Maroon
Listening Session zu "Order"

Special

Am 17. April erscheint die neue MAROON-Langrille „Order“ über Century Media. Die Einladung, uns die neuen Songs vorab anzuhören, haben wir von metal.de natürlich gerne angenommen und lassen euch gerne an unseren Eindrücken teilhaben.

MAROON haben sich für die Aufnahmen zu ihrem im April erscheinenden neuen Longplayer in der Klangschmiede E in Mellrichstadt eingefunden. Der Ort liegt mitten in der unterfränkischen Einöde, nahe den Grenzen zu Thüringen und Hessen. Eine Gegend, die den angereisten Schreiberkollegen aus den Westmetropolen ob seiner Tristheit nicht ganz geheuer ist. „Wir haben uns beim Hinweg schon ein wenig gefürchtet“ scherzt auch Century Media-Promoter Stefan, dem heute die Kontrolle über den Tagesablauf obliegt.
Hier, mitten im Nichts sozusagen, hat sich Markus Stock sein Studio eingerichtet. Markus ist kein Unbekannter, in der Szene genießt er unter seinem Pseudonym Ulf Theodor Schwadorf schon lange großes Ansehen, zuerst durchs sein Metal/Folk-Projekt EMPYRIUM, heute durch die Dark Metaller THE VISION BLEAK. Für MAROON lag die Entscheidung, sich für die Aufnahmen zur neuen Scheibe hierher zu verschanzen nicht im Wesentlichen an der recht offensichtlichen Tatsache, dass sie es nicht weit bis nach Hause hatten. „Wir wussten, welche Richtung wir mit dem neuen Album einschlagen und welche neuen Elemente wir einfließen lassen wollten. Und uns war sofort klar: Wenn einer weiß, wie sowas geht, dann Markus“, erzählt Sänger André mit sichtlichem Stolz in der Brust im direkten Anschluss an die Listening-Session, in der der versammelten Presseschar die neuen Songs im Rough-Mix präsentiert wurden.

Und die kamen aus dem Staunen zunächst nicht mehr raus. MAROON sind konsequent in der Umsetzung ihrer Ideen. Sie verändern sich, sie präsentieren dem Hörer etwas Neues, gleichzeitig bleiben sie sich selbst treu. Ein Durchlauf ist eigentlich viel zu wenig, um die neuen Nummern angemessen zu bewerten. Eins ist aber klar: MAROON bewegen sich ein klein bisschen weiter weg von ihren Hardcore-Wurzeln, ohne sie zu leugnen, ein logischer nächster Schritt nach der stilistischen Auslegung des Vorgängers „The Cold Heart Of The Sun“. Sie sind nun in erster Linie eine Metal-Band mit Hardcore-Einflüssen. UND mit frischen Ideen, die die gewohnten Brachialsounds nicht verwässern, sondern bereichern.

Nach einem sich langsam aufbauenden, bedrohlichen Gitarrenintro ertönt mit „Erode“ der erste Song. Ein infernalischer Hassbatzen mit melodischem Lead-Break und mitreißenden „Hey“-Shouts zum Ende. „Stay Brutal“ startet mit Double-Bass, überrascht dann mit einem gewaltigen Slow-Motion-Breakdown und einem ausgefeilten Solo. „A New Order“ wird sich mit seiner eingängigen Struktur sicherlich schnell zum Live-Klassiker entwickeln. Was zu diesem Zeitpunkt bereits auffällt, ist Andrés variabler Gesang. Natürlich verzichtet er auch weiterhin auf melodische Clean-Vocals, allerdings wirken sehr viele Passagen emotionaler, ergreifender schon fast. „Markus hat in der Hinsicht ganze Arbeit geleistet. Er hat mich meine Parts einfach singen lassen, 15 mal hintereinander, bis sie so waren, wie ich mir das selbst vorgestellt habe, ohne mir reinzureden. Dadurch habe ich wirklich das umsetzen können, was mir so vorschwebte. Die Arbeit mit ihm war einfach das Beste, was uns passieren konnte.“
Das Resultat dieser Arbeit sind Songs, wie das atmosphärische „Bleak“, das mit einem Akustik-Intro startet, sich mit mächtig-epischen Gitarren zu einer atmosphärischen, für MAROON-Verhältnisse fast schon „balladesken“ Düster-Nummer aufbaut, zur Mitte hin Fahrt aufnimmt, nur um dann wieder kläglich zusammenzubrechen. Ganz große Kunst, die dennoch genügend Raum für die gewohnte Brachialität und für mitreißende Gitarren-Leads lässt. Ähnlich verhält es sich mit „Leave You Scarred And Broken.“ MAROON schaffen Atmosphäre, die durchaus an Film-Soundtracks erinnert, aus den Songs schimmern Wut, Verzweiflung, Aggression und Zerbrechlichkeit, die Emotionen, die in einigen Momenten hochkochen erinnern an die letzten HAVE HEART-Outputs, sind dank der orchestralen Einflüsse aber dennoch etwas Eigenes, Neues. Umso gewaltiger wirken dann die auf den Punkt kommenden Gewaltausbrüche, wie „Bombs Over Ignorance“, das den Hörer mit einem derb-höllischen Groove fesselt, oder das von einem Drum-Intro eingeleitete „This Ship Is Sinking“, das sich ähnlich wie „The New Order“ live zu einem echten Vorschlaghammer mausern dürfte. „Wolves At The End Of The Street“ beginnt mit einem zweitsimmigen Gitarrenlead und entwickelt sich zu einem erneut MAROON-typischen Kracher mit hohem Aggressionslevel, bevor uns die Band mit „Schatten“ noch einmal aufs Äußerste überrascht. Nicht nur ist der gesamte Text auf deutsch gehalten (wobei der sehr griffige Vierzeiler im Refrain einen enormen Reiz hat), der ganze Song wirkt wie eine innere Achterbahnfahrt. Die Bedrohung kommt und geht, nach der Ruhe vor dem Sturm überfällt sie einen mit schierer Wucht und gerade als man denkt sie sei vorüber, wie der fast schon die Seele beruhigende Mittelteil suggeriert, bricht die Hölle noch einmal los. „Schatten“ endet nach über sieben Minuten mit einem hypnotischen Drum-Outro und verlangt nach dem letzten Ton nach Schweigen und Widerhall.

Auch André zeigt sich erfreut und begeistert vom Resultat: „Auch wir haben die Scheibe gerade zum ersten Mal in ihrer gesamten Pracht gehört. Ich wusste, dass es gut wird, aber so etwas hätte ich dann doch nicht erwartet“. Seine Begeisterung ist verständlich, denn zumindest nach dem ersten Durchgang wirkt das Werk sehr facettenreich, mit enormer Durchschlagskraft, und dank seiner vorherrschenden Brutalität, im Wechsel mit den düster-atmosphärischen Einsprengseln auch etwas erschlagend, im positiven Sinne. Der Albumtitel ist „Order“, so viel ist mittlerweile bekannt, auch das Cover-Artwork hat man der Öffentlichkeit inzwischen zugänglich gemacht.

Unmittelbar nach unserem Besuch begab sich die Band nach Schweden, so sich Soundlegende Frederik Nordström um den Mix kümmerte, der nun ebenfalls bereits abgeschlossen sein sollte. Am 17. April wird der neue Ableger dann in den Läden zu erwerben sein. Wie sich der Stil, den MAROON spielen, jetzt aber nennt, und ob man sich dem Metal oder dem Hardcore mehr verbunden fühlt, konnte jedoch auch André nicht wirklich beantworten und erwidert mit einem Lachen auf dem Gesicht: „Zur Zeit ist es ja wieder voll uncool, eine Metalcore-Band zu sein. Also sind wir jetzt vielleicht erst Recht eine, wer weiß?“
Eins ist sicher: Stilistische Limits und konsequentes Beharren auf eines der beiden Lager sind für MAROON allerspätestens jetzt kein Thema mehr.

20.02.2009
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