Kein Metal, aber...
...für Metalheads vielleicht trotzdem interessant.

Special

ALEX CAMERON

Alex Cameron - Miami Memory

Alex Cameron – Miami Memory Cover

Den Bühnencharakter des Alex Cameron in Worte zu fassen ist nicht leicht, aber vermutlich trifft es der Begriff eines leicht verwahrlosten David Bowie der Neuzeit am ehesten, eine Art sympathischer Loser, der seine mitunter expliziten Eskapaden in einen mal mehr, mal weniger Synth-schwangeren Heartland-Sound packt. Er wirkte unter anderem an einem der einschlägigeren Meme-Songs des vergangenen Jahrzehnts, „Big Enough“ von Kirin J. Callinan, mit. Ebenso zählen Songwriting-Credits bei den KILLERS zu seiner Vita, die sich auch hier und da in seiner eigenen Musik niederschlagen, besonders explizit im Track „Politics Of Love“, in dem Brandon Flowers als Gastsänger auftritt.

Ein sympathischer Loser mit Charme, Charisma und einem ungefiltertem Mundwerk

Cameron auf der Bühne zu sehen ist ein Spektakel. Sein ungelenker aber vor Selbstbewusstsein nur so strotzend inszenierter Hüftschwung sucht weit und breit Seinesgleichen und sein für Australier typisch kruder Humor in und um die Songs hält, was er verspricht. Entsprechend sind auch die Texte in seinen Songs oftmals durch Frivolitäten, teilweise auch durch Grauzonen geprägt. Doch Camerons nonchalante Bowie-Gedenk-Intonation (im Sinne dessen früherer Werke wie z. B. „Hunky Dory“) füllt jeden einzelnen Takt mit derart viel Charme und Charisma, dass man ihm selbst in den zweifelhaftesten Momenten der Marke „Studmuffin96“ an den Lippen hängt.

Stets begleitet wird er durch seinen Saxofonisten und „Geschäftspartner“ Roy Molloy, der seine Marke in nahezu jedem seiner Tracks hinterlässt. Das fügt den nah an AOR-Wassern gebauten Pop-Hits noch einmal eine Extra-Portion Eighties-Charme hinzu, speziell wenn sich Molloys Saxofon zu jubilierenden Höhen aufschwingt wie in „Best Life“. Und doch wird hier kein purer Achtziger-Fetischismus betrieben, da die luftigen, texturierten Synths, die viele Songs unterfüttern, etwas glasklar Modernes in den Sound hinein bringen. Nur speziell auf früheren Tracks wie „Happy Ending“ oder „Mongrel“ sind diese noch von antiquierter Natur.

Mit dem damals unabhängig und kostenfrei veröffentlichten Debüt „Jumping The Shark“ erlange Alex Cameron 2013 relativ zügig Aufmerksamkeit und konnte sich so auf eine Tour zusammen mit u. a. FOXYGEN heraufschwingen. Dem folgte sein vermutlich bis heute bestes Werk „Forced Witness“, auf dem er praktisch Hit an Hit gereiht hat ohne nennenswerte Ausfälle, während die beiden folgenden Alben „Miami Memory“ mit mehr Gewichtung auf den Heartland-Aspekt und das fast nach Karaoke klingende „Oxy Music“ auch gut sind, in ihrer jeweils eigentümlichen Weise aber nicht ganz an „Forced Witness“ herankommen.

Alex Cameron inszeniert seinen rockigen Pop mit zwei Gesichtern geschmackssicher und memorabel

Sich auf Alex Cameron einlassen ist ein seltsames Erlebnis, eine Mischung aus sich in sensationell sahnigem Pop Verlieren und dann  Augenbrauen emporhievend Aufschrecken, weil man wieder mal über einen der großartig kruden Texte gestolpert ist. Sei es der Titeltrack von „Miami Memory“ mit der Refrainzeile „Eating your ass like an Oyster, the way it came like a Tsunami“ oder das kongeniale „True Lies“, das man am besten komplett ungespoilert erleben sollte, einfach weil es so skurril ist und seine verwahrloste Persona so richtig schön in Szene setzt.

Es gibt durchaus auch reflektierte Facetten bei Camerons Musik, die sich vermehrt in seinen späteren Werken tummeln. Der Titeltrack von „Oxy Music“ deutet beispielsweise suizidale Gedanken an. Etwas weniger drastisch, aber nicht minder ernst ist auch „Far From Born Again“, eine durchaus erwachsene Reflexion über das horizontale Gewerbe. Doch egal wie humorvoll oder seriös, Alex Cameron lässt seinen Charme zu keiner Zeit missen. Wer also auf der Suche nach rockigem Pop ist mit leichtem artsy Flair, kühlen Synths und einem Bowie-artigem Sprachrohr auf der einen, dazu herrlich konträr laufender Lyrik mit Hang zum Anstößigen auf der anderen Seite, der ist hier bestens aufgehoben.

Autor: Michael Klaas

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24.05.2024

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Dropkick Murphys und Eivør auf Tour

1 Kommentar zu Kein Metal, aber... - ...für Metalheads vielleicht trotzdem interessant.

  1. sardine sagt:

    Schönes Special und ich finde das auch interessant.
    Aber die Dropkick Murphys als „Geheimtipp“ ? Gibt es wirklich Leute die in Metal/Rock Bereich unterwegs sind und die Murphys nicht kennen? Ich vermute nicht und wenn sind es <3%
    Die spielten doch schon auf allen großen "Metal" Festivals.
    Nur ein Hinweis – keine Kritik – ich persönlich mag die Murphys seit ihrer ersten Platte 'Do or Die' aus 1998 und seitdem eigentlich keine Platte verpasst.
    Btw. wer auf Dropkick Murphys steht sollte sich mal die deutsche (saarländische) Band "The Feelgood McLouds" antesten, ich finde dass die denen sehr ähnlich sind und dennoch eigenständig genug um kein Abklatsch zu sein.