Hit or Shit?
Kadaverficker - Superkiller
Special
„Superkiller“ = Shit
Es ist wirklich lange her, dass ich mich mit einem Album so sehr gequält habe, wie mit diesem hier. Und nahezu jeder Faktor, der „Superkiller (A Musical Journey Between Life And Death)“ so unerträglich macht, hat mit der schieren Länge dieser Veröffentlichung zu tun. Wer hat dem Goreminister den Floh ins Ohr gesetzt, dass ein über 70 Minuten andauerndes Album eine gute Idee ist? Klar, dadurch, dass sich KADAVERFICKER heuer nun mehr dem Dark Metal geöffnet haben und diesen praktisch auf mindestens der Hälfte der Spielzeit zelebrieren, mit einigen Fragmenten ihres einstigen, Grind-affinen Sounds hier und da, meist in Form gurgelnder Growls (z. B. „Unethical Machines“) hervorblitzend, öffnen sie natürlich die Tür für einen interessanteren Sound. Aber da zieht das viel zu simple Songwriting einfach nicht mit.
„Superkiller“ ist leider alles andere als „Super“
Dabei ist „Superkiller“ nicht einmal so anstößig schlecht, dass man Witze darüber machen und so irgendeine Form von Unterhaltungswert aus dem Album ziehen kann. Es ist vielmehr ein ermüdender, aus nicht nachvollziehbaren Gründen aufgedunsener Drill der Langeweile; im Grunde bringt’s der Songtitel „Not So Bad, But Bad“ auf den Punkt. Das einleitende „Counterfeit“ trifft den Hörer, der irgendetwas anderes als besagten Deathgrind im Sinne des Vorgängers „Kaos Nekros Kosmos“ erwartet hat, schon wie ein Schlag ins Gesicht. Ein Stilwechsel ist prinzipiell erst mal nichts schlechtes und diese Richtung hat sich ansatzweise schon auf „Kaos Nekros Kosmos“ angedeutet, aber wenn Goreminister und Co. so klingen wie die SISTERS OF MERCY mit einer Baldrianabhängigkeit, dann läuft etwas gehörig schief.
Es dauert im Grunde eine ganze Weile bis mit „All The Corpses Dance“ der erste Song läuft, bei dem die Rechnung endlich einmal aufgeht. Hier klingen KADAVERFICKER erstmalig auf „Superkiller“ so, als stünden sie gesammelt hinter ihrer Dark-Metal-Seite. Die Hook ragt richtig schön prägnant aus dem Sound hervor und nennt dabei sogar ein klein bisschen Cheese ihr eigen, die begleitenden Riffs sind simpel aber effektiv. Es funktioniert auf diesem Song schlichtweg. Ein bisschen gespalten bin ich bei dem noch käsigeren „18 And Death“, bei dem KADAVERFICKER ebenfalls ziemlich entfesselt und selbstbewusst klingen. Es versucht, dieser große Stadionstampfer zu sein, aber irgendwie klingt der Sound dafür nicht dick genug aufgetragen, was gerade das Finale wie ein Sturm im Wasserglas wirken lässt. Immerhin versuchen sie es etwas beherzter als sonst.
KADAVERFICKER haben gefühlt nichts rausgefiltert
Man muss diese seltenen Lichtblicke auf „Superkiller“ genießen, denn über einen Großteil der Zeit wirken KADAVERFICKER eher so, als würden sie verzweifelt nach Ideen für Songs suchen. Einerseits intonieren sie ihre mit Klargesang versehenen Songs zu selten mit dem nötigen Schmiss, sodass sich diese oftmals wie bestellt und nicht abgeholt anhören, wenn sie wie in „Not So Bad, But Bad“ nicht gerade an der Schwelle zur Peinlichkeit vorbeischrammen. Und wenn sie gerade mal nicht vergeblich versuchen, große Hooks zu schreiben, fahren sie einen Midtempo-Blackened-Death, der bestenfalls in einem schmackhaften Häppchen für zwischendurch („Perennial Death“, „New Corpse“), schlimmstenfalls in einem eindimensionalen, einfältigen Haudrauf („Death On Demand“) resultiert.
Das ist ein riesiges Problem mit „Superkiller“ und der Grund, warum sich diese 71 Minuten so qualvoll anfühlen. Es wirkt wie ein orientierungslos zusammen gekleisterter Demo-Marathon, die Trackliste wie ein Durcheinander ohne Sinn für Struktur. Die Dark-Metal-Songs wirken teilweise so, als hätte die Band einmal zu oft Lob für ihre GHOST-Hommage „Deus Ex Sathanas“ vom Vorgänger eingefahren, sodass sie nun mit aufgeblähter Hose so ziemlich alles, was ihnen in irgendeiner Art und Weise in dessen musikalischen Umfeld vor die Flinte gelaufen ist, genommen und an die Wand gefeuert hat, um zu sehen, was hängen bleibt. Hier wurde wirklich gar nichts rausgeschnitten, jede Idee, egal wie durchschnittlich oder ausgegoren, wurde gefühlt auf das Album gepackt in der Hoffnung, dass irgendwas brauchbares dabei herauskommt. So zumindest fühlen sich diese Songs für mich an.
Goreminister und Co. produzieren ein aufgedunsenes Durcheinander
Da überrascht es auch nicht mehr, dass in „Pale Shadows“ plötzlich aus dem Nichts eine Fiedel auftaucht, die ein paar Schlenker hinterlässt, nur um dann gefühlt unverrichteter Dinge wieder unterzutauchen. Der Song ist kein bisschen besser oder schlechter durch den Einsatz der Violine, es ist mehr eine Kuriosität, die lediglich mal kurz eine Augenbraue emporhievt. Ebenso kapituliert unsereins vor den ebenso aus dem Nichts auftauchenden Pop-Punk-Licks des folgenden „The Fan And The Bellows“, das daraus aber immerhin eine halbwegs brauchbare Hook formt, besagte Licks aber dann auch etwas zu beharrlich fürs eigene Wohl exerziert. Das abschließende TALKING HEADS-Cover „Psycho Killer“ bringt dann die Zerfahrenheit des Werkes auf den Punkt. Der Song klingt wie ein einziges, unsortiertes Durcheinander, das als spaßige Überraschung auf einer Demo nicht weiter gestört hätte, nicht aber als Track auf einem Studioalbum.
„Superkiller“ ist einfach eine einzige Fehlkalkulation. Dass KADAVERFICKER im Rahmen dieser aufgeblähten Trackliste zwangsläufig ein paar brauchbare Songs produzieren, liegt einfach an deren musikalischer Gewandtheit, wenn das Songwriting mal stimmt. Hier hätte einiges an Self-Editing wahre Wunder bewirken können. Die Hälfte der Songs hätte es locker getan, dann hätten Goreminister und Co. umso mehr Energie in den Feinschliff investieren können, anstatt die Trackliste so sehr aufzublähen. Vielleicht beim nächsten Album, vielleicht investieren sie im nächsten Album deutlich mehr in einzelne Songs für ein kürzeres, aber dafür ausgefeilteres Vergnügen, Konzept hin oder her. Aber in seiner jetzigen Form ist „Superkiller“ kaum mehr als eine Fleißübung, die sich nur geringfügig lohnt.
(Michael Klaas)
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Stile | Death Metal, Grindcore, Horror-Punk, Horror-Punk, Rock |
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Nee, lass mal… Als Youtuber mit nem gewissen Pegel einigermaßen erträglich, als Kapelle aber eher mit Partyfaktor. Gönne jedem den Spaß, aber meins ist das nicht