metal.de-Redaktion
Die 50 besten Alben des Jahres 2021
Special
Man, ist das Jahr in einem rasanten Tempo an uns vorbeigerast. Entgegen vieler Hoffnungen ist COVID nicht einfach verschwunden, sondern geblieben und zwang viele von uns, sich einer neuen Normalität zu stellen, zumindest (hoffentlich) vorübergehend, bis der ganze Mist vielleicht doch endlich mal ausgestanden ist. Aber eines hat sich dennoch nicht geändert, nämlich dass die metal.de-Redaktion ihr Album des Jahres küren wird. Zweifelsohne ein Jahr, das von vielen als ein ausgesprochen gutes Jahr für Musik, Metal im Speziellen, beschrieben wird, hat es selbstverständlich auch Ausschussware gegeben. Aber um die soll es nicht gehen: Wir möchten die Highlights des Jahres beleuchten hin zur Pole Position.
Zu diesem Zwecke haben wir diesmal kein Gimmick, keine Schnörkel, kein Einteilen nach Genres, sondern einfach nur eine Top 50 aufgestellt, die wir euch in den nächsten Tagen hin zu Heiligabend Stück für Stück enthüllen möchten. Die Platzierungen wurden anhand unseres klassischen Punktesystems ermittelt. Dann wurden die Stimmen der Redaktion zusammengeführt, der Durchschnitt ermittelt in einer Prozedur, die vergleichbar ist mit der unseres Soundchecks. Bei Gleichständen wurden Faktoren wie die Anzahl abgegebener Stimmen und die Note der hier veröffentlichten Rezension mit einberechnet, sodass wir es geschafft haben, Doppelungen praktisch komplett zu vermeiden.
Die Veröffentlichungsreihenfolge unserer Top 50 ist wie folgt geplant:
17. Dezember: Plätze 50 – 41
18. Dezember: Plätze 40 – 31
19. Dezember: Plätze 30 – 21
20. Dezember: Plätze 20 – 11
21. Dezember: Plätze 10 – 4
22. Dezember: Platz 3
23. Dezember: Platz 2
24. Dezember: Platz 1
Also folgt uns einfach mal durch das musikalische Jahr 2021, während wir noch einmal die Highlights Revue passieren lassen und schließlich unser Album des Jahres küren werden. Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal bei allen bedanken, dass ihr mit uns auch durch dieses Jahr gekommen seid, und wünschen nun viel Spaß beim Schmökern.
50. BLOOD RED THRONE – Imperial Congregation
Nachdem BLOOD RED THRONE mit ihrem letzten Studioalbum “Fit To Kill” nicht so ganz killen konnten, machen sich die norwegischen Death Metaller mit dem aktuellen “Imperial Congregation” daran, den blutroten Thron zu erobern. Und das mit zupackender Vehemenz! Unwiderstehliche Grooves mit eingestreuten Tempoverschäfrungen, deftige Growls, düstere Harmonien und packende Riffs sorgen für Freude beim geneigten Death-Metal-Anhänger und dem Wunsch, mal wieder ordentlich die Nackenmuskulatur zu strapazieren. BLOOD RED THRONE überzeugen mit dem aktuellen Werk durch und durch. “Imperial Congregation” ist eines der Highlights des Todesbleis 2021. Willkommen zurück auf eurem eigenen Thron!
(Markus Endres)
49. SMITH/KOTZEN – Smith/Kotzen
Gitarrist Adrian Smith zählt seit jeher zu den IRON MAIDEN-Musikern, die sich am häufigsten in Nebenprojekten austoben. Für SMITH/KOTZEN tut er sich mit Ausnahmegitarrist und -sänger Richie Kotzen zusammen, der in Metal-Kreisen primär für seine Arbeit mit THE WINERY DOGS bekannt ist. Gemeinsam erschaffen die beiden ein zeitloses Album irgendwo zwischen Hard Rock und Blues. Gesangs-, Gitarren- und Bassarbeit teilen sie sich brüderlich auf. Songs wie “Running”, “Glory Road” oder die erste Single “Taking My Chances” bestechen durch eingängige Melodien ebenso wie durch die musikalische klasse der Protagonisten. Die verlieren sich nie in Masturbationsgehabe, sondern spielen stets songdienlich. Für Fans der beiden führt an dem Album kein Weg vorbei.
(Dominik Rothe)
48. FLUISTERAARS – Gepregen Door De Geest Der Zielsontluiking
FLUISTERAARS haben noch nie den leichten Weg gewählt. Mit „Gegrepen door de Geest der Zielsontluiking“ beschreiten die Niederländer aber einen besonders steinigen und verworrenen Pfad. War der Vorgänger noch eine unkomplizierte Freude, ist das aktuelle Album der Black-Metal-Band ein komplexes Epos voller Details, das sich nicht sofort erschließt, doch mit jedem Durchgang wertvoller erscheint.
(Marc Thorbrügge)
47. EINHERJER – North Star
„Die sind ja auch noch da“, ist eine Reaktion, die EINHERJER seit einigen Jahren hervorrufen, meist gefolgt von: „Und eigentlich auch noch ganz gut!“. Für die ganz große Bühne hat es bei den Viking-Metal-Veteranen nie gereicht, aber „North Star“ zeigt einmal mehr, dass die Norweger immer noch Bock haben und ihr Handwerk verstehen. Irgendwo zwischen Heldenepos und Kneipenrocker dürfte sich schließlich jeder Wikinger wohlfühlen.
(Marc Thorbrügge)
46. NINKHARSAG – The Dread March Of Solemn Gods
Die Engländer haben mit “The Dread March Of Solemn Gods” nicht einfach nur den perfekten Begleiter für lange, kalte Wintertage vorgelegt. Sie haben darüber hinaus auch den Geist der alten DISSECTION heraufbeschworen. NINKHARSAG überzeugen dabei auch noch auf einem technisch so hohen Niveau, dass man es fast schon gar nicht mehr als Black Metal bezeichnen möchte. Ein Must-have für alle Liebhaber des klassischen 90er-Jahre-Black-Metals.
(Tim Otterbeck)
45. BLOODRED HOURGLASS – Your Highness
Die Geschichte von BLOODRED HOURGLASS ist mit CHILDREN OF BODOM verbunden – sie waren der Opener des vorletzten Konzerts der Finnen mit Aleksi Laiho und begleiteten diese ebenfalls auf ihrer 2019er Tour durch Finnland. Damit nicht genug, ähnelt doch der Gesang von Jarkko Koukonen tatsächlich auch noch dem von Laiho. Das war es dann aber auch, denn musikalisch ist das aktuelle Album “Your Highness” doch anders geartet. BLOODRED HOURGLASS kombinieren Melodic Death Metal mit Modern Metal und das auch ziemlich abwechslungsreich.
Das thrashige “Drag Me The Rain” verfügt über einige Core-Elemente, “Nightmares Are Dreams Too” klingt nach neueren IN FLAMES, die recht viel Einfluss auf BLOODRED HOURGLASS haben. Überhaupt klingen die Finnen oftmals eher nach Göteborg. Dann noch die sich immer mehr steigernde Ballade “Tell Me About Yesterday Tomorrow” oder “Gone For Now”, das Synthesizer-Klänge mit Melodic Death als auch Modern Metal mischt. Traditionalisten werden mit BLOODRED HOURGLASS sicherlich ihre Probleme haben, wer allerdings der modernen Ausrichtung des Melodic Death Metals und Modern Metals folgt, kommt an den Finnen 2021 nicht vorbei.
(Markus Endres)
44. BAEST – Necro Sapiens
Natürlich bedienen sich BAEST noch bei ihren offensichtlichen Vorbildern – so weit fällt der dänische Death-Metal-Apfel dann doch nicht vom Stamm. Aber die Routine, mit der die Herren ihr Programm hier durchziehen, lässt den Death Metal des Fünfers doch gleich viel erwachsener selbstbewusster wirken. Dazu kommt natürlich, dass BAEST ihr Handwerk einfach verstehen, eine Grundvoraussetzung, um den Sound in praktisch allen exerzierten Tempi und Intensitäten funktionieren zu lassen. Melodien, Grooves und herrliches Riffing, ein durchdachtes, gerne mal mit einer Nase für einen cleveren, atmosphärischen Spannungsaufbau versehenes Songwriting, dazu eine viszerale Grunz-Darbietung von Simon Olsen – fertig ist ein Death-Metal-Highlight, dessen Reife definitiv gefühlt werden möchte.
(Michael Klaas)
43. AMENRA – De Doorn
AMENRA sind mit „De Doorn“ so intim und roh wie nie zuvor. Zwar könnte das Songwriting interessanter sein, aber das machen die Belgier mit jeder Menge Atmosphäre wieder gut. Sludge, der so aufwühlend ist, dass man das Gefühl hat, hautnah der wachsenden Verzweiflung beizuwohnen. Ein Album, das mitreißt, wenn man sich auf den langen Trip einlassen kann.
(Marc Thorbrügge)
42. CRADLE OF FILTH – Existence Is Futile
Auf „Existence Is Futile“ setzten CRADLE OF FILTH ihren starken Lauf fort, den sie 2015 mit „Hammer Of The Witches begonnen haben. Passend zum aktuellen Weltgeschehen setzt sich das dreizehnte (wie passend) Studioalbum der englischen Vampire vorrangig mit dem Thema Vergänglichkeit auseinander. Der apokalyptische Grundton zieht sich durch das komplette Werk und wird in Titel wie dem krachenden Opener „Existential Terror“, der ersten Singleauskopplung „Crawling King Chaos“ und dem unheilvollen „Suffer Our Dominion“ besonders deutlich. Bei letzterem feiert auch Doug „Pinhead“ Bradley sein Comeback.
Der Kult-Darsteller ist seit seinen Sprechrollen in Klassikern wie „Her Ghost In The Fog“ ebenso untrennbar mit CRADLE OF FLTH verbunden wie mit der „Hellraiser“-Filmreihe. Im Bonus Track „Sisters Of The Mist“ ist Bradley ebenfalls zu hören und passenderweise ist der Song auch der dritte Teil der „Her Ghost In The Fog“-Storyline (der zweite Teil ist „Swansong For A Raven“ auf „Nymphetamine“). Neben den apokalyptischen Themen gibt es natürlich auch wieder Düster-Romantisches wie „Necromantic Fantasies“ und „How Many Tears To Nurture A Rose“. Nach 30 Jahren sind CRADLE OF FILTH immer noch stark und haben in den letzten paar Jahren wieder frisches Blut geleckt.
(Steffen Gruß)
41. FLAME, DEAR FLAME – Aegis
Epic Doom? Ja. Aber trotzdem haben FLAME, DEAR FLAME kaum etwas gemeinsam mit Bands wie SORCERER oder SOLSTICE. Vielmehr mischen die Braunschweiger klassischen Doom mit Hard Rock, fügen eine Prise ATLANTEAN KODEX dazu und haben mit der glasklaren Stimme von Maren Lemke ein unschlagbares Ass in puncto Eigenständigkeit im Ärmel. Auf Ihrem Debüt-Album „Aegis“ erzählen FLAME, DEAR FLAME zwei zusammenhängende Geschichten in drei bzw. vier Akten und schaffen es dabei nicht nur mit intelligenten Melodieführungen schnell in ihren Bann zu ziehen, sondern haben auch alles bis ins kleinste Detail durchdacht, so dass „Aegis“ immer wieder neue, kleine Nuancen offenbart und seit dem Release im Sommer kein Stück langweiliger geworden ist. Respekt!
(Mirko Pidde)
40. FLOTSAM AND JETSAM – Blood In The Water
Desert-Rock der etwas anderen Art. Experimente und Ego-Gewichse sparen sich die Thrasher aus Arizona, immerhin ist die Band seit vier Dekaden aktiv und der Staub der Anfangstage längst abgeklopft. An den großen Geschwistern wie EXODUS, TESTAMENT und DEATH ANGEL vorbeizukommen hat ohnehin nie geklappt, warum also jetzt mit allzu aufdringlichem Mucker-Gehabe anfangen? “Blood In The Water” hat es im Juni noch auf Platz 2 unseres Soundchecks geschafft und wenn man all die Wucht, das tighte Zusammenspiel und natürlich Eric A.K.s überragende Stimme in Eintracht mit den allesamt smarten Songs hört, wünscht man FLOTSAM AND JETSAM ein wenig mehr Fame. Vielleicht reicht die Musik allein nicht immer aus, vielleicht braucht es ein paar Geschichten von Alkoholismus und bandinternen Streitereien. Aber vielleicht würden ein, zwei eingängige Songs schon genügen um das Tarngewand des Geheimtipps endlich abstreifen zu können.
(Oliver DI Iorio)
39. SILVER TALON – Decadence And Decay
Der Vergleich zu UNTO OTHERS liegt nahe, sind SILVER TALON doch auch aus Portland, Oregon und bestehen aus Mitgliedern der Bands SPELLCASTER und SANCTIFYRE. Mit Sebastian Silva haben sie sogar denselben Gitarristen. Doch das Sextett nimmt sich auf ihrem Debüt „Decadence And Decay“ lieber der US-amerikanischen Ausprägung des Power Metals an. Obwohl das für die meisten Bandmitglieder neues Terrain ist, machen sie ihren Job ziemlich ordentlich: Sie halten beim Songwriting eine gute Balance zwischen Eingängigkeit und Komplexität, der mit dem fantastischen Gesang von Wyatt Howell und einer druckvollen Produktion verziert wird. Ein Einstand, der aufhorchen lässt.
(Philipp Gravenhorst)
38. ENDSEEKER – Mount Carcass
Wenn Hamburg auf Stockholm trifft und sich der aufsteigende Death Metal-Stern ENDSEEKER Platz 22 der Albumcharts krallt, kann man nur andächtig den Hut ziehen. So passiert mit dem neuen Release der Hamburger „Mount Carcass“. Inspiriert von Bands wie ENTOMBED oder BLOODBATH machen ENDSEEKER ihr eigenes Ding und treffen dabei mit jedem einzelnen Song der Scheibe ins Schwarze. Das überzeugt und katapultiert ENDSEEKER immer weiter nach oben im Death-Metal-Olymp. Oldschool trifft auf Moderne und macht mit seinen messerscharfen Riffs und ordentlichem Groove einfach nur Spaß.
(Jeanette Grönecke-Preuß)
37. CODE – Flyblown Prince
Wer hätte gedacht, dass CODE sich von ihrem experimentellen “Mut” so sehr zurück entwickeln, dass sie eines der faszinierendsten Black-Metal-Alben des Jahres veröffentlichen würden, weil es auf der einen Seite so typisch nach Black Metal klingt, auf der anderen Seite aber auch keine traditionelle Schwärze zelebriert? Es ist natürlich nicht gesagt, dass sie mit ihrer in sich gekehrten Seite abgeschlossen haben, aber mit diesem neuen Album hat die in Großbritannien beheimatete Band ihre sonst so schwer zu definierenden Genregrenzen klar erkennbar und – wichtiger – gewinnbringend abgesteckt. Gar nicht mal so sehr mit Raserei beschäftigt fesselt “Flyblown Prince” vor allem durch das komplexe, wahnsinnig dichte Riffgeflecht, das durch die Saitenfraktion Aort/Andras gesponnen und mit einer gewissen, melodischen Ambiguität versehen wird.
Zwischen prominent vorherrschendem Midtempo und hier und da eingestreuten Uptempo-Passagen entsteht vor allem durch diese vielseitige Gitarrenarbeit enorm viel Dynamik und Dramatik, während Wacians Gesang wieder auf deutlich aggressiverem Boden unterwegs ist. Ein paar klar gesungene Passagen finden ihren Weg aber auch hinein, wiederum ein Punkt in Richtung Abwechslung und Dynamik. Und obwohl das alles auf dem Papier nach technischem Gefrickel bis zum Umfallen klingt, verpacken CODE das derart subtil, dass einem die Komplexität der Riffs teilweise erst auf dem zweiten oder dritten Hör auffällt. Wahrhaftig große Kunst hier.
(Michael Klaas)
36. SPACE CHASER – Give Us Life
Seit genau zehn Jahren machen SPACE CHASER aus Berlin den Thrash-Underground inzwischen unsicher. In dieser Zeit haben sie sich eine treue, stetig wachsende Fangemeinde aufgebaut. Für „Give Us Life“ steht ihnen mit Metal Blade ein starker Partner zur Seite, um endlich in die nächste Liga aufzusteigen. Dank knackiger Hits wie „Burn Them All“ oder dem eröffnenden „Remnants Of Technology“ dürfte der Truppe das problemlos gelingen. Thrash Metal klingt 2021 selten so frisch und unverbraucht wie hier. Das liegt nicht zuletzt an den dezenten Death-Metal-Einflüssen, die die Band gekonnt mit ihrem melodischen Thrash verbindet.
(Dominik Rothe)
35. MOONSPELL – Hermitage
MOONSPELL geben sich auf „Hermitage“ nachdenklich und zurückgezogen. War der Vorgänger „1755“ passend zur Thematik (das katastrophale Erdbeben, das im selben Jahr Lissabon heimsuchte und etliche Verluste forderte) monumental und wie ein vertonter Katastrophenfilm, werden auf dem aktuellen Werk vermehrt ruhige Töne angeschlagen. Der rote Faden des Albums ist das Streben nach Freiheit und Individualität in einer Zeit sozialer Distanz, vorschnellen Urteilen und Beschimpfungen in den sozialen Medien, politischen Schlammschlachten sowie wilden Verschwörungstheorien. Dementsprechend ruhig und melancholisch beginnt das Album mit „The Greater Good“, welches sich anschließend immer weiter steigert und vom MOONSPELL-typischen Dark-Rock-Kracher „Common Prayers“ abgelöst wird.
Das folgende „All Or Nothing“ ist wieder ruhiger gehalten und erinnert mit seinen starken PINK FLOYD-Einflüssen an die gleichgesinnten Kollegen von TIAMAT. Songs wie der Titeltrack und „The Hermit Saint“ erinnern mit ihren kraftvollen Shouts und düsterer Epik hingegen überraschend an die Frühphase der Band. Allgemein handelt es sich bei „Hermitage“ um eines der abwechslungsreichsten Werke der portugiesischen Wölfe. Hier gehen ruhige Momente voller Nachdenklichkeit und dem bereits erwähnten PINK FLOYD-Touch fließend in erhabene Düsternis über. Diese Mischung lässt das Album wie einen stetigen Wechsel aus Melancholie und einem verzweifelten Ruf nach Freiheit wirken. Ein passendes Werk für diese unberechenbare Zeit.
(Steffen Gruß)
34. BONDED – Into Blackness
Kurz nach der Veröffentlichung des BONDED-Debüts unterbindet die Corona-Pandemie jegliche Liveaktivitäten. Anstatt Trübsal zu blasen, nutzen Gitarrist Bernemann Kost und seine Mitstreiter die Zeit, um den Nachfolger „Into Blackness“ in Rekordzeit fertigzustellen. Der übertrifft den Erstling in Sachen Härte wie Geschwindigkeit. Auch die Arrangements sind ein ganzes Stück ausgefeilter als auf „Rest In Violence“. Dazu kommt eine bedeutend düsterere Atmosphäre, die sich im passenden Artwork widerspiegelt. Mit diesen kleinen Kurskorrekturen befreit sich die Band von den ewigen SODOM-Vergleichen, die sie aufgrund der Personalie seit dem ersten Tag verfolgen.
(Dominik Rothe)
33. WHEEL (FI) – Resident Human
Einst eine Band, die sich zu ihrer TOOL-Schlagseite offen bekannt hat, sind WHEEL aus Finnland mit “Resident Human” nun ein ganzes Stück weiter als noch auf dem Vorgänger “Moving Backwards”. Thematisch basierend auf den Hyperion-Gesängen von Dan Simmons gehen WHEEL bedeutend eigenständiger und heavier vor, lassen hier und da mal den Clicktrack links liegen und kreieren so ein erfrischend direktes, modernes Prog-Metal-Album, das seine Verwandtschaft zu TOOL weißgott nicht verleugnen kann, diese aber schon in eine eigene Richtung weiterentwickelt.
Mit “Resident Human” sieht man sich mit einigen monumentalen Tracks wie “Dissipating” oder “Hyperion” konfrontiert, die natürlich erst einmal verdaut werden möchten. Auf der anderen Seite spielen kürzere Cuts, ganz besonders das wüste “Movement”, ziemlich frech und überraschend forsch auf. Diese Rotzigkeit haben sich die Finnen ja schon auf ihrem Full-Length-Debüt zu Nutze gemacht, aber hier auf “Resident Human” wirkt alles noch einmal eine Nummer ausgefeilter, aber auch herausfordernder. Genau so soll es sein, genau so soll moderner, progressiver Metal klingen. Jetzt müssen sie nur noch die Percussion vom Vorgänger irgendwie wieder zurückholen …
(Michael Klaas)
32. SOEN – Imperial
Prog Metal aus Schweden ist heutzutage eigentlich nichts Besonderes mehr. MESHUGGAH haben das auf ihre unverwechselbare Art und Weise schon immer gemacht, Acts wie OLA ENGLUND und nicht zuletzt OPETH haben eine Verwandlung von todes- bis schwarzmetallischer Musik durchgemacht und liefern Alben im hochprozentigen Musik-Für-Musiker-Bereich ab. Aus letztgenannter Gruppe gingen einst SOEN hervor, zumindest Drummer Martin Lopez sitzt mit Sänger Joel Ekelöf in der Führungsetage der Band. Auf “Imperial” finden sich acht feinsinnige und doch immer wieder harte Stücke, die folgerichtig durch Rhythmik und Harmonien hervorstechen. Insgesamt schadet das Album keinem Plattenregal im Ansehen. Viel mehr gehört es für Prog-, Djent- und Heavy-Metal-Freaks zur Pflichtaufgabe.
(Oliver Di Iorio)
31. LEPROUS – Aphelion
LEPROUS haben sich weiterentwickelt, das sollte spätestens seit “Pitfalls” auch dem letzten klar sein. Und genau so klar ist inzwischen, dass die Norweger noch lange nicht alles gesagt haben. Die Zeit der frickeligen Großtaten mag vorerst vorbei sein. Aber wenn man hört, wie klug LEPROUS auf “Aphelion” warm pulsierende Beats, Klavierklänge, opernhaften Gesang und große Melodiebögen mit wohldosierten härteren Gitarrenmomenten verschmelzen, ist das absolut in Ordnung so. Schließlich steckt der Fortschritt ja irgendwie auch schon namentlich im Prog-Genre mit drin. Und auf diesem Feld kommt man an LEPROUS dieser Tage einfach nicht vorbei. Das hat übrigens auch die in Sachen metallische Vorlieben breit gefächerte metal.de-Redaktion erkannt und “Aphelion” im August mit einem ersten Platz im Soundcheck geadelt.
(Tobias Kreutzer)
30. DER WEG EINER FREIHEIT – Noktvrn
Für ihr fünftes Studioalbum „Noktvrn“ sind DER WEG EINER FREIHEIT in mehrerlei Hinsicht neue Wege gegangen. Neben zum Teil englischsprachigen Texten und dem musikalisch ungewohnten „Immortal“ ist es vor allem die Tatsache, dass das Album live eingespielt wurde, die es zu etwas für die Band Besonderem macht. „Noktvrn“ klingt jedoch trotzdem wie ein typisches Album von DER WEG EINER FREIHEIT, was Fans vor allem aufgrund der ausdrucksstarken Melodik, der hohen Varianz von Härte und Tempo sowie der punktgenauen technischen Umsetzung freuen dürfte. Speziell „Gegen das Licht“ ist hier ganz großes Kino.
(Angela)
29. HELLOWEEN – Helloween
Auf der drei Jahre andauernden “Pumpkins United”-Tour bewiesen HELLOWEEN, dass die neue, alte Konstellation mit drei Sängern und drei Gitarristen auf der Bühne perfekt harmoniert. Das nach der Band benannte 16. Studioalbum steht der Qualität der Konzerte in Nichts nach. Dem Titel entsprechend präsentieren HELLOWEEN auf der Platte die Quintessenz ihrer Identität. Beim Songwriting finden sich Rückbezüge auf alle Schaffensphasen der Power-Metal-Urgesteine, die zu einem schlüssigen Ganzen zusammenfinden und nie aufgesetzt wirken. Das Septett reiht Hit an Hit an Hit. “Helloween” ist das vielleicht beste Album der Band seit den seligen “Keeper”-Tagen.
(Dominik Rothe)
28. THE LURKING FEAR – Death, Madness, Horror, Decay
Sänger Tompa Lindberg Redant charakterisiert das neue THE LURKING FEAR-Album „Death, Madness, Horror, Decay“ schon völlig korrekt, wenn er sagt: “Ich schätze, dies ist das hässliche Stiefkind des neuen AT THE GATES-Albums!“ Das kann man so stehen lassen. Das Album kommt mit einfachen Riffs und Drive sofort zur Sache und macht nichts komplizierter, als es sein muss. Da reichen schon mal drei knackige Riffs für ein Halleluja, und trotzdem ist alles gesagt, und nichts wird vermisst: Weder Drive noch Speed, krachende Gitarren mit jeder Menge Finesse oder tollwütiger Gesang, dem im Mix durch einen Halleffekt eine Extraportion Hysterie verpasst wurde. Sogar ein Saxofon findet Platz auf dem Album. Für reichlich Abwechslung ist gesorgt, und das, ohne den linken Pfad der Death-Metal-Tugenden zu verlassen. THE LURKING FEAR haben einige richtig schmissige Songs in den Ring geworfen, die das „hässliche Stiefkind“ äußerst attraktiv machen, nur eben nicht wohlerzogen.
(Eckart Maronde)
27. IMPURE WILHELMINA – Antidote
Selten ist die pure, unverdünnte Trauer so schön in Szene gesetzt worden wie hier auf “Antidote”, dem Album, das die schwierige Aufgabe hat, das ohnehin schon großartige “Radiation” zu beerben. Dessen stilistische Ausläufer werden mit diesem neuen Album natürlich aufgegriffen und weiterentwickelt, aber nicht nur das. Die Schweizer IMPURE WILHELMINA haben es geschafft, die Qualität nicht einfach nur zu halten, sondern sogar noch weiter zu steigern. Das Ergebnis: Eine eindringliche, hochemotionale und bisweilen auch explosive Hymne auf die Melancholie, die thematisch teilweise über romantisierte Todessehnsucht hinausgeht und an Resignation grenzt.
Dazu tragen nicht nur einschlägig in Hoffnungslosigkeit getränkte Texte bei, sondern auch die Art und Weise, wie sie präsentiert werden. Sie werden teilweise parallel aufgezogen und lassen so noch einmal jenseits des wörtlichen Sinns jede Menge Interpretationsspielraum. Glücklicherweise wurde das in einem erdigen Sound verpackt, der noch ein bisschen die Hardcore-Wurzeln der Band durchscheinen lässt, größtenteils aber auf Doom-/Post-Metal Pfaden unterwegs ist. Wenn dann noch Michael Schindl seine klagende, irgendwie fast Post-punkige Stimme dazu erhebt und sich teilweise wie aus der Teergrube zu erheben scheint, dann fragt man sich, warum die Schweizer nicht schon längst auf Augenhöhe mit der Konkurrenz angesehen werden. Gefühlt stehen sie dort jedenfalls mindestens.
(Michael Klaas)
26. ANNEKE VAN GIERSBERGEN – The Darkest Skies Are The Brightest
ANNEKE VAN GIERSBERGEN hat eine Krise in ihrem Leben durchlaufen und quasi als Therapie das Album “The Darkest Skies Are The Brightest” komponiert. Win-Win-Situation, denn das hat nicht nur ihre Ehe gekittet, sondern auch ein wunderbares Album hervorgebracht. “The Darkest Skies Are The Brightest“ ist hauptsächlich getragen von Akustikgitarren und ANNEKEs Stimme, aber auch von stampfenden Rhythmen. Ein paar Streicher und Chöre dürfen nicht fehlen, rockig wird es aber auch. Die Grundstimmung ist übrigens nicht so düster, wie der Titel suggeriert, denn das Album handelt nicht nur von der Krise, sondern auch von der Zeit danach, wenn der Himmel wieder aufklärt. Und so finden sich nicht nur wehmütige (und absolut schöne) Lieder, sondern auch hoffnungsvolle Stücke. Und der reduzierte instrumentale Ansatz sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele der Stücke einfach mitreißend sind und auch live rocken werden.
(Eckart Maronde)
25. VULTURE – Dealin’ Death
VULTURE bestechen auf “Dealin’ Death” durch ihre Kontinuität. Zwar garniert die Band ihre Alben jüngeren Datums mit etwas mehr Melodie als noch in ihren Anfangstagen. Doch davon abgesehen bleibt ihr roher Speed Metal eben roher Speed Metal. Die Produktion klingt so nach 80er, dass selbst manche Platte aus besagtem Jahrzehnt weniger authentisch wirkt. VULTURE erwecken den Sound ihrer musikalischen Helden mit viel Liebe wieder zum Leben. Nach einem bloßen Abklatsch klingen sie trotzdem nie. Dafür ist ihr Songmaterial schlichtweg viel zu stark, ihre spürbare Spielfreude viel zu groß.
(Dominik Rothe)
24. DIABLO SWING ORCHESTRA – Swagger & Stroll Down The Rabbit Hole
Auf den ersten Hör – Enttäuschung! Was für ein komischer Mix. Warum hat die schwedische Metal-Wundertüte DIABLO SWING ORCHESTRA es für nötig gehalten, mit ihrem seit “Pandora’s Piñata” so breit gefächerten, glamourösen Sound in die rauere Produktion ihrer ersten Alben “The Butcher’s Ballroom” und “Sing-Along Songs For The Damned And Delirious” hinein zu zwängen? Innerhalb der Fangemeinde wurden schon gefühlte Folianten betreffs dieses Themas voll diskutiert. Aber allmählich wärmt man zu “Swagger & Stroll Down The Rabbit Hole” auf. Und auch wenn der Gitarrensound im Speziellen das schwächste Glied innerhalb diese Platte bleibt, so erobert dieses neue Album die Herzen wenn auch mit Verzögerung erneut mit seinem einzigartigen Charme.
Wieder einmal unverschämt eingängig, unverschämt abwechslungsreich und unverschämt tanzbar liefert Kristin Evegård auf ihrem zweiten Einsatz unter dem DIABLO SWING ORCHESTRA-Banner eine echte Glanzleistung ab, ebenso wie ihr männliches Gegenstück Daniel Håkansson. Zwischen aufgeweckten Flummi-Krachern wie “Speed-Dating An Arsonist”, DSO-typischen Latin-Huldingungen der Marke “Celebremos Lo Inevitable”, dem buchstäblichen “Jig Of The Century” und geradezu James Bond-würdiger Dramatik á la “Les Vulnérables” birst “Swagger & Stroll Down The Rabbit Hole” nur so vor Kreativität. Das DIABLO SWING ORCHESTRA bewahrt sich dabei jederzeit die abgebrühte Professionalität und trockene Souveränität einer Band, die regelmäßig in zwielichtigen wie glamourösen Cabaret-Clubs spielt, und lässt die Puppen im ganz großen Stil tanzen.
(Michael Klaas)
23. WRAITH – Undo The Chains
Stellt euch vor Lemmy Kilmister würde als fünfter Reiter der Apokalypse auf dem BEHEMOTH-Motorrad die Apokalypse einläuten. Wraith liefern den perfekten kettenölverschmierten, dreckig-rotzigen Soundtrack dazu. Und laden damit zum fröhlichen Moshen um den Vulkan ein. Ein Album, dass nicht mal HELLRIPPER besser gestalten könnten.
(Tim Otterbeck)
22. MORK – Katedralen
Thomas Eriksen hat erneut in die verstaubte Kiste auf dem Dachboden gegriffen und die besten Zutaten für Second-Wave-Black-Metal herausgezogen. Obendrein hat er sich während der Pre-Production zu “Katedralen”, dem neuesten Streich aus dem Hause MORK, offensichtlich durch so manche Diskografie verschiedenster Rock-, Heavy-Metal- und Punk-Größen gehört. Immerhin erstrahlen die acht vorgetragenen Stücke auf “Katedralen” im Glanz schwarzen Leders und nietenbesetzter Battle-Vests. Weil es in dem bisweilen wilden Stilmix aus Mitsing-Hymnen, Klargesang und Straßen-Attitude derart viel zu entdecken gibt, handelt es sich bei “Katedralen” vielleicht um die bisher stärkste Veröffentlichung der Norwegischen Ein-Mann-Kapelle.
(Oliver Di Iorio)
21. HUMANITY’S LAST BREATH – Välde
“Stumpf sind andere. HUMANITY’S LAST BREATH sind einfach nur asozial” – schrieb der geschätzte Kollege Klug damals im Auftrag eines anderen musikjournalistischen Mediums über “Abyssal”. Nun, im Kern lässt sich diese Diagnose auch auf “Välde” anwenden. Allerdings differenzieren die Schweden die Extreme zwischen Death Metal, Deathcore und atmosphärischem Black Metal diesmal gekonnt weiter aus. Das Ergebnis ist immer noch verdammt brutal, die Bässe wummern immer noch verdammt tief und Easy Listening ist nach wie vor anders. Doch wer genau hinschaut, vermag feine Melodien und atmosphärische Momente in den kalt ballernden Abgründen zu erkennen. Nachdem sie das Deathcore-Spiel der maximalen Brutalität auf dem Vorgänger durchgespielt haben, drehen HUMANITY’S LAST BREATH auf “Välde” mit Erfolg an den Stellschrauben ihrer tiefschwarzen Bolzfabrik.
(Tobias Kreutzer)
20. THE VINTAGE CARAVAN – Monuments
Wenn es um Retro-Rock geht, kommt man seit nunmehr zehn Jahren nicht an THE VINTAGE CARAVAN vorbei. Die Isländer liefern konstant Platten ab, die durchweg Begeisterung in der Fangemeinde hervorrufen. Auf “Monuments” setzt die Band ihren Siegeszug nahtlos fort. Zwischen psychedelischen Ausflügen wie “Crystallized”, wilden Rockern wie “Forgotten” und angenehm unkitschigen Balladen wie “This One’s For You” fühlt sich das Trio pudelwohl. Ihre Leidenschaft für klassische Rocksounds der 60er und 80er ist von der ersten bis zur letzten Sekunde spürbar. Da springt der Funke schnell über – und das dadurch entfachte Feuer erlischt nie wieder.
(Dominik Rothe)
19. WHITECHAPEL – Kin
Mit „Kin“ schreiben WHITECHAPEL ihre Geschichte nach „The Valley“ weiter. Mit den unterschiedlichsten Facetten, die diese Scheibe zu bieten hat gleicht das ganze einer Berg- und Talfahrt. Wer eine reine Death-Klatsche erwartet, der wird schnell begreifen, dass WHITECHAPEL spielerisch im harten Kontrastprogramm zwischen sanft und brachial unterwegs sind, aber dieses gleichzeitig die Faszination von „Kin“ ausmacht. WHITECHAPEL bedienen sich bei Alternative Rock, integrieren sogar Pop-Elemente und schaffen damit neue Fusionen, die inhaltlich nostalgische Momente oder den Kampf gegen den Widerstand anpacken.
(Jeanette Grönecke-Preuß)
18. VILDHJARTA – Måsstaden Under Vatten
VILDHJARTA schlagen eine Dekade nach ihrem einflussreichen Debüt “Måsstaden” mit “ Måsstaden Under Vatten” zurück. Das Album hat es in sich: 16 Songs auf über 80 Minuten sind eine Ansage! Und auch wenn der Verfasser dieser Zeilen den extrem sperrigen Mix über ein Doppelalbum doch arg anstrengend fand, konnten sich viele in der sonstigen Musikwelt und auch der übrigen metal.de-Redaktion sehr für das neue Werk der Schweden begeistern. Zugegeben kamen auch in den letzten Jahren wenige Werke, die technisch so eindrucksvoll waren, in dem Bereich heraus. VILDHJARTA stechen jedoch immer noch dank ihrer Eigenheiten heraus.
Trotzdem bewahren sich VILDHJARTA auch immer noch ihre Melancholie. Ein “paaradiso” für alle “Djentelmen” und -women zum Takte zählen und Musiktheorie durchexerzieren einerseits, Weltschmerzen verarbeiten andererseits ist “ Måsstaden Under Vatten” auf jeden Fall. Und zum Zerlegen des nächsten Wohnblockes geziemt sich das Doppelalbum durch schweres Low-End ebenso.
(Alexander Santel)
17. CANNIBAL CORPSE – Violence Unimagined
Spätestens in unruhigen Zeiten ist Verlässlichkeit sehr willkommen. CANNIBAL CORPSE könnten als Synonym dafür fungieren. Die Amerikaner zerlegen mit ihren Alben alles, jede und jeden in gewohnte Einzelteile. Keine Mätzchen und Experimente – dafür immer hohe Qualität. Das gilt auch für „Violence Unimagined“. Und die Fangemeinde so: Augen zu, Arme auf und lächelnd die Song-Gedärme empfangen. CANNIBAL CORPSE sind wie das Stammlokal – man weiß, was man bekommt. Und vor allem weiß man es zu schätzen! Letztlich ist das eine Kunst für sich: Die Kannibalen erfinden sich nie neu, kopieren sich aber auch nicht. Wer das mag, und davon gibt es glücklicherweise einige, gönnt sich jedes Mal aufs Neue die wohl schönste musikalische Prügel, die der Death-Metal-Ring zu bieten hat.
(André Gabriel)
16. CARCASS – Torn Arteries
Ein kunstvoll inszeniertes Album-Cover in Form von sauber angerichteten und zu einem Herz geformten Gemüse lässt “Torn Arteries” zunächst kaum Assoziationen zu derben Grind-Core-Orgien der britischen Kreissägen von CARCASS zu. Wer sich klanglich an diesen Werten ergötzen möchte, sollte die neue Scheibe lieber im Regal des Plattenladens stehen lassen. “Torn Arteries” scheint mit den gut geölten Riff-Maschinen und Mid-Tempo-Grooves viel mehr dem Geist der zweiten Schaffensperiode der Band zu entstammen. Wer von “Necroticism – Descanting The Insalubrious” und “Heartwork” nicht genug bekommen kann, wird mit den zehn neuen Tracks bestens bedient werden. Nörgler zetern natürlich über die großartige Produktion und den fehlenden Schmutzrand unter den Nägeln. Bei genauer Betrachtung der Platte wird man aber feststellen, dass CARCASS die Steaks immer noch schön blutig braten.
(Oliver Di Iorio)
15. THE CROWN – Royal Destroyer
Die Schweden haben spätestens seit “Cobra Speed Venom” 2018 wieder Oberwasser nach der Rückkehr von Gründungsmitglied und Sänger Johan Lindstrand um 2015 mit dem ziemlich mittelmäßigen “Death Is Not Dead”. Alles, was Spaß an harter Musik und speziell an THE CROWN macht, ist auch auf “Royal Destroyer” wieder vorhanden: Die Abrissbirne, Midtempostampfer, feine Melodien, ein Schuss Rock’n’Roll, ja sogar eine Ballade!
“Let The Hammering Begin” macht klar, wo bei THE CROWN der Hammer hängt, “Motordeath” oder “Scandinavian Satan” huldigen Metal-Ikonen wie auch den simpleren musikalischen Anfängen des Genres, “Glorious Hades” und “Devoid Of Light” sind wahre Tribute an den Todesblei im Stil von MORBID ANGEL, während “Beyond The Frail” ein emotionales Finale bietet. Seit dem gefeierten Klassiker “Deathrace King” haben THE CROWN nie besser geklungen! Königliches Zerstören fürwahr!
(Alexander Santel)
14. ANGELUS APATRIDA – Angelus Apatrida
Selbstbetitelte Alben inmitten der Diskografie haben ja immer was von musikalischer Selbstfindung und/oder Neudefinition. ANGELUS APATRIDA wollten sich anscheinend aber weniger reformieren sondern einfach mal extra raffiniert auf die Kacke hauen. Nachdem COVID den Herren – wie bei so vielen Leidensgenossen der Spanier – sämtliche Live-Pläne durchkreuzt hat, stockten die Herren um Guillermo Izquierdo das, was ursprünglich eine EP werden sollte, um etwas musikalisches Material auf, hörten scheinbar nebenbei ein bisschen PANTERA und Konsorten (die entsprechend ihren metaphorischen Weg in den Sound gefunden haben) und mischten das Ergebnis ausnahmsweise mal nicht im Heimstudio ab, sondern beauftragten Christopher „Zeuss“ Harris mit der Produktion der neuen Platte.
Und für ein Thrash-Album klingt die Selbstbetitelte zunächst einmal gewöhnungsbedürftig ausgeglichen. Doch vermehrte Rotationen offenbaren, dass der neue Sound ein Segen ist und auch nach langfristiger Exposition nichts von seiner Klasse verliert. Und innen drin steckt sowieso aggressiver Thrash, der ein bisschen mehr Groove-Metal-Kante zeigt, nichtsdestotrotz irrsinnigen Spaß daran hat, einfach nur richtig schön zackig drauf zu hauen. Jede Menge eingängige Hooks halten bei der Stange, ebenso wie kleinere Schmankerl wie die DARK TRANQUILLITY-Gedenk-Licks in “The Age Of Disinformation”. Und dieser Spaß überträgt sich auch wunderbar und praktisch ohne Abrieb auf den Hörer.
(Michael Klaas)
13. KHEMMIS – Deceiver
Phil Pendergast und Ben Hutchinson hatten es wahrlich nicht leicht: Bereits vor der Pandemie hatten beide mit mentalen Problemen zu kämpfen. Ob KHEMMIS fortbestehen würde, war lange Zeit fraglich. Aber aus Liebe zur Musik und auch zueinander als Band hat man den eigenen persönlichen Wert anerkannt und “Deceiver” wurde geboren!
KHEMMIS behalten ihre Qualitäten und experimentieren gleichzeitig im wohldosierten Rahmen, was gleich im Elchtod-angefärbten Opener “Avernal Gate” gehört werden kann. Mittlerweile seit “Desolation” eh wesentlich mehr im Heavy Metal als im Doom verortet, haben sich KHEMMIS mittlerweile komplett musikalisch freigeschwommen und bieten neben gewohnten schleppenden Doom-Passagen in “House Of Cadmus” auch ruhigere, gar triumphal aufspielende Stellen wie im Rausschmeißer “The Astral Road”.
Vor allem Phil Pendergasts Stimme sei hier noch einmal besonders erwähnt, die schon immer gut war, aber auf diesem Album eine weitere Entwicklung durchgemacht hat und als Highlight eine zusätzliche Schippe Trauer mit drauf schaufelt. Lasst euch nicht täuschen von den dunklen Tagen, “Deceiver” zeigt zwischen aller Trübsal auch das Licht am Ende des Tunnels!
(Alexander Santel)
12. TRIBULATION – Where The Gloom Becomes Sound
TRIBULATION haben mit „Where the Gloom Becomes Sound“ eine weitere Ode an die Nacht geschrieben. Die Schweden hausen inzwischen in ihrer ganz eigenen Gruft, sind zu rockig, um noch Death Metal zu sein, aber eigentlich auch zu düster, um zu rocken. Trotzdem ist gerade diese Leichtigkeit ein besonderes Merkmal des Albums, spiegelt sie doch die Vergänglichkeit wider, die uns mit jedem neuen Album, jeder neuen Nacht, bewusst gemacht wird.
(Marc Thorbrügge)
11. TRIVIUM – In The Court Of The Dragon
Der zweite Frühling, der für TRIVIUM vor nunmehr vier Jahren mit “The Sin And The Sentence” anbrach, scheint von Dauer zu sein. Nur knapp eineinhalb Jahre nach dem ebenfalls bockstarken “What The Dead Men Say” beschert die Lockdown-Umtriebigkeit der Herren um Workaholic und Power-Twitcher Matt Heafy uns mit “In The Court Of The Dragon” eine weitere Messlatte in Sachen anspruchsvoller Modern Metal.
Schon der Titeltrack verknüpft einmal mehr in unnachahmlicher Weise Eingängigkeit mit allerhöchstem, spielerischem Niveau und setzt damit den Ton für den Rest des Albums. Egal ob Midtempo-Hymne mit Rock-Rotationspotential wie zu besten “Silence In The Snow”-Zeiten (“Feast Of Fire”) oder progressives Riff-Feuerwerk (“The Shadow Of The Abbatoir”, “No Way Back Just Through”) – TRIVIUM spielen in ihrer eigenen Liga. Dass die verinnerlichten Songwriting-Formeln und der cleane Sound dabei nach über 20 Jahren Bandgeschichte bisweilen etwas zu perfekt wirken, ist angesichts eines dermaßen konstanten Werks absolut zu verschmerzen.
(Tobias Kreutzer)
10. RIVERS OF NIHIL – The Work
RIVERS OF NIHIL sind eine stets hart arbeitende Band, die mit “Where Owls Know My Name” endlich (verdient) auf dem Radar einer wesentlich größeren Masse Menschen gelandet ist. Der Nachfolger “The Work” hatte also große Fußstapfen zu füllen: Epischer, abwechslungsreicher, aber auch persönlicher sollte es werden nach Brody Uttleys Vorstellung. Und das ist gelungen!
Der Song steht mittlerweile im Vordergrund obwohl es hier streng genommen ein musikalisch wie auch narrativ durchgängiges Album gibt. Wesentlich poppigere Songs wechseln sich mit den wohl komplexesten und schwersten Passagen in der Bandgeschichte ab. Clever eingesetzte Field-Recordings und das nicht tot zu kriegende Saxophon sind hier aber nicht billige Gimmicks, sondern fügen sich wohlüberlegt in den Sound ein, um gewisse musikalische Narrative zu unterstützen.
Ein weiterer kreativer Schritt für RIVERS OF NIHIL nach Abschluss des Jahreszeitenzirkels der bisherigen Alben, auf in eine offene Zukunft. „The Work“ ist für uns ein Beispiel dafür, wohin Metal, nein ganz einfach nur Musik, entführen kann, wenn man sie lässt.
(Alexander Santel)
9. WOLVES IN THE THRONE ROOM – Primordial Arcana
Auf „Primordial Arcana“ zelebrieren WOLVES IN THE THRONE wieder einmal auf einnehmende Weise ihre Liebe zur Natur ihrer Heimat in Olympia, Washington. Sieben schwarze Hymnen (Mit dem Bonus Track „A Skyclad Passage“ sind es acht) bahnen sich ihren Weg durch das Unterholz der Bergwälder und huldigen den versteckten Geistern und Göttern, welche im Zwielicht der Bäume und unter Erde weilen. Passend magisch startet „Mountain Magick“ die Reise mit erhabener Raserei und „Spirit Of Lightning“ wechselt zwischen atmosphärischen Klängen und krachenden Donnerschlägen. „Primal Chasm (Gift Of Fire)“ schlägt hingegen durchgehend eine fiese Kante klassischer Black-Metal-Prägung.
Das epische „Underworld Aurora“ entführt mit seiner ganz besonders magischen Atmosphäre tief in die Unterwelt und stellt zusammen mit dem folgenden „Masters Of Rain And Storm“ das Highlight des Albums dar. WOLVES IN THE THRONE ROOM entfesseln auf „Primordial Arcana“ wieder ihre ureigene Mischung aus verträumter Naturatmosphäre und finsterer Erhabenheit, für die sie seit ihrem Debüt „Diadem Of 12 Stars“ bekannt sind und erklimmen dabei noch höhere Gipfel. Die Songs sind überwiegend weniger lang als in der Frühphase und gehen direkter ins Ohr. Jedoch entfaltet das Album seine volle Wirkung trotzdem nur als Ganzes. Vielleicht das beste Werk der Wölfe seit „Two Hunters“.
(Steffen Gruß)
8. HARAKIRI FOR THE SKY – Mære
Die Hauptmerkmale des Sub-Sub-Genres Post-Black Metal sind für viele Menschen: Überlange Songs, die sich in breit angelegten Melodien verlieren und rhythmisch neben altbewährten Blast-Beats auch mal Mid-Tempo-Passagen aus dem Handbuch für Rockmusik versuchen. Außerdem werden oft unkonventionelle Gesangsarten verwendet und nur sehr selten klingen die Vocals wie aus der Höhle eines Neandertalers. Auch lyrisch unterwirft man sich hier keiner antireligiösen Doktrin und verarbeitet politische Themen ebenso wie die Lieblingsorte der Heimatregion (vgl. WALDGEFLÜSTER mit “Dahoam”).
Nicht zuletzt das straffe Klangbild von zeitgemäßen Produktionen, denen die Technik der Neuzeit zur Verfügung steht, macht gegenüber rohem Black Metal der zweiten Welle den entscheidenden Unterschied. Und manchmal gibt es ein Album gar in einer limitierten Holz-Box. Den enthaltenen Flachmann kann man getrost mit Hochprozentigem füllen und anschließend während der fast eineinhalbstündigen Reise durch Atmosphäre und Untiefen konsumieren. All diese Prädikate bieten HARAKIRI FOR THE SKY übrigens mit “Mære”.
(Oliver Di Iorio)
7. OMNIUM GATHERUM – Origin
Irgendwie waren sie immer – mit Ausnahme des 2016er-Albums „Grey Heavens“ – eine sichere Bank. Und doch schafften es OMNIUM GATHERUM oft nicht, die Jahresbestenlisten zu bevölkern. Das ist dieses Mal anders, denn „Origin“ ist eine ziemliche Hitfabrik geworden. Mehr Epik, neben für die Band typischen Nummern mehr Mut für neues und ein hervorragendes Gespür für packende Melodien zeichnen „Origin“ in erster Linie aus. Allein das großartige „Reckoning“ dürfte zum besten gehören, was die Band in den letzten zehn Jahren geschrieben hat. Ja, vielleicht ist das alles ein wenig glatt, aber alle Melodic-Death-Liebhaber, die auch kein Problem mit präsenten Keyboards und Breitwand-Sound haben, dürften hier eines ihrer Jahres-Highlights finden.
(Mirko Pidde)
6. THE RUINS OF BEVERAST – The Thule Grimoires
Lange herbeigesehnt, Anfang diesen Jahres endlich gekommen: “The Thule Grimoires” folgt vier Jahre nach “Exuvia” und ist womöglich für viele Fans erst einmal anders als erwartet. Alexander von Meilenwald hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er auch DEPECHE MODE oder TYPE O NEGATIVE gern mag, sei es in Interviews oder auch in der Wahl von so manchem Coversong.
Dieser Einfluss ist über “The Thule Grimoires” durchaus zu spüren. “Kromlec’h Knell” klingt wie eine durch den Ruinen-Fleischwolf gedrehte verlorene B-Seite von Pete Steele’s Schätzchen, “Mammothpolis” konzentriert sich stark auf die Ambient-Seite der Ruinen, aber es gibt auch Rückschau und kalte, abrasive Songs, die wieder an Alben wie “Rain Upon The Impure” denken lassen mit ihren massiven Lauflängen, repetitiven Riffs und der dazugehörigen Atmosphäre, wie “Polar Hiss Hysteria” oder “The Tundra Shines”.
Das zwischen Doom und frostigem Black Metal schwingende Finale “Deserts To Bind And Defeat” ist vielleicht eine Elle zu lang geworden, musikalische Strecken wie der Aufbau bis hin zum subtil mit E-Bow unterstützen Finale sind dann aber genau die Momente, für die man THE RUINS OF BEVERAST in den letzten Jahren einfach zu schätzen gelernt hat.
“The Thule Grimoires” ist wieder einmal kein ganz einfach verdauliches Album geworden, aber wahnsinnig abwechslungsreich, verschiedene Phasen der Bandgeschichte mit neuem verbindend und somit ein mutiger Schritt für THE RUINS OF BEVERAST.
(Alexander Santel)
5. IOTUNN – Access All Worlds
Na, was ist denn da los? Unser Spezialist für abgefahrenen Prog-Kram feiert eine Melodic-Death-Platte ab? So geschehen im Februar diesen Jahres, und die meisten, die „Access All Worlds“ von IOTUNN bislang gehört haben, dürften das mittlerweile nachvollziehen können. Mal bombastisch, mal blastig – und dabei immer spacig angehaucht, passend zu Artwork und Thema der Platte. Und ja, selbst einige progressive Stellen haben die Dänen in ihr gut einstündiges Epos eingeflochten, das vielleicht noch am ehesten mit frühen SCAR SYMMETRY oder den ungleich weniger bekannten ENSHINE vergleichbar ist.
Bislang vielleicht eher ein unbeschriebenes Blatt, konnte man sich mit Sänger Jón Aldará (HAMFERÐ, BARREN EARTH) genau an der richtigen Stelle verstärken. Der mittlerweile in Dänemark lebende Färinger liefert hier die wohl beste Gesangsleistung seines an Highlights bereits nicht gerade armen Schaffens ab, wechselt dabei spielend von tiefen Growls über geradezu verträumten Gesang bis hin zum spektakulären Heldentenor. Dennoch kommt die Härte nicht zu kurz und dank der Komplexität der Songs ist auch die Langzeitwirkung von „Access All Worlds“ beachtlich. Absolut zu Recht auch bei uns eine der besten fünf Platten des Jahres!
(Mirko Pidde)
4. EXODUS – Persona Non Grata
Geschlagene sieben Jahre mussten EXODUS-Fans auf den Nachfolger des hochgelobten “Blood In, Blood Out” warten. Die Band um Gitarrist Gary Holt beendet die lange flaute mit einem lautstarken Knall. “Persona Non Grata” gehört zweifellos zu den besten Alben, die die Band in ihrer langjährigen Karriere aufgenommen hat. Das liegt vor allem daran, dass es den Thrashern durchweg gelingt, den direkten Sound ihrer frühen Phase und die Komplexität aktuellerer Alben sinnvoll miteinander zu verbinden. So bleibt genug Stoff zum Headbangen, der aufgrund seiner Vielschichtigkeit regelmäßig überrascht. Besser geht Thrash nicht.
(Dominik Rothe)
3. UNTO OTHERS – Strength
Die gezwungene Umbenennung von IDLE HANDS in UNTO OTHERS nimmt 2020 einigen Wind aus den Segeln der erfolgsverwöhnten Newcomerband. Das Zweitwerk “Strength” ist trotzdem dem Titel entsprechend stark, fast so, als wollte die Combo um Mastermind Gabriel Franco jetzt erst recht beweisen, dass sie nichts aufhalten kann. Francos Lyrik weist eine Tiefe auf, die in populärer Musik selten zu finden sind. Musikalisch wiederum sind die Songs durchweg clever arrangiert und verweigern oft den üblichen Strukturen.
Das herzzerreißende “Downtown” wildert in TYPE O NEGATIVE-Gefilden. “Just A Matter Of Time” klingt wie die metallische Version eines nie realisierten THE CURE-Hits. Im Opener “Heroin” fährt die Band wiederum die schweren Heavy-Metal-Geschütze auf. Das Material auf “Strength” klingt nicht nur durchdachter als noch die Songs auf “Mana”, sondern kommt mit mehr Bestimmtheit und einem klareren Sound deutlich auf den Punkt. So verwandeln UNTO OTHERS einen Rückschlag in ihren bislang größten Triumph. Denn ohne die Zwangsumbenennung wäre “Strength” nicht das Album geworden, das es ist.
(Dominik Rothe)
2. MASTODON – Hushed And Grim
“From Pain To Strength”. Was für das polnische Todeskommando DECAPITATED gilt, gilt auch für die Atlanta-Progger MASTODON: “Hushed & Grim” ist – mal wieder, könnte man sagen – ein Album geboren aus Trauer: Der Manager und langjährige Freund Nick John verstarb an Bauchspeicheldrüsenkrebs 2018 und musikalisch haben MASTODON ihm hiermit ein wahrlich monumentales Werk hinterlassen.
Als Doppelalbum hat “Hushed & Grim” dabei einen vielleicht anfangs schweren Stand, sind MASTODON doch nicht immer ganz leichte Kost. Aber mit traumwandlerischer Sicherheit werden hier die poppigen, vereinfachten Entwicklungen der letzten Alben mit der ursprünglichen Prog-Phase auf “Crack The Skye” vermischt, als wäre es das natürlichste auf der Welt. Ein Album, das Zeit braucht, aber in unglaublicher Weise wächst.
Eine neu gewonnene Emotionalität mit absoluten Gänsehaut-Refrains wie in “Skeleton Of Splendor” oder “Eyes Of Serpents” wechselt sich mit klassischen Bangern wie “Savage Lands” oder dem proggig-harten “Sickle And Peace” ab. Auch ihre Südstaaten-Country-Quirkiness binden sie auf unnachahmliche Weise auf Songs wie “The Beast” oder “Peace & Tranquility” mit ein. “Hushed & Grim” ist ein Album, was gleichermaßen alte Fans (das Logo geht auch wieder den Weg zurück zu den Anfängen) wie auch Liebhaber von “The Hunter” oder “Emperor Of Sand” zufriedenstellen dürfte und zeigt MASTODON auf dem kreativen Zenit ihres Schaffens.
(Alexander Santel)
1. GOJIRA – Fortitude
Nach der hypnotischen Single “Another World” ist die Spannung 2020 groß. Legen GOJIRA in Kürze ein Album nach oder ist es nur ein einzelner Track für zwischendurch? Die Antwort lässt ein knappes halbes Jahr auf sich warten. Dann erfolgt die Ankündigung von “Fortitude”. Der zweite Vorabsong, “Born For One Thing”, betont die harte Seite der Band. Somit geben die Singles zusammengenommen einen guten Ausblick auf den Abwechslungsreichtum der Platte.
Denn so massiv wie auf “Fortitude” haben sich GOJIRA in ihrer Karriere noch nie stilistisch ausgetobt. Neben den schon erwähnten Songs kommt “Amazonia” als grooviger Brecher daher, der an SEPULTURA zu “Roots”-Zeiten erinnert. “New Found” wiederum suhlt sich in Melancholie, die regelmäßig von harten Metal-Attacken durchbrochen wird. Eine Mitsinghymne erschaffen GOJIRA mit “Into The Storm” und ”The Chant” ist der bislang wohl nachdenklichste Song in der Karriere der Franzosen. “Fortitude” ist ein Album für die Ewigkeit – und der nächste Schritt nach vorne für eine der spannendsten Bands unserer Zeit.
(Dominik Rothe)