Festival-Saison
Metal all day: Der perfekte Festival-Soundtrack

Special

Der Tag auf einem Metal-Festival ist dominiert von different shades of fun. Konversation, Leibesübungen, Spirits wohin das Auge reicht. Und um Musik geht es auch. Hier ist der perfekte Soundtrack zu deinem Festival-Tag:

6:15 Uhr: MERCYFUL FATE – „The Uninvited Guest“

Die Idylle ist perfekt: Zarte Sonnenstrahlen wärmen Gesicht und Herz, lieblich plätschern Milch und Honig gen Tal – als jäh dunkle Wolken aufziehen und du abrupt aus deinen Träumen gerissen wirst: Eine schwankende Silhouette zeichnet sich bedrohlich jenseits der sehr dünnen Zeltwand ab und kracht dir um Schamhaaresbreite durchs Gestänge. Du hechtest hinaus und eine schlingernde Gestalt hält dir mit noch offener Buxe auch noch die besprenkelte Hand hin: „Schulligung!“
Dem Verrat an deiner im Prinzip pazifistischen Grundhaltung entkommst du gerade noch so durch einen Urschrei und das unverzügliche Aufsuchen der eigenen inneren Mitte – und der Held der Hygiene dadurch einem eher ungnädigen Schicksal.

 

6:30 Uhr: OKKULTOKRATI – „Raspberry Dawn“

Um dich herum sind die Reaktionen tendenziell gemischt: „Mach den Kopp zu!“ „Gleichkriechssurichtich!“ „#x&5§!Luftgewehr&$&!!%$§Panzerfaust!!!“ „Weissu, WIE SPÄT dassis?!“ „Slaaayer!“
Du sitzt vor deinem Zelt und den Trümmern deiner Nacht und es dämmert dir: Der Himbeertoni von eben hat mitsamt seiner Blase nur für den fast perfekten Start in den Tag gesorgt.

8:00 Uhr: VOIVOD – „Ripping Headaches“

Das Bild hat sich verändert, zusehends torkeln zerknautschte Zombies in Zeitlupe durch die Szenerie, auf der verzweifelten wie unkoordinierten Suche nach dem einen sicheren Pfad vom Reißverschluss des Iglus zum Klappstuhl – oder wohin auch immer ihre geschundenen Körper und versehrten Geister sie zu treiben versuchen. Du belächelst den grobmotorischen Tanz durch das Dickicht an Zeltschnüren nur gequält, denn dein verängstigter Verstand ist souverän von nur einer Frage in die letzte Ecke deines Schädels getrieben, an dessen Decke es so gleichmäßig wie gnadenlos hämmert: „Wie kann es eigentlich angehen, dass man auf Festivals 14 Bier trinkt und hinterher fühlt es sich IMMER an, als ob es 15 gewesen wären?“

 

9:00 Uhr: GOATSNAKE – „Coffee & Whiskey“

Was du jetzt brauchst, ist nichts weniger als ein „Breakfast For Champions“. Da dir aber TANKARDs wilde Mischung aus Bier und Äppelwoi zu dieser (gezwungenermaßen) bei Lichte betrachtet nachtschlafenen Stunde nicht eben verführerisch-verlockend erscheint, greifst du zur stylischeren Variante. Und groovst zusehends zuversichtlicher dem Folgenden entgegen. Oooohyeeeaah.

10:00 Uhr: IRON MAIDEN – „Be Quick Or Be Dead“

Als ungünstig erweist sich nach Minuten behaglicher Rekonvaleszenz die Tatsache, dass sich der Stoffwechsel evolutionstechnisch noch nicht als Anachronismus verabschiedet hat. Wer gezwungen ist, anderes als Sternenstaub nachzufüllen, für den manifestiert sich in Momenten wie diesem erschreckend unvermittelt die eigene Abhängigkeit von den niederen Gesetzen der Natur. Jetzt nur keinen Fehler machen.

 

10:05 Uhr: MELVINS – „Honey Bucket“

Als wortwörtlich erleichternd erweist sich wiederum die schamlos und frühzeitig genutzte Lebenserfahrung: Die Batterie an portablen Toiletten darf zwar nicht in direkter Riechweite und bestenfalls auch nicht unverstellt hinter dem Grill auftauchen, sollte aber fußläufig in Grindcore-Hit-Länge (inklusive koordinationsbedingter Rückschläge) erreichbar sein.
Nur Rookies, Nachrücker oder Barbaren folgen im Härtefall den Armbewegungen der örtlichen Dorfjugend beim Zuweisen des Zeltplatzes. Das mag Recht und Ordnung gefährden – allerdings gilt es am Ende des Tages (und auch an dessen Anfang) letztlich nur darum, den eigenen Arsch zu retten. Auf der Suche nach der strategisch optimalen Position zum Dixie gilt für drei Minuten nichts anderes: Scheiß nicht bei den Schmuddelkindern (ihren Zelten).

12:00 Uhr: PANTERA – „Walk“

Gummistiefel wären eine Option angesichts einer unsicheren Zukunft gewesen, deine normalen Boots immerhin Garanten für den sicheren Tritt. Aber natürlich sind es die Chucks geworden. Du bereust es beim ersten Schlammloch, Ergebnis des „kleinen Schauers“ der vergangenen Nacht. Aber immerhin findet ein Teil der Herde Flachköpper-Erfrischung auf seinem Weg gen Bühne und Neandertal und ein anderer rustikale Belustigung im Zücken der B-Note. Du für deinen Teil hinterlässt immerhin ab sofort Spuren. (Was bei stabiler Witterung nicht automatisch schlecht für den späteren Rückweg zu sein hat.)

 

13:00 Uhr: NOFX – The Longest Line

Das letzte Fußpils ist verarbeitet. Doch die letzte Hürde nicht genommen. Du hörst mit jedem Windstoß das wärmende „Check – Check – One – Two“, doch sehen tust du zum Stehen gekommen nur den METALLICA-Backpatch des Typen vor dir. Und während du schicksalsergeben darüber sinnierst, warum es a) zwar generell viel Merch von Lars und James zu bestaunen gibt, aber im Vergleich dazu durchaus wenig Patches und b), wie das Ganze hier wohl aussehen würde, wenn das alles keine peacigen Metalheads wären, da fordert dich auch endlich ein Mensch in offizieller Kleidung freundlich auf, die Arme zu heben. Erotischer wird es erfahrungsgemäß nicht mehr.
Trinkhörner dürfen selbstverständlich nicht mit aufs Gelände, Stichwort Terror.

14:00 Uhr: MAC SABBATH: „Pair-A-Buns“

Genau abgezählt: Kleingeld für exakt acht Bier und ’ne SABATON-Frisbee vom Metal Market. Die kapitalen Katastrophen der Kulinarik („Odin-Ochse im Brot für 7 Silberlinge“) musst du zum Glück ignorieren. Ravioli am Abend – erquickend und labend.

 

15:00 Uhr: ANTHRAX – „Caught In A Mosh“

Prinzipienreiterei gehört nicht per se verdammt. Der Mensch muss sich bspw. vom Tiere unterscheiden, konkret durch die Kultur: Todesmauer, Kreisgrube, Ischias, hinten keine Augen, Helm vergessen. Keine 16 mehr. Let’s rock.

15:20 Uhr: SLAYER – „Raining Blood“

Es ist nur ein Kratzer. Deine Oma musste das Wasser noch aus dem Brunnen holen. Im Winter ohne Schuhe. Da machst du jetzt keine Szene wegen der einen Platzwunde. Zumal es anerkennendes Nicken aus dem Kreis der Experten gibt: Drei Killernieten aus einer Augenbraue sind Rekord. Nette Leute, diese Sanis. Kaum Neid, keine Missgunst.

 

16:00 Uhr: NAPALM DEATH – „Standardization“

Einmal auf links gedreht wird dir aus dem Sani-Zelt getreten das versammelte Potenzial vor Ort deutlich: Neben dem schwarzen SLAYER-Shirt gibt es mindestens genauso viele schwarze von MAIDEN. Du siehst MINDESTENS fünf Kutten ohne Eddie-Backpatch und sogar drei ausgewachsene Männchen ohne Tribal auf dem Arm allein im Umkreis von 500 Metern. Fickt euch, Normalos! Wir sind alle Individuen. Ein ganz eigenes Völkchen.

17:00 Uhr: ATHEIST – Brains

Das Zelt ruft. Und nach einer Rast am Wegesrand und zweieinhalb sehr sicheren Würfen kannst du zwischendurch festhalten: Flunky-Ball und Schach haben einiges gemeinsam. Es gibt ein Spielfeld und zwei Seiten.

 

18:00 Uhr: AMON AMARTH – „Twilight Of The Thunder God“

Die Sache mit dem Klimawandel ist ja die: Es gibt ihn. Unstrittig. Aber was will Gott uns damit außer seiner Allmacht vor Augen führen?
Mit solch fundamental Nebensächlichem hältst du dich nicht auf und sprintest stattdessen lieber grazil Richtung des eigenen Camps, während vor deinem inneren Auge das gesamte Leben deines Pavillons in Sekundenschnelle vorbeizieht.
Natürlich kommst du zu spät, Ehrensache. Das Zelt allerdings hat den Naturgewalten getrotzt. Und ewig lockt die Iso-Matte.

00:00 Uhr: JUDAS PRIEST – „Living After Midnight“

Okay, der Headliner ist ohne dich ausgekommen. Aber du warst heute schon vor der Bühne, daran erinnerst du dich noch ziemlich sehr genau. And when the going gets tough, the tough get going: Enthusiastischer hat sich noch niemand den Weg aus dem Zelt und durch die Nacht freigestolpert, erfüllt vom brennenden Verlangen, der eigenen Bestimmung gerecht zu werden. Here you go again. Tote auffe Tanzfläche, hang the DJ.

 

00:30: BULLET – „Dusk Til Dawn“

Die ganze Nacht! Von bis. God gave rock ’n‘ roll to you. Put it in the soul of everyone.

02:00 Uhr: ZZ TOP – „Sleeping Bag“

Nun gut. Die ganze Nacht war das dann doch nicht im Party-Zelt. Aber all die Stunden Qualitäts-Spaß dieses Tages fordern doch ihren Tribut. Also schlenderst du unauffällig pfeifend und nur noch sehr leise dem Leben nach Mitternacht huldigend in Richtung deines Zeltes. Natürlich will es Verstecken spielen. Aber nicht mit dir: Du machst es nach wenigen Runden und nur geringen Verlusten im Knöchel- und Kniebereich souverän dingfest.

 

03:00 Uhr: DEATH – „The Philosopher“

Und jetzt liegst du da. Seit einer Ewigkeit. Irgendwer entwickelt enthusiastisch seine ganz eigenen Gedanken zur Wahl des besten Songs im Universum des Metal. Offensichtlich befindet sich der Experte samt Gesprächspartner in allen vier Himmelsrichtungen, direkt neben deinem Zelt und in bester Philosophier-Laune. Geil. Ohrenstöpsel können immer noch nichts.

03:30 Uhr: DARKTHRONE – „Too Old Too Cold“

Die Augen zu verschließen hilft nichts: Du bist zu alt für diesen Scheiß und spürst nichts mehr außer dieser unfassbaren Erschöpfung. Deine Füße jedenfalls bestimmt nicht mehr. Trotz Thermo-Schlafsacks „Fjordtroll Deluxe“ (128,50 Euro). Minusgrade im Sommer. Spaß muss sein und bald geht die Sonne auf.

 

04:00 Uhr: PARADISE LOST – „The Last Time“

Oh, süßer Schlaf, komm! Im Wegdämmern beschwörst du dich leise murmelnd selbst: „Das machst du nicht noch mal mit, das machst du nicht noch mal, das …“
Und irgendwo hinter dem übernächsten Zelt nähert sich eine langhaarige Person mit akuter Schlagseite und gefüllter Blase.
Metal! Fuckin‘ hell.

06.07.2018
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