Michael Rensen
Zen, Drugs & Rock'n'Roll
Special
Sowas passiert, wenn Metal-Redakteure erwachsen werden. Michael Rensen, Mitarbeiter nicht nur beim Rock Hard, sondern zudem bei Guitar und amazon.de, lässt seit Neuestem den ernstzunehmenden Autor raushängen und veröffentlicht jetzt Krimis. Das klingt böser als es gemeint ist, denn „Zen, Drugs & Rock’n’Roll“ trägt zwar einen Titel zum Weglaufen, unter dem Buchdeckel schlummert allerdings eine solide Krimihandlung mit musikalischem Rahmen.
Wie schwer es ist, eine schlüssige und dabei nicht voraussehbare Story zu entwickeln, Charakteren ein Gesicht zu geben, Stimmungen und Spannungen zu erzeugen und aufrecht zu erhalten, anschaulich zu schreiben – das merkt man vermutlich erst, wenn man es selbst ausprobiert hat und daran gescheitert ist. Ich habe es nicht ausprobiert – also keine Angst, keine Alboin-Krimis am Horizont! -, trotzdem habe ich gehörigen Respekt vor Michael Rensens Leistung. Der Plot rund um die fiktive Rockband FLYING HORSES, deren Sänger auf einem Konzert nach der ersten Strophe tot zusammen bricht, strotzt zwar nicht gerade vor Überraschungen oder unerahnten schreiberischen Kniffen. Auch der leicht verschrobene, buddhistisch interessierte Kommissar Granpole Minster mit der Vorliebe für klassische Musik und schwarzen Tee ist kein Ausbund an Unvorhersehbarkeit oder Einzigartigkeit. Dafür ist die (offenbar gar nicht so) unüberbrückbare Differenz zwischen dem Ruhe liebenden Minster und der proletarischen und klischeebehafteten Rockband auf einer Europatournee mit einigem subtilen Humor herausgearbeitet. Schmunzeln macht sich besonders dann breit, wenn man sich (sei es auf der einen oder der anderen Seite – oder auf beiden…) selbst in einzelnen Gemütsschilderungen wiedererkennt.
Rensen beschreibt mit der trockenen, aber sorgfältigen Nüchternheit des Norddeutschen die Ermittlungsarbeiten in einem Fall, der ein wenig auf das Rockgenre hin konstruiert wirkt. Das ist mir allerdings lieber als beispielsweise die ewige Besserwisserei eines Frank Schätzing, auch wenn „Zen, Drugs & Rock’n’Roll“ im direkten Vergleich zur internationalen Krimielite verständlicherweise noch die Finesse und den Figuren das scharfe Profil oder die emotionale Tiefe fehlt. Die Geschichte ist allerdings durchaus auch so spannend, auch wenn sie zumindest mich nicht dazu verleitet hat, die Nacht durch zu lesen. Dazu fehlen die Höhepunkte, die einen hervorragenden von einem soliden Krimi unterscheiden.
Höchst angenehm hingegen ist, einmal wieder einen Krimi zu lesen, der NICHT in Skandinavien und stattdessen in Südengland spielt. Regionaltypisch sind Rensens Darsteller deshalb auch konservative Lords, rothaarige Landburschen, fettleibige Busfahrer und natürlich allglatte Manager, kiffende Roadies und eine Rockband, die außer Erfolg, Sex, Drogen und Bier nicht viele Interessen zu haben scheint. Englisch eben. Immerhin trägt niemand Fußballtrikots.
Man merkt, dass Rensen sich in seinem Metier auskennt, und das nicht nur an den dezent eingestreuten Parallelen zu den bekanntesten Fällen von Rockmusikertoden von Jim Morrison bis Kurt Cobain, sondern auch an der authentischen Schilderung der Geschehnisse rund um einen Rockgig oder der beinahe zärtlichen Beschreibung der Schönheiten einer Fender Stratocaster. Das ist, zusammen genommen, für einen Debütkrimi mehr als anständig.
Wer die Schnauze langsam voll hat von depressiven, Espresso trinkenden Kommissaren im Rollkragenpullover, sollte die 14,95 Euro für diesen soliden, nett unterhaltenden Krimi vielleicht investieren. Wer hingegen ganz großes sprachliches und konzeptionelles Kino in einem Krimi erwartet, wirft vorher lieber doch einen Blick in die Bestsellerlieste und entscheidet sich dann für Stieg Larsson. Oder er wartet, bis Michael Rensen sich endgültig warmgeschrieben hat. Der nächste Fall von Inspector Minster ist nämlich bereits für das Frühjahr 2009 angekündigt.
„Zen, Drugs & Rock’n’Roll“, ca. 250 Seiten, gebunden, ist im Heel Verlag erschienen.
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