Sabiendas
Sabiendas - Ein Bandportrait

Special

Sabiendas

Um zu erkennen, dass der Ruhrpott kocht, braucht man nicht zwangsläufig ein Derby zwischen Schalke und Lüdenscheid Nord. Wer sich abseits der bekannten Musikevents der ‘Großen’ in der Szene einmal genauer umschaut, wird erkennen, dass das Ruhrgebiet eine ganz erlesene Auswahl an talentierten Bands zutage gefördert hat. Underground heißt das Stichwort zwar in diesem Fall, aber ich habe schon viele Bands von internationalem Status gesehen, die wesentlich schlechtere Gigs auf die Bretter gelegt haben als so manche unbekannte Band. Deshalb wird metal.de unter der Rubrik ‘Special’ in unregelmäßigen Abständen Bands vorstellen, die der breiten Öffentlichkeit bislang eher weniger bekannt sind.

 

Eine dieser Bands sind die Death-Metaller SABIENDAS aus Recklinghausen. Der Name SABIENDAS kommt aus dem Spanischen und bedeutet so viel wie wissentlich, bewusst, absichtlich. Ein passender Name, denn die Band spielt Old School Death Metal und verzichtet bewusst auf moderne Elemente in ihrem Sound. Bereits kurz nach Gründung im Jahr 2006 fingen SABIENDAS an, die Bühnen diverser Clubs unsicher zu machen. Dass dabei aller Anfang schwer ist, mussten auch die Recklinghäuser Death Metaller erfahren. Auch SABIENDAS waren vor den berühmten Line-Up-Wechseln nicht gefeit. Bis auf Gitarristin/Bandgründerin Alex wurde im Laufe der Jahre auf allen anderen Positionen munter gewechselt. Neue Bandmitglieder zu akquirieren war mitunter ein recht schwieriges Unterfangen, “denn musikalisch und menschlich muss es eben passen”, wie Alex zu Protokoll gibt. Wichtig war ihr hier auch, dass Neuzugänge die gleiche Einstellung zur Band hatten wie sie selbst: “Manche nehmen das nicht so ernst, sind nicht so motiviert und das ist immer schlecht. Damit kann man auch nichts erreichen”. Ein Umstand, den nicht wenige Musiker kennen dürften.

Mit Dirk an der zweiten Klampfe, Basser F.T., Drummer Toni und Sängerin Masae scheint sich im Laufe der Zeit aber ein Line-Up heraus zu kristallisieren, das den Vorstellungen von Alex entspricht und so kann man sich zunächst auch live endlich als komplette Einheit präsentieren und zahlreiche Konzerte im und außerhalb des Ruhrpotts abreißen. Bei einem dieser Gigs kommt man im Übrigen in Kontakt mit Sänger Jan, der heute hinter dem Mikro von SABIENDAS steht, damals aber noch mit seiner alten YETHLYREOM unterwegs ist. Dazu aber später mehr.

2009 gibt es dann auch das erste veröffentlichungstechnische Lebenszeichen von SABIENDAS zu hören. “Buried Alive” zeigt eine Band, die sich noch in der Entwicklung befindet, aber schon eine eigene Duftmarke setzt. “Necrophobia” und “Eternal Gloom” befinden sich auch heute noch im Live-Set der Band und bringen schon damals die Stärken von SABIENDAS auf den Punkt. Die Mischung aus groovigen Parts und Blastbeats ist sicherlich nicht neu und auch nicht sonderlich innovativ, aber das wollen die Recklinghäuser auch gar nicht sein. Dass man hier noch nicht das Nonplusultra vorliegen hat und sich manche Riffs zu gleichförmig anhören, kann man bei einer ersten Veröffentlichung einer Band natürlich noch verschmerzen – zumal sich mit Toni ein extrem talentierter Drummer in den Reihen der Band befindet. Auch die tiefen Vocals von Masae können überzeugen und verleihen den Kompositionen ein regelrecht bedrohliches Flair. Wenn auch die Eigenständigkeit noch etwas zu kurz kommt, kann “Buried Alive” aber aufgrund der oben genannten positiven Aspekte durchaus punkten.

 

 

Da nicht nur Alben, sondern auch Eigenproduktionen ordentlich supportet werden wollen, spielen sich SABIENDAS in der Folgezeit sprichwörtlich den Arsch ab und sind quasi an jeder Steckdose zu Hause. Dass dabei dann irgendwann auch Gigs in größerem Rahmen (u.a. Metalfest Open Air und als Support von DEMONICAL) zustande kommen, ist eigentlich nur eine logische Folge der emsigen Arbeit von Alex, die sich unablässig bemüht SABIENDAS im Gespräch zu halten. Doch die vielen Auftritte und die gute Resonanz auf “Buried Alive” können bandinterne Probleme nicht kaschieren. Der daraus resultierende Besetzungswechsel betrifft nicht zum ersten Mal den Posten hinter dem Mikro. Masae wird gegen Patrick ausgetauscht, der sich zwar recht schnell im Bandkontext zurechtfindet, aber dennoch nicht die optimale Lösung als Sänger darstellt. So trennen sich die Wege von Band und Frontmann wieder und es tritt ein alter Bekannter in den Fokus von SABIENDAS. Nachdem YETHLYREOM (benannt übrigens nach einer Stadt aus einer Kurzgeschichte von Clark Ashton Smith) sich in der Auflösung befinden, sucht Jan nach einer neuen Herausforderung. “SABIENDAS hatten einfach was zu bieten und ich hatte keinen Bock mehr nur im Proberaum Musik zu machen. Außerdem habe ich nach 10 Jahren Abstinenz durch YETHLYREOM wieder Blut geleckt”, wie Jan seinen Weg zu SABIENDAS beschreibt. Dass SABIENDAS und Jan gut zusammen passen, wird den Beteiligten ziemlich schnell klar. Die ersten gemeinsamen Auftritte machen deutlich, dass SABIENDAS sich mit Jan einen klasse Sänger ins Boot geholt haben, der laut Alex ein sehr motivierter Frontmann und optisch auf der Bühne einem George Corpsegrinder (CANNIBAL CORPSE) nicht unähnlich ist.
Wie es aber oft so ist, gibt sich auch bei den Recklinghäusern ein Problem mit dem nächsten die Klinke in die Hand. Gitarrist Dirk verlässt die Band und wird durch Christian ersetzt, der vorher zusammen mit Jan bei YETHLYREOM musizierte. Auch Christian erweist sich als Glücksgriff für SABIENDAS, fügt er sich mit seinem Stil doch perfekt in den Bandkontext ein und unterstützt Alex beim Songwriting.

 

Neben zahlreichen Liveaktivitäten (u.a. teilt man sich mit DEBAUCHERY, SODOM oder MILKING THE GOATMACHINE die Bühne und spielt auch Gigs im europäischen Ausland) findet die Band aber auch Zeit neues Material zu komponieren und die Aufnahmen für den ersten vollständigen Longplayer in Angriff zu nehmen. “Restored To Life” zeigt eine hörbar gereifte Band, die sich verglichen mit dem Material des Demos enorm gesteigert hat. Neben sieben brandneuen Tracks finden sich mit “Necrophobia” und “Eternal Gloom” ebenfalls zwei Songs des Demos auf dem Album. Gerade auch diese beiden Stücke profitieren ungemein von der neuen Besetzung und kommen um einiges fokussierter aus den Boxen. Auch die anderen Songs wissen durch die Bank zu überzeugen. Ihren Stil haben SABIENDAS auf dem Debüt natürlich nicht geändert, vielmehr haben die Mannen um Alex ihren Stil verfeinert und die eigene Note steht wesentlich mehr im Vordergrund, als noch auf “Buried Alive”. Songs wie “Faces In The Dark”, “Cheating Death” oder “Retributionist” sind geprägt durch das Zusammenspiel von Schlagzeug und Gitarren. Während die Riffs schön brutal, aber auch verspielt daher kommen, untermalt Drummer Toni die Songs mit vielen verschiedenen Rhythmusfiguren und trägt so dazu bei, dass die Songs nicht langweilig werden. Auch Sänger Jan drückt den Liedern seinen Stempel auf. Er agiert immer dem Song entsprechend und setzt seine Stimme sehr variabel ein. So erinnert er beispielsweise bei “Prophets Of Blood” streckenweise sogar an Chris Barnes von SIX FEET UNDER, was man ja durchaus als Kompliment werten kann. Insgesamt gibt es an “Restored To Life” nicht viel zu meckern. Die Songs sind stimmig arrangiert, die einzelnen Musiker mit viel Herzblut bei der Sache – was man den Stücken anhört – und auch die Produktion erfüllt internationalen Standard. Unter dem Strich stellt das SABIENDAS-Debüt eine gelungene Old-School-Death-Metal-Platte dar, die Fans des Genres sich unbedingt auf die Liste schreiben sollten. Es lohnt sich auf jeden Fall der Band ein Ohr zu leihen.

 

 

Leider müssen sich die Fans aber noch bis zum 22.02.2013 gedulden, bis sie “Restored To Life” in Händen halten können. Grund hierfür ist, dass sich Bret Hard Records der Band angenommen haben und das SABIENDAS-Debüt Anfang nächsten Jahres in die Läden stellen werden. Wer so lange nicht warten möchte, kann sich die Stücke der Scheibe auch auf den noch im Herbst und Winter anstehenden Konzerten der Band anhören oder deren Seiten im weltweiten Netz besuchen. SABIENDAS sind eine hungrige Band, für die die Reise mit der Unterzeichnung des Plattenvertrags bei Bret Hard Records erst begonnen hat.

 

 

30.09.2012
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