Rock & Chill Hotel Falter
Festival-Feeling fernab von Ravioli und Matsch

Special

Das war er nun, der August! Der Monat auf den viele von uns das ganze Jahr hinarbeiten: Sommer, Sonne, Urlaub, Festivals – so zumindest der Plan. Dass es manchmal leider anders kommt als man denkt/ hofft, dürfte der Blick nach Wacken oder auch zu den MetalDays der vergangenen Tage gezeigt haben.

Aber trotzdem: Im Sommer ist ganz schön was los und während nahezu die gesamte Redaktion und natürlich auch generell Jede*r, dessen Herz sich metallenen Klängen verschrieben hat, sich auf heimischen Wiesen zum gemeinsamen Live-Schunkeln tummelt, gibt es doch auch Menschen, die entweder gerade nicht gehen können, nicht gehen wollen, familiär verpflichtet sind, das nötige Kleingeld nicht aufbringen können, keinen Baby- oder Hundesitter finden, arbeiten müssen oder inzwischen auch einfach die Schnauze voll haben von Isomatte, Schlager um 6 Uhr morgens und dem prägnanten und penetranten Geruch von Dixi-Toiletten.

Dass der Trend vom schlammigen, Ravioli- und 5,0er-reichen Camping-Abenteuer auf den Festivals immer mehr hin zu Glamping, Luxus-Dampfer und sonstigem Chichi geht, liegt mit stetig steigendem Anspruch auf der Hand. Man wird schließlich auch nicht jünger und das Angebot und der gebotene Komfort nehmen hierzulande spürbar zu. Es beginnt vielleicht mit Kleinigkeiten, wie dem veganen, handverlesenen und in biologisch abbaubaren Verpackungen gedrehten 5-Sterne-Falafel auf dem Infield, hört inzwischen aber auch bei bereits fertig eingerichteten Zelten inklusive Verpflegung nicht auf.

Der Anspruch und die Prioritäten ändern sich – schön, dass es dann auch mehr Angebote gibt, die diesen Wünschen nachkommen. Und sind wir mal ehrlich: Wer sich schon zu DOROs Klängen auf der Mein Schiff 1 mit Blick gen Fahrtrichtung und mit Piña Colada in der Hand eine Paar-Massage gegönnt hat, findet sich langfristig nur schwer wieder mit nassen Socken in der Shit-and-Shower-Warteschlange wohl.

Und eben an dieser Stelle kommt nun das Rock & Chill Hotel Falter und ein gar nicht mal so blöder Facebook-Algorithmus ins Spiel!

Weit weg von Gaskocher-Fraß und Matsch…

Ein Rückblick: Irgendein Freitagabend im Juni, Festivals und Remmidemmi sind dieses Jahr aufgrund der Dank kleinem Mitbewohner wachsenden Bauchmitte raus und man sucht nach Alternativen, die vielleicht doch wenigstens ein klitzeklein wenig mit Metal zu tun haben.

Und dann, wenn man es am wenigsten erwartet, schlägt Facebook sein Schnippchen und man liest in einem vorgeschlagenen Post von einem „Rock & Chill Hotel Falter“ von Theresa und Marinus.

Der erste Eindruck sieht vielversprechend aus: Ein älteres, offensichtlich alternatives Paar kuschelt in einem großen Bett, hinter sich im Quadrat drapierte Bilderrahmen mit Schallplatten und drunter steht: „Du trägst lieber Bandshirt als Anzug? Wir auch! Deshalb ist der Name Programm: Mit Bandshirt und kurzen Hosen ein Bier auf der Terrasse gute Gespräche führen & dabei nach Herzenslust schlemmen. Wellness, ohne sich vorher zu stylen & dafür Bieraufgüsse in der Sauna!“

Sold! Chill-Area mit Hallenbad, Bio-Sauna, finnische Zirbenholz-Sauna mit Heavy-Metal-Bieraufguss liest man schon gar nicht mehr wirklich, schon ist die Mail ans Hotel verschickt und wenige Stunden später ein Termin ausgemacht. Also auf in den Bayrischen Wald nach Drachselsried, um das Hotel und dessen Angebot genauer unter die Lupe zu nehmen.

Idyllisch ist es in Drachselried – mitten im schönen Zellertal im Naturpark Bayerischer Wald!

Von außen recht unscheinbar, huscht beim Hineingehen in das relativ kleine Hotel, familiengeführt in der dritten Generation, welches maximal 45 Hausgästen Unterschlupf bietet, schon das erste Lächeln über die Lippen.

Mit metallischen Tönen im Ohr erspäht man noch vor dem Empfangstresen eine Sitzecke mit Paletten-Möbeln, Metal-Magazinen auf einem Schlagzeug-Tischchen und Gitarren an der Wand. Auf dem Tresen selbst Totenkopf, Hotel-Bändchen, How To Rock & Chill-Flyer, alternative Accessoires und man fühlt sich schon vor Theresas erstem „Servus!“ ziemlich wohl.

Den Schlüssel zum Rock-Editions-Zimmer in der Hand nun also der Moment der Wahrheit: Kann das Hotel mit den Bildern aus dem Netz mithalten?

Die Antwort: Clickbait, aber nehmen wir uns doch etwas Zeit für die Antwort, okay? Okay. (Ansonsten, sind wir mal nicht so: Wenn’s schnell gehen soll einfach zu Seite 3 springen!)

Beim ersten Gang in den Schlafbereich ein Pfeifen. Es ist alles in schwarz, weiß, dunklem violett und Grau gehalten, eine graue Tagesdecke mit einem „Enter The Sandman“ prunkt auf dem schwarzen Bett, daneben steht eine eigens kreierte Tasche mit Rock & Chill-Bademänteln und ist das da SLIPKNOTs Corey Taylor an der Wand? Yes. Wir sind da.

Dem Gegenüber ein Schreibtisch, stilecht mit Marshall Kilburn II (=Bluetooth Lautsprecher) und dahinter neben dem QUEEN-Poster ein Sofa mit einem Tischchen – upgecyclet aus einer ausrangierten Snare, einem Leder-Sessel nebst Bühnen-Beleuchtungslampe, was dann fast schon ein Bisschen an ein Filmset für adulte Späße erinnern möchte. Dazu ein großer Balkon mit schönem, dorfreichem Ausblick. Doch, hier lässt es sich definitiv aushalten!

Aber natürlich lebt so ein Hotel nicht nur von seinen Zimmern, zwei wesentliche Dinge stehen noch auf dem Prüfstand: Verpflegung und natürlich die angepriesene Wellness.

First things first: Das Essen, bzw. das Restaurant mit dem Namen „Fräulein Anna“. Wieso der Name? Der ist doch gar nicht Metal. Naja, wenn das Rock & Chill Hotel etwas noch mehr lebt und liebt als die Musik, dann Geschichten und Liebe zum Detail.

Das Restaurant „Fräulein Anna“ – kann das was?

„Anna“ sollte nämlich eigentlich der Name des bis zur 27. Woche erwarteten Mädchens der beiden werden. Aber wie wir wissen, kommt es immer anders als man denkt. Nun heißt also das Restaurant einfach so und der herzliche und sympathische Spross der beiden rennt bei den Gästen umher und ist vielleicht insgeheim auch der eigentliche Chef des Ganzen.

Zugegebenermaßen bin ich zu diesem Zeitpunkt kein einfacher Gast. Soll heißen: Wenn man diätetisch eingestellt ist, trotzdem diverse Süßstoffe vermeiden will und/oder schlichtweg auf Kohlenhydrate verzichtet, ist außer Haus essen immer Glückssache. Am besten verlässt man sich dabei auf das zuckerfreie Dressing in der Handtasche und außer Salat mit Tofu, Hähnchenstreifen oder, wenn der Luxus zuschlägt, mit Garnelen bliebt kaum etwas übrig, was man guten Gewissens bestellen kann.

Das ist bei Theresa und Marinus eine ganz (wirklich sehr ganz!) andere Sache, was sich schon beim ersten Blick auf die Karte bemerkbar macht.

„Fräulein Anna“, welches nicht nur für Hotelgäste zur Verfügung steht, lässt keine Wünsche offen und auch im persönlichen Gespräch merkt man schnell, dass da jemand wirklich Ahnung hat. Ganz gleich ob glutenfrei, histaminarm, Low-Carb, ketogen, laktosefrei oder Ähnliches – viele der Gerichte werden standardmäßig auch in einer Low-Carb-Version angeboten. Und sollten Fragen offen bleiben kommt Marinus auch persönlich aus der Küche und liefert eine Beratung erster Klasse!

Und Kochen kann der wirklich gut! Man munkelt sogar so gut, dass er dieses Jahr bei Lucki Maurer im Artist-Bereich des SUMMER BREEZE mitgekocht hat… Jedenfalls: Wer mich nach dem Hotel frägt bekommt ungestüm ein „Das war das beste Rote Thai Curry, das ich je gegessen habe!“ um die Ohren geschmettert! Es gibt Salate, Burger, Steaks, je nach Wetterlage wöchentliches BBQ und einfach ein Bisschen mehr, als nur die übliche gutbürgerliche Küche.

Die Liebe steckt auch hierbei im Detail und einem Sinn für Ideen. Denn wenn man bedenkt, dass ausgerechnet 2020 umgebaut wurde, dann kann man im Hinblick auf die Pandemie, die nun wirklich Einigen Kopf und Kragen gekostet hat, nur von Glück sprechen, dass Marinus so viele Ideen hat und damals dann mit der Möglichkeit, eine eigens aufgesetzte kulinarische Weltreise „to go“ abzuholen Erfolg verbuchen konnte.

Wie ihr seht: Es ist schier unmöglich, diese Erfahrung kurz und knapp zu halten. Und das wäre angesichts der Arbeit, die alle zusammen in das Projekt „Rock & Chill Hotel Falter“ stecken und gesteckt haben einfach zu wenig.

Zudem setzt Familie Falter auf regionale und insbesondere nachhaltige Produkte und Lieferanten, was selbst bei Heizung, Strom und Seife bedacht und gelebt wird. Zu spüren ist auch, dass das Thema nicht nur frei erfunden ist: Kennt ihr die Stimmung in der Warteschlange vor einem Festival oder auf einem Campground? Dort zu sitzen kommt dem ziemlich nahe, was nicht zuletzt sicherlich auch an der anwesenden Star FM-Truppe (Grüße gehen raus!) liegt, die just an diesen Tagen mit ihren Gewinnern auch im Hotel übernachten und mich ohne Zögern aufnehmen.

Es ist einfach greifbar, dass alle zusammen und gemeinsam lieben, was sie tun. Der Opa Josef zapft gutgelaunt das Bier, die Oma Thea in der Küche ist begeistert vom für andere grausig erscheinenden Publikum in Totenkopf-Shirts und Kutte. Und man selbst kann entspannt und ohne sich zu verkleiden oder zu verstellen ein Kaltgetränk genießen und der Lounge-Musik lauschen, die endlich mal nicht in den Ohren schmerzt.

Last but not least: Der Chill-Faktor

Weiter im Programm: Wellness. Im hauseigenen Bademantel geht es in den Wellnessbereich, der mit eine Sitzecke mit Tee, Massage-Räumen, dem Sauna-Raum, Schwebe-Sesseln, Terrasse und einem 24 Stunden geöffneten Hallenbad wirklich noch die letzten Zweifel beseitigt.

Donnerstags gibt’s Bieraufguss und klar, läuft für „normale Gäste“ ein „bissel grobe Musik“, aber Erzählungen zufolge ist es schon vorgekommen, dass Musik-Fremde im Hotel auf den Geschmack gekommen sind. Und wenn wir ehrlich sind: Man kann gut und gerne nachvollziehen, wieso das Klientel seit dem Umbau, der Umgestaltung und der neuen Ausrichtung vielleicht anders anmutet, das Ganze aber viel mehr zu schätzen vermag.

Sie haben Ihr Ziel erreicht: Weiter nun zum Fazit!
Ist das Rock & Chill Hotel Falter nun also empfehlenswert?

Glasklares „JA!“.

Die Preise sind super, die Rock-Editions-Zimmer eine Augenweide, das Essen fantastisch, die Saunen mit dieser Musik unschlagbar, die Gegend idyllisch, Brennerei-reich und das Team herzlich, zuvorkommend und mit Herzblut bei der Sache.

Klar, gibt’s ein paar Kleinigkeiten, die aufgefallen sind: Die Zimmer sehen unglaublich fancy aus, aber manches Bad und manche Toilette erstrahlt – nach Rückfrage bei anderen Gästen in nur noch wenigen Zimmern – noch mit gelben Armaturen. Auch die blaue Couch steht da vermutlich schon länger und wirkt im Gegensatz zum Rest etwas verloren.

Die Zimmer haben leider keinerlei Klimaanlage, was sich bei 35 Grad Außentemperatur dann doch stark bemerkbar macht. Es fehlen Verdunklungsvorhänge, weswegen ein Gewitter in der Nacht (ja, habe wirklich den Jackpot gezogen!) oder eben auch die Sonne morgens den Schlaf wirklich immens verkürzen können – was man sich ja eigentlich bei einer Auszeit nicht wünscht. Und der – noch nicht renovierte – Frühstücksraum schreit ein klitzeklein wenig nach Hair Metal-Szenerie…

Aber das sind kleine Mäkeleien, die an anderer Stelle (bestimmte Kissen im Männerklo des Restaurants wurden beispielsweise mehrfach gelobt!) und mit einer leichten Herzlichkeit wieder ausgebügelt werden.

Mittags würde man sich zum Beispiel mehr Gäste im Restaurant wünschen, aber abends ist es dafür umso voller und schon am frühen Nachmittag klingelt das Telefon mit reservierungsanfragen ununterbrochen und abends ist die Terrasse proppenvoll! Da freut man sich dann mit! Denn: So etwas wie das Rock & Chill Hotel Falter gibt es sonst einfach nirgendwo. Man kann gespannt sein, was sich Marinus und Theresa als nächstes ausdenken und wie das Hotel dann aussieht, wenn alle Ecken „schwarz angemalt“ wurden.

Also ein letzter Blick durch den Raum und auf das Rock & Chill-Hotel-Festival-Bändchen, ein Seufzen, Tasche über die Schulter und ab nach Hause… Erblickt man auf dem Weg zur Tür noch eine Postkarte, die auf den Boden gefallen ist.

Ist vom Hotel.

Was draufsteht?

„Die Leute sind nett. Wetter passt. Essen ist super. Komme wieder.“

Kann ich unterschreiben.

 

Hier geht’s zum Hotel! (Richtet Grüße aus!)

02.09.2023

The world is indeed comic, but the joke is on mankind.

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