ROCKHARZ 2022
Festival-Tagebuch
Special
Verehrte Menschen, das ist kein klassischer Livebericht zum ROCKHARZ 2022 – der folgt in Kürze. Stattdessen berichten wir euch hier von mehr oder weniger aufregenden Erlebnissen rund ums Festival. Alles, was uns begleitet, begeistert und belustigt.
ROCKHARZ 2022 – Mittwoch
Endlich! Ein Wort, das die Situation perfekt beschreibt. Endlich wieder ROCKHARZ! Entsprechend pünktlich waren die Berlinerinnen und Berliner in Hennigsdorf, um in illustrer Fahrgemeinschaft gen Harz zu gondeln. Jan legt Metalcore auf und los geht’s.
Ein paar Startschwierigkeiten gibt es allerdings: Niclas muss dringend das Frühstücksbier loswerden, Andrea findet das Anschnallding im Auto nicht, Jan meckert über die Geschwindigkeitsbegrenzung und André friert im Antlitz der gut funktionierenden Klimaanlage.
„Ich will ein Eis!“
„Ich muss aufs Klo!“
Abseits der typischen Roadtrip-Querelen ist die Stimmung aber top.
Währenddessen reisen die anderen metal.de-Kolleginnen und -Kollegen aus verschiedenen Richtungen, aber mit klar nordischer Ballung an: Die Gebrüder Möller, Jannik und Jürgen kommen aus dem hohen Norden, Klaas aus dem Land des Ebbelwois und Chris Plath aus dem schönen Frankenland. Ein großer Dank geht auch an Michael Mai und Thomas von Schaewen, die seit Montag im Hexenkessel weilen und alles Nötige vorbereiten.
Nach einem kurzen Stopp auf dem Rastplatz will man wie immer die Schuhsohlen verbrennen. Ansonsten kommen alle gut durch und treffen pünktlich, durstig und vorfreudig in Quedlinburg ein. Mit einem kleinen Manövrier-Massaker am Parkplatz: Wir verraten nicht wer, aber einer hat das Steuer seines Autos nach zwei Fehlversuchen an einen Kollegen übergeben, der das Gefährt sicher und bordsteinnah in die Lücke brachte. Erledigt. Jetzt Bier auf. Oder so.
Logisch, dass beim legendären, einzig wahren und endlich (da ist das Wort wieder) zurückgekehrten Rumpelmöller feinster finnischer Black Metal läuft, während eine Gruppe zum Festivalgelände fährt – staufrei wohlgemerkt. Weil er die Ausfahrt verpasst, sorgt Stephan im Kreisverkehr für den ersten Circle Pit des Tages – leider hat niemand eine Klobürste dabei.
Apropos Rumpelmöller: Der prüft das Essensangebot auf Herz und Nieren und tropft den Truck mit einem Rieseneis voll – klarer Fall von War Metal. Dafür vermisst er den Käse-Döner-Stand und will die verantwortliche Person kurzerhand bei der auf dem Gelände patrouillierenden Polizei anzeigen. Der Mann hat seine Prioritäten.
Genau wie Mirko, der schon gestern anreiste und den ersten Tag (insbesondere die Nacht) „typisch Festival“ beging – schön, dass er heute unseren Stand gefunden hat. Wobei der inzwischen kaum noch zu übersehen ist, denn zur Feier der Festival-Wiederkehr hat metal.de jetzt einen opulenten Truck, der durchaus viel hermacht. Erst recht, wenn Klaas einen knallroten Trichter auf den Kopf setzt. Schön, wenn das Festivalkind in uns weiterlebt.
Zwischen den Autogrammstunden kommen immer wieder Menschen zum Truck und fragen uns nach einer Unterschrift. Vor allem Niclas (er möchte übrigens mit „General Goat“ angesprochen werden) bespaßt die Besucherinnen und Besucher hoch motiviert. Danke für den kurzen Fame-Moment, Leute. Ansonsten glühen die Stifte bei BEAST IN BLACK und TWILIGHT FORCE extrem. Zu Gast ist auch ein KAMBRIUM-Gitarrist, der kurzerhand zum überhopften Whisky-Ausschenker mutiert – danke für die Unterstützung im Service, Max.
Hach ja, inmitten der Pit-verursachten Staubwolken, festklebend auf dem schnapsgetränkten Standboden, geküsst von der Sonnenröte und angenehm einen im Tee spüren wir alle, wie sehr wir genau das vermisst haben: Festivals!
ROCKHARZ 2022 – Donnerstag
Achtung: Der heutige Bericht ist sehr Stephan-Möller-lastig!
Eine unumstößliche Tradition beim ROCKHARZ: die metal.de-WGs in Quedlinburg. Nachteil: Zwei bis drei arme Seelen müssen nachts immer fahren. Der Vorteil: alles andere! Vom Abendtrunk, um sich lächelnd in den Schlaf zu schunkeln, bis zum gemeinsamen Morgenkaffee mit Laptop auf dem Schoß, Kippe im Mundwinkel und Restbier an den Lippen.
Oder sieht die Wahrheit ganz anders aus? Alle gehen dem Schnarchmonster Stephan aus dem Weg, jede und jeder morgenmuffelt sich in den Tag und das Höchstmaß an Konversation sind grummelige Morgengrüße … nein, tatsächlich herrscht hier immer eine gute Mischung aus Rock ’n‘ Roll, Arbeitsfleiß, Comedyshow und liebevollem Dissen à la:
Niclas: „Ich kann nicht lesen.“
Stephan: „Sieht man.“
Diesmal beziehen wir Ferienwohnungen, die einen stilechten Blick auf den Friedhof bieten. Danke, Merkel! Dazu passt die Graf-Dracula-Schlafposition von Klaas ganz gut: rücklings, steif und ruhig wie ein Grabstein. Deutlich bewegungsfreudiger schläft André, wenn man den Berichten von Niclas glauben möchte. Der hat allerdings nicht alle Latten am Bett, weil er direkt durchs Lattenrost bricht – glücklicherweise im unteren Teil des Hochbetts. Wir lieben das Risiko!
Teamspirit können wir auch richtig gut: Wer gerade nicht tippt oder Fotos bearbeitet, serviert den anderen Kaffee – sogar die bösen Black Metaller. Und während wir noch glücklich an den ersten Tag denken (Stephan beschreibt den SEPULTURA-Gig passend mit „Masterclass of Kabumm“), erreichen die Ersten das ROCKHARZ-Gelände.
Das Wetter weint zu früh – noch haben wir drei Festivaltage! Die Stimmung stört sich daran aber nicht. Dafür sorgt auch das erneut deliziöse Getränkeangebot von Jan Ole:
Trotzdem sind nicht nur unsere Witze und Gedanken schmutzig. Der Stand bekommt einiges vom schlechten Wetter ab, sodass General Goat aka Niclas kurzerhand den Wischmob schwingt. Was wir nicht alles tun, damit sich die Bands bei uns wohlfühlen. Übrigens: Wenn gerade keine echte hier ist, werden wir weiterhin für musizierende Menschen gehalten. Das Lob, dass seine Gitarre beim Gig eben richtig gut klang, gibt André dann gern an seine Klampfe weiter, die zuhause an der Wand hängt.
Ein paar Auffälligkeiten in Kurzform:
Menschen machen Liegestütze auf dem Gelände – ist das wieder ein neuer Trend aus diesem Internet?
Jemand von HAMMER KING hat es eilig, rennt vom Stand los, rutscht weg, taumelt, hält sich gerade so auf den Beinen – 10 von 10 für die Choreo.
Die Polizei macht einen Betriebsausflug zu SCAR SYMMETRY.
Stephan, der ja bekanntlich jede Black-Metal-Band und noch eine mehr kennt, steht indes in der Menge und rätselt, welcher (fucking) Backpatch da vor ihm auf der Kutte prangt. Die überraschende Lösung: KASSIERER-Logo im BM-Stil. Muss nun wirklich nicht sein.
Da wir gerade bei Stephan sind: Der will Jan ansprechen und brüllt seinen eigenen Namen. Hä!? Zu tief in die Bailey’s-Flasche geschaut?
Nachdem UNZUCHT ihren Gig krankheitsbedingt absagen mussten, stattdessen aber einen spontanen Unplugged-Auftritt hinlegen, kommen sie ebenso spontan bei uns vorbei, um doch noch ein paar Autogramme zu geben. Als einer von ihnen einen Bekannten sieht, springt er ihm „Stand-Diving“-like in die Arme. Kurz darauf liegen beide auf dem Boden. Gut abgerollt!
Und schon nähert sich auch der zweite Festivaltag seinem Ende. Die Uhren scheinen schneller zu ticken, wenn man eine geile Zeit hat. Was ist noch passiert? Klaas ist (nüchtern) aus dem Container gefallen. Diagnose: lol, denn passiert ist glücklicherweise nichts.
Morgen verraten wir euch eventuell, was sich hinter der im Dummgelaber geborenen Idee vom „Klaus-Kinski-Pimmel“ verbirgt. Vielleicht aber auch nicht. Ciao.
ROCKHARZ 2022 – Freitag
Dritter Tag: Die Gehirnzellen liegen irgendwo auf dem Festivalgelände und entwickeln ein semi-intelligentes Eigenleben – Ar(s)chäologInnen finden erste Anzeichen für eine neue Zivilisation, die sich so rasant entwickelt, dass sie TANKARD bei der Autogrammstunde am Samstag unter den Tisch säuft.
Unser Tag beginnt aber wie immer in Quedlinburg. Um sich vor den Schnarchattacken hier nicht genannter Kollegen zu schützen, haben einige die Nacht auf dem Friedhof gegenüber verbracht. Manche Dinge ändern sich nie. Spaß beiseite, wir sind alle topfit und bei Korn-klarem Verstand. Niclas und Klaas schwelgen gar in Erinnerungen an alte YouTube-Zeiten und führen eine „Bam Lee“-Konversation. „Manchmal mit dem Kopf, manchmal mit dem Finger.“
Zugegeben, die komischen Momente stapeln sich wie an jedem Morgen. Hier zwei kontextlose Zitate von Jan Ole, die ihr gern in den Kommentaren enträtseln dürft: „Wenn die Zunge rauskommt, geht’s ab“ und „Ich finde, Butter schmutzt“. Okay, Jan Ole. Beruhige dich bitte.
Kommen wir zum Auto von Jannik: LOL. Nein, er ist ja süß, der kleine Japaner. Jannik ist übrigens unser musikverträglicher Allrounder. Was ist die härteste Beleidigung für eine Band? Wenn Jannik sagt, er mag sie nicht.
Niclas, hast du schon den Gin des Lebens gefunden? Meine Güte, sind wir durch. Klaas macht alles richtig und trinkt währenddessen drei Gläser vom ARCHGOAT-Rotwein zum Frühstück.
Cut. Neue Szene: ROCKHARZ 2022. Wir sind wohlbehalten auf dem Gelände und die WG „Jan, Niclas, Klaas, André“ macht direkt einen Ausflug zu ATTIC. Mittags schön blasphemisch anschreien lassen. Geil. Ist ja fast wie der sonstige Redaktionsalltag. Zu dem Zeitpunkt weiß noch niemand, welche alkoholgetränkte Entwicklung der Besuch von ATTIC auf dem ROCKHARZ 2022 nehmen wird …
In der Luft hängt ein dezenter Kackeduft. Wollten wir nur mal erwähnen.
Weil Stephan seinen Kater Ghostie vermisst, bekommt er ein Selfie von ihm. André friert schon wieder, also wärmt ihn Jan Ole am Stand, während sie im Schatten des wahren Headliners aller vier Tage sitzen: KAMBRIUM geben gerade Autogramme. Der Bereich vor dem Stand ist voller als Maxi die letzten zwei Tage.
Zwischendurch ein Zitat von Jan: „Und hier dann wieder voll die in die Fresse, alter.“ Er meint die Sonne. Komm, eins geht noch: „ Was auch immer das hier ist, versteh ich nicht.“ Es ist Spargel in seinem Mittagessen.
Der einzige Grund, warum hier so wenig von unseren Fotografinnen und Fotografen zu lesen ist: Die arbeiten wirklich! Zwinker-Smilie. Ernsthaft, Freunde: Da geht es eng getaktet vom Fotograben in den Container, um die prachtvollen Ergebnisse noch schöner zu machen, und wieder zurück in den Graben.
Gegen fünf Uhr nachmittags dann ein ganz großer Moment, als Thomas und Co vom Einkaufen zurückkommen und palettenweise frisches Bier mitbringen. Nicht, dass Gerre morgen verdurstet. Das wäre der OST+FRONT-Dame fast passiert, nachdem André ihr Radler (mit Strohhalm) weggekippt hat. Sie hatte es nur kurz abgestellt, um vor dem Stand ein Foto mit Fans zu machen. Es gab natürlich ein neues (ohne Strohhalm).
Nach und nach entfaltet das Metal-Wunderland ROCKHARZ erneut seine einzigartige Qualität. Auf einem crowdsurfenden Typen sitzt eine junge Frau. Von irgendwoher schweben Seifenblasen verträumt in unseren Stand. Und der Sohn des DESERTED-FEAR-Sängers verzaubert die Anwesenden bei der Autogrammstunde als viertes Bandmitglied. Die familiäre Atmosphäre wird nur kurz von einer seitlich herbeieilenden Frau „gestört“, die ruft: „Wollte nur sagen, wie geil ihr wart. Richtig schön auf die Fresse.“ Recht hat sie!
Bei der Autogrammstunde sind FINNTROLL längst zu FINNVOLL mutiert – zumindest zwei von ihnen, die auch lange Zeit nach dem Ende der Signing Session noch bei uns sitzen, bevor Jan Ole sie zum Handbrotstand begleitet.
Huch, fast 600 Wörter. Zeit, sich zu verabschieden. Bis morgen!
ROCKHARZ 2022 – Samstag
Spätestens am vierten Tag hat es sich auch das letzte metal.de-Mitglied tief in der „Parallelwelt Festival“ gemütlich gemacht. Allein beim Gedanken an die morgige Fahrt zurück ins normale Leben kullern Schweißperlen. Doch so weit sind wir glücklicherweise noch nicht.
Nach dem sehr langen gestrigen Bericht fassen wir uns heute etwas kürzer und springen sogleich ins Möller’sche Raumschiff, das uns wie immer sicher zum Gelände bringt – und vor allem so unterhaltsam, dass wir vor Lachen weinen müssen. So viele Männertränen gab es zuletzt bei ein paar armen Seelen, die nach dem STEEL-PANTHER-Gig ihre Freundinnen nicht mehr finden konnten.
Von Unterhosen-Querdenkern bis zu kreativ-dummen Gender:innen-Sprachspielerei:innen ist die Joke-Dichte auf dem Weg dermaßen hoch, aber auch so schwarz, dass wir den Großteil sicher in den hinteren Ecken unseres Gedächtnisses verbergen.
Fakt ist, dass unser neuer Statement-Ghostwriter Niclas uns allen empfiehlt, immer präventiv darüber nachzudenken, was wir in Zukunft eventuell gesagt haben werden.
Jetzt aber rein ins Getümmel …
Erwischt: Jürgen tanzt zu den Piratenklängen des Openers STORM SEEKER. Als die Band später bei uns Autogramme gibt, spielt einer von ihnen kurz den CANTINA-BAND-Song auf einem Mini-Keyboard an – ein frühes musikalisches Highlight.
Ebenso cool sind die künstlichen Klebeaugen, die unser Metalflirt-Nachbar vorbeibringt, um Shirtmotive und dergleichen zu verschönern.
Wir und einige Vorbeikommende staunen nicht schlecht, als eine Handvoll Grabenschlampen einen freien Slot nutzen und kurzerhand eine eigene Signing Session geben. Natürlich lockt das die eine oder andere Person an, die zufällig in der Nähe ist.
Unser Fotograf Chris berichtet von einer Ameisenstraße, die sich ihren Weg quasi aus Arnes Zelt bis in den Wohnwagen von Chris und seiner Herzensdame bahnt – das pure Leben in der freien Wildnis des VIP-Camps.
Am Stand korrigiert André einen Text, während nebenan EKTOMORF spielen und OBSCURITY ihre Signing Session geben. Innerlich bereiten sich aber alle auf den Besuch von TANKARD vor. Und siehe da, die Autogrammstunde eskaliert ein wenig: Weil der Andrang größer als der Durst der Band ist, müssen die Thrasher den Platz irgendwann räumen und die restlichen Fans neben dem Stand „beglücken“. Zu dem Zeitpunkt ist Gerre schon so befüllt, dass er seinen Unmut über den Platzwechsel lautstark zum Ausdruck bringt. Calm down and drink beer.
Die längste Schlange haben aber mit Abstand KNORKATOR. Und während die Band fleißig unterschreibt, surft eine junge Frau beim Gig von BETONTOD stehend (!) auf einem liegenden Crowdsurfer – erfolgreich bis zum Graben, was selbstredend mit einem lautstarken Applaus gewürdigt wird.
Spirituosen-Alchemist André erfindet aus der Not heraus, keine Cola mehr trinken zu wollen, später einen neuen Drink. Wer uns beim SUMMER BREEZE am Stand besucht, bekommt vielleicht die geheime Rezeptur.
Zu „Balls To The Wall“ entdeckt Niclas den Rockstar in sich und spielt mit dem Wischmob energetisch Luftgitarre. Ein letztes großes Aufbäumen, bevor auch wir einsehen müssen, dass das ROCKHARZ 2022 zu Ende geht. Statt betrübt zu sein, zählen wir aber lieber die Tage bis zum nächsten Mal. Dann feiert das ROCKHARZ sein 30-jähriges Jubiläum – und metal.de ist sowas von dabei!