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Der große Redaktionspoll 2019

Special

MICHAEL KLAAS

Milch Klaas

Top 10 Alben 2019

1. JORDSJØ – Nattfiolen
2. KING GIZZARD & THE LIZARD WIZARD – Infest The Rats‘ Nest
3. BLOOD INCANTATION – Hidden History Of The Human Race
4. DISILLUSION – The Liberation
5. DREAM TRÖLL – Second To None
6. HEILUNG – Futha
7. ISILDURS BANE & PETER HAMMILL – In Amazonia
8. PRISTINE – Road Back To Ruin
9. STEVE HACKETT – At The Edge Of Time
10. VINSTA – Drei Deita

Flops und Enttäuschungen 2019

Zu viele. Aber bleiben wir bei den Platten, die mich am wütendsten/traurigsten gemacht haben:

1. BLIND GUARDIAN TWILIGHT ORCHESTRA – Legacy Of The Dark Lands

Für mich ist das ein übertrieben aufgeblasenes Werk, das mehr hoffnungslos egomane Selbstbeweihräucherung als künstlerisches Statement ist, unabhängig davon, ob das Teil jetzt tatsächlich über 20 Jahre in der Mache gewesen sein mag oder nicht. Das Ding besteht im Grunde nur aus einer käsigen Story, die noch nicht mal komplett in der Musik erzählt wird, sondern mit Spoken Word-Überleitungen aufgedröselt wird. Und musikalisch gibt’s komplett uninteressante Soundtrack-Klischees, die sämtliche Höhepunkte aus den bekannteren Film-Scores der letzten Jahre zitiert, für sich selbst aber nichts Eigenständiges zu bieten hat und wenig aus dem Konzept eines reinen Symphonic-Albums macht. Alles sehr safe und in der Folge stinklangweilig.

2. ALCEST – Spiritual Instinct

Ich kann nicht sagen, dass ich per se enttäuscht bin von ALCEST anno 2019 – sie liefern das, was sie immer liefern. Ich verfolge die Band im Grunde seit “Écailles De Lune” und habe seither kein Album gefunden, das mir in Erinnerung geblieben ist. Auch “Spiritual Instinct” reiht sich da ein. Ich verstehe den Hype nicht und bin daher eher enttäuscht, dass auch “Spiritual Instinct” keine Abhilfe schafft, sondern mich genauso kalt lässt, wie die anderen Alben von ALCEST. Geht mit übriges mit CULT OF LUNA ganz ähnlich, aber deren Musik hat wenigstens etwas mehr Fleisch auf den Rippen…

3. VERSENGOLD – Nordlicht

Vielleicht die Enttäuschung, die mir persönlich am meisten wehtut: Diese großartige Band, die mal die Klöten, die lyrische Schlagfertigkeit, die Lockerheit und die gute, von der typisch deutschen Steifheit befreite und einfach nur von Zwängen entfesselte Musikalität in die deutschsprachige Musik-Szene zurückgebracht und mit großen Alben wie „Im Namen des Folkes“ oder „Dreck Am Stecken“ perfektioniert hat, springt nun auf den kommerziellen, biederen Pop-Zug auf und liefert eine der musikalisch angepasstesten (kann man das so sagen?) Platten dieses Jahres – auch wenn sie wenigstens ihre lyrische Klasse mitgenommen haben. Dennoch ein bittere Enttäuschung, speziell wenn man auch die musikalischen Ecken und Kanten der früheren (selbst der ganz frühen) Werke liebgewonnen hat. Wenn nur nicht VERSENGOLD drauf stehen würde, wäre mir “Nordlicht” ja wenigstens vollkommen egal gewesen…

Und der AVANTASIA-Hype/Tobias Sammet-Personenkult lässt meine Hoffnung, dass irgendwann in absehbarer Zeit vielleicht doch noch einmal ein (vernünftiges!) EDGUY-Album kommt, so langsam dahin bröckeln. Ich mein echt jetzt mal: Junge! „Rocket Ride“ wird 2020 14 (!) Jahre alt. Mach mal watt!

2019 wurde dieses Metal-Genre (neu) erfunden und das ist gut so…

In einem derart selbstreferentiellen und selbstzufriedenen Genre wie dem Metal bewegt sich so schnell nichts. Aber das am frischesten klingende Album dürfte meiner Meinung nach “Infest The Rats’ Nest” von den australischen an sich unmetallischen Psych-Rockern KING GIZZARD & THE LIZARD WIZARD sein, die Old-School Thrash, der NICHT wie ein müder METALLICA-, SLAYER- oder EXODUS-Klon klingt, mit Psychedelic aus den 60ern und 70ern kombiniert haben – und dabei heavier und rotziger grooven als ein Großteil der “richtigen” Thrash-Metal-Bands in diesem Jahr.

Ganz unmetallisch u. völlig unrockbar – die Non-Rock-/Non-Metal-Alben 2019

In unbestimmter Reihenfolge:
1. BILLIE EILISH – When We All Fall Asleep, Where Do We Go?
2. CHRISTIAN STEIFFEN – Gott Of Schlager
3. MALIBU KEN – Malibu Ken

Vielleicht an dieser Stelle noch erwähnenswert, dass ich es nach langer Zeit der instinktiven Abneigung irgendwie endlich einen Zugang zu BABYMETAL gefunden habe. Die Liste der Guilty Pleasures wird länger…

Mehr Underground geht nicht – der Geheimtipp 2019…

ISILDURS BANE & PETER HAMMILL – In Amazonia

Ein Tipp für all jene, die schrägeren, experimentelleren und weltmusikalischen Klängen nicht abgeneigt sind: ISILDURS BANE sind zwar ein altes Eisen, können aber gern (hierzulande) bekannter werden. Die Schweden machen Avantgarde, die etwas von einem Kammerorchester mit Synth-Auskleidung hat. „In Amazonia“ besticht durch seinen Ethno-Einfluss, rockt aber dennoch ziemlich geradeaus und zum Teil sogar richtig groovig. Obendrauf – wie schon auf dem Vorgänger „Colours Not Found In Nature“ mit Steve Hogarth – gibt es auf „In Amazonia“ einen Peter Hammill als Co-Star, der eine gewohnt exzentrische Gesangsdarbietung mit seiner markant existentialistischen Lyrik zum Besten gibt. Nicht jedermanns Sache, aber für Entdecker und Abenteurer, die sich nach frischen, progressiven Klängen sehnen, absolut hörenswert.

WILDERUN – Veil Of Imagination

Und noch einer, der sich dank gewisser, überschwänglicher Lobpreisungen an anderer Stelle vermutlich schon herumgesprochen hat, aber der Vollständigkeit halber noch einmal Erwähnung finden sollte: Die Phrase von den „alten OPETH im neuen Gewand“ ist ein alter Hut, WILDERUN adaptieren diesen Sound jedoch nicht nur, sondern entwickeln ihn weiter. Ergänzt um folkige Elemente, einer leichten Jazz-Note sowie einer warmen, symphonischen Komponente erschaffen die US-Amerikaner eines der frischer klingenden Alben des Jahres. Ist natürlich nichts, was man an anderer Stelle nicht schon mal gehört hat, und könnte hier und da auch heavier und wagemutiger sein, besticht aber durch seine auf Hochglanz polierte Produktion, die dem Sound jedoch zu keiner Zeit die Luft abschnürt.

Nass und durchgeschwitzt – Beste Konzerte/Festivals 2019

KNORKATOR in der Frankfurter Batschkapp (Weniger Klamauk, mehr Musik = geil!)
ALEX CAMERON und JACK LADDER im Kölner Arttheater (trotz technischer Probleme souverän und geil)
CLAWFINGER beim Breeze (endlich mal gesehen – und nicht bereut!)

metal.de hat 2019 gerockt, weil…

metal.de ist für mich ein kreativer Ausgleich, den ich als Schreibtischtäter/Zahlenwälzer und leidenschaftlicher Musikliebhaber einfach brauche. Das gilt natürlich nicht nur für 2019, finde aber, dass ich das einfach mal sagen musste. Und innerhalb der Redaktion gibt es genug Gleichgesinnte, die sich ähnlich entweder vor oder hinter den Kulissen engagieren. Das macht richtig Freude und Spaß, vor allem wenn man gemeinsam größere Projekte wie Berichterstattungen von großen Festivals oder diverse Specials aufstellt. Und sich gegenseitig mit den Geschmäckern (oder Mangel an denselben) aufziehen kann.

Das Arschloch 2019 war/ist…

Klar, das MGŁA-Drama mitsamt den politischen Implikationen drum herum ist schon ein schwieriges und brisantes Thema mit einer Menge Poloch-Potential, über das sich die Community die Köpfe heiß diskutiert hat (und das auch immer noch tut). Aber lasst uns nicht vergessen, dass Rob Miller die eigentlich großen TAU CROSS mit genau dem Scheiß ruiniert hat (und sich noch nicht mal dafür schämt).

Und dass wir jetzt scheinbar wieder alle nett zu Tim Lambesis sein sollen kotzt mich auch an, selbst im Angesicht seines zugegeben unglaublich geilen AUSTRIAN DEATH MACHINE-Arnie-Tributes.

Du hast für 2020 einen Wunsch frei und der ist…

… dass Instagram explodiert.

Welche zehn Platten aus dem vergangenen Jahrzehnt (2010-2019) werden dir besonders gut in Erinnerung bleiben?

Man kann sich natürlich darüber streiten (wie damals bei der Jahrtausendwende), ob die Dekade nicht erst nächstes Jahr endet, aber sei’s drum, ich will kein Spielverderber sein. Hier meine Liste – exklusive der diesjährigen Einträge, um Doppelungen zu vermeiden und da diese noch den jahresübergreifenden Langzeittest bestehen müssen:

1. DIABLO SWING ORCHESTRA – Pacifisticuffs
2. BENT KNEE – Shiny Eyed Babies
3. LÖR – In Forgotten Sleep
4. VERSENGOLD – Im Namen des Folkes
5. MADDER MORTEM – Marrow (ja, finde die mittlerweile besser als die letzte)
6. WARDRUNA – Runaljod – Ragnarok
7. H E X – H E X
8. RUMMELSNUFF & ASBACH – Rummeslnuff & Asbach
9. THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA – Amber Galactic
10. THREE TRAPPED TIGERS – Silent Earthling

Welche drei Platten aus dem vergangenen Jahrzehnt waren absolute Stinker?

Habe ich weitestgehend verdrängt. Hoch im Kurs stehen aber das WINTERSUN-Kitschfest „Time I“, GODSMACK mit „When Legends Rise“ und AMPLIFIER mit ihrem stinklangweiligen „Trippin‘ With Dr. Faustus“.

Welche Band hat das vergangene Jahrzehnt geprägt wie keine andere?

Um in meinem Weidegebiet, dem Prog, zu bleiben würde ich sagen, dass OPETH nach wie vor eine der meistzitierten und referenzierten Bands geblieben sind. Auch wenn ihre neueren Leistungen wenig mit dem zu tun haben, wofür die Band heuer immer noch herangezogen wird (wobei „In Cauda Venenum“ speziell in seiner schwedischen Version nichtsdestotrotz ein schönes Retro-Prog-Album geworden ist), bleiben OPETH (in ihrer frühen Inkarnation) eine der durchweg relevanten Bands.

Welche Tour muss im kommenden Jahrzehnt endlich stattfinden?

Wie geil ist das denn: MR. FUCKING BUNGLE touren! Aber nur in den Staaten… Bitte kommt nach Europa! Am besten im Tandem mit FAITH NO MORE (die ja schon Festivalshows auf europäischem Boden angekündigt haben).

Berühmte letzte Worte…

Jupp!

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Quelle: metal.de-Redaktion
01.01.2020

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