Neville Marten
Legendäre Gitarristen - Faszinierende Instrumente
Special
„Dieser Idiot!“, schrieb mir heute eine Freundin über den gestrigen Abend, an dem sie mit einem hübschen jungen Mann zum Rendezvous verabredet war. „Wir haben ein Date, und der Typ sagt ab! Und mit welcher Begründung? Er müsse Gitarre aufnehmen! Ich glaube ich platze!“. Diese fünf kurzen Sätze fassen die grundlegende Moralproblematik eines jeden Musikers treffend zusammen: Wie soll sich ein Mann zwischen einer Frau und einer Gitarre entscheiden? Im Zweifelsfall wird immer die Gitarre den Vorzug bekommen. Denn, wie in vielen Songs besungen: Eine Gitarre belügt, betrügt und verlässt einen nicht.
Für alle, die das ernsthaft glauben, gibt es jetzt das gebundene Hochglanzpendant zu den St. Pauli-Nachrichten: „Guitar Heaven“, ein 224 Seiten starkes Buch mit Hang zum Bildband. Neville Marten, der nicht nur fast 20 Jahre lang für Gibson und Fender gearbeitet hat, sondern auch Herausgeber von „Guitar Techniques“ ist, holt hier alles aus seinem mentalen Hinterstübchen, was er über Gitarren weiß. Und das ist eine Menge.
Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt, bei einem Engländer in den besten Jahren verständlich, bei den Instrumenten der 50er-Jahre-Bluesmusiker und den großen Rockbands der 60er, 70er und teilweise 80er Jahre. Mittels dieses Buches kann der Gitarrenverrückte nicht nur sein Wissen über alle klassischen Modelle von Epiphone, Fender, Gibson, Ibanez, Jackson oder Yahama auffrischen und komplettieren. Marten stellt auch wunderschöne Seltenheiten vom Wert eines Einfamilienhauses vor, wie die Ampeg Dan Armstrong Plexiglas, die Brian May Red Special, Trussarts Steelcaster und Steeldeville oder Zemaitis Pearl/Metal Front. Auch halbakustische Gitarren (Rickenbacker oder Hofner) und einige interessante Exoten sind in den erlesenen Kreis einer Auswahl der schönsten Gitarren aufgenommen worden.
Statt schnöde Datenbanken anzulegen oder schlecht recherchierte Infos in die Welt zu entlassen, hat Marten „Guitar Heaven“ als gut lesbare und wunderbar anzuschauende Kombination aus sehr informativen Texten annehmbarer Länge und großformatigen (oft ganzseitigen) Fotos konzipiert. Seine Texte sind dabei geprägt von einer Leidenschaft, wie sie nur Gitarristen ihren Instrumenten entgegen bringen können, und dabei angenehm wenig schulmeisterlich. Zwar muss man ein solides Grundwissen über den Aufbau und die Komponenten einer Gitarre mitbringen, um in den vollen Lesegenuss zu kommen – dafür eignet sich das Buch dann allerdings auch als fundiertes und übersichtliches Nachschlagewerk.
Wer keine Vorbildung hat oder sie sich nicht aneignen will, kann immer noch darüber staunen, wie sehr manche Instrumente mit ihren Gitarristen-Herrchen verschmolzen sind. Oder ist John Lee Hooker ohne seine Epiphone Sheraton denkbar? Hendrix ohne seine umgebaute Fender Stratocaster? Slash ohne seine Gibson Les Paul Standard? Solcherlei Erkenntnisse und das Teilhaben an denkwürdigen Momenten der Rockgeschichte bietet „Guitar Heaven“, und das zudem in einem wunderbar gelungenen Druck in warmen, weichen Farben. Schick!
Das Buch ist im Heel-Verlag erschienen und kostet 29.90 Euro.
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