Mortemia
Listening Session zu "Misere Mortem"
Special
Es ist Winter, die Tage sind kurz und kalt, die Menschen verkriechen sich in ihren Wohnungen. Für Morten Veland die perfekte Jahreszeit zum Komponieren, die Zeit in der er am stärksten inspiriert ist. Kurz vor der Wintersonnenwende 2009 muss er jedoch seine Heimat verlassen, um uns im grauen München das erste Album seines neuen Projekts MORTEMIA vorzustellen. Neun Songs umfasst das „Misere Mortem“ getaufte Werk, das am 26. Februar 2010 über Napalm Records veröffentlicht wird.
Viele werden sich vermutlich die Frage stellen: warum ein neues Projekt? Und so richten auch wir diese Frage als erstes an Morten. „Ich hatte vor einigen Jahren beschlossen, SIRENIA in eine melodischere Richtung zu orientieren, bin aber nach wie vor sehr kreativ und habe viele Ideen, die nicht mehr ins SIRENIA-Konzept passen“. Diese Ideen, die eher seiner Musik von vor ca. zehn Jahren entsprechen, verwirklicht Morten nun mit MORTEMIA und hat „das Gefühl, mehr [s]einer musikalischen Ideen verwirklichen zu können“.
Die Inspiration für seine Musik zieht Morten zu großen Teilen aus dem skandinavischen Winter, einer Zeit, in der er besonders zum Komponieren inspiriert wird. „Ich schlafe lange, arbeite hauptsächlich Nachts und habe nur zwei bis drei Stunden Tageslicht. In der Winterzeit bin ich 20 mal kreativer als im Sommer, wenn mich die positive Energie der Wärme und Sonne ruhelos macht. Dann will ich raus und bin weniger inspiriert Musik zu schreiben“. Aber auch Erlebnisse in seinem eigenen Leben oder seinem Umfeld inspirieren Morten sowie Bücher, Filme und andere Songs, wobei Morten versucht, möglichst wenig Musik der gleichen Stilrichtung zu hören, um eine Beeinflussung zu vermeiden.
Auf mich hat „Misere Mortem“ beim ersten Hören wie der Soundtrack zu einem Schauermärchen im Stile von „Sleepy Hollow“ gewirkt. Ein durchgehendes Konzept scheint die Songs zu verbinden, lässt sie zunächst sehr ähnlich klingen. Es handelt sich jedoch um neun lyrisch individuelle Geschichten, die zwar auf dem gleichen Thema basieren, „den dunklen Aspekten des Lebens und der Menschheit“, ein Konzeptalbum bilden sie allerdings nicht.
Während Morten bei seinen bisherigen Projekten, viel mit Metaphern und Symbolen arbeitete, um die wahre Bedeutung der Texte zu verschleiern, sind die Texte auf „Misere Mortem“ direkter „bringen es auf den Punkt und verstecken sich nicht hinter Metaphern“. Es sind die persönlichsten, die Morten bisher geschrieben hat, was auch daran liegt, dass diese Texte für ihn – statt wie bei SIRENIA für eine Sängerin – geschrieben sind. Mehr möchte Morten über die Texte jedoch nicht verraten, da sie auf seinen eigenen Erfahrungen beruhen und er seinen Hörern die Möglichkeit für eigene Interpretationen lassen möchte, denn „ich wurde selbst schon enttäuscht wenn Lieblingskünstler die wahre Bedeutung von Songs in Interviews erzählt haben, da ich etwas tiefgründigeres erwartet hatte“.
Musikalisch spielen auch bei MORTEMIA Orchesterarrangements eine wesentliche Rolle, denn Morten „hatte schon immer eine Vorliebe für Musik, die Orchester mit Metal verbindet“ da sich mit dieser Kombination eine Dynamik erzeugen lässt, die anders nicht möglich ist. Mit Gitarren verbindet Morten „Kraft, Kälte und rohe Emotionen“, wohingegen er mit Orchesterarrangements Melancholie erzeugen und dramatische Stimmungen aufbauen will. Die so erzeugte Dynamik wird durch den beständigen Wechsel von seinem eigenen Gesang und den Chorpassagen verstärkt.
Der Chor ist im Übrigen das Einzige was Morten nicht in seinem eigenen Studio aufgenommen hat, für diese Aufnahmen ist er extra nach Frankreich gereist. Ansonsten spielte er alle Instrumente selbst in seinem Studio ein und auch die Programmierungen hat er selbst vorgenommen. Auf die Frage, ob es nicht positiv gewesen wäre mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten, antwortet Morten ganz klar, dass er keine anderen Einflüsse wollte. Es sind seine Ideen, die mit MORTEMIA umgesetzt werden sollen, er „möchte die klaren Strukturen, die Präzision und klar definierten Teile“ der Songs.
Genau dieser Aspekt ist es, der mir die neun Songs von „Misere Mortem“ beim einmaligen Hören so gleichförmig erscheinen lässt und es schwer macht, für jeden Song prägnante Elemente heraus zu greifen. Die Grundstruktur scheint immer die gleiche zu sein: von Morten gesungene Passagen, denen Choräle gegenübergestellt werden und die opulenten Orchesterarrangements umrahmen die Gitarrenriffs. Alles hat seinen klar definierten Platz und kommt in allen Songs vor. Einzig der letzte Song „The Candle At The Tunnel’s End“ weist einen auffälligen Unterschied auf, da Morten hier einen Stimmverzerrer für seinen eigenen Gesang einsetzt.
Bei aller Präzision in seiner eigenen Musik sei aber doch erwähnt, dass Morten auch freiere, spontanere Musik gerne hört und die Ideen zu seinen Kompositionen meist spontan entstehen, „in meinem Wohnzimmer habe ich immer eine Gitarre in Reichweite, jamme auch beim Fernsehen und wenn ich eine gute Idee bemerke, beginne ich bewusst an dieser im Studio zu arbeiten“.
Für die Zukunft strebt Morten momentan an, MORTEMIA und SIRENIA parallel laufen zu lassen und im Jahreswechsel – ein Jahr MORTEMIA, im nächsten SIRENIA – Alben zu veröffentlichen. Eine Tour ist für MORTEMIA noch nicht geplant, Morten möchte erst einmal abwarten wie „Misere Mortem“ von den Fans und der Presse aufgenommen wird und dann ggf. ein Live Line-Up zusammenstellen.