Scar Symmetry
The Unseen Empire - Die zweite Meinung

Special

Ein so vielseitiger Sänger wie Christian Älvestam ist nicht so einfach zu ersetzen. Das hat man mit dem vor zwei Jahren veröffentlichten Album „Dark Matter Dimensions“ ganz deutlich zu spüren bekommen, und das macht sich an einigen Stellen auch auf „The Unseen Empire“ bemerkbar, obwohl der Klargesang bzw. die Growls von Robert Karlsson und Lars Palmqvist diesmal sehr viel homogener miteinander harmonieren. Mein Rat: Trennt euch endlich von dem Gedanken an Christian Älvestam in Verbindung mit SCAR SYMMETRY, denn die beiden neuen Sänger machen diesmal einen verdammt überzeugenden Job. Aber nicht nur diesen Kritikpunkt, den sich „Dark Matter Dimensions“ gefallen lassen musste, haben sich die Schweden zu Herzen genommen. SCAR SYMMETRY erschaffen sich mit „The Unseen Empire“ ganz neu, klingen überraschend frisch und vor allem als Einheit überzeugend.

„The Unseen Empire“ ist ein großes Album, und schon jetzt darf man gespannt sein, wie die Umsetzung der neuen Songs live funktioniert und wie das nächste Album klingen wird, denn die neue Langrille hat das Feuer der Frühwerke der Band mit einem hervorragenden Einstand („The Anomaly“) und dem darauf folgenden „Illuminoid Dream Sequence“, einem Track, der an „Holographic Universe“ erinnert, neu entfacht. Auch die Brutalo-Speed-Nummer „Extinction Mantra“ und Songs wie „Domination Agenda“ zur Hälfte des Albums überzeugen auf ganzer Linie genauso wie das ungewöhnlich balladesk beginnende „Rise Of The Reptilian Regime“ oder der pfeilschnelle und mit poppig gespickten Versatzstücken angereicherte Rausschmeißer „Alpha And Omega“ – ohne Zweifel einer der besten Songs, den SCAR SYMMETRY mittlerweile in ihrem Repertoire haben.

„The Unseen Empire“ ist ein starkes Stück Metall, das sich offensichtlich von lästigem Rost befreit hat und bis auf kleine Unachtsamkeiten – der Sound klingt stellenweise noch immer etwas breiig wie auf dem Vorgänger und leider noch immer nicht ganz so fett wie auf „Holographic Universe“ – auf Hochglanz poliert wurde. Etwas mehr Mut zu Experimenten, wie man sie auch wieder in einem Song wie „Illuminoid Dream Sequence“ hört, steht den Schweden unheimlich gut. Darauf lässt sich aufbauen.

SCAR SYMMETRY haben sich nach dem mauen Vorgänger wieder gefangen und legen mit „The Unseen Empire“ ein Album vor, das so abwechslungsreich wie keines ihrer Alben zuvor ist: Über balladeske Intros, irrwitzigen Gitarrensoli, leicht progressiven Elementen und eingängigen Melodien findet man all jene Trademarks, die SCAR SYMMETRY groß gemacht haben und für die man die Band liebt oder hasst. Unter diesen Voraussetzungen kann ich mir letztendlich sogar vorstellen, dass es der nächste Longplayer tatsächlich auf eine Stufe (oder sogar darüber hinaus) mit dem Meilenstein „Holographic Universe“ schaffen könnte. Diesmal jedoch reicht es – trotz der erfrischenden Abwechslung – noch nicht ganz. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch das Recycling eigener Riffs und Soli, denn das herausragend gespielte Solo von „Astronomicon“ (2:48 – 3:20) bedient sich ganz unverblümt einer Idee von „Calculating The Apocalypse“ (2:38 – 3:13), einem Song, der bereits 2006 auf dem Album „Pitch Black Progress“ erschienen ist. Nichtsdestotrotz kann man definitiv behaupten, dass es diese Überraschungsmomente, in denen alles anders kommt als man denkt oder befürchtet, doch noch gibt: „The Unseen Empire“ wird insgesamt gesehen keinen Freund der Schweden vergrämen und Fans, die sich bereits skeptisch geäußert haben, wieder versöhnen.

8/10

02.04.2011
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