Kadavar
Der metal.de-Listening Report zu "For The Dead Travel Fast"
Special
Wer auf handgemachten, retrolastigen Stoner Rock steht, sich musikalisch in der Hard Rock-Ära der 1970er-Jahre zuhause fühlt oder einfach nur eine Schwäche für Männer mit langen Bärten und Schlaghosen hat, für den führte in den letzten Jahren kein Weg an KADAVAR vorbei. Das Berliner Trio sorgt seit einem knappen Jahrzehnt in mal mehr, mal weniger regelmäßigen Abständen für fette Riffs und noch viel fettere Live-Shows. Auch mit ihrem letzten Studioalbum „Rough Times“ und den darauffolgenden Touren mit Top-Acts wie MANTAR oder MONOLORD konnten die drei Wahlberliner eindrucksvoll beweisen, warum sie zur absoluten Speerspitze des Genres gehören.
Mit „For the Dead Travel Fast“ (Release: 11. Oktober 2019 via Nuclear Blast) steht nun Album Nummer fünf in den Startlöchern und es brennt die Frage, ob die sympathischen Retro-Rifflords ihren Fans auch diesmal feinste Stoner Rock-Kost servieren. Einen ersten Eindruck der Platte erhaltet ihr in unserem ausführlichen Listening Report!
„For the Dead Travel Fast“ – So klingt die neue Platte
1. The End: Ein unglaublich atmosphärisches Intro: Vom angedeuteten Heulen des Windes zu Beginn des Songs, über die geisterhaft-dezente musikalische Untermalung, bis hin zu Lupus Lindemanns unheimlichen, ruhigen Vocals bringen diese zweieinhalb Minuten alles mit, was es bedarf, um ordentlich Spannung aufzubauen.
2. The Devil’s Master: Mindestens genauso spannend geht’s weiter: Der schwer-drückende Gitarrensound nimmt nach etwa einer Minute so richtig Fahrt auf. Hier sticht besonders die roh-dröhnende Bassline hervor. Die Nummer entwickelt sich zu einem ordentlichen Brett in klassischer KADAVAR-Manier. Hier und da schwingen unheilvolle Nuancen mit, die richtungsweisend für den Rest der Platte sind. Das rockige Gitarrensolo gegen Ende des Songs verleiht dem Track den letzten Feinschliff und lässt hoffen, dass das Trio auch auf dem Rest von „For the Dead Travel Fast“ diesen Siegeszug fortsetzt.
3. Evil Forces: Weitaus schwungvoller, aber nicht minder doomig bahnt sich „Evil Forces“ seinen Weg durch die Gehörgänge. Fetzige Riffs mit eindeutigem SABBATH-Einschlag, abwechslungsreiches Drumming und der variable Gesang liefern einen größtenteils geradlinigen, dafür umso stimmigeren Song, der zum Ende das ohnehin flotte Tempo noch einmal anzieht.
4. Children of the Night: Auch hier liefern KADAVAR von Beginn an das ganz große Kino: Während der etwa anderthalbminütigen Eröffnung schwebt „Children of the Night“ vor allem dank des sich langsam aufbauenden, spannungsgeladenen Gitarrenspiels noch irgendwo zwischen unterschwelliger Melancholie und seiner bedrückend düsteren Klangkulisse. Dann der Bruch: Die Nummer wandelt sich in ein rhythmisch-rockendes Feuerwerk, das mit seinem bedrohlichen Touch und dem progressiven Songwriting einiges hermacht. Obendrein überzeugt auch das wild-virtuose Gitarrensolo vollends.
5. Dancing With the Dead: „Dancing With the Dead“ trumpft mit seiner wohligen Retro-Atmosphäre auf und erinnert musikalisch oft an das Frühwerk des Trios. Gitarre, Bass und Drums verschmelzen harmonisch miteinander und liefern einen behaglichen Sound, in dem man sich schnell verliert – als vergleichsweise ruhige und besinnlichere Nummer an diese Stelle genau richtig!
6. Poison: Auf „Poison“ geben KADAVAR wieder Vollgas! Bereits das unglaublich mitreißende Gitarrenriff zu Beginn macht ordentlich Bock auf die Nummer. Die kann vor allem dank des energiegeladenen, eingängigen Chorus und dem abwechslungsreichen Gitarrenarrangement punkten. Der Wechsel aus dem Volle-Kraft-voraus-Sound und dem schwermütigen Touch des Songs runden die ganze Sache ab.
7. Demons In My Mind: Mit seinem ausufernden Sound und dem psychedelischen Einschlag gehört „Demons In My Mind“ zu den experimentelleren Songs der Platte. Für seine Spielzeit von etwas weniger als fünf Minuten gibt es darauf jedoch allerhand zu hören: stampfende Drums, drückende Basslines, verspielte Gitarrenklänge und mystisch anmutende Vocals – ein Hochgenuss!
8. Saturnales: Direkt danach sorgt das beklemmend-balladeske „Saturnales“ für eine unglaublich finstere Atmosphäre, die sich – wie eingangs erwähnt – über weite Strecken durch „For the Dead Travel Fast“ zieht. Im Vergleich zum Rest der Platte ist der Song mit seiner ruhig-melancholischen Gitarrenbegleitung zwar eher einfach gehalten, jedoch nicht minder spektakulär.
9. Long Forgotten Song: Das ganz große Finale bleibt natürlich nicht aus! Wie „Saturnales“ setzt „Long Forgotten Song“ (zunächst) auf tieftraurige Melodien und eine Extraportion Atmosphäre. Schon bald doomt die knapp achtminütige Nummer jedoch ganz langsam los und setzt mit ihren schleppenden Riffs und dem wehklagenden Gesang deutliche Akzente. Dabei kreieren KADAVAR einen fließenden Übergang zwischen Doom-Einflüssen und dem bandeigenen Retro-Sound. Dass auch dieses Mal das rockige Gitarrensolo absolutes Highlight der abwechslungsreichen Nummer ist, erklärt sich angesichts der außerordentlich guten Songwriterqualitäten der Band fast von allein.
Ein Grund zur Freude: KADAVAR sind zurück!
Auch wenn die eigentliche Review zu Album Nummer fünf natürlich noch aussteht und hier nur die ersten, aber dennoch bereits überzeugenden Eindrücke geschildert wurden, ist eines ganz klar: „For the Dead Travel Fast“ ist der unwiderlegbare Beweis dafür, dass eine Band musikalische Wagnisse eingehen kann, ohne dabei den eigenen Sound zu vernachlässigen: düsterer, doomiger, atmosphärischer – KADAVAR laufen einmal mehr zur Bestform auf!