Peter Criss
Ungeschminkt - Die offizielle Autobiografie

Special

Peter Criss

Nach im letzten Jahr Ace Frehley mit „Keine Kompromisse“ (bzw. „No Regrets“) seine Sichtweise zu KISS als Band und Unternehmen dargestellt hat, lässt uns nun auch Peter George John Criscuola – besser bekannt als Peter Criss bzw. „Catman“ – in seiner Autobiografie „Ungeschminkt“ Klartext zu diesen und weiteren persönlichen Themen vernehmen.

Auffällig ist zunächst einmal, dass er sich zwar durchaus auf Hilfe von außen (genauer gesagt auf Co-Autor Larry Sloman) verlassen hat können, der Text jedoch in erste Linie persönlich von Peter stammt und man dadurch eine sehr authentische, wenn auch mitunter fast schon zu subjektive, wenn nicht gar – wie es Peter selbst erwähnt – ein wenig übertrieben selbstbemitleidende Sichtweise vermittelt bekommt.

Doch das ist nur ein winziges Manko, denn der aus bescheidenen Familienverhältnissen stammende, 1945 geborene Criscuola, der eine alles andere als entspannte Kindheit im heimatlichen Brooklyn hinter sich bringen musste und dessen Werdegang nachhaltig vom harten Leben in Straßengangs und den sadistischen veranlagten Nonnen in der Schule geprägt wurde, versteht es in „Makeup to Breakup: My Life In and Out of Kiss“, wie das Buch im Original betitelt wurde, blendend sowohl für überaus informatives Lesevergnügen, aber auch für pure emotionale Ernüchterung zu sorgen.

Auch wenn sein Leben eine gewisse Zeit lang durchaus von jener klischeebehafteten Version des Rockstar-Daseins geprägt war und er sich auch seinen langersehnten Kindheitstraum einmal im „Madison Square Garden“ spielen zu können, erfüllen konnte, lässt es sich Peter nicht nehmen auch sämtliche Schattenseiten seiner Existenz offen darzustellen.

Als Gemeinsamkeit zu Ace Frehley erkennt man bald, dass sich auch Peter von Paul Stanley und Gene Simmons die längste Zeit ausgenutzt fühlte. Umso enttäuschender wirkte dadurch wohl für Criss die Tatsache, dass es Ace den beiden auf nicht unähnliche Weise gleichtat und die bis zur Reunion in den 90er Jahren bestehende aufrechte Beziehung der beiden auf unrühmliche Weise ein Ende finden musste.

Doch der an sich vorwiegend von Jazz-Musikern wie Gene Krupa inspirierte Vollblut-Musiker italienisch-irischer Abstammung erweist sich in seiner Profession als echtes Stehaufmännchen und konnte zuletzt 2007 mit dem Album „Out Of Control“ in den Staaten sogar die Independent-Billboard-Charts entern, auch wenn er bis heute nie wieder geschafft hat, an seinen großen Hit „Beth“ auch nur annähernd anknüpfen zu können.

Peter Criss

Darum ging es Peter Criss aber auch gar nicht zwingend, viel mehr bemerkt man immer wieder, dass sein Herz in erster Linie an die Musik an sich und den Rock’n’Roll im Besonderen verloren hat und er – jedes Businessdenken außer Acht lassend – mit dem „Zirkus“ und der „Maschinerie“ namens KISS eigentlich nie wirklich zufrieden gewesen ist. Dabei setzt er auf eine schonungslose Darstellung sowie einen recht harschen Ton, der jedoch durch so manches (zumeist finanzielle) Detail absolut nachvollziehbar ist.

Aber auch was sein Privatleben betrifft, lässt sich Peter verdammt tief in die Karten blicken. Man muss wirklich neidlos anerkennen, dass es wohl nicht viele Zeitgenossen (und wohl noch viel weniger vom Promi-Status eines Peter Criss) gibt, die ein dermaßen wechselhaftes Leben aus Höhen und Tiefen auf so ehrliche Weise und mit einer derartigen Offenheit darzulegen gewillt sind. Respekt!

Peter Criss

Dadurch erfährt man von zwei gescheiterten und einer immer noch bestehenden, dafür umso glücklicheren Ehe, mehreren Entziehungskuren (Alkohol und Drogen waren lange Jahre seine treuesten Begleiter…), dem Aufstieg und rasanten Fall in Sachen Finanz, seinen Selbstmordversuchen und zum Schluss seinem Sieg über den Brustkrebs, der den tiefgläubigen Menschen noch ein wenig näher zur Religion gebracht hat und ihn zudem als einen der ersten Förderer für Brustkrebsvorsorgeuntersuchungen bei Männern werden hat lassen.

„Ungeschminkt“ ist ein absolut empfehlenswertes – und zudem mit über 350 Seiten Umfang auch überaus üppiges – Buch geworden, das jedoch nicht nur für eingeschworene KISS-Fans (wobei für diese wohl das für Iron Pages-Produkte fast schon obligatorische, reichhaltige Bildmaterial von besonderem Interesse sein dürfte) zur Pflichtlektüre erhoben werden sollte, denn viel offener und ehrlicher zeigt sich wohl kaum ein Musiker in einer Autobiografie.

24.06.2013

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