Psychotic Waltz
The Definitive Re-Issues 2024

Special

Bleeding (1996)

Psyhotic Waltz

Vom Zankapfel, der „Mosquito“ nun mal war (und sicher heute noch ist) ausgehend ging es wieder zwei Jahre später weiter mit „Bleeding“. Dass man nicht zur alten Tugend zurückkehrte, sondern auf „Mosquito“ aufzubauen suchte, zeugte wenigstens davon, dass PSYCHOTIC WALTZ konsequent waren und hinter ihrer Entwicklung standen. Wieder standen kurze, prägnante Songs im Vordergrund, die im Gegensatz zu den komplexen Kompositionen der ersten beiden Platten deutlich verdaulicher gerieten. Mit „Skeletons“ verharren die Kalifornier sogar kurzzeitig beim „Mosquito“-Sound, aber machen alles einen Ticken interessanter.

„Bleeding“ – die vollendete Metamorphose

Doch die atmosphärischen Brotkrumen, die „Mosquito“ zu streuen vermochte, wurden auf „Bleeding“ nun deutlich intensiver erkundet. Immer noch mit klarer Produktion versehen bewegte man sich im Schnitt eher im gemächlichen Midtempo, was den in den einzelnen Tracks aufgespannten Klangtexturen umso mehr Fußraum zur vollen Entfaltung bot. Und den hatten Graves und Co. diesmal auch genutzt und ein Album aufgenommen, das so klingt wie die logische Folgerung auf „Mosquito“, auf der jedoch die meisten Kritikpunkte besagter Scheibe ausgemerzt worden sind, ohne deren Entwicklungsschritt zu verleugnen. Solche Klöten muss man erst einmal zeigen.

Dabei begann „Bleeding“ täuschend aggressiv mit dem forschen Opener „Faded“ und geslapptem Bass, gefolgt von einem beherzten Aufjauchzen Graves‘, das befürchten ließ die Band würde sich noch weiter in kommerzielles Territorium hervorarbeiten. Recht schmissig ratterte der Song dann einem Zug ähnlich los mit relativ zünftigen Hard-Rock-Vibes. Für die Strophen und den Instrumental-Part schraubte man dann das Tempo herunter und ließ bereits ein wenig von der Klasse durchsickern, die man im Laufe der Spielzeit zeigen sollte, wobei vorerst noch weniger durch beispielhafte Atmosphäre und mehr durch intuitive Riffarbeit, die für den Rhythmus einfach wie gemacht schien.

Doch dann zeigte „Bleeding“ seine Muskeln mit einem theatralischen Ansatz, der sich bei der Hook des folgenden „Locust“ bemerkbar machte, zuzüglich des gedrosselten Midtempos. Die Keyboards, die hier feinsinnig um die Musik herum scharwenzelten und schließlich die Hook in Form von Synth-Streichern untermalten, machten ihren Job extrem gut, selbst wenn besagte Streicher nicht wie das Hochwertigste klangen, das Dan Rock aus den Keyboards hätte kitzeln können. Doch das Songwriting steuerte eben genau auf diesen Moment zu, der durch diesen Spannungsaufbau seine Wirkung nicht verfehlte.

PSYCHOTIC WALTZ zeigten Mut und standen zur eigenen Entwicklung

Und diese Stimmungsmache kam im weiteren Verlauf weiterhin regelmäßig zum Einsatz, beispielsweise in der romantischen Klavier-Ornamentik von „Morbid“, der schlicht ansprechenden Licks, die sich gegen Ende von „Need“ um die Harmonien herum schlängelten, dem andersweltlichen Charme von „Drift“, der besonders in der Hook einen geradezu hypnotischen Sog auf den Hörer auswirkte, oder das von seinen fantastischen Gesangsharmonien und dem lebhaften Flötensolo lebende „My Grave“. Wer es peppiger mochte, fand dies in „Northern Lights“ beispielsweise mit seinem treibenden Grooves, die jedoch wiederum für eine eindringliche Hook aufgebrochen wurden. Dem schloss sich direkt „Sleep“ an, dessen Kern herrlich oszillierende Gitarrenlicks waren.

Für PSYCHOTIC WALTZ sollte dies jedoch das vorerst letzte Album bleiben. Hiernach wurde die Formation lange Zeit auf Eis gelegt, ehe man sie für Live-Aktivitäten um 2010 herum wieder aktivierte. Es sollte noch zehn weitere Jahre dauern, bis mit „The God Shaped Void“ endlich ein neues Album erscheinen sollte, doch die gesundheitlichen Probleme, die Gitarrist Brian McAlpin durch seine 1984 durch einen Autounfall erlittene Querschnittslähmung zunehmend zu schaffen machten, zwang die Band schließlich, 2023 das Ende ihrer Touraktivitäten zu verkünden, wobei auf die mögliche Veröffentlichung eines neuen Albums hingewiesen wurde.

Trackliste:

Bleeding – Album (CD1):
1. Faded
2. Locust
3. Morbid
4. Bleeding
5. Need
6. Drift
7. Northern Lights
8. Sleep
9. My Grave
10. Skeletons
11. Freedom?

Bleeding – Bonusmaterial (CD2):
1. Drift (Demo 1995)
2. Locust (Demo 1995)
3. Need (Demo 1995)
4. Christ Figure (Demo 1995)
5. Sleep (Demo 1995)
6. Faded (Demo 1995)
7. My Grave (Demo 1995)
8. Fly (Demo 1995)
9. Northern Lights (Demo 1995)
10. Bleeding (Demo 1995)
11. Skeleton (Demo 1995)
12. Morbid (Demo 1995)
13. Strange (Live at Katwijk 1991)
14. Diary Of A Madman (OZZY OSBOURNE-Cover) (Live at Katwijk 1991)
15. I Am The Walrus (THE BEATLES-Cover) (Live at Katwijk 1991)

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Quelle: Alex Jusseit (Bandfoto)
11.07.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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