Judas Priest
Das meint die Redaktion zu "Screaming For Vengeance (30th Anniversary Special Edition)"
Special
Nicht immer sind wir uns in der metal.de-Redaktion voll und ganz einig darüber, was wir von einer neuen Veröffentlichung zu halten haben, was so manches unserer „Das meint die Redaktion“-Specials gezeigt hat. Doch es gibt auch Platten, zu denen wir ausschließlich Lobeshymnen singen können und dazu gehört auf jeden Fall die Wiederveröffentlichung des JUDAS PRIEST-Klassikers „Screaming For Vengeance“.
Vor genau drei Dekaden, im Jahre 1982 und damit zwei nach dem enorm erfolgreichen, die NWOBHM mit-definierenden, aber von manch einem in seiner simplen, eingängen Art für arg überschätzt und wenig ambitioniert erachteten „British Steel“ sowie eines nach dem enttäuschenden und die Ausverkauf!-Rufe lauter werden lassenden „Point Of Entry“, liefen JUDAS PRIEST mit „Screaming For Vengeance“ zu neuerlicher Hochform auf. Sie schufen ein Album, das sich aufgrund seiner gelungenen Gratwanderung zwischen Zugänglichkeit und metallischer Härte auch mit dem im gleichen Jahr erschienenen „The Number Of The Beast“ einer damals jungen, aufstrebenden Formation namens IRON MAIDEN messen kann. Die „Special 30th Anniversary Edition“ kommt mit umfangreichen Dreingaben daher.
Angefangen beim herrlichen Coverartwork – hätte man ein passenderes Motiv als den im Sturzflug mit ausgefahrenen Klauen auf seine Beute zurasenden, metallenen Adler (den „Hellion“) finden können? –, über Faustball- und Mitgröhl-Hymnen wie „Electric Eye“ und „Riding On The Wind“ bis hin zum grandios-aggressiven Titellied und dem simplen, aber dennoch funktionierenden „You’ve Got Another Thing Comin'“ gibt es hier Heavy Metal bis zum Abwinken – stets eingängig, aber dennoch mit Eiern. Die beiden Markenzeichen der Briten, die Tipton-Downing-Gitarrenduelle und der Falsettgesang eines großartig aufgelegten Rob Halfords, entfalten auf „Screaming For Vengeance“ ihre volle Kraft.
Als Boni hat man alte 82er-Live-Versionen der oben genannten, stärksten Stücke der Platte sowie „Prisoner Of Your Eyes“, das den „Turbo“-Sessions entstammt und erstmals auf der 2001-Wiederveröffentlichung einem breiten Publikum zugänglich gemacht wurde, aufgefahren. Eine ein komplettes Konzert von Mai 1983 in San Bernadino, Kalifornien, enthaltende DVD sowie Liner Notes vom US-amerikanischen Rock-Journalisten Eddie Trunk runden das dicke Paket ab und bieten viel Inhalt für’s Geld. Leider wurde jedoch auch das ursprüngliche Coverartwork überarbeitet, besser gesagt: daran herumgepfuscht – eine absolute Unsitte, die bei Wiederveröffentlichungen in den letzten Jahren immer mehr um sich greift.
Im Laufe ihrer mehr als 40-jährigen Karriere haben es JUDAS PRIEST auf eine imposante, 16 Studioalben umfassende Diskographie gebracht. Ihr achtes Werk „Screaming For Vengeance“ entstand in der kommerziell erfolgreichsten Ära der Band und gehört neben den 70er-Glanztaten wie „Sad Wings Of Destiny“ sowie dem nicht unumstrittenen Klassiker „British Steel“ als Heavy-Metal-Meilenstein zweifellos zu den essentiellen Veröffentlichungen einer der wichtigsten Metal-Bands aller Zeiten, die danach nur noch ein einziges Mal, nämlich mit „Painkiller“ acht Jahre später, zu ähnlicher Form auflaufen sollte.
8/10 (Christoph.Meul)
Obwohl ich vor wirklich guten Musikern und ihren Kompositionen immer einen gewissen Respekt habe, auch wenn mich vielleicht nicht jede ihrer Platten persönlich anspricht, so gibt es doch nur wenige Alben, bei deren Genuss mich geradezu ein Gefühl von Hochachtung und Ehrfurcht überkommt. Und auch wenn „Screaming For Vengeance“ bei seiner Veröffentlichung im Jahre 1982 nicht bei allen Fans der Heavy Metal-Koriphäen JUDAS PRIEST Euphorie auslöste, so gehört dieses Werk in jedem Falle dazu.
Das liegt vor allem daran, dass JUDAS PIREST nach dem doch recht offensichtlich auf Eingängigkeit getrimmten „British Steel“ und dem eher enttäuschenden „Point Of Entry“ mit diesem Album meiner Meinung nach beweisen konnten, dass sie für ihren Sound einen Mittelweg zwischen Erfolgstauglichkeit und Eingängigkeit einerseits und musikalischem Anspruch und Komplexität andererseits, die auf den vorherigen Alben leider zu kurz kamen, gefunden hatten. Auch konnten die Briten mit Titeln wie dem knackigen Titeltrack oder den schlichtweg coolen, mitreißenden „Electric Eye“ und „(Take These) Chains“ zeigen, dass sie ihr Pulver keineswegs bereits verschossen und noch immer Pfeffer unterm Allerwertesten haben, woran man insbesondere nach dem deutlich softeren „British Steel“ doch leider zweifeln musste.
Mehr Worte möchte ich zum Album selbst auch gar nicht verlieren, denn dass es im Übrigen mit allen Trademarks aufwartet, die JUDAS PRIEST so groß machten, brauche ich wohl kaum erwähnen. Was hingegen Erwähnung finden soll, ist das umfangreiche Bonus-Material, das dieses Package komplettiert und für diejenigen, die bereits eine andere Auflage des Werks Teil ihrer Sammlung nennen können, einen Anreiz zum Kauf auch dieser Version darstellen könnte. So finden sich auf der CD selbst noch einige Bonus-Tracks und zwar Live-Versionen der besten Titel des Albums sowie der Song „Prisoner Of Your Eyes“, der aus der Aufnahmesession zu „Turbo“ stammt. Spannender jedoch ist die Bonus-DVD, die den Mitschnitt eines kompletten Konzerts aus dem Jahre 1983, aufgenommen beim US Festival in San Bernardino/Kalifornien, enthält. Die fast einstündige Aufnahme lässt in Sachen Setlist, auf die neben einigen Titeln von „Screaming For Vengeance“ natürlich auch Klassiker wie „Breaking The Law“ ihren Weg gefunden haben, und auch Qualität von Bild und Ton sowie Kameraführung (beeindruckend für eine so alte Aufnahme!) kaum Wünsche übrig. Mal ganz davon abgesehen, dass solche Reisen in die Vergangenheit stets ihren ganz eigenen Charme und Unterhaltungswert haben!
Wünschenswert wäre zwar eine etwas hübschere Aufmachung, z.B. im Digipak, gewesen, doch das ist natürlich nur ein kleiner Makel. Wer „Screaming For Vengeance“ also noch nicht sein Eigen nennt, kann bei dieser wirklich gelungenen und umfangreichen Wiederveröffentlichung bedenkenlos zugreifen. (Katharina.Beck)