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Das meint die Redaktion zu "Profan"

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Wo Band xy draufsteht, ist auch Band xy drin? Dass nicht jede Veröffentlichung dieser Logik folgt, ist klar. Auch KAMPFAR haben eine musikalische Entwicklung hinter sich, die mit „Profan“ weitergeführt wird. Bedeutet, dass der Folk-Anteil noch ein Stück weit mehr reduziert und durch direkten Black Metal ersetzt wurde. Kollege Fabian hat „Profan“ in seiner Hauptreview mit sieben Punkten bewertet. Warum man das neue Werk sowohl nach oben als auch nach hinten hin anders hören kann, lest ihr in unserem „Das meint die Redaktion“-Special.

So fix waren sie noch nie: KAMPFAR haben sich sonst immer mächtig Zeit zwischen ihren Alben gelassen, „Profan“ erscheint jetzt allerdings nicht einmal ganze zwei Jahre, nachdem sein Vorgänger „Djevelmakt“ das Licht der Welt erblickt hat. Schnellschuss? Keineswegs: Die Norweger sind auf ihrem siebten Full-Length-Album technisch und in Sachen Songwriting so gut wie eh und je, bieten mit unter anderem „Profanum“, „Icons“ oder „Daimon“ ein paar klar hitverdächtige Stücke, und schön ist vor allem, dass Sänger/Bandkopf Dolk sich auf „Profan“ so abwechslungsreich zeigt wie seit den Neunzigern nicht mehr.

So weit, so gut. Trotzdem ist „Profan“ weit, weit davon entfernt, an KAMPFARs Glanzzeiten anzuschließen. Klar, ein zweites „Mellom Skogledde Aaser“ erwartet heute keiner mehr von der Band (warum auch, die Platte gibt’s ja schon) – aber ein bisschen mehr rauschend-rasende Black-Metal-Kälte, ein bisschen mehr „Hymne“, ein bisschen mehr Atmosphäre hätte es schon sein dürfen. Und vor allem den Verzicht auf 08/15-Langeweile wie die erste Hälfte von „Pole In The Ground“. Somit ist „Profan“ besser als vieles, was KAMPFAR in den 2000ern sonst veröffentlicht haben, aber einen weiteren Klassiker haben sich die Herren rund um die sympathische Frontsau Dolk auch nicht in die Diskographie geschmiedet.

(6/10 | Stephan Möller)

Sie gehen ihren mit „Mare“ eingeschlagenen und mit dem im vergangenen Jahr veröffentlichten „Djevelmakt“ fortgesetzten Weg konsequent weiter: KAMPFARs neues Album „Profan“ ist die logische Folge der genannten Werke, was bedeutet, dass die Folkeinflüsse, die früher einen so großen Anteil an der Musik der Norweger ausgemacht haben, heute etwas weniger offensichtlich mitschwingen und weniger vordergründig präsentiert werden.

„It only gets bleaker and colder from here. ‚Profan‘ represents no hope, a life of filth, a surrender to the laws of Death and the Scythe“, sagt Frontmann und Sänger Dolk zum neuen Album, und passend dazu zieht das Album seine Kraft eher aus dem Black denn aus dem Folk Metal: weniger Melodien, vielleicht auch weniger Lieblichkeit, dafür verstärkt Black-Metal-Gitarrenharmonien und -riffs. Wenn Kollege Schneider bemängelt, dass dem Album die Hitdichte im KAMPFARschen Sinne etwas abgeht, hat er vielleicht recht. An dessen Stelle hat die Band aber etwas gesetzt, das ebenso zündet – schwarzmetallische Riffs, Harmonik und Drive (beispielsweise in „Profanum“ in einer äußerst gelungenen Kombination zu hören). Unterm Strich ist „Profan“ ein weiteres überzeugendes Werk in der KAMPFAR-Diskographie.

(8/10 | Eckart Maronde)

Da ist es endlich, das neue KAMPFAR-Album „Profan“. Mein Ersteindruck war eigentlich sogar sehr positiv. Das vorab veröffentlichte „Daimon“ hat sich ja schon als wahre Macht entpuppt und ist tatsächlich der ungewöhnliche Höhepunkt des Albums. Der beschwörerische Gesang hat etwas Böses, Unheilverkündendes an sich. Wenn Dolk dann mit seinem Krächzgesang einsetzt, möchte man vor Freude am liebsten zur Axt greifen und dem schlechten Geschmack mal ordentlich eine zimmern. Auch das abschließende „Tornekratt“ kann durch seinen epischen Gesang und dem stampfenden Rhythmus überzeugen.

Das klingt fast schon zu schön, um wahr zu sein und – nun ja – einige Songs haben dann doch so ihre Probleme: Nach dem guten Opener „Gloria Ablaze“ rumpelt „Profanum“ heran. Dieses beginnt mit einem richtig geilen Riff im bollernden 6/4-Trümmer-Takt, doch dann biegt der Track in standardgemäße Black-Metal-Gefilde ab. Dafür überzeugt der Song nach der etwas zähen ersten Hälfte mit einem großartigen zweiten Part aber umso mehr.
Tatsächlich ist mir ein seltsames Schema aufgefallen: Die Songs „Profanum“, „Icons“, „Skavank“ und „Pole In The Ground“ zeichnen sich allesamt durch einen Black-Metal-typischen, vergleichsweise mäßigen Auftakt und eine jeweils überragende zweite Hälfte aus. Gerade am Ende von „Skavank“ hat man das Gefühl, dass KAMPFAR den Weltuntergang vertonen wollten. Warum nicht gleich so gut? Warum muss der Song am Anfang ein so furchtbar eintöniges Hauptriff haben? Auch „Icons“ wird erst so richtig interessant, wenn das monotone Geboller des ersten Teils durch fiese triolische Rhythmen aufgebrochen wird.

Um es mal auf den Punkt zu bringen: Im Wesentlichen vermisse ich beim Songwriting eine gewisse Dynamik. Und Unberechenbarkeit. Die Momente, die bei mir im Gedächtnis haften bleiben, sind erschreckend rar. Selten erwischt mich „Profan“ wirklich auf dem falschen Fuße oder sorgt für die reflexartig nach oben schnellende Faust. Ich meine: KAMPFAR beweisen auf diesem Album, dass sie richtig große Momente heraufbeschwören können. Da fragt man sich schon, warum sie dieses Niveau nicht über die gesamte Albumstrecke halten wollten.

Immerhin: Die Produktion ist kalt und rau. Grooves und anderweitig drückende Rhythmen kommen immer noch wunderbar zur Geltung. Mir gefällt vor allem, dass der Gesang von Dolk trotz der wuchtigen Gitarrenwände stets präsent ist. Und man hört trotz der sägenden Riffs die subtilen Synthesizer gut heraus. Ich persönlich hätte aber auch nichts dagegen gehabt, wenn KAMPFAR dem Album einen ähnlich drückenden Sound wie seinerzeit „Mare“ verpasst hätten, so umstritten der auch sein mag. Nur so ein Gedanke.

Tja, es macht einen mächtigen Ersteindruck, das neue KAMPFAR-Album. Schürft man aber tiefer, merkt man, wie unspektakulär „Profan“ teilweise ist. Das Album bietet gleichermaßen große, wahrhaft majestätische Momente und dann (leider) wieder typisches Black-Metal-Geboller aus der Retorte. Kann man sich dennoch durchaus mal reinschrauben.

(6/10 | Michael Klaas)

Diese Unschlüssigkeit. Aber es bedeutet ja schon etwas, wenn mir das neue KAMPFAR-Album auch nach dem vierten Durchlauf noch keinen passenden Schlüssel reicht, um vollends in „Profan“ einzutreten. Wobei das recht kurios ist, denn der Anfang ist dermaßen gelungen: geradezu majestätisch, wie das Riff nebst dämonischem Gebrabbel zweimal kurz auflodert, um dann im fies-fröhlichen Zusammenspiel mit einem gesprochenen Part als Bienenschwarm loszupreschen. Zu dem Zeitpunkt steht das „Profan“-Tor sperrangelweit offen, wird durch vereinzelte Beliebigkeit in der Folge aber immer wieder zugeschlagen. Dann einen Spalt weit geöffnet, durch die vortreffliche Melodiearbeit in „Icons“ und „Daimon“ beispielsweise. Oder den Refrain von „Tornekratt“, der geradezu prickelnd unter die Haut geht. Auch der epische Hymnen-Charakter in „Daimon“, sowohl instrumental als auch durch die „hooklinigen“ cleanen Vocals, weiß zu überzeugen.

So ist das Hörerlebnis von „Profan“ mitnichten in seiner Gänze beliebig. Zwischen den eben betonten Stärken schwächelt das Werk aber: einige austauschbare Riffs, wenig Aha-Momente. Will heißen: Die neuen Songs drängen mich nicht gerade dazu, das Teil noch mal zu starten. Wobei vor allem die zwei genannten Tracks („Icons“ und „Daimon“) näher als nah am Hit-Status sind. Das erklärt dann auch die Wertung, wenn auch mit leichter Neigung nach unten zur sechs. Trotzdem könnte „Profan“ überraschen, weil der Black Metal in seiner traditionelleren Spielweise deutlich mehr in den Vordergrund gerückt ist. Ja, KAMPFAR zocken anno 2015 wesentlich direkteren Schwarzmetall, der nicht selten an Bands wie ISVIND erinnert. Tja, ich werde mich dennoch weiterhin hingebungsvoll in „Kvass“ stürzen. So ist das eben mit Meisterwerken: Schön, wenn man sie in der Diskographie hat, aber man wird eben auch immer wieder an ihnen gemessen. Und von „Kvass“ ist „Profan“ meilenweit entfernt, egal wie kämpferisch KAMPFAR auftreten.

(7/10 | André Gabriel)

17.11.2015
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