Rory Gallagher
Im Großen und Ganzen werden Musiker wie Dreck behandelt.

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Rory Gallagher

„On The Road“ trägt den vielsagenden Untertitel „Mein Leben mit RORY GALLAGHER und NINE BELOW ZERO“. Ich vermute, für die Generation der unter 30-Jährigen werden beide Bands vollkommen unbeschriebene Blätter sein – jedenfalls muss ich zugeben, dass RORY GALLAGHER, in den 70er und 80er Jahren einer der erfolgreichsten Blues- und Rockmusiker weltweit, mir kein Begriff war.

Das hat sich nach dem Lesegenuss von „On The Road“ geändert. Im Grunde ist das Buch eine Autobiographie des RORY-GALLAGHER- und späteren NINE-BELOW-ZERO-Bassers Gerry McAvoy. Weil der Name Rory Gallaghers jedoch ohne Zweifel für viele Leser aussagekräftiger sein wird, erzählt Gerry McAvoy sein selbst überaus erfolgreiches Musikerleben auf über 300 Seiten immer parallel zu und in Beziehung zu dem von Rory Gallagher, dessen Bassist er zwischen 1971 und 1991 war, bis er schweren Herzens ausstieg und sich NINE BELOW ZERO anschloss. Er hält sich dabei erstaunlich brav und konservativ an den zu erwartenden Biographie-Schreibstil – wir beginnen am Anfang und enden am Schluss.
In diesem Fall ist der Beginn die in den 60ern übliche Karriere eines talentierten, aber blutjungen Bassisten, der im von immer schwerer wütenden Unruhen geschüttelten Belfast versucht, mit Blues und Rock seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Nach vielen Jahren, die von schlecht organisierten Konzerten in lokalen Pubs als ewige Vorgruppe erzählen, bekommt Gerry McAvoy mit 19 die Gelegenheit, in die Soloband des zu diesem Zeitpunkt bereits zu lokaler Berühmtheit aufgestiegenen Gitarristen und Sängers Rory Gallagher einzusteigen. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Eine Geschichte, die einem Rockmärchen gleicht, das sich kein Drehbuchschreiber besser zusammenreimen könnte. Der einzige Unterschied zwischen „On The Road“ und einem Drehbuch ist, dass „On The Road“ mehr oder minder die Wahrheit erzählt. Binnen weniger Jahre ist die RORY-GALLAGHER-Band zu einer der erfolgreichsten Livebands der Welt und Gerry McAvoy mit 22 zum Mitglied einer gefeierten Band geworden, spielt Gigs mit allen Größen der westlichen Rockwelt (DEEP PURPLE, KISS, ZZ TOP, JETHRO TULL, DIRE STRAITS, LED ZEPPELIN, PINK FLOYD, GENESIS, ROLLING STONES und tausend anderen – und das betontermaßen nicht immer als Vorband!), tourt pausenlos um den Globus und nimmt Alben exzellenter Qualität auf – 14 Stück in 20 Jahren, anfangs zwei pro Jahr.

Für heutige Verhältnisse ist die Karriere dieser Band geradezu unfassbar, für damalige Verhältnisse zwar auch, aber damals war es noch mit harter Arbeit und außerordentlichem Talent möglich, ein Weltstar zu werden. Heute reicht Geld. Trotzdem erreicht die Rockbands der 60er und 70er Jahre Dimensionen, die im 21. Jahrhundert keine Nachwuchsband mehr erreichen wird – ausverkaufte Stadien mit Kapazitäten von über 80000 Menschen, überall berstende Clubs mit mehreren tausend Besuchern aller gesellschaftlichen Schichten, die drei Stunden lang eine Bluesband abfeiern. Diese Zeiten sind vorbei, seit Stile und Menschen immer weiter differenziert werden und sich selbst differenzieren.
Geblieben sind allerdings die wesentlichen Zutaten für eine gelungene Rockkarriere: Alkohol, Frauen und Leidenschaft für die Musik. Von allem haben Gerry McAvoy, Rory Gallagher und ihre wechselnden Mitmusiker in den vielen Jahren ihrer Karriere soviel gehabt, wie sie nur wollten. Davon zeugen die zahlreichen Tourgeschichten, die Gerry McAvoy in nüchtern-trockenem Ton, aber mit einem angenehm subtilen Humor im Plauderton des auf dem Boden gebliebenen Rockstars zum Besten gibt.

Nur von einem hatte Rory Gallagher zuviel: Alkohol. Er selbst wird in einem Interview mit den Worten zitiert, Blues und Alkohol gehörten untrennbar zusammen. Das Eine sei ohne das Andere nicht denkbar. Vielleicht stimmt das. Tatsache ist, dass Rory Gallagher ein außergewöhnlich genialer Gitarrist und Songwriter war, der rockige Musik und unterschwellige irische Melancholie unnachahmlich verbunden hat. Vielleicht hat er seine eigene Genialität und Traurigkeit alleine in Musik nicht verarbeiten können. Wie es so oft mit Genies ist, wurde auch Rory Gallagher mit seinem Leben nicht fertig. Er starb 1995, mit gerade einmal 47 Jahren, an den Folgen einer Lebertransplantation, allerdings als gefeierter Star, dem die halbe Musikerwelt Verehrung entgegenbrachte und der Einfluss auf Generationen von Musikern hatte, von U2 bis BOB DYLAN.
In seinem Schatten: Gerry McAvoy, der mit diesem Buch, ganz in der Gentlemanmanier eines Bassisten, Rory Gallagher ein literarisches Denkmal setzt und nicht versucht, sich über diesen Mann zu definieren oder von seiner Bekanntheit zu profitieren. „On The Road“ ist ein angenehm zu lesendes Buch mit menschlichem Tiefgang, einigen ewig gültigen Rockgedanken („Im Großen und Ganzen werden Musiker wie Dreck behandelt.“) und allen Informationen, die man über die RORY-GALLAGHER-Band bekommen kann. All das von einem sympathischen, ewigen Jungen aus Irland erzählt, der sich mit harter Arbeit und etwas Glück einen Platz in der Geschichte des Rock gesichert hat.

Das Buch ist für 19.95 Euro im Buchhandel oder beim HEEL-Verlag erhältlich.

30.05.2007

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