metal.de-Redaktion
Individual Thought Patterns - Runde 3

Special

 

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Colin Brinker

Sommerzeit ist Festivalzeit, was war dein schönstes Festivalerlebnis?

Es gibt viele coole Festivals. Das Rock Hard Festival beispielsweise ist jedes Jahr ein Familientreffen und macht daher besonders Spaß. Da ist es beinahe egal, wer in Gelsenkirchen gerade zum Tanz aufspielt. Das schönste Festivalerlebnis hatte ich aber definitiv 2003 in Balingen. Abgesehen davon, dass das Bang Your Head Festival das beste in ganz Deutschland ist (Location, Orga, Billing), war es 2003 die triumphale Rückkehr von TWISTED fuckin‘ SISTER auf deutschen Boden, der gerade diese Ausgabe des BYH zu etwas ganz besonderem machte. „We’re Not Gonna Take It“ hallte aus dem Publikum schon lange bevor die Band die Bühne enterte und als das Publikum die erste Strophe von „The Price“ lauter mitsang als die Band spielte, wurde der Song sogar kurzzeitig unterbrochen und man konnte eine ehrlich ergriffene Band sehen. Das war einer der ganz großen Momente, die man überhaupt bei einem Festival erleben kann. Unvergesslich, unfassbar, nicht wiederholbar. TWISTED SISTER spielten einen sagenhaften Gig, der nicht nur mir auf ewig im Gedächtnis bleiben wird. Danke dafür Dee & Band.

Welche Band ist deiner Meinung nach maximal überbewertet?

Einfache Antwort: METALLICA – waren trotz miserablem Drummer zur richtigen Zeit am richtigen Ort (zum Leidwesen von RAVEN). Sicher, „Kill ‚em All“ war bahnbrechend und „Ride The Lightning“, das nach wie vor beste Album der Band, schlug in der Szene ein wie eine Bombe. Im Prinzip war es das aber schon. Nicht, weil „Master Of Puppets“ oder „…And Justice For All“ totale Rohrkrepierer wären. Nein, dafür waren die Platten dann doch zu gut.
Es gab aus veröffentlichungstechnischer Sicht ab 1985 nur wesentlich bessere Bands, die den Erfolg von METALLICA mindestens genauso verdient hätten. EXODUS beispielsweise hatten diese packenden Schädelspalterriffs und die Wahnsinnsattitüde – dieses wilde Element, das James Hetfield und Co. schon auf „Master Of Puppets“ verloren ging. 1987 kamen dann mit „The Legacy“ (TESTAMENT) und „Breaking The Silence“ (HEATHEN) mindestens zwei Scheiben auf den Markt, die alles was die Musik von METALLICA ausmachte ebenfalls enthielten – nur eben wesentlich besser. METALLICA hingegen konnten nach dem schwarzen Album nie wieder an ihre frühere Leistung anknüpfen. Ein kluges Management und das Abernten der in den Achtzigern bestellten Felder reichen heute anscheinend aus, um Stadien zu füllen und mittelmäßige Platten herauszubringen. Schade für die anderen Bands, deren Scheiben auch heute immer noch spannend sind und sich nicht abnutzen.

James Hetfield, Lemmy, Ozzy … irgendwie kommen die Fronter auch in die Jahre und auch die dazugehörigen Bands scheinen unantastbar. Welcher aufstrebenden jungen Band würde du eine ähnliche Karriere voraussagen?

Ehrlich gesagt, keiner. Es wird immer wieder Strömungen geben, die die eine oder andere Band für sich nutzen kann. POWERWOLF haben sicherlich das Potential noch größer zu werden. Die Mischung aus Humor und ernsthafter Arbeit ist sicherlich nicht verkehrt. Auf der anderen Seite ist die Band – ähnlich wie SABATON – in ihrem Stil schon jetzt zu festgefahren. Prinzipiell hat sich die Szene mehr geöffnet, es gibt mehr Bands die ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Das zeigt schon alleine, wie viele Bands on the road sind. Wirklich Geld kann man nur auf der Straße bei Konzerten verdienen (es sei denn, man hat einen dieser großen Namen). Chartplatzierungen bedeuten heute einen Scheiß. Ebenso wie goldene Schallplatten. Es gibt viele sehr gute Bands in der Szene, eine Karriere wie IRON MAIDEN, METALLICA, OZZY oder MOTÖRHEAD wird sicherlich keine mehr hinlegen. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren und würde mich freuen, wenn eine Band es noch einmal wie IRON MAIDEN schaffen sollte, die Szene hinter sich zu einen. Glaube ich aber nicht.

BABYMETAL, deine Meinung zum ultragelekigen und anscheinenden mopsfidelen Trio aus Japan?

Wer mich kennt, wird erwarten, dass ich bei der Frage Gift und Galle spucke. Ich finde aber, man sollte BABYMETAL als das sehen, was es ist: eine kleine Fußnote im weiten Metaluniversum. Das passt hervorragend nach Wacken oder auf ein Schiff, wo das Partyvolk feiern will. Das ist völlig legitim. Mir persönlich hat das zu wenig Substanz, um über einen längeren Zeitraum zu funktionieren. Für den Moment sind BABYMETAL (im Gegensatz zu diesem anderen Scheiß mit dem bärtigen Kerl – der Name der ‚Band‘ ist mir zum Glück entfallen) sicher ein Phänomen. Ob uns das Trio in Zukunft erhalten bleibt – die Verkaufszahlen lassen dies vermuten – wird man sehen. Ich würde keine Träne vergießen, wenn nicht.

Dein Lieblingssongs von METALLICA?

„Creeping Death“. Knackig, hart, viel Power, eine geile Melodie im Refrain und schöne Twin-Leads. Definitiv die Sternstunde der Band, wie das ganze Album. Hier waren METALLICA noch roh, wenig geschliffen und vor allem nicht so angepasst wie heute. Mehr braucht man eigentlich nicht zu sagen. Ich liebe die Nummer, ich spiele sie gerne auf der Klampfe und ich freue mich immer, wenn eine Band den Song gut covert (was gar nicht so häufig vorkommt).

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25.07.2015

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