Rockharz Open Air
Das große Kreuzverhör zum Festival
Special
Das ROCKHARZ wird 25 Jahre alt. Damit feiert eines der idyllischsten Festivals Deutschlands Jubiläum. Von den Anfangstagen über einen Gelände-Wechsel hin zum jetzigen Großevent gab es einige Hürden zu überwinden. Grund genug, den Veranstaltern einmal auf den Zahn zu fühlen, was in den Jahren alles geschehen ist, wie das Booking läuft und auf was sich die Besucher jetzt und in Zukunft einstellen können. Da es aber nur mittelmäßig spannend wäre, wenn wir die Veranstalter löchern würden, haben wir es den Gästen überlassen, diese Fragen zu stellen, die ihnen unter den Fingernägeln brennen. Im letzten April waren wir dann im Hauptquartier im wundervollen Harz zu Besuch und haben die beiden Veranstalter Buddy und Dani ins Kreuzverhör genommen und eure Fragen gestellt. Das hier sind die Antworten.
Seite 1 – Thema Organisation: An- Abreise, Campen, Hygiene, Sound, Sicherheit und mehr
Seite 2 – Thema Booking: Bands, Kosten, Planung und mehr
Seite 3 – Rund um das ROCKHARZ und seine Geschichte
Unseren großen Festivalbericht vom ROCKHARZ 2017 gibt es natürlich noch zum Nachlesen.
Alle Infos zum ROCKHARZ 2018 haben wir ebenfalls gesammelt.
Thema Organisation: An- Abreise, Campen, Hygiene, Sound, Sicherheit und mehr
Wird in Erwägung gezogen, dass auch auf den hinteren Campingflächen die Toiletten mehr gereinigt und ggf. feste Toiletten sowie Waschmöglichkeiten angeboten werden?
Die Toiletten sind an sogenannten Punkten konzentriert. An jedem Punkt sind sechs Toiletten. Wir haben die Toilettenpunkte erhöht und werden sie in diesem Jahr durchnummerieren. Manchmal haben die Fahrer die Toiletten übersehen, weil sie durch Zelte oder Wohnmobile verdeckt waren. Das hoffen wir durch das Nummerieren zu vermeiden. Außerdem müssen die Toilettenfahrer unterschreiben, dass die einzelnen Punkte, also jeweils alle sechs Toiletten gereinigt wurden. Das passiert zweimal täglich. Sollten Gästen verschmutzte Toiletten auffallen, können sie sich mit der Nummer am Infopoint, bei den Duschen oder an der Rezeption melden.
Wo gibt es feste Waschmöglichkeiten?
Feste Waschmöglichkeiten sind im vorderen Teil des Geländes. Aufgrund der langen Schlangen in den Vorjahren haben wir die Anzahl der Duschen um 30 Stück erhöht. Leider ist es aus logistischen Gründen nicht möglich, Duschen auf dem hinteren Teil des Campingplatzes anzubieten. Es müssten Wasserleitungen quer über den gesamten Campingplatz verlegt werden, und da selbst dann nur ein geringer Wasserdruck möglich wäre, könnten wir keine gute Qualität gewährleisten.
Auf dem Infield bieten wir allen unseren Gästen ausschließlich kostenlose Spültoiletten mit der Möglichkeit, sich die Hände zu waschen. Außerdem haben wir das Reinigungspersonal aufgestockt, damit die Toiletten auf dem Infield ebenfalls häufiger gereinigt werden.
Das ROCKHARZ ist in diesem Jahr erneut ausverkauft. Plant Ihr, Euch in den kommenden Jahren zu vergrößern? Und stimmt es, dass dafür erneut der Standort gewechselt werden müsste?
Wir planen nicht, den Standort zu wechseln. Wir fühlen uns auf dem Flughafen Ballenstedt sehr wohl. Das Umfeld stimmt, die Bewohner in der Umgebung haben uns in den letzten Jahren sehr gut angenommen, und das Gelände mit der Teufelsmauer ist sehr malerisch. Daher ist weder ein Umzug noch eine große Ausweitung des Geländes geplant. Es wird immer ein wenig Wachstum geben, da sich einige Strukturen verändern und einzelne Dinge teurer werden. Uns ist aber wichtig, die Qualität zu steigern. Ein großes Ziel wäre zum Beispiel, dass wir komplett auf Dixis verzichten. Wir legen außerdem sehr großen Wert darauf, den Gästen gute Essensstände und gute Sanitäranlagen zu bieten. Leider wird es jedes Jahr teurer, um so ein Festival bei gleichbleibender Gästeanzahl und höherer Qualität durchzuführen.
Das Gelände ist ein Flugplatz, und das Gelände muss jedes Jahr in einem ordnungsgemäßen Zustand übergeben werden. Das bedeutet, dass keine Löcher gegraben werden dürfen und auch wirklich jeder Zelthering aus der Wiese gezogen werden muss. Da dort über das Jahr Flugveranstaltungen stattfinden und beispielsweise Zeltheringe die Reifen beschädigen könnten, müssen wir sehr gründlich sein. Kurz gesagt: Unsere Gäste können uns dabei unterstützen, indem sie den Platz sauber verlassen.
Um das zu verdeutlichen, muss man die andere Perspektive einnehmen: Im Sommer, der schönsten Jahreszeit zum Fliegen, können die Flieger den Platz 14 Tage nicht nutzen. Daher unterstützen wir die Flieger auch bei ihren Veranstaltungen und helfen zum Beispiel mit der Gastro. So eine Kooperation funktioniert nur über gegenseitigen Respekt, und unser Part in diesem Zusammenhang ist eben, dass der Platz aufgeräumt und sauber übergeben wird. Wir finden jedes Jahr unter anderem noch ein paar Hundert Heringe.
Wer ist für den Weg verantwortlich, der zum Campground führt? Möchte man die 200 Meter Zerstörung pur nicht einmal instand setzen? Es muss ja kein Teer drauf, aber könnten nicht wenigstens die Löcher mal aufgefüllt werden?
Ja, das stimmt. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass beim Befahren die Sorge um das eigene Auto oder Wohnmobil vorhanden ist. Allerdings gehört der Weg weder uns noch dem Flugplatz. Eigentümer ist der Landkreis. Mit diesem sind wir aktuell in Kontakt, ob der Weg neu geschottert wird und ob wir das selber übernehmen dürfen. Leider ist es uns nicht erlaubt, dies ohne Absprache selbst zu machen, aber wie gesagt, wir sind in Gesprächen und hoffen, dass der Weg bald verbessert wird. Wir gehen fest davon aus, dass dies bis zum ROCKHARZ gelingt.
Warum wird bei jährlich steigender Gästezahl das Campinggelände nicht ausreichend vergrößert?
In diesem Jahr ist das Festival noch ein wenig größer geworden, aber wir haben darüber hinaus keine Kapazitäten für eine Vergrößerung. Wir nutzen bereits den gesamten Flugplatz. In der Vergangenheit haben wir noch nie auf den Plätzen eingewiesen und nur darauf geachtet, dass die Rettungswege frei sind. Die Besucher sollten ihre Freiheit haben und wir haben uns darauf verlassen, dass jeder auf den anderen Rücksicht nimmt. In den meisten Fällen klappt das sehr gut, und es ist ja auch wirklich schön zu sehen, wie sich manche Gäste in ihrem Camp einrichten. Da gibt es zum Beispiel ganze Gärten, das ist unglaublich kreativ.
Aber es muss wirklich Rücksicht aufeinander genommen werden. Wenn alle Rücksicht aufeinander nehmen, ist definitiv für alle genügend Platz vorhanden. Rein rechnerisch ist auf jeden Fall sehr viel mehr Fläche pro Person vorhanden als auf vielen anderen Festivals. Ab diesem Jahr werden wir genauer einweisen und appellieren noch einmal an die Vernunft der Leute, wirklich zu überlegen, wie viel Platz jeder braucht. Wir möchten diesbezüglich eigentlich gar nicht so viele Regeln aufstellen, da dadurch auch etwas Spaß verloren geht. Aber wir werden in jedem Fall genauer einweisen.
Galerie mit 45 Bildern: Rockharz-Campstory 2017Wird es dieses Jahr Verbesserungen bei den An- und Abreise geben? Wird auch durch die Veranstalter der Verkehr geregelt?
Wir dürfen ohne Absprache nicht in den Verkehr eingreifen, denn dafür ist die Polizei zuständig. Selbstverständlich halten wir mit den Verantwortlichen Rücksprache, ob wir den Verkehr regeln dürfen. Dafür haben wir genügend Personal. Die Kommunikation mit der Polizei ist gut, aber die Entscheidung, was gemacht werden darf und was nicht, liegt eben bei ihnen.
Die katastophale Anreise 2015 mit den extrem langen Wartezeiten haben wir noch gut im Gedächtnis. Wir haben aus dieser Erfahrungen gelernt: Das Problem sind wir aktiv angegangen durch die vorgelagerte Dienstagsanreise. Die Anreise an sich ist auch nicht mehr problematisch, wenn die Gäste gut vorbereitet sind und darauf achten, was geboten oder nicht erlaubt ist: Wenn jeder sein Ticket griffbereit hat und nicht erst mühsam danach suchen muss, wenn Glasflaschen zu Hause bleiben, dann geht das Einchecken sehr schnell und problemlos.
Außerdem haben wir jetzt eine zweite Zufahrt eingerichtet, die am Sonntag auch als Abfahrt genutzt wird. So hoffen wir, die Abreise über das Nadelöhr oben zu entzerren.
Eine fast ernste Frage: Wenn man sein Equipment mit dem Kurier kommen lässt, ist es möglich, mit dem Flugzeug anzureisen?
Das wäre in den vergangenen Jahren möglich gewesen, aber dieses Jahr haben wir die Landebahn für die An- und Abreise gesperrt. Die einzige Möglichkeit wäre ein Hubschrauber. Da könnten wir auch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wenn derjenige es schafft, am Donnerstagabend anzureisen, kann er direkt das Luftbild schießen. Das würde uns einen Hubschrauberflug sparen. 🙂
Wie viel Personal ist für das Festival erforderlich?
Es sind knapp 200 Leute, die in der Gastro für uns arbeiten. Addiert um die Sicherheitskräfte sind es knapp 400 Personen. Außerdem gibt es ein festes Team aus sechs Personen, welches das ganze Jahr über an dem Festival arbeitet und verschiedene Aufgaben übernimmt.
Wie wählt Ihr die Essensstände aus? Die Qualität des Essens ist bei Euch ja deutlich besser als bei vielen anderen Festivals.
Das hat verschiedene Gründe. Zunächst einmal sind die Standgebühren bei uns sehr fair. Das bietet Händlern die Möglichkeit, die Zutaten in besserer Qualität einkaufen zu können. Umgekehrt ist es nämlich so, dass höhere Standgelder dazu führen, dass Händler an anderen Stellen sparen. Das geht dann zu Lasten der Qualität des Essens. Außerdem können die Händler die niedrigen Standgebühren in ihren Preisen berücksichtigen, was wiederum den Gästen zugute kommt.
Auch hier ist es bei der Auswahl der gegenseitige Respekt und eine verlässliche Zusammenarbeit zwischen uns und den Händlern. Über die Jahre haben wir das Angebot etwas variiert, aber alle die kommen, wollen auch im nächsten Jahr wieder dabei sein. Manchmal nehmen wir einen neuen Händler mit auf, aber auch hier spielt die Verlässlichkeit eine herausgehobene Rolle. Denn bei uns erhält nicht automatisch der Höchstbietende einen Stand, sondern es muss zum Festival passen und der Händler verlässlich sein. Auch die Versorgung mit Essen, Getränken und anderen Dingen gehört zur Atmosphäre des Festivals, und auch hier gilt ein Geben und Nehmen.
Inzwischen dauert die Akquise der Händler nur noch 20 Minuten und beinhaltet eine E-Mail, in der steht: „Seid ihr dieses Jahr wieder mit dabei?“. In der Regel ist die Antwort „Ja“, und dann gehen die Verträge raus.
Warum gibt es kein After-Show-Partyzelt?
Wir wissen, dass ein Partyzelt von manchen Gästen gewünscht wird. Früher gab es das mal, und wir haben auch das immer selbst organisiert. Entsprechend erschöpft waren wir am nächsten Morgen, und das gilt auch für das Publikum. Wir haben festgestellt, dass es gut ist, wenn nachts eine gewisse Zeit Ruhe herrscht. Das kommt auch den Bands zugute, die vormittags als erste auf die Bühne gehen und bereits auf ein recht großes und fittes Publikum treffen. Wie gesagt, der Wunsch ist uns bekannt, und wir prüfen, ob die Kapazitäten in Zukunft dafür reichen werden oder ob jemand externes mit guten Ideen auf uns zukommt. Entscheidend ist die Nachfrage und Qualität.
Gibt es denn wegen dieser subtilen Terrorgefahr neue Auflagen?
Nein, es gibt wegen einer Terrorgefahr keine konkreten Gesetze. Es gibt aber individuelle Vereinbarungen und Überlegungen unsererseits. Dazu gehört bei uns das Verbot von Fahrzeugen über 3,5 Tonnen – eben wegen des Sicherheitsgefühls bei unseren Gästen. Es gab zum Beispiel im Vorjahr auch vor dem Eingang Baumstämme anstelle von Betonblöcken, wie sie auf jedem Weihnachtsmarkt zu finden sind und die schon ein Unsicherheitsgefühl ausstrahlen. Die Baumstämme dagegen sahen hübsch aus, konnten als Sitzgelegenheit genutzt werden und wirken überhaupt nicht bedrohlich. Wichtig als Veranstalter ist, dass der Anspruch, für die Sicherheit seiner Gäste zu sorgen, die höchste Priorität hat. Deshalb wird es auch eine Einschränkung geben bei der Größe von Taschen.
Wie schwer ist es für euch geworden, die Sicherheitsauflagen – in Bezug auf Terrorismus – vom Ordnungsamt zu erfüllen?
Wir haben einen sehr hohen Anspruch an die Sicherheit unserer Gäste. Es soll niemand aufgrund von Fehlern in der Organisation zu Schaden kommen. Daher arbeiten wir auch sehr eng und gut mit dem Ordnungsamt zusammen. Es gibt einen regelmäßigen Austausch mit den zuständigen Mitarbeitern. In diesem Bereich sparen wir nicht, da die Sicherheit unserer Gäste oberste Priorität hat. Das gilt für eine konkrete Gefahr, aber auch in Bezug auf das Sicherheitsgefühlt – daher sind zum Beispiel keine Fahrzeuge über 3,5 Tonnen mehr erlaubt.
Was ist der schlimmste eintretende Fall, den ihr euch vorstellen könnt?
Ein realistisches Szenario ist, dass so schlechtes Wetter ist, dass wir das Festival absagen müssen. In den vergangenen Jahren haben wir dabei immer mit unserer Existenz gespielt. Inzwischen haben wir Versicherungen, die zumindest das finanzielle Risiko minimieren. Diese haben übrigens auch einen Einfluss auf die Preise, da sie nicht ganz billig sind.
Eine Frage zum Sound: Wie macht ihr es in diesem Jahr, dass der Sound nicht so verfliegt wie im letzten Jahr?
Da lässt sich bei einem Open Air generell wenig machen. Wir haben das modernste und beste Beschallungssystem der Welt von L-Acoustics. Wir haben Mitarbeiter, die darauf ausgebildet sind, die Soundanlage optimal einzustellen. Trotzdem werden die Schallwellen eben durch den Wind getragen. Je stärker der Wind ist, desto höher ist das Risiko, dass der Sound „verfliegt“. Darüber hinaus gibt es noch andere Einflüsse. So kommt es auf das Equipment und das Personal an, welches die Bands mitbringen. Mitunter sind Teile des Equipments beschädigt, oder der Soundmann kennt sich mit der Anlage nicht aus oder hat einfach einen schlechten Tag. So kommt es dazu, dass eine Band einen optimalen Sound hat, eine andere wiederum nicht. Als Veranstalter haben wir über unseren Part hinaus nur sehr wenig Einfluss.
Thema Booking: Bands, Kosten, Planung und mehr
Mit wie viel Vorlaufzeit wird das Billing solch eines internationalen Festivals gebucht?
Die Planung beginnt im Februar des vorangegangen Jahres und endet ungefähr im März des Festivaljahres. Wir gucken aktuell schon wieder für das kommende Jahr.
Wann seid ihr im Idealfall fertig?
Dieses Jahr waren wir sehr früh fertig. Aber meistens im März. Wir hatten mal die Maßgabe, am 30. April muss das Poster fertig sein mit allen Bands, aber das zieht immer weiter nach vorne. Das gilt für das gesamte Festival.
Wie läuft das mit dem Band-Billing. Werden Anfragen von den Bands gestellt, oder werden Anfragen an die Bands gestellt?
Es gibt zu jedem Festival ein Wunschprogramm, welches auf einer realistischen Basis erstellt wird. In jedem Jahr wird versucht, dieses Wunsch-Billing zu erreichen. Zu Beginn fragen wir die Wunschbands an, und wenn eine Band nicht verfügbar ist, wird diese durch eine andere Band ersetzt. Das können Bands sein, die uns Agenturen vorschlagen, und solche, die im Festivalzeitraum gerade auf Tour sind. Gerade wenn Bands aus den USA in Europa sind und zum Festival passen, fragen wir diese an – sofern es realistisch ist, dass die Band bei uns eine Show spielt. Man kann wegen der hohen Kosten nicht einfach eine Band für eine Show aus Übersee einfliegen lassen.
Insgesamt ist es eine Mischung aus diesen zwei Punkten: 1. Bands, die im Wunschprogramm stehen und die wir aktiv ansprechen. 2. Bands, die uns von Agenturen vorgeschlagen werden, mit denen wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten. Daraus entsteht ein Grundgerüst an Bands. Dann kommen immer noch Individualfälle hinzu. Zum Beispiel ist eine Band, die wir gerne buchen würden, gerade mit einer anderen Band auf Tour. Dann kann es sein, dass wir die zweite Band einfach mit dazubuchen.
Die Quintessenz ist also: Wir haben ein Wunschbilling, und alles, was sich davon nicht realisieren lässt, wird auf vielfältige Weise ersetzt und aufgefüllt.
Wie sehr geht ihr denn nach den Besucherwünschen, die geäußert werden?
Wir nehmen wahr, welche Bands aktuell beliebt sind. Alle paar Jahre gibt es zudem eine Umfrage unter dem Motto: „Welche Bands würdet ihr in den nächsten Jahren beim ROCKHARZ gerne mal (wieder) sehen?“ Die Umfrage läuft meist über Facebook, und so können wir den durchschnittlichen Geschmack unserer Gäste abbilden und mit unseren Einschätzungen abgleichen. Schließlich machen wir das Festival ja für unsere Besucher. Daher versuchen wir den Geschmack der Leute zu treffen und deren Wünsche zu erfüllen, was auch meistens, wenn auch nicht immer klappt.
Welche Bands hättet ihr gerne noch unbedingt auf eurem Festival?
Ich habe letztens ein älteres Interview von mir gelesen, wo genau diese Frage gestellt wurde. Damals wollte ich unbedingt KING DIAMOND dabei haben, der jetzt nicht mehr unbedingt auf der Liste steht. Früher hat sich ein breiteres Publikum dafür interessiert, heute trifft es nicht mehr den Massengeschmack. Aktuell wären meine Wunschkandidaten zum Beispiel DISTURBED, AVENGEND SEVENFOLD und von den älteren Bands JUDAS PRIEST. Die sind auch realistisch, auch wenn es Jahre dauern kann, bis sie tatsächlich spielen. Wir mussten beispielsweise fünf Jahre warten, bis IN FLAMES jetzt endlich bei uns spielen werden. Das war bei CHILDREN OF BODOM ähnlich, und jetzt sind sie schon zwei Mal bei uns gewesen und werden wohl auch demnächst wieder kommen. Natürlich dürfen METALLICA, RAMMSTEIN und IRON MAIDEN in unserer Wunschliste nicht fehlen.
Galerie mit 35 Bildern: Children Of Bodom - Rockharz Open Air 2016Um welche Band musstet ihr bislang am meisten kämpfen, damit sie aufs ROCKHARZ kommen?
Kämpfen? In Bezug auf besonders anstrengen? Das kann man ja aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Eine Variante wäre „Welche Band musstet ihr überreden, weil sie das Festival eigentlich scheiße findet?“ Eine andere Interpretation der Frage wäre „Bei welcher Band war es terminlich oder finanziell besonders schwierig?“ Aber es gibt halt verschiedene Faktoren. Um mal auf die zweite Interpretation zu sprechen zu kommen: IN FLAMES haben, wie gesagt, lange gedauert. Aber auch AMON AMARTH, die wir immer sehr gerne bei uns haben, sind nicht jedes Jahr verfügbar. Eine genaue Antwort lässt sich darauf nicht geben.
Über Geld spricht man zwar nicht, aber wie groß ist der Unterschied bei der Gage von Headliner zur letzten Zeile des Plakats?
Die Spannbreite bei den Bands ist groß. Das fängt schon vorher an. Denn es gibt Bands, die bei uns spielen wollen und uns sogar Geld dafür anbieten, Solche Deals machen wir nicht. Umgekehrt gibt es Bands, die nicht bei uns spielen, weil wir ihnen nicht genug Geld bieten. Bei uns werden alle Bands bezahlt, wenngleich unterschiedlich. Selbst Bands, die umsonst bei uns spielen würden, bekommen eine Gage. Wir möchten jeden honorieren, der auf unserer Bühne steht.
Warum sind SABATON nicht zum Jubiläum dabei?
Das ist leicht zu beantworten: SABATON spielen 2018 keine europäischen Festivalshows.
Es gab in den vergangenen Jahren immer einen Newcomer-Wettbewerb im Haus der Jugend in Osterode. Dort konnten aufstrebende Bands einen Slot auf dem ROCKHARZ gewinnen. Wird es etwas dieser Art in Zukunft wieder geben?
Ein weiterer Newcomer-Wettbewerb ist nicht geplant. Das Interesse der Besucher hatte über die Jahre stetig abgenommen, weswegen wir den Wettbewerb eingestellt haben.
Warum werden die Tickets teurer? Schließlich sind ja nicht mehr Bands am Start!
Wir können an den Festivaltagen nicht mehr Bands unterbringen, ohne dass wir Zeitüberschneidungen hätten oder Bands zeitgleich spielen würden. Genau das wollen wir aber nicht, und daher werden wir nicht mehr Bands ins Billing nehmen. Hinzu kommen Auflagen der Umweltbehörden, die Zeiten vorgeben, in denen man laut sein darf und in denen Ruhe sein muss.
Um auf die Preissteigerung einzugehen: Die Qualität an Bands, die bei uns spielt, ist enorm gestiegen. Inzwischen haben wir als Opener Bands spielen, die auf Platz #15 charten. Das ist auch finanziell etwas anderes, als wenn eine Band beispielsweise über einen Newcomer-Wettbewerb ins Billing kommt.
Warum ist das Billing in den letzten Jahren immer schlechter geworden?
Das ist eine höchst subjektive Einschätzung. Die Entscheidung trifft jeder für sich selbst, ob er unser Angebot gut findet oder nicht. Gleiches gilt auch für den Headliner: Seinen persönlichen Headliner findet doch jeder selbst.
Warum gibt es in diesem Jahr keinen Black Metal mehr?
Weil wir das Gefühl haben, dass die Mehrheit unseres Publikums nicht so affin für Extreme Metal ist. Bands wie BELPHEGOR, SATYRICON oder MARDUK hatten zum Beispiel sehr gute Spielpositionen, aber das Interesse seitens des Publikums war vergleichsweise gering. Wenn man sich allein ansieht, was bei MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN im Vergleich zu BELPHEGOR vergangenes Jahr los war, dann war der Unterschied gewaltig. So etwas nehmen wir als Indikator und richten uns entsprechend nach unseren Besuchern. Es gibt aber auch Ausnahmen wie CRADLE OF FILTH, die sehr gut angekommen sind. Es wird also auch wieder Extreme Metal geben, wenn wir den Eindruck haben, dass die Band gut angenommen wird.
Warum sehen die Festivalbillings im Sommer so ähnlich aus?
Weil viele Bands auf möglichst vielen Festivals vertreten sein wollen und ganze Festivaltourneen fahren. Und da der Pool an verfügbaren Bands nicht unbegrenzt ist, sehen die Billings machmal ähnlich aus.
Rund um das ROCKHARZ und seine Geschichte
Wie viel Schlaf bekommt Ihr als Veranstalter vor und während der Veranstaltung?
Vor der Veranstaltung sind wir sehr aufgeregt, und darunter leidet natürlich auch der Schlaf. Sind wir allerdings erst einmal auf dem Gelände und es geht los, werden wir automatisch ruhiger. Ab da übernimmt eine Art Arbeitsmodus. Allerdings sind während der Veranstaltung nicht mehr als zwei bis drei Stunden Schlaf pro Nacht drin. Das ist aber nicht schlimm, da die Freude über das, wofür man das ganze Jahr gearbeitet hat, umso größer ist. Nach dem ROCKHARZ und wieder zu Hause schlafen wir dann meist drei Tage richtig aus.
Der Schlafmangel ist aber kein Problem, denn auch wir möchten alles mitnehmen. Die Veranstaltung läuft wie ein Film ab und man denkt nicht so viel nach, sondern funktioniert einfach. Es ist viel Arbeit, aber sie macht auch Spaß. Es sollte nur nichts passieren, was einen aus der Bahn wirft.
Hat das ROCKHARZ in der Vergangenheit schon einmal Imageprobleme durch das Genre „Heavy Metal“ gehabt, oder ist das Umfeld von Anfang an tolerant gewesen?
Es gab anfangs sicherlich ein paar Ängste oder auch stereotype Vorstellungen über das Heavy-Metal-Publikum. Es wird aber jedes Jahr besser, und die Stadt sowie Einwohner freuen sich mittlerweile auf die ROCKHARZ-Gäste. Wir kommen ja aus der Region, und wenn wir mal ein Bier trinken oder essen gehen und die Leute um uns herum mitbekommen, dass wir vom ROCKHARZ sind, dann finden sie nur Lob für unsere Besucher – zum Beispiel: „Ihr habt die besten Gäste, die man sich vorstellen kann. Wir freuen uns immer aufs ROCKHARZ, weil dann immer ein ganzer Schwall vernünftiger Leute im Biergarten sitzt!“ Der REWE in Ballenstedt hat sich mittlerweile ja auch auf die Fans eingestellt und stellt ein Schild vor die Tür: „Herzlich willkommen, liebe ROCKHARZ-Gäste!“. Natürlich wird dort auch das Sortiment für die Festivaltage angepasst, sodass immer genügend Dosenbier und Holzkohle vorrätig ist. Selbiges gilt übrigens für die Apotheke, die genügend Mittel gegen Kopfschmerzen auf Lager hat.
Zu Beginn war das sicherlich nicht so, aber die Entwicklung ist spürbar. Dazu tragen unsere Gäste einen großen Teil bei, denn sie haben dafür gesorgt, dass die Region sie so offen empfängt.
Galerie mit 83 Bildern: Rockharz 2017 - Impressionen vom SamstagWas ist Eurer Meinung nach der Grund, warum Ihr Euch gegen die vielen großen Festivals behaupten könnt, während andere kleine Festivals untergehen?
Grundsätzlich ist es bewundernswert, ein Festival auf die Beine zu stellen. Dafür benötigt man aber einen langen Atem. Das ROCKHARZ läuft jetzt im 25. Jahr. Ich glaube, dass es die lange Erfahrung ist und wir Strukturen haben, die langsam gewachsen sind. Wir haben nicht tausend Köpfe über uns, wo der eine nicht weiß, was der andere macht. Wir besprechen alle Themen miteinander und suchen auch zusammen nach Lösungen. Außerdem haben wir in jedem Job schon selbst Erfahrung gesammelt, so dass wir wissen, was wir vom Personal erwarten können.
Nicht zuletzt wissen wir auch, was das Publikum wünscht, da wir beispielsweise auch die Gästefragen selbst beantworten. Authentizität ist noch ein weiterer Punkt: Man muss den Mitarbeitern und den Gästen gegenüber authentisch sein und hinter dem stehen, was man macht. Viele loben ja das RHZ als familiäres Festival, und für uns ist es sehr wichtig, diese Atmosphäre aufrecht zu erhalten.
Dazu gehört beispielsweise ein festes Team, das jedes Jahr gerne wiederkommt. Wenn sich das Personal wohlfühlt, dann überträgt sich das auf die Gäste. Dazu gehört die Security, die zu den Gästen sehr freundlich ist. Die Security-Firma, die bei uns vor Ort ist, ist mit uns mitgewachsen und jedes Jahr dieselbe. Das fing mit zwei Leuten an, die damals schon in den Kneipen bei uns gearbeitet haben. Und sie sind immer noch dabei. Ich weiß, wenn sie sonntags vom Platz fahren, heißt es: „Dani, bis nächstes Jahr, wir freuen uns schon.“ Und deren Chef hat nie Probleme, die Leute fürs ROCKHARZ zusammen zu bekommen, weil sie alle aufs ROCKHARZ wollen. Sie werden von den Gästen nett empfangen und behandeln auch die Gäste freundlich. Das ist wie ein Spiegel. Und respektvoller Umgang miteinander ist das A und O, egal, um wen es sich handelt.
Was war die außergewöhnlichste Allüre einer Band?
Ohne Namen zu nennen: Auf die Bühne getragen werden zu wollen, damit die weißen Stiefel nicht dreckig werden. Und: „Wir fahren nicht gemeinsam in einem Auto.“. Das heißt, es gab Bands, die zusammen auf der Bühne standen, aber nicht gemeinsam in einem Shuttle sitzen wollten.
Ab wann rentiert sich das Festival für die Veranstalter, und stand es schon einmal auf der Kippe?
2009 stand es deutlich auf der Kippe. Das hatte mehrere Gründe. Wir machen das Festival seit 2006. In Osterode war es nie so, dass wir damit Geld verdient haben, allerdings haben wir auch keine großen Verluste gemacht. 2009 sind wir mit dem Festival nach Ballenstedt umgezogen, und aufgrund des neuen Geländes und der ganzen Neuerungen war es im ersten Jahr auf dem Flugplatz schwierig. Es sind einige Stammgäste nicht mehr gekommen. Hinzu kam, dass das Wetter sehr, sehr schlecht war. Daher standen wir in diesem Jahr kurz vor der Insolvenz. 2010 kam dann die Wende. Erstmals seit 2003 fand das ROCKHARZ bei gutem Wetter statt, wir kannten das Gelände besser und konnten Fehler, die im Vorjahr begangen wurden, vermeiden. Ab da ging es bergauf.