Micha-el Goehre
Jungsmusik
Special
„Jungsmusik“ – hinter diesem Ausdruck (wenn auch nicht immer zutreffend) verbirgt sich natürlich unser aller Lieblingsmusik – Heavy Metal. „Jungsmusik“, weil deren Hörer meistens jung und Jungs sind, so die etwas bierselige Begründung von Ich-Erzähler Torben in Micha-el Goehres erstem Roman. Goehre, hauptberuflich Poetry-Slammer, Metal-DJ und Langhaarträger (und somit Kenner der Materie), entführt den Leser darin in die große, kleine Welt des Heavy Metals, in die Welt einer Schwermetallclique in einer mittelgroßen deutschen Stadt. Im Schnelldurchlauf sieht das wie folgt aus:
Torben, Mittzwanziger und aus anständigem Hause, kann sich schwach daran erinnern, dass er die Nacht mit einer Frau in einem EXCITER-Shirt verbracht hat… Den Namen des Mädels und was genau passiert ist, weiß er nicht mehr so recht, da er sich mal wieder komplett abgeschossen hat. Seine Freunde Sven, Lara, Lucy, Katharina und Matze können ihm da auch nur bedingt auf die Sprünge helfen, da keiner die EXCITER-Frau mit Namen kennt. Aber sowieso egal, da er eigentlich scharf auf seine langjährige Freundin Lucy ist. Nur möchte er noch den richtigen Moment abpassen, sich ihr zu offenbaren.
In der Zwischenzeit vereinbart er mit Pelle, für dessen Magazin Hammer’n Steel eine Kolumne zu schreiben. Deren Titel: „Jungsmusik“. Schreiben kann Torben, und neben Partymachen und Plattenauflegen als Metal-DJ im „Ruby“ hat er für solche Dinge ausreichend Zeit. Und dann wollen die sechs Freunde in ihrer Stammkneipe „Loch“ ein Metal-Konzert auf die Beine stellen – eine Bühne, sechs Bands, ordentlich Promotion. Ob das klappen wird, ist allerdings noch völlig offen. Irgendwie fühlt sich niemand so recht dafür zuständig, und Torben muss den Großteil der anfallenden Arbeiten selbst übernehmen. Und dann ist da noch die Sache mit Matze und Katharina: Die beiden vögeln miteinander, sind aber irgendwie nicht zusammen… bis Matze einmal und mit Konsequenzen scharf schießt…
Autor Micha-el Goehre gelingt es ziemlich elegant, die einzelnen Handlungsstränge miteinander zu verweben und die Spannung bis zum Grand Finale aufrechtzuerhalten, auch wenn nicht immer etwas passiert – merke: Torben und seine Freunde pflegen einen gesunden bis ungesunden Metal-Lebensstil, und da ist häufig einfach nur das Biertrinken und Partymachen an der Tagesordnung. Das große Plus in diesen Passagen ist sicherlich Goehres Sprachverliebtheit: Obwohl er einen gepflegten Umgangssprachenstil verwendet, vor allem in den Dialogen, hat er doch Spaß an flotten Formulierungen, ausgefeilten Sprachwendungen und ungewohnten Wörtern. Das hilft zudem darüber hinweg, dass die Figur des Ich-Erzählers nicht durchgehend cool oder sympathisch ist: Wie seine Freundin Lucy treffend feststellt, trinkt Torben zu viel und viel zu häufig bis zum Filmriss, und was er im Rausch anstellt, ist nicht immer charmant.
Wo Goehre aber Torbens Entwurf eines Metal-Lebensstils sehr detailliert und stimmig schildert, erfüllen die Nennungen, welche Platte wann und wo gerade läuft, eher einen Selbstzweck, als dass sie zur Verdichtung der Atmosphäre beitragen würden. Dies und das bisweilen etwas schludrige Lektorat sind aber die einzigen Einschränkungen beim Genuss von „Jungsmusik“. Nett sind zudem die eingeschobenen Kolumnen (von Goehre oder seinem Erzähler Torben, völlig egal, meistens trifft es eh zu) und die Erklärungen zu einzelnen Phänomenen rund um den Heavy Metal: Kutte, Circle Pit, Welt-Slayer-Tag… Keine Frage: Das Buch ist intelligent geschrieben, auch wenn es sich inhaltlich nicht immer um intelligente Angelegenheiten dreht, flott und unverkrampft. Treffer!
Micha-el Goehre: „Jungsmusik“. Roman. Satyr Verlag. Broschiert, ca. 320 Seiten, 14,90 €.
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