Powerwolf
Am Stammtisch - POWERWOLFs "Preachers Of The Night"

Special

Powerwolf

„Am Stammtisch“ – die metal.de Redaktion schnackt wieder. Warum? Weil endlich mal wieder mit „Preachers Of The Night“ ein richtiges Metalalbum von Null auf Eins in die deutschen Charts eingestiegen ist. Und wenn man sich über eine Band mal herrlich streiten kann, na dann doch wohl über POWERWOLF und deren Alben. Für die Wolfsgegner reine Blashemie, unerträglich und komplett humorbefreit. Für die devoten Rudelanhänger ist es allerdings Metal in Reinkultur und absolute Perfektion bezüglich Konzept und Umsetzung.

Markus Endres aka El Endres (EL), Katharina Beck (KB) und Jost Frommhold (JF) trafen sich zum sachlichen Gebashe zum Thema „Wölfe“ im Allgemeinen und „Preachers Of The Night“ im Speziellen. Es moderiert: Nadine Schmidt (NS).

Schon vorab die Quintessenz des Talks: Prost wird ersetzt durch „Zur Mitte, zur Titte, zum Coleus, dentatus, dentatus, dentatus“

 

NS: Endres, dir hat die neue Scheibe von POWERWOLF ja richtig gut gefallen. Sehen wohl noch einige Hörer mehr so, die Platte sprang von 0 auf 1 in den deutschen Charts. Wie kommt es, deiner Meinung nach, dazu und ist das jetzt gut oder eher schlecht?

EL: Wie kommt es dazu? Ich nehme an, die jahrelange Arbeit trägt nun ihre Früchte. In Sachen Promo lief eigentlich immer recht viel bei POWERWOLF, sie haben viel getourt und waren auch sehr häufig zu Gast bei Festivals. Dadurch erspielt man sich einen Namen. Gleichzeitig haben POWERWOLF immer wieder starke Alben veröffentlicht, auf kontinuierlich hohem Niveau. Die Songs sind sehr catchy, eingängig, gleichzeitig spielen POWERWOLF mit gängigen Metalklischees. Ich denke, das Gesamtpaket macht einfach viel vom Erfolg aus. Persönlich und für die Band finde ich das natürlich toll. Mehr Aufmerksamkeit für den Metal, ist doch geil! Außerdem sind das ja keine Underground-Schwarzwurzler, es gibt als kein trve Problem 🙂

KB: Die Frage ist doch aber, ob eine solche Chartplatzierung auch wirklich für hohes Niveau und Qualität steht. MODERN TALKING haben damals auch immer die Charts angeführt! 😉

EL: Chartplatzierungen sind kein Maßstab für hohes Niveau, das dürfte jedem von uns hier an diesem wunderbaren Stammtisch klar sein. Wenn man sich sonst anschaut, was sich da alles tümmelt, kriegt man als gestandener Metaller ja eher das Kotzen. Aber ist es nicht auch mal zur Abwechslung schön, wenn man sieht, dass auch eine waschechte Heavy-Metal-Band die Charts vollends knacken kann?

JF: Ja, Charts ist ein guter Punkt. Dieter Bohlen hat sich textlich ja auch nicht mit Ruhm bekleckert… Coleus sanctus? Heiliger (Hoden)sack? Was geht denn da ab? Kreuzfeuer brenne ich der Nacht? Gott hat uns den Wahn gebracht? Peinlicher geht’s nahezu nicht…

NS: Hm, eventuell bist du auch einfach nur zu humorlos. Viele nehmen den Metal auch zu ernst und eventuell bringen POWERWOLF auch mal wieder etwas Lockerheit in das Genre. Endres, du betest schon zu Sankt Testosteron und findest Songs wie „Coleus Sanctus“ als Mann nicht peinlich… so mit ausbreiteten Armen auf dem Konzert mitsingen, geht das klar?

EL: Das geht klar. Metal lebt von Klischees, und POWERWOLF treiben von Anfang an vieles auf die Spitze. Das ist doch Ironie pur! Das muss man doch nicht ernst nehmen! Bier in die Hand, Bangen, Luftgitarre – METAL!!!! Amen & Attack!

KB: Obwohl ich „Coleus Sanctus“ auch mehr als grenzwertig finde, ist es weniger diese Ironie bzw die Peinlichkeit, an der ich mich so stoße, sondern daran, wie plakativ und vorhersehbar das ganze ist. Unsere Kollegin Astrid stellte kürzlich auf nem Festival die These auf, dass POWERWOLF einen Songgenerator haben müssen, der willkürlich MANOWAR-Texte, Twilight-Auszüge und die Bibel kombiniert. Kann ich nur unterschreiben.

JF:  Als humorlos würde ich mich nicht bezeichnen, ich find’s nur nicht witzig! Was ich schon witziger finde, ist, dass sich gerade der deutschsprachige Song nach RAMMSTEIN anhört, nicht weil er in deutscher Sprache vorgetragen wird, sondern weil sich die Gesangsmelodie nach RAMMSTEIN zu „Sehnsucht-Zeiten“ und die Bridge nach „Ohne Dich“ anhört. So, jetzt habt ihr’s!

EL: Aha, dann fasse ich mal zusammen, Katharina wird von „Coleus Sanctus“ gestoßen und Kollege Jost Rammsteinert. Ihr seid ganz schön versaut!

NS: Ich muss schon sagen, dass mir das POWERWOLF Bingo auch auf den Nerv geht. Selbst als Fan der Truppe kann ich die Lieder teilweise nicht mehr auseinanderhalten, bei dem vielen Sanctus, Blood, Preacher, God, Heaven und Sky in nahezu jedem Track. Irgendwie ist das Wolfthema durch, oder?

KB: Du darfst Hallelujah, Night und Amen nicht vergessen! „Secrets Of The Sacristy“ fand ich ja noch am erträglichsten, aber das ständige „Hallelujah Amen“ geht mir derart auf den Sack, dass ich sogar den Titel kaum noch am Stück hören kann.

JF: Gut, die Texte von POWERWOLF waren in der Vergangenheit auch nur ein wenig unpeinlicher… was mir eher fehlt sind ein paar echte Bomben auf dem Album, die auch eine Langzeitwirkung entfalten. Sowas wie „Mr. Sinister“, „Kiss Of The Cobra King“ vom Debüt oder „Saturday Satan“, „Seven Deadly Saints“ oder meinetwegen „Werewolves Of Armenia“ fehlt mir eben. Jetzt geht das Ganze zwar immer noch gut ins Ohr, aber wenn wir hier von Ohrwurm sprechen ist das eher einer, über den man sich ärgert. So in etwa, wenn man im Kaufhaus was vorgedudelt bekommt und das später pfeifen muss… dieser lästige Zwang… nicht sehr erfreulich, irgendwie alles andere als gehaltvoll…

EL: Also Katharina, erst fühlst du dich gestoßen und jetzt geht es dir auch noch auf den Sack? Jessas! Dann zu den Schlagworten, die wiederholen sich seit Anfang an, sind aber mit „Preachers Of The Night“ nicht schlechter geworden. Also wenn man sich daran stößt (Katharina hehe), dann doch nicht erst jetzt? Was die Musik anbelangt finde ich auf dem aktuellen Album mehr als genug Ohrwürmer. Also zum Beispiel der Opener „Amen & Attack“ ist doch mal eine Wahnsinnsgranate vor dem Herrn. Es beginnt mit einem Amen und bläst dann zum Angriff, welches andere Werk hat schon sowas?

KB: Sanctus aber auch, ich sollte mit meinen Formulierungen vorsichtiger sein :D. Was mich jedenfalls an „Preachers Of The Night“ stört, sind nicht nur diese Texte, sondern das Gesamtspiel aus Texten und den lahmen Songs. „Amen & Attack“ und „Secrets Of The Sacristy“ sind in der Tat noch okay, aber der Rest kackt im Vergleich zu früheren Titeln mächtig ab. Vor allem, weil sich POWERWOLF mehr als einmal selbst kräftig kopieren (im Prinzip auch schon bei den ersten Songs, da gehts aber noch irgendwie klar) und es den Songs so extrem an Individualität fehlt.

JF: Ok, ich sehe schon die Texte sind dieses Mal das ganz heiße Eisen. Fein, ihr Heulsusen, gebt doch zu, dass ihr von dem ganzen amen und dominus, sanctus et cetera et cetera alle KATHOLISCH geworden seid!

 

NS: Ganz ehrlich? So langsam sind die Platten doch nur noch „ein Mittel zum Zweck“, denn live sind die POWERWÖLFE echt unschlagbar mitreißend. Mir persönlich ging das Interesse für die CDs schon immer ab, die Liveshows machen es aus und manche Titel kann man schon beim ersten Mal mitsingen. Hat jemand von euch die Wölfe in letzter Zeit oder auch schon mit neuem Material live bewundern können?

KB: Hab sie vor kurzem beim Rock im Betonwerk gesehen! Hab mir „Sanctified With Dynamite“, „Amen And Attack“, „We Drink Your Blood“ und noch ein zwei Titel angeschaut. Dann hatte sich das ganze auch schon ausgelutscht und ich hatte den dringenden Wunsch nach viel Alkohol…

JF: Nana! Gut, wenn man sich Powerwolf auf CD gibt, muss man schon in der richtigen Stimmung sein… aber live ist man ja immer bestens vorbereitet und eingestimmt und da funktioniert die Mucke doch immer prächtigst – auch und vor allem, wenn man sich ‘ne Lage in die Rüstung gekippt hat. Der Band den livehaftigen Unterhaltungswert abzusprechen heißt doch derbe zu lügen!!!

EL: Genau du katholische Lügnerin mit dem Sack! Nein, ernsthaft, um die CDs von POWERWOLF anzuhören muss man nicht in Stimmung sein, die bringen einen von alleine in Stimmung. Da gehen doch schon von alleine die Mundwinkel nach oben, die Faust reckt sich, das Bier ploppt von alleine auf, und schwupps ist die CD durch, man hat 6 Halbe im Kopf und ne verdammt gute Zeit. Dasselbe kann man ohne weiteres auch von deren Konzerte sagen. Perfekte Metal-Unterhaltung, für Schwule und Nicht-Schwule! POWERWOLF Street Day!

NS: Bester Kommentar, den ich mal von einer “Nicht-Eingeweihten bei der POWERWOLF Entjungferung auf einem Festival” gehört habe, war ein furztrockenes: “Die haben sich aber echt angestrengt!”. Aber ernsthaft, können POWERWOLF nun- mit der Nummer Eins im Rücken- internationalen Kultstatus erlangen, so wie KISS oder ähnliche Schminktrupps?

KB: Den Bezug zu KISS will ich jetzt mal überhören. Ansonsten halte ich es für durchaus möglich, dass die Herren auch international durchstarten. Wie Modern Talking eben auch! 😉

EL: Also kultig sind die Wölfe ja schonmal auf jeden Fall. Mit KISS würde ich sie allerdings auch nicht vergleichen. Was den internationalen Erfolg anbelangt denke ich, dass dieser mit dem aktuellen Album auf jeden Fall ansteigen wird, denn wir bei metal.de sind uns ja alle völlig einig, dass es nie etwas besseres gab. Trotzdem werden POWERWOLF nie ein bestimmtes Level überschreiten, da dafür ihr Sound einfach viel zu traditionell ist. Nebenbei möchte ich anmerken, dass ich auf der katholischen Frage rumreite. „Amen & Attack“!!!

NS: Das wir wohl der platte Vergleich sein, den die Medien nun als Erstes ziehen. Sind „geschminkt wie KISS“ und „POWERWOLF verarschen die Religion und treiben Schabernack mit der Bibel“. Eines ihrer Shirts trägt auch den Aufdruck „Metal is Religion„, lehnen sich die Wölfe mit diesem Thema nicht etwas zu weit aus dem Fenster?

JF: Genau! Viel zu weit aus dem Fenster, denn POWERWOLF stehen kurz davor, norwegische Stabkirchen niederzubrennen. Sie sind gefährlich und sollten der NSA gemeldet werden! Ach, die haben ja eh’ schon die nächste POWERWOLF-Platte runtergeladen, die’s noch gar nicht gibt.
Nee, im Ernst – wo gehen die Wölfe denn in dieser Hinsicht zu weit? Überhaupt – „metal is religion“ stimmt doch! Was mich bei der Platte viel mehr stört, das sind die bekackten Songs! Der Titel „Secrets Of The Sacristy“ ist einfach ärgerlich belanglos und nervig. So eine Art HELLOWEEN-Grütze, die man irgendwo unter’m  Teppich hervorgekehrt hat.

KB: Belanglos ist ein gutes Stichwort. Und vor allem leider oft gesichtslos. Immer fast dieselbe Tonart, ähnliche Akkordfolgen, dieselben Arrangements, super ähnliche Gesangslinien. Florian, unser stellvertretender Cheffe, und ich haben uns vorhin den Spaß gemacht, einige POWERWOLF-Songs willkürlich zusammenzuschneiden. Das Ergebnis konnte man sich anhören, ohne dass es wirklich aufgefallen wäre.

EL: Jost, wenn du nochmal was von HELLOWEEN-Grütze erzählst, hau ich dir ne Delle in die Gewürzgurke! Und Katharina, hör auf Songs zu schneiden, im Ganzen schmecken die besser!

JF: EL ENDRES, die Gewürzgurke kannste doch gar nicht beherrschen!

NS: Wir werden wohl auf keinen Nenner kommen, POWERWOLF sind und bleiben Geschmackssache. Abschließende Frage, da POWERWOLF immer so geiles Merchandise haben: Eure Wunschhook für die Klamotten zur neuen Platte?

EL: POWERWOLF – des isch Metal!

KB: Kann ich gerade leider nicht beantworten – die Batterien meines POWERWOLF-Titel-Generators sind leer!!!

JF: “Zur Mitte, zur Titte, zum Coleus, dentatus, dentatus, dentatus”

 

07.08.2013
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