassischen Komposition in jedem Song messen – mit einfachen Songs ohnehin. Ein Unterhaltungswert ist immer gegeben. Lediglich die Hörer, die sich bisher auf Bands mit schlichten Arrangements und Songs begnügen, könnten vielleicht Schwierigkeiten haben, sich in das neue Album hineinzuhören. „Fremdhörer“ die sich auch mal die klassische Kante geben, werden auf Anhieb verstehen, was ich meine.
Und die eingefleischten SEPTICFLESH Fans? Euch sage ich: „Titan“ klingt wie ein gemeinsames Kind aus „Communion“ und „The Great Mass“. Der Sound klingt so dick wie „Communion“, die Songs noch weitaus erwachsener, verspielter und emotionaler als bisher – ganz ohne „möchtegern-virtuos“, angestrengt oder verkopft zu wirken. Gut, genug gesabbelt. Jeder Song ist ein absoluter Volltreffer, also zähle ich lediglich die Stücke auf, die für mich ihrer wunderbaren Eigenart wegen brillieren. „Burn“ ist für mich der symphonische Drescher, der Prügler im Repertoir des Titanen. Den namengebenden Chorus dieses Songs („Burn, Burn, Burn!“) hätte man wohl genauso gut growlen können und es wäre wirklich fett und livetauglich gewesen, keine Frage. Aber nein: Es wurde clean eingesungen. Das verleiht dem Song zusätzlich zu seiner Kraft, einen beinahe sektenartigen Charakter. Ein sehr schöner Moment ist in diesem Song auch ein fragiles Harfenspiel, das nur so darauf wartet, von der Wucht der Band und des Orchesters dramatisch liebevoll aufgenommen und in den nächsten Takten wieder niedergetreten zu werden. Der Song „Dogma“ klingt martialisch, dramatisch, fordernd und majestätisch. Besonders beeindruckend ist hier die Reihenfolge der Einlagen des Blasorchesters, der darauf folgenden „schwimmenden“ Gitarre und dem Teil des des Chores. Im wahrsten Sinne: Mein lieber Herr Gesangsverein, hier bekommt man Drama. Wer bei diesem Track den Begriff „Dogma“ immer noch nicht verstanden hat, dem ist nicht mehr zu helfen. Die Hommage an „Prometheus“ ist das für mich schaurig-schönste Klangspektakel, welches sowohl kräftig von unten anschiebt aber gleichzeitig hoch oben melodiös singt, während der Titeltrack „Titan“ selbst sägt und mit allen Mitteln giftet, die ihm zur Verfügung stehen. Dies sind für mich zwei Lieder, die ohne Zweifel allein für sich stehen können, aber besonders im Verhältnis zueinander ein herrliches Wechselbad erzeugen.
Das mit Abstand für sich stehendste Stück im ganzen Werk ist für mich „Confessions Of A Serial Killer“. Besonders die Melodieführung mit samt der Rhythmen wirken auf mich beinahe wie ein Gruß in die Filmwelt von TIM BURTON. Der schräge Düster-Epos mündet in einer bizarren Beschwingtheit von Melodie samt (auf seine ganz eigene Art) Swing der mit nur einem Wort endet: STOP! Ja, so ist der „Titan“. Einfach, weil er´s kann. Keine Angst, SEPTICFLESH setzen hier noch mit zwei Stücken nach: Die hört man sich aber am besten selbst an. Wobei trotzdem noch so viel verraten sei: „The First Immortal“ klingt eher wie ein dunkles Versprechen, wiederzukehren, statt etwas aufhören zu lassen – man wartet hier gern auf die Wiederkehr des ersten Tracks.
(Fred Freundorfer | 10/10 Punkten)
„Titan“ erscheint mir erst wie ein gruseliges, verfluchtes Schloss, in dem ich eine Nacht verbringen muss. Spannend, beängstigend und anregend zugleich. Verstohlen schaue ich mich um, ob irgendwo betäubendes Gas ausströmt, denn „Titan“ ummantelt mich dumpf und macht mich praktisch willenlos, lässt mich fast erstarren. „War In Heaven“ überzeugt mit dem Wechsel aus verstörendem Stakkato und symphonischen Freiflügen, „Burn“ bricht schlagartig aus der mantrischen Wiederholung aus und mündet in elegisches Ende, „Order Of Dracul“ klingt wie ein von Angst getriebener Spießrutenlauf. Die Streicher bauen beim Titelsong „Titan“, einem Bienenschwarm ähnlich, Hektik und Angst auf, das Spinett in „Burn“ unterstreicht die beklemmende Stimmung noch deutlich. Herr der Lage ist Spiros „Seth“ Antoniou, der stimmgewaltig die Mitte jedes Songs ausmacht. Symphonisch treiben es SEPTICFLESH auf die Spitze, ohne es gleichzeitig zu übertreiben.“Prototype“ und „Prometheus“ sind nicht weniger, als vielschichtige Meisterwerke und die beispielhafte Verschmelzung von Extreme und Symphonic Metal.
„Titan“ ist stimmig und eng miteinander verbunden. Die Musik strömt förmlich aus der Anlage, die Kompositionen scheinen felsenfest im Raum zu stehen und gleichzeitig in jede Ritze zu dringen – sehr mächtiger und anziehender Sound und den künstlerischen Anspruch maximal befriedigend. Aber…letztendlich berührt mich die Platte nicht nachdrücklich und läuft doch fast glatt an mir ab. Ein harter Bruch nach den vorherigen Lobpreisungen, aber Emotionen sind ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die kompositorische Arbeit darf auch gerne unangetastet bleiben, dass mein Herz aber nicht hüpft, keine Gänsehaut entsteht, ich nur ganz schwach von Ohrwürmern befallen werde und mich SEPTICFLESH nicht wirklich überraschen, führt zu dieser äußerst subjektiven Wertung. Ein gutes Album, aber kein Titan.
(Nadine Schmidt | 7/10 Punkten)
SEPTICFLESH haben ein neues Album herausgebracht. Die Erwartungen der Fans – gigantisch. Der Anspruch der Band selbst… sagen wir es so: Das neueste Werk der griechischen Dämonen heißt „Titan“.
Die Messlatte, die sich SEPTICFLESH mit „The Great Mass“ gesetzt haben, befand sich in schier unerreichbaren Höhen, dennoch haben sie es geschafft, ihren einzigarten Sound noch weiter auszubauen und reifen zu lassen. Dabei steht ihnen die Produktion von Logan Mader sehr gut zu Gesicht, denn das Ganze wirkt erdiger und dabei noch packender, als es „The Great Mass“ ohnehin schon war. Man bewegt sich klanglich in Soundgefilden, die eher an „Communion“ oder „Sumerian Daemons“ erinnern, nur eben erwachsener, drückender und homogener.
Schon der erste Song „War In Heaven“ lässt keinen Zweifel daran, dass da etwas Gewaltiges auf einen zukommt. Von Sekunde eins an zieht „Titan“ den Hörer mit einem mächtigen Strudel aus Metal, Orchester und Chor in die tiefsten Tiefen, dass sogar Charybdis selbst vor Neid erblassen würde. Ebenfalls bewundernswert ist, dass es SEPTICFLESH noch besser gelungen ist, Metal und Orchester in Einklang zu bringen und dennoch beiden Teilen ihren Raum zu geben. Besonders fällt dies bei „Prototype“ auf, denn hier lässt man mit einer derartigen Selbstverständlichkeit und gleichzeitig Finesse Knallerriffs auf zarte, orientalische Melodien treffen, dass man die Jungs am liebsten knutschen möchte.
Fazit: Die Titanen herrschten in der goldenen Ära. Dass SEPTICFLESH sich in genau dieser befinden, beweisen sie mit diesem monumentalen Langspieler. Wahnsinn!
(Sandra Hefft | 9/10 Punkten)