ROCKHARZ 2024
Abseits der Bühnen

Special

(Artikel besteht aus zwei Teilen – direkt zur kulinarischen Seite des ROCKHARZ 2024)

Warum fahren Menschen auf ein Festival? Wegen der Bands? Wollen wir ehrlich sein: Für die allermeisten ist es die Gemeinschaft, das Entfliehen vom Alltag, das Drumherum. Und ja, wenn dann auch noch die eine oder andere Lieblingskapelle aufspielt, sind die vier bis fünf Open-Air-Tage perfekt investierte Urlaubszeit. Ein guter Grund, sich mal von den Bühnen des ROCKHARZ 2024 abzuwenden und das Angebot in der Peripherie genauer zu beleuchten.

Wir robben morgens zum Spätstück aus dem Zelt. Müde Feststellung: Die nicht vorhandene Frise sitzt nach einer langatmigen Nacht nicht mehr. Aber ein Open Air ohne Körperpflege? Im 21. Jahrhundert nicht mehr auszudenken! Nach der Morgendusche einfach kurz den drahtigen Wikingerbart in Form bringen oder schlicht die Spitzen schneiden lassen? Alles kein Problem für das Friseur:innen-Team der Klier Hair Group im Duschcamp.

Merch-Shopping, Teufelsmauer und Sightseeing in Quedlinburg

Frisch gestriegelt und mit flüssigem Frühstück in der Hand geht es weiter zum Vorplatz – schon mal würdige Zutaten fürs Mittagessen kaufen. Neben den „ROCKHARZ-Gewürzen“ gibt es hier auch einen Lagerverkauf mit Einzelposten-Schnappern an Festivalmerch der vergangenen Jahre. Ist die Kauflust entflammt, geht es direkt auf der kleinen Merchmeile im Infield weiter.

Blick zur Teufelsmauer

Wir haben gerade keine Lust auf Konsum und sind gut damit beraten, zur Teufelsmauer abzubiegen und den für alle Besucher:innen mindestens einmal obligatorischen Aufstieg zu wagen – belohnender Ausblick inklusive. Da ist der Kreislauf endgültig für den Tag und den nächsten Moshpit in Schwung gebracht.

Aber noch bleiben ein paar Stunden bis zum ersten persönlichen Bandhighlight. Also unter dem Pavillon im Campingstuhl versauern? Keine Option! Vor allem, wenn Quedlinburg nicht weit und der Shuttlebus noch näher ist. Für fünf Euro pro Fahrt spuckt uns der Bus nahe dem Stadtkern aus. Und der hat sogar UNESCO-Weltkulturerbestatus. Malerisches Fachwerk neben vielen alten, schmucken Gemäuern. Da kann man sich auch mal Metal-standesgemäß ein Stückchen Harzer Baumkuchen zum Käffchen in einer malerischen Gasse gönnen. Kulinarisch und kulturell gestärkt geht es schließlich zurück zum Flugplatz und Richtung Bühnen zum gediegenen Subkultur-Tanken.

Von Einweg zu Dreiweg: Recycling mit 3D-Druck

Am nächsten Tag drehen wir vor der Infield-Schleuse nochmal ein Ründchen über den Vorplatz. Auch hier zeigt sich, wie viel Wert das ROCKHARZ auf ökologisches und soziales Engagement legt. Wie schon im Vorjahr findet sich ein Stand der Recycling Fabrik. Wer während des Festivals fleißig die Einwegbecher vom Getränkeausschank an ausgewählten Gastroständen oder bei der Recycling Fabrik abgibt, bekommt als Dankeschön ein daraus in 3D gedrucktes Produkt, das auf einem Festival durchaus hilfreich ist.

Mit dieser Lösung versucht das Festivalteam wettzumachen, dass sie keine Mehrwegbecher anbieten kann – wie auf vielen anderen Festivals üblich. Denn leider reicht die Anzahl der Wasser- und Abwasserleitungen sowie der Stromanschlüsse auf dem Flughafengelände nicht aus, um die Masse an Bechern vor Ort mal eben durch Gastrospülmaschinen jagen zu können.

Kopf in Nacken, Stäbchen in Rachen

Beim Stand der Deutschen Stammzellspenderdatei (DSD) können wir uns ein Stäbchen in den Rachen jagen lassen. Wer sich noch nicht registriert hat und womöglich doch mal eines Tages Stammzellen-Held:in eines anderen Menschen werden möchte, kann hier spontan Teil des Kampfes gegen die Arschlochkrankheit Leukämie (oder andere Arschloch-Blutkrankheiten) werden.

Auf (Stempel-)Jagd im Harz

Ein Bewusstsein für die Gesundheit unserer Wälder möchte hingegen der Infostand des Nationalpark Harz schaffen. Hier bekommen wir nicht nur spannende Infos über den Nationalpark, an dessen Rand wir uns befinden, sondern auch den begehrten ROCKHARZ-Sonderstempel der Harzer Wandernadel.

Der Was? Kurz erklärt: Anstatt virtueller Pokémon bekommt ihr Stempel als Belohnung für das Erwandern der Region. Und wer eine gewisse Anzahl zusammen hat, darf den Titel „Harzer Wanderkönig“ oder „Harzer Wanderkaiser“ tragen. Wohlgemerkt erst nach 50 beziehungsweise 222 gesammelten Stempeln. Da reicht ein kleiner Rundgang um das Festivalgelände leider nicht aus. Aber wir haben jetzt doch irgendwie Blut geleckt. Und manch eine:r wandert ja schon zum ROCKHARZ. Warum dann nicht auf einer der Stempelrouten?

Kunst! Nicht nur für die Ohren

Aber jetzt wird erst mal Kunst getankt! Und nein, damit ist nicht die tönende von den Bühnen gemeint. Wir schlendern geradewegs zur Artwork-Ausstellung, wo uns Werke von Björn Gooßes, Thomas Ewerhard und Wito Apitzsch erwarten. Hier können wir nicht nur alles von großformatigen Leinwänden bis zu kleinen limitierten Drucken erstehen, sondern direkt in den Austausch mit den Künstlern gehen, die persönlich vor Ort sind.

Mit einem kleinen Los haben wir außerdem die Chance, eine Leinwand mit dem diesjährigen ROCKHARZ-Motiv zu gewinnen – Autogramme aufgetretener Bands inklusive! Der Erlös geht an das Ballenstedter Wolterstorff-Gymnasium, um damit ihr „Fest der Vielfalt“ zu unterstützen, ein Projekt gegen Diskriminierung und für Diversität.

Unser Rundgang endet schließlich am Autogrammstand, wo Bandmitglieder neben allerhand CDs, LPs, Shirts, Bäuchen und Fischstäbchenverpackungen (ihr Verrückten …) auch die besagte Leinwand fleißig signieren. Hier dürfen wir uns die frisch bei HOT SHOT RECORDS erstandenen Alben unserer Lieblingsbands händisch von selbigen mit Permanentmarker versilbern lassen. Manchmal sind physische Erinnerungen an ein Festival halt einfach obligatorisch. Vor allem, wenn wir so viele Dosen getr–, äh, Pfand gesammelt haben, dass das Gedächtnis nicht mehr ganz so lückenlos speichern konnte. Ach ja: Haben wir eigentlich schon GLÜCK IN DOSEN erwähnt …?

Was das ROCKHARZ 2024 kulinarisch aufwartet, lest ihr auf der zweiten Seite des Artikels!

Wer feiern tut, muss mampfen gut! Daher ist das Essensangebot auf einem Festival keine Randnotiz, sondern ESSenziell für ein mundum gelungenes Open-Air-Erlebnis (und damit genug Wortspiele für die nächsten Zeilen).

Auch wenn die Laufwege von den Bühnen zum Zelt auf dem ROCKHARZ verglichen mit anderen Festivals deutlich unter Gewaltmarschlänge liegen, verleiten die Düfte der Essensstände doch immer erfolgreich zum Kauf einer Imbissstandstärkung.

Unsere Top 5 der kulinarischen Entdeckungen

Für das Essen muss aber auch genug Bares auf der hohen Kante liegen, denn für eine halbwegs vollwertige Mahlzeit sind gut und gern um die 10 Euro fällig. Das kann sich natürlich lohnen – wie im Fall des Mutzbratens, von dem diverse Besucher:innen des „Gasthaus Bauchvoll“ im hölzernen „Mutantenstadl“ schwärmen.

Doch auch anderes Schmatzgut schaffte es in unsere Topliste der kulinarischen Entdeckungen. Gute Grundlagen bringen auch der heiße Schafskäse im Fladenbrot (10 Euro) und Langosch (ungarisch Lángos für 6 bis 11 Euro), ein frittiertes Fladenbrot. Als Topping noch Schmand und Käse und der schützende Fettanstrich für den Magen ebnet den Weg in einen bierlastigen Festivalabend.

Kulinarisch nicht zu unterschätzen ist zudem der Käsedöner, der mit verschiedenen Extras wie Sucuk ein echtes Highlight ist (9 bis 11 Euro). Der „Brathahn statt Satan“ ließ uns zwar nicht essenstechnisch, wohl aber „inhaltlich“ ratlos zurück. Sich den deutlich besseren Slogan „Brathahn für Satan“ zu verpassen, erscheint uns wie eine vertane Chance. Auch das dazugehörige T-Shirt ließe sich doch deutlich besser verkaufen. Dennoch, das Preis-Leistungs-Verhältnis (7,50 EUR für einen vollen wie gefetteten Magen) lockte Teile unserer Redaktion immer wieder zum Brathahn. Keine Sorge, dem Gehörnten huldigen sie trotzdem.

Der Preis ist heiß – und fettig

Die Fressmeile auf dem ROCKHARZ ist abwechslungsreich genug. Hier lohnt es, sich erst mal einen Überblick zu verschaffen, ehe man das Futter der Wahl ersteht. Denn hin und wieder will das Verhältnis von Preis, Menge und Qualität nicht so recht passen.

Bedeutet: An einem Stand bekommen wir selbstgemachte und recht frische Spätzle mit verschiedensten schmackhaften Saucen zum gleichen Preis wie ein paar Meter weiter die Penne von der Stange, die bereits den ganzen Tag in irgendeiner Sauce köcheln.

Nicht alle Preise erhöhen sich

Wer sich vegetarisch oder sogar vegan ernähren möchte, muss nicht verhungern – auch wenn die karnivore Kost im Essensangebot natürlich überwiegt. Vegane Burger und indische Wraps lassen einem auch bei höheren Temperaturen nicht den Schweiß auf die Stirn treiben. Es sei denn mit Absicht im Circlepit.

Danach ist wenigstens das Bier verdient – übrigens zu einem nach wie vor stabilen Preis von 4 Euro für 0,4 Liter. Das ist nicht nur fair, sondern für Festival- oder Jahrmarktverhältnisse dieser Größe schon überraschend günstig.

Dem Fass den Boden schlagen dann die gestaffelten Preise aus, bei denen sich glatt für die nächste Bratwurst sparen lässt, die mit 5 Euro noch als kleiner Snack durchgeht. Am selben Stand gibt es Leber, gebratene Champignons und Bratkartoffeln – die bei der Preis-Leistung zumindest optisch fast mit dem Brathahn mithalten können. Pommes? Klar, gibt es auch! Der passende Strand heißt Fritten-Schlitten.

Bleibt als Fazit festzuhalten: Alles wird teurer, nur das Bier nicht. So ähnlich zumindest. Wer auf Festivalinfields speisen möchte, sollte also genügend Geld auf dem Konto und meist Bares dabei haben – da ist das ROCKHARZ keine Ausnahme. Denn neben saftigen Preisen ist Kartenzahlung maximal in Ausnahmefällen möglich. Wohl denen, die ihre Matratze vor dem nächsten Gang zum Infield plündern können.

31.07.2024
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