Judas Priest
"Redeemer Of Souls" - Das meint die Redaktion
Special
Ein neues Album von JUDAS PRIEST wird bei Erscheinen immer heiß diskutiert. Vor allem das letzte Studiowerk „Nostradamus“ wurde zum Gegenstand zahlreicher Debatten. Wie können Priest nur so ein langweiliges Konzeptalbum heraus bringen? Kaum sechs Jahre später hat man sich an das Album gewöhnt, da kommen die Briten mit „Redeemer Of Souls“ um die Ecke. Auch diese Scheibe stößt nicht ausschließlich auf Gegenliebe, wie wir redaktionsintern fest gestellt haben. JUDAS PRIEST polarisieren also wieder einmal, aber das ist nicht wirklich ein Novum.
Eine neue JUDAS PRIEST-Scheibe ohne K.K. Downing? Was vor nicht allzu langer Zeit noch völlig unwirklich erschien, ist inzwischen Realität. „Redeemer Of Souls“ heißt also der Nachfolger der letzten PRIEST-Scheibe „Nostradamus“ (welches für mich bei Weitem nicht der Schandfleck in der Band-Diskografie war, als den viele Leute es zu sehen scheinen) und steht im krassen Gegensatz zu dem Konzept-Doppel-Album. JUDAS PRIEST besinnen sich über weite Strecken der neuen Scheibe auf ihre Stärken – von denen es im Laufe ihrer Karriere ja nun unbestritten so einige gegeben hat – und lassen „Redeemer Of Souls“ von daher eher wie eine Karriere-Retrospektive wirken. Ist das ganze also ein würdiger Schlusspunkt einer über 40-jährigen Reise?
„Redeemer Of Souls“ kann – wenig überraschend – nicht mit den ganz großen Highlights der PRIEST-Diskografie mithalten, aber bietet trotzdem einige richtig gute Songs: insbesondere die ersten fünf Songs wissen zu gefallen. „Dragonaut“, das zwar lyrisch äußerst kitschige „Halls Of Valhalla“, das mit seinen Gitarrenharmonien stellenweise ein THIN LIZZY-Flair versprühende „Sword Of Damocles“ und die bereits bekannten „Redeemer Of Souls“ sowie „March Of The Damned“ hätten sicherlich auch auf den stärkeren Platten der Bandgeschichte nicht fehl am Platz gewirkt. Der große, zu lange Rest von „Redeemer Of Souls“ pendelt dann zwischen eher belanglosem Füllmaterial wie „Hell & Back“ oder dem strunzlangweiligen „Secrets Of The Dead“ sowie dem schwachbrüstigen Versuch, alte Glanzzeiten zu emulieren wie das schmerztötende „Metalizer“ oder das bluesige „Crossfire“. Der Metal God Rob Halford klingt über weite Strecken gut, dass er die hohen Schreie eher nicht mehr trifft ist ja keine bahnbrechende Neuigkeit mehr – neu hingegen ist Gitarrist Richie Faulkner, der eine astreine Performance darbietet und im Vergleich zu seinen Kollegen nicht abfällt. Fazit: JUDAS PRIEST legen mit „Redeemer Of Souls“ eine ordentliche Platte vor, die mit ihren 13 Songs zu lang geraten ist und dadurch ein wenig von ihrer Magie verliert. Besser als erwartet, schlechter als erhofft.
6 Punkte (Michael Stalling)
Ich gebe zu, dass ich das Vorgängeralbum „Nostradamus“ mochte. Trotz einiger Längen und Kitsch, ging das Konzept für mich durchaus auf und ich sah das Metal-Musical als ein gelungenes Experiment an. Und gerade wegen des Konzepts konnte ich leicht über den sterilen Sound hinwegsehen. Das fällt mir bei „Redeemer Of Souls“ etwas schwerer. Studio und Pro-Tools scheinen allgegenwärtig, es fehlen jegliche Schnörkel. Ich hätte mir eine ordentliche Portion mehr Menschlichkeit und Spontnität gewünscht – den Songs würde es sehr gut stehen. Denn hier besinnt sich die Band auf das Wesentliche – straighten Heavy Metal. Das ist demnächst natürlich zu begrüßen, ist dies doch schon immer die eigentliche Stärke der Engländer gewesen. Und teilweise können sie auf der neuen Scheibe auch an alte Großtaten anknüpfen. Viele spannende Riffs, teils fantastische Soli und Robs unverwechselbare Stimme. Wenn sie nur nicht so limitiert wäre! Wenn der Metal-Gott sich denn mal in höhere Gefilde wagt, hört sich das Ganze arg unorganisch an. Außerdem sind die Texte oft wirklich zum fremdschämen – man lese sich nur mal die Lyrics zu „Valhalla“ durch. Kaum zu glauben, wie tief Priest hier in die Klischee-Kiste greifen. Aber sei es drum, denn wenn „Redeemer Of Souls“ auch zu keiner Zeit überrascht und auf Albumlänge wenig spektakulär daher kommt, so wird man als Fan auch nirgends wirklich enttäuscht. Dies ist solide Metal-Kost. Die junge Garde kann das aber mittlerweile besser, da muss man einfach ehrlich sein.
7 Punkte (Eugen Lyubavskyy)
Wie IRON MAIDEN, METALLICA und erst recht die heutzutage unsäglichen MANOWAR schaffen es natürlich auch JUDAS PRIEST nicht mehr, mit ihren jüngeren Veröffentlichungen an die prägenden Werke ihrer 80er-Jahre-Hochphase anzuknüpfen. Auch „Redeemer Of Souls“ bildet da keine Ausnahme. Zwar schmieren die Briten den Nostalgikern auf ihrem mittlerweile 17. Studioalbum mit einem deutlich an das 1982er-Glanzlicht „Screaming For Vengeance“ angelehnten Klang nach dem teils symphonischen, langatmigen und für viele enttäuschenden 2008er-Vorgänger „Nostradamus“ Honig ums Maul, aber in Sachen Intensität und Liedermacherei erreichen sie auf der ersten Platte ohne Gründungsmitglied und Saitenzupferlegende K. K. Downing zu keiner Zeit mehr die Klasse, die sie vor mehr als drei Dekaden ganz nach oben brachte.
Alles kommt vollkommen risikoscheu und dabei ziemlich zahm daher; die Herren bewegen sich auf ihre alten Tage – vielleicht auch verstärkt durch die Erfahrungen mit „Nostradamus“ – nicht mehr aus ihrer Komfortzone heraus. Rob Halfords Stimme wirkt dabei hier und da zu gesetzt – insbesondere die nur noch selten eingesetzten hohen Schreie verhallen häufig künstlich verstärkt anmutend und dennoch recht dünn zwischen den Gitarrenduellen. Da haben es dann selbst die wenigen flotten Stücke wie „Metalizer“ oder „Battle Cry“ nicht leicht, eine gewisse Energie zu transportieren. Die mangelnde Lebendig- und Leichtigkeit führt natürlich auch dazu, dass die Widerhaken der 13 neuen Kompositionen kaum greifen können. Wer hier also vor Leidenschaft berstende Reißer à la „Freewheel Burning“ oder knackige Ohrwürmer vom Kaliber „Riding On The Wind“ und „Rock Hard Ride Free“ sucht, dürfte eher einen Wolf finden. In diesem Trott ertappt man sich dann irgendwann dabei, das vor Klischee und Pathos triefende „Halls Of Valhalla“ oder das einigermaßen eingängig stampfende „Down In Flames“ als kleine Attraktionen abzuspeichern.
Glücklicherweise geht es für JUDAS PRIEST mit „Redeemer Of Souls“ noch nicht in Regionen hinab, wo es wirklich peinlich wird und man den guten Namen besudelt. Die Heavy-Metal-Urgesteine scheinen sich ihrer Stärken wieder bewusst und versuchen, diese auf einem deutlich rückwärtsgewandten Album in Szene zu setzen, doch es bleibt bei einem leicht verkrampften Bemühen. Im mächtigen Schatten von „Screaming For Vengeance“ und „Defenders Of The Faith“ wirkt eine solch leicht identifizierbare Reißbrett-Retroschöpfung leider schon recht dürftig. Die Magie der frühen Jahre verflüchtigt sich eben irgendwann unwiederbringlich. Das ist überall der Lauf der Dinge, erst recht im Musikgeschäft.
5 Punkte (Christoph Meul)
Zunächst möchte ich meinen Dank an meine Redaktionskollegen aussprechen, die mich tatsächlich noch einmal – wenn auch nicht mit einem Hauptreview – an eine Veröffentlichung von JUDAS PRIEST gelassen haben. Danke! Nachdem für viele Fans “Nostradamus” viel zu weit außerhalb des priestschen Kosmos lag (und die Herren Musiker das durchaus registriert haben), geht die britische Legende bei ihrem neuen Album eher auf Nummer sicher. “Redeemer Of Souls” orientiert sich deutlich am eigenen Schaffen der Achtziger, kann dabei über große Strecken aber nicht an die Genialität von Scheiben wie “Screaming For Vengeance” oder “Defenders Of The Faith” heranreichen. Das hat auf der anderen Seite aber auch niemand wirklich erwartet, oder?
Dabei starten PRIEST vielversprechend mit “Dragonaut” und dem Titeltrack in das Album. Auch Songs wie “Halls Of Valhalla”, “Down In Flames”, “Sword of Damocles” oder “Battle Cry” sitzen fest im Sattel und zeigen, dass JUDAS PRIEST auch ohne K.K. Downing noch starke Metalsongs schreiben können. Auf der anderen Seite macht sich bei Nummern wie “Metalizer”, “Secrets Of The Dead”, “Hell & Back” oder “Beginning Of The End” (das irgendwo zwischen der akustischen Version von “Diamonds And Rust” und “Before The Dawn” seinen Platz sucht, ihn aber nicht findet) aber auch gepflegte Langeweile breit. Ich möchte nicht spekulieren, ob sich die Platte mit Downing besser angehört hätte, das werden wir sowieso nie heraus finden, aber einen leicht schalen Beigeschmack hinterlässt “Redeemer Of Souls” auf jeden Fall. Hinzu kommt, dass vor allem der Drumsound viel zu steril klingt und ein wenig das Hörvergnügen schmälert.
Unter dem Strich heißt das sechs Punkte, da wir hier immer noch von JUDAS PRIEST sprechen und die qualitative Messlatte verglichen mit anderen Genreveröffentlichungen hier doch höher angesetzt wird. Kein schlechtes Album, aber auch kein Knaller. Somit reiht sich “Redeemer Of Souls” in die zweite Reihe der PRIEST-Diskographie ein. Schade, ich hatte mir wirklich mehr von dem Album erhofft.
6 Punkte (Colin Brinker)