Lise Myhre
"Nemi" Buchbesprechung
Special
Zur Zeit sind Comics im Aufwärtstrend, doch das war nicht immer so. Das Comic musste sich in den Neunziger Jahren als Kunstform in Europa erst etablieren. Was in Amerika seit je her Gang und Gäbe ist, war hierzulande lange Zeit nicht salonfähig. Doch seit mehreren Jahren nimmt die Themenvielfalt im dem Genre rapide zu – aber Comics, die Metal bzw. die die Szene im Allgemeinen zum Sujet machen, sind immer noch rar gesät. Genau hier setzt das norwegische Comicband „Nemi“ von Lise Myhre an. Nemi, das vermeintliche Alter Ego der Comiczeichnerin, ist ein sympathisches Gothic-Girl, die ausschließlich Männer, Saufen/Party, Schokolade und Metal im Kopf hat.
In meist nur drei Bildern wird eine kleine Geschichte erzählt, die stets witzig ist und nicht selten den Nagel auf den Kopf trifft, denn die Beobachtungsgabe der Zeichnerin, und das muss man ihr wirklich lassen, ist exzellent. Sie schafft es Alltägliches pointiert und humoristisch abzubilden. Besonders häufig wird die Geschlechterrolle aufs Korn genommen – hier werden sowohl Männer als auch Frauen sehr überspitzt dargestellt. Geschickt versteckt wird sich sozialkritisch geäußert und der Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten. Die Comicheldin zeichnet sich durch sehr unberechenbares Verhalten, in Bezug auf Männer und Schokolade, aus, doch sie beweist unerschütterliche Moral zum Beispiel beim Tierschutz. Obwohl der Begriff „Comicheldin“ hier nicht ganz stimmt. Sie ist kein Superheld, wie man es von amerikanischen Comics kennt – sie ist alles andere als das! Besonders sympathisch ist ihre Fehlbarkeit, so wacht sie nach einer durchzechten Nacht häufig neben fremden Männern auf. Ihre Unvollkommenheit ist ebenfalls sehr nachvollziehbar, so kann sich auch bei Schokolade nicht zurückhalten. Insgesamt ist die Comicfigur sehr liebenswert und sehr menschlich dargestellt.
Neben den kurzen Comicstrips gibt es auch die längeren, ausführlicheren, wobei die kurzen prägnanten Strips, die nur über drei Bilder gehen, viel witziger sind. Für Abwechslung sorgen die vereinzelten in Farbe gehaltenen Comicbilder, doch auch hier muss man sagen, dass die Schwarz-Weiß-Bilder mehr rocken!
Was man diesem Comic auf jeden Fall hoch anrechnen muss, ist, dass er uns Männer aufklärt, warum Frauen in Wirklichkeit so ticken, wie sie ticken und warum sie allesamt so verrückt und unbrechbar sind. Das Geheimnis wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten, dazu muss man sich schon das Comic zulegen!
Alles in allem debütiert das Comicband sehr gelungen. Weder die edle Hardcover-Aufmachung, noch der Inhalt bieten Kritikpunkte. Und ich bin mir sicher, dass der norwegische Export auch hier schnell eine große Fanschar für sich einnehmen wird. Denn was Metalkultur angeht, war Norwegen schon immer wegweisend!
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