Legend Of Wacken
Die Kritik zur Serie
Special
Nach der Kinodokumentation „Wacken – Der Film“ kommt jetzt die fiktionalisierte Version der Geschichte des Wacken Open Air in Form der Fernsehserie „Legend Of Wacken“. Charly Hübner und Aurel Manthei spielen die Gründer Holger Hübner und Thomas Jensen. In der Gegenwartshandlung. Der Großteil der Serie spielt sich allerdings in der Vergangenheit ab.
„Legend Of Wacken“ wirkt unglaubwürdig
Dort stehen Sammy Scheuritzel als Holger Hübner und Sebastian Jakob Doppelbauer als Thomas Jensen vor der Kamera. Insbesondere in den ersten drei der sechs Folgen stehen sie im Mittelpunkt von „Legend Of Wacken“. Hier erzählt die Serie den gemeinsamen Werdegang der beiden von ihrem ersten Treffen bis zum zweiten Wacken Open Air im Jahr 1991. Oder zumindest gibt sie das vor.
Denn was sich im Laufe der sechs Folgen entfaltet, ist selbst für eine fiktionalisierte Erzählung viel zu überspitzt. Eine Erzählung braucht Konflikte, logo. Doch die persönlichen Streitereien, die die Serie Hübner und Jensen andichtet, wirken vollkommen unglaubwürdig.
Streit statt Zusammenhalt
So, wie die beiden sich hier an die Gurgel gehen und auseinanderleben, wäre es im echten Leben vollkommen unmöglich gewesen, das Festival so großzumachen. Wer selbst mal ein Konzert organisiert hat, weiß, wie viel Aufwand selbst die kleinste Jugendzentrumsshow bedeutet. Da ist Zusammenhalt gefragt.
Genau den zeigen Holger Hübner und Thomas Jensen im echten Leben, wenn es um die Promo zu ihrem Festival und zur Serie geht. Auch im offiziellen Making-Of treten sie als geschlossene Einheit mit einem klaren Ziel auf. Das verträgt sich kein bisschen mit der Darstellung in der Serie, die – Achtung, Spoiler – darin gipfelt, dass Hübner im Jahr 2022 damit droht, aus dem Festival auszusteigen.
Anstatt davon zu erzählen, wie die Arbeit am Festival zusammenschweißt, erzählt „Legend Of Wacken“ vor allem davon, wie sich die beiden Wacken-Chefs zerstreiten. Natürlich ist es schwierig nachzuvollziehen, wie viel Wahrheit darin steckt. Doch angesichts der überwiegend dümmlichen Dialoge und der vollkommen überzogenen Inszenierung, die manches Mal an „Wayne’s World“ erinnert, ohne je dessen Charme zu verbreiten, fühlt sich hier alles fragwürdig an.
An der Grenze zur Beleidigung
Noch schlimmer wird es, wenn bekannte Persönlichkeiten der Metal-Szene in Erscheinung treten. Insbesondere die Charakterisierung von SAXON-Frontmann Biff Byford grenzt an Beleidigung. Die Serie stellt ihn in der Vergangenheitshandlung als geldgeilen Arsch dar, der Anfang der 90er lieber Kohle mit Immobilien scheffelt, anstatt auf Tour zu gehen.
Angesichts der Tatsache, dass SAXON zu den wenigen traditionellen Bands zählen, die in den 90ern mit konsequenten Veröffentlichungen und Touren an ihrem Sound festgehalten haben, kommt diese Darstellung einem Schlag ins Gesicht gleich. Nur dank Holger Hübners Hartnäckigkeit, mit der er SAXON für das zweite Wacken Open Air gewann, fand Byford laut der Serie auf den Metal-Weg zurück. Dumm nur, dass die Band in Wahrheit erst bei der dritten Festivalausgabe aufgetreten ist.
In ihrer Erzählung ergießt sich die Serie in Klischees, die mit der realen Geschichte kaum noch etwas gemein haben. Und das, obwohl die Wirklichkeit spannend genug spannenden Stoff für eine Serie liefert. Holger Hübner und Thomas Jensen hatten bekanntlich mit einigen Widerständen auf dem Weg zu Mega-Festival zu kämpfen. Diese kommen in der Serie vor, aber zumeist am Rande. Im Fokus stehen gefühlt frei erfundene Dramen. Da wäre mehr drin gewesen.
Der Soundtrack rettet „Legend Of Wacken“ nicht
Ein paar Pluspunkt hat die Serie allerdings. So erweckt sie die norddeutsche Provinz Anfang der 90er mit einer authentischen Kulisse wieder zum Leben. Die Bühnenaufbauten des ersten Wacken-Festivals sehen den tatsächlichen derweil zum Verwechseln ähnlich. Dazu kommt ein exzellenter Soundtrack mit Songs von METALLICA, ANNIHILATOR, MOTÖRHEAD und vielen mehr.
Das alles täuscht aber nicht über das furchtbare Storytelling und die überwiegend peinlichen darstellerischen Leistungen hinweg. „Legend Of Wacken“ verpulvert sein ganzes Potenzial für eine austauschbare Serie, wie es sie im Privatfernsehen in endloser Masse gibt. Bitte, bitte keine zweite Staffel hiervon.