Night Demon
Der große Diskografie-Check
Special
NIGHT DEMON zählen zweifellos zur Speerspitze der aktuellen traditionellen Heavy-Metal-Bands. Anfänglich fest in der Tradition der New Wave of British Heavy Metal verankert, emanzipierte sich die Combo um Frontmann Jarvis Leatherby mit jeder Veröffentlichung mehr und mehr von ihren Einflüssen. Mit dem aktuellen Album „Outsider“ erreicht diese Entwicklung hin zur Eigenständigkeit ihren bisherigen Höhepunkt. Deshalb ist es höchste Zeit für den Diskografie-Check, indem wir die wichtigsten Releases der Band noch einmal unter die Lupe nehmen.
Night Demon (EP, 2012)
Die Reise des Trios beginnt 2012 mit einer selbstproduzierten Vier-Track-EP. Die geläufigste Variante dürfte heutzutage aber die 2013 erschienen „Expanded Edition“ mit zwei zusätzlichen Coversongs von JAGUAR und DIAMOND HEAD sowie zwei Livesongs sein. Die Produktion der Platte ist unabhängig von der Version erstaunlich fett geraten. Hinter damals schon länger aktiven Kollegen wie ENFORCER müssen sich NIGHT DEMON in Sachen Soundqualität nicht verstecken. Zudem befinden sich mit der Bandhymne „Night Demon“ und „The Chalice“ bereits zwei Songs auf der Platte, die aufgrund ihres Hitfaktors bis heute fest zum Liveprogramm gehören. Leatherbys Gesang ist noch vergleichsweise schwach auf der Brust. Doch ansonsten hat diese EP bereits alles, was NIGHT DEMON ausmacht.
Anspieltipps: „Night Demon“, „The Chalice“
Sammlungswürdig: Yes, sir!
Curse Of The Damned (2015)
Drei Jahre nach der ersten EP folgt das Debütalbum „Curse Of The Damned“. Darauf dreht die Band alle Regler auf elf. Die Produktion ist eine ganze Ecke fetter, bleibt dabei aber angenehm organisch. Zudem reiht die Truppe in knapp 45 Minuten einen Hit an den nächsten. Das eröffnende „Screams In The Night“ ist ein Dampfhammer, der einem zum Einstieg ordentlich die Ohren durchpustet. Bei „Full Speed Ahead“ ist der Name Programm, während „Heavy Metal Heat“ eine Hymne ist, die schon beim ersten Durchlauf zum Mitsingen anregt. Neben solch geradlinigen Songs zeigen NIGHT DEMON auf „Curse Of The Damned“ aber auch, wie viel mehr in ihnen steckt. „Save Me Now“ ist eine leicht melancholische Nummer, die gut ins Ohr geht, „The Howling Man“ ein episch angelegter Track und der Titelsong stampft mächtig nach vorne. Dadurch ist „Curse Of The Damned“ ebenso abwechslungsreich wie mitreißend.
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Anspieltipps: Alles
Sammlungswürdig: Unverzichtbar
Darkness Remains (2017)
Im Anschluss an die Veröffentlichung ihres Debüts touren NIGHT DEMON mehrmals durch die ganze Welt. Im Laufe dieser Zeit rekrutiert Leatherby mit Armand John Anthony einen neuen Gitarristen für seine Band. Beides wirkt sich positiv auf das zweite Album „Darkness Remains“ aus. Die bei unzähligen Konzerten gesammelt Erfahrung fließt in reiferes Songwriting. Anthony wiederum bringt versierte Gitarrenleads ein, die es in dieser Form zuvor bei NIGHT DEMON nicht gab. Mit „Welcome To The Night“ gibt es zum Einstieg einen ähnlich rasanten Track wie beim Erstling. Danach folgen einige Überraschungen wie das düstere „Stranger In The Room“ oder die astreine IRON MAIDEN-Hommage „Maiden Hell“. Beim Instrumentalstück „Flight Of The Manticore“ zeigen NIGHT DEMON zudem, dass sie auch ohne gesangliche Hooklines begeistern und der Titelsong liefert einen für die Band ungewohnt schwermütigen Albumabschluss. Dazwischen stecken mit „Black Widow“, „On Your Own“ oder „Life On The Run“ immer noch genug klassische Heavy-Metal-Songs, bei denen headbangen garantiert ist. Der Spagat zwischen Weiterentwicklungen und den Wurzeln treu bleiben gelingt NIGHT DEMON mit Bravour.
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Anspieltipps: Alles
Sammlungswürdig: Unverzichtbar
Live Darkness (Livealbum, 2018)
Auf der Bühne sind NIGHT DEMON eine Macht. Wer sich davon noch nicht selbst überzeugen konnte, kann sich das wilde Treiben der Band 2018 in Form von „Live Darkness“ ins heimische Wohnzimmer holen. Der Mitschnitt von einem Konzert in Cleveland, Ohio aus dem Jahr 2017 kommt auf satte 90 Minuten, in denen nahezu jeder Song aus der bisherigen Diskografie zum Zuge kommt. Obendrauf gibt es ein saucooles Cover des MIDNIGHT-Hits „Evil Like A Knife“, bei dem deren Mastermind Athenar als Gastsänger fungiert. Die Aufnahme des Konzerts ist roh und ungeschönt, das Publikum ist immer gut zu hören. Da kommt die Liveatmosphäre perfekt rüber. Wenn man die Augen schließt, wähnt man sich im Konzertsaal. Für Fans ist „Live Darkness“ unverzichtbar, für alle anderen ein super Einstieg in die NIGHT DEMON-Welt.
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Anspieltipps: „Evil Like A Knife“
Sammlungswürdig: Zweifellos
Year Of The Demon (Compilation, 2022)
Nachdem sich NIGHT DEMON in den ersten Jahren ihrer Geschichte kaum eine Pause gönnen, lassen sie es im Anschluss an „Live Darkness“ zumindest etwas ruhiger angehen. 2020 folgt deshalb kein vollwertiges Album. Stattdessen haut die Band eine Reihe von Vinyl-Singles auf den Markt, die alle in sekundenschnelle ausverkauft sind. Für alle Fans, die leer ausgegangen sind, erscheinen die Songs zwei Jahre später samt aller B-Seiten in gesammelter Form als „Year Of The Demon“. Von den neuen Eigenkompositionen stechen vor allem das schmissige „Vysteria“ und das Mental-Healt-Statement „Kill The Pain“ heraus. Die Coversongs sind derweil geschmackvoll ausgewählt. Insbesondere CIRITH UNGOLs „100 MPH“ mit deren Frontmann Tim Baker als Gastsänger haut in der NIGHT DEMON-Interpretation ordentlich rein. Fans, die die Vinyl-Singles verpasst haben, kommen um einen Kauf nicht herum. Und alle anderen, die sich auch nur ein wenig für traditionellen Metal interessieren, auch nicht.
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Anspieltipps: „Vysteria“, „Kill The Pain“
Sammlungswürdig: Sobald man alle anderen Platten hat, ja.
Outsider (2023)
Auf ihrem dritten Studioalbum zeigen sich NIGHT DEMON ambitionierter denn je. Nicht nur ist das Songwriting deutlich variabler als zuvor, auch lyrisch geht das Trio neue Wege. „Outsider“ stellt das erste Konzeptalbum der Band dar, auf dem alle Songs eine durchgehende Geschichte erzählen. Doch tappen NIGHT DEMON nicht in die typische Konzeptalbumfalle, in der die Musik sich den Texten unterordnen muss. Es gibt immer noch knackige Heavy-Metal-Kracher wie „Escape From Beyond“ oder „The Last Day“. Doch komplexe Stücke wie „A Wake“ oder „Beyond The Grave“ zeigen, wie sehr Leatherby und seine Mannschaft musikalisch gereift sind. Auf „Outsider“ verbindet die Combo ihr Gespür für griffige Melodien mit ungewohnt dynamischen Songs, die von lauten bis leisen Tönen eine große Bandbreite abdecken. Auch auf emotionaler Ebene. Somit ist „Outsider“ nicht nur eine ambitionierte, sondern allen voran eine in allen Belangen beeindruckende Heavy-Metal-Scheibe. Leatherby und Co. machen einfach keine Fehler.
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Anspieltipps: „Escape From Beyond“, „A Wake“
Sammlungswürdig: Ja, ja und nochmal ja!