Omnium Gatherum - Skálmöld - Stam1na
Tourreport zur "Arctic Circle Alliance" Tour

Special

Tag 2: Hannover, 18.11.2017

Ich stoße am Nachmittag zu unseren arktischen Freunden und bin erstmal verwirrt. Im Konzertsaal und auf der Bühne herrscht gähnende Leere, aber im Nebenraum ist bereits ein Soundcheck zu hören. Des Rätsels Lösung: Das Konzert findet im Mephisto, einem anderen Teil des Kulturzentrums Faust, statt. Dort angekommen, fällt mir zuerst einmal die kleinste Bühne meiner bisherigen Konzertgeschichte auf. Jedenfalls was Konzerte von Bands über Schülerband-Niveau angeht. Der Soundcheck, der gerade läuft, ist der von SKÁLMÖLD, aber aussehen tut das eher wie Kasperletheater. Später wird Backstage der Spruch fallen, „hüpft nicht zu viel rum, sonst haut ihr euch den Kopf an.“ Dass alle drei Bands trotzdem das Beste daraus zu machen wissen, werden sie aber im Laufe des Abends unter Beweis stellen.

Weiter geht es in den großzügigen Backstage des Clubs. Ein wahrer Segen bei drei Bands mit je fünf beziehungsweise sechs Mitgliedern und lange keine Selbstverständlichkeit. Die finnische Fraktion hat es sich am großen Küchentisch gemütlich gemacht, doch es fällt auch auf, dass einige noch fehlen. Die befinden sich nämlich noch in ihren Kojen im Bus. Das kann zum einen daran liegen, dass es gestern Abend doch etwas später wurde (STAM1NA werden sich während ihres Auftritts noch dazu äußern), vor allem aber auch daran, dass irgendwie alle krank zu sein scheinen. So spät in der Tour sind die (Abwehr)-Kräfte eben so langsam aufgebraucht, und bei so vielen Menschen auf engstem Raum haben es die lieben Krankheitserreger leicht. Es vergeht jedenfalls kaum eine Minute, in der nicht von irgendwoher ein Husten zu hören ist.

Bild Den Tourbusfahrer bitte nicht stören

Den Tourbusfahrer bitte nicht stören

Isländische Landeskunde mit SKÁLMÖLD

Als SKÁLMÖLD ihren Soundcheck beendet haben, machen sich OMNIUM GATHERUM zu dem ihren auf. Die Isländer hingegen haben nun Zeit für unser geplantes Interview. Da wir uns schon ein Weilchen kennen, läuft das Ganze recht informell ab und entwickelt sich, wie man nachlesen kann, recht schnell zu einem lustigen Rumblödeln. Mit diesen sympathischen Jungs kann man eben alle falschen Hemmungen ablegen und die regennassen Schuhe ausziehen, um sie auf der Heizung zu trocknen. Es geht also die nächsten Stunden sockig weiter, aber bei den Zuständen, die in einer nomadischen 20-köpfigen Männer-WG herrschen, fällt das sowieso keinem auf. SKÁLMÖLD stehen derweil zu isländischen Klischees Rede und Antwort, was mitunter in recht lustiges Geblödel ausartet.

Skálmöld - Logo

Finnische Landeskunde mit OMNIUM GATHERUM

OMNIUM GATHERUM trudeln dann auch wieder von ihrem Soundcheck ein. Jukka und Joonas setzen sich mit mir zusammen, um ebenfalls über Klischees ihres Heimatlandes zu plaudern. Sind Finnen immer betrunken? Gerne nackt? Und gehen mindestens einmal die Woche in die Sauna? Wie die Jungs verraten, ist an all den Klischees irgendwie was dran. Dass sie kaum reden und verschlossen sind, widerlegen die beiden aber ganz nebenbei durch ihre angenehme und offene Art. Um 18:00 Uhr ist es dann Zeit für das Abendessen. Mit Freude stelle ich dabei fest, dass außer mir noch drei andere Veganer mit von der Partie sind, weshalb für eine leckere vegane Alternative gesorgt ist.

Omnium Gatherum Logo

Anschließend kommt der Teil, der nach Aussage der meisten Bands den Großteil des Tourlebens ausmacht: Rumsitzen. Alle haben da so ihre Strategien entwickelt, um sich die Zeit irgendwie zu vertreiben. Thráinn von SKÁLMÖLD schaut Fußball und feiert ab und an durch ein stummes Emporheben der Fäuste. Andere halten noch ein Nickerchen auf der Couch. Sonst passiert eigentlich nichts mehr, aber zum Glück ist es ja auch schon soweit und die Show geht los.

STAM1NA in Hannover

STAM1NA eröffnen den Abend auf der kleinsten Bühne der Tour vor einem prall gefüllten Laden. Die Show ist restlos ausverkauft, was an der Abendkasse zu einigen enttäuschten Gesichtern führt. Es scheinen auch alle schon zu Beginn da zu sein, was sicher nicht von ungefähr kommt, denn dass STAM1INA abliefern, ist mittlerweile bekannt. Einige der Jungs sind erst recht spät aus dem Bus gekrochen und sahen auch nicht unbedingt frisch aus. Dass sie Hannover mit einem Hangover spielen, versuchen sie nicht unter den Teppich zu kehren, sondern machen es zum Programm. An ihrer energiegeladenen Performance ändert ihr Zustand allerdings nichts, und das Publikum dankt es ihnen. Auch die Sprüche sitzen wieder so locker wie am Vorabend. Ein wenig alberner geht es vielleicht zu, wenn „KARRRTOFFEL!“ oder „Silikonbusen!“ gebrüllt wird, aber wenn wir mal ganz ehrlich sind, geht es bei den Jungs wohl immer so zu.

OMNIUM GATHERUM in Hannover

OMNIUM GATHERUM gehen an diesem Abend als zweite Band auf die Bühne. Die sehr agilen Jungs, die auch noch ein Mitglied mehr als ihre Vorgänger am Start haben, sind auf der Minibühne wirklich sehr eingeschränkt. Das hält sie aber nicht davon ab, wieder eine wahnsinnig dynamische Performance auf die Bretter zu legen. Vor allem in den vorderen Reihen geht es wieder wild zu, auch wenn für einen richtigen Moshpit eigentlich gar kein Platz mehr ist. So kann aber wenigstens keiner umfallen. Im mittags noch kalten Club wird es heiß, und zwar sehr heiß, vor allem auf der Bühne. OMNIUM GATHERUM Fronter Jukka ist bald komplett nassgeschwitzt und sieht später, als er nach der Show zurück in den Backstage kommt, aus, als käme er angezogen direkt aus der Dusche. Von den isländischen Kollegen wird das mit „good job!“ honoriert. Das Publikum wird von allen Bands als toll beschrieben, auch, wenn nicht alle wirklich ein Urteil dazu abgeben können. Einer der Drummer erzählt am nächsten Tag, dass er die ganze Zeit nichts von der Menge sehen konnte und nur für die Ärsche seiner Bandkollegen gespielt hat.

SKÁLMÖLD in Hannover

Mit nur minimaler Verzögerung machen SKÁLMÖLD dann den Abschluss. Spätestens jetzt gibt es auch für das Publikum kein Halten mehr, und das nicht immer auf die positive Art. Zwischen zwei Songs meldet sich Basser Snæbjörn mit folgender Ansage zu Wort. „Es gibt bei SKÁLMÖLD Konzerten nur eine Regel: kein Arschloch sein. Hier vorne versuchen ein paar Leute, Streit anzufangen. Seid doch bitte keine verdammten Arschlöcher, denn wir wollen hier Spaß haben!“ Einer der Streithähne verkrümelt sich daraufhin und das Problem hat sich für den Abend erledigt. Mit der Ansage verschaffen SKÁLMÖLD dem Publikum nicht nur ein angenehmes Konzerterlebnis, sondern sammeln auch weitere Sympathiepunkte, die sie aber eigentlich garnicht mehr nötig haben. Spaßgeladen geht es dann weiter, SKÁLMÖLD werden wieder extrem abgefeiert, und sämtliche Bands werden nach ihren Auftritten vom Hannoveraner Publikum schwärmen.

Bild Skálmöld auf der kleinsten Bühne der Tour

Skálmöld auf der kleinsten Bühne der Tour

Befremdlich wird es kurzzeitig nach Ende des SKÁLMÖLD Auftritts. Nebenan, wo vor gut einer Stunde noch eine leere Halle mit gelagertem Equipment war, stehe ich plötzlich beim Durchschreiten der Zwischentür in einer 90er Jahre-Disco. Deren Klänge dröhnen bis nach oben in den Backstage, wo sich nach und nach wieder alle versammeln. So wirklich stören tut die Musik keinen, aber obwohl der ein oder andere verstohlen mit dem Fuß wippt und SKÁLMÖLD Gitarrist Baldur bei einem Tänzchen den Tisch unter Wasser (Wein) setzt, kriege ich leider niemanden dazu, mit mir einen Ausflug nach unten zu machen.

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30.11.2017

headbanging herbivore with a camera

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