Rage Against The Machine
Abseits der Wege...

Special

2000: Renegades

Rage Against The Machine

Album Nummer 4 oder „Was geschieht, wenn ich mir Rick Rubin einkaufe?“

Böse Zungen mögen behaupten, die Luft sei bereits nach dem Debüt rausgewesen, spätestens nach ihrem Drittwerk musste dann aber auch der Band selbst klar werden: Die Neunziger sind jetzt so gut wie vorbei. Das Quartett hatte sich und seine Zeit überlebt, um sie herum florierte der Nu Metal, dem man einst selbst den Weg geebnet hatte. KORN befanden sich längst in ihrer schier unendlichen Metamorphose zur Popgruppe und LIMP BIZKIT machten mit ihren lyrischen Ergüssen auf „Significant Other“ bereits klar, dass sich diese Musik auch ohne wirkliche Inhalte verkaufen lässt. Also krampfhaft mit der Zeit gehen oder lieber in Würde abtreten? RAGE entschieden sich für die Notbremse – natürlich nicht ohne sich mit einem großen Knall (nein, nein, ich meine nicht Rick Rubin) zu verabschieden.

Ein Coveralbum? Von den „Killing In The Name“-Typen? Eigentlich ist „Renegades“ weitaus mehr als das. Kurz bevor die Spannungen in der Band endgültig überhandnahmen, lieferte man noch mal ein verdammt aufrichtiges Statement ab: Das sind wir, hier kommen wir her, deshalb machen wir Musik. Kein Wunder, dass sich die Songauswahl wie eine vermutlich nächste Woche im Rolling Stone erscheinende Best-of-politische-Lyrics-Liste liest: Die Straight-Edge-Urväter MINOR THREAT treffen auf CYPRESS HILL, Hip-Hop-Veteran AFRIKA BAMBAATAA gesellt sich zu THE STOOGES. Von MC5 bis BRUCE SPRINGSTEEN wird hier alles so gnadenlos durch den RATM-Fleischwolf gedreht, bis jeder Song die bandtypischen Trademarks aufweist. So wirkt beispielsweise „The Ghost Of Tom Joad“ bis zur absoluten Unkenntlichkeit verfremdet: Der jetzige SPRINGSTEEN-Kollaborateur Tom Morello setzt mit einem Riff ein, das man fürs Debüt nicht besser hätte schreiben können, Zack de la Rocha spricht die Anklage „Shelter line stretching ‚round the corner, welcome to the new world order“, als wären es seine eigenen Worte. Nicht anders ergeht es ERIC B & RAKIM mit ihrem „Microphone Fiend“ oder dem beinahe industrialartigen „Street Fighting Man“ der ROLLING STONES.

Was Song für Song aneinanderschweißt, sind jedoch nicht nur die durchgehend politisch motivierten Lyrics, sondern zugleich der einheitlich wütend-druckvolle Sound der Platte. „Renegades“ klingt durch und durch nach RAGE AGAINST THE MACHINE und schafft es hierbei, vielleicht sogar wieder etwas unbekümmerter und unverkrampfter als seine beiden Vorgänger daherzukommen. Durch die als grobe Marschrichtung fungierenden (ansonsten aber regelmäßig über den Haufen geworfenen) ursprünglichen Songstrukturen bot sich der Band glücklicherweise eine Arbeitsgrundlage fernab von jedem „So-klangen-wir-aber-schon-auf-Debüt“-Denken.

Eindeutigster Was-geht-ab-Moment:

Wenn während des DEVO-Covers „Beautiful World“ plötzlich jemand anfängt zu singen(!) und dieser jemand sich tatsächlich als Zack de la Rocha entpuppt. Er spricht nicht, er rappt nicht, er schreit nicht. Er singt. Schon krass.

Bestes Cover:
Das bereits im Vorfeld zum Live-Hit mutierte „Kick Out The Jams“ der MC5 sowie das unfassbar groovende „Maggie’s Farm“, mit dem man sich in die Riege der zahlreichen Legenden einreiht, denen es gelang, einem Dylan-Original erfolgreich neues Leben einzuhauchen.

(Alex Klug)

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21.04.2015

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