Inside The Wire
Interview mit Kris Verwimp

Special

The Dark Site geht hinter die Kulissen – die Interviewreihe „Inside The Wire“ widmet sich einigen Tätigkeitsbereichen im Musik- bzw. Metalbusiness, von denen der Fan normalerweise nicht allzu viel mitbekommt. Also versuchen wir mit einigen interessanten Interviewpartnern Licht in dieses Dunkel zu bringen!


Inside The Wire

Immer wieder stößt man auf die schon vertraut gewordene Kris-Verwimp-Signatur, die auf so vielen Alben im Metal-Bereich zu sehen ist. Ich habe mich immer schon gefragt, wer die Person hinter den Bildern ist und nutzte nun die Gelegenheit ihm ein paar Fragen zu stellen. Zu meinem Erstaunen war dieser ein sympathischer und bescheidener Typ, der gerne ein bisschen über seine Arbeit plauderte.

Wann und wie hast Du im Allgemeinen angefangen zu zeichnen und was waren die ersten Sachen die Du gezeichnet hast?

Ich habe nie wirklich angefangen zu zeichnen…ich habe es einfach immer gemacht! Seitdem ich einen Stift halten könnte, denke ich. Als ich jung war, da habe ich schon immer die Comic-Bücher meines Vaters viel lieber gemocht, als die Kinderbücher. Zu Anfang habe ich meine Bilder von Filmen oder Fernsehen inspirieren lassen, die ich sehr mochte, aber später habe ich mein eigenes Comic-Buch „Odoric“ kreiert. Damit fing ich, wenn ich mich recht erinnere, so 1984 an. Es war wirklich großtartig eine eigene Welt zu erschaffen und ich habe damit nie aufgehört.

Warum hast Du Dich entschieden für Metalbands zu zeichnen oder war dies eine natürliche Entwicklung?

Als ich Aufwuchs war ich hauptsächlich an Heavy-Metal-Cover interessiert. Ich mochte diese alten Manowar oder Iron Maiden Cover wirklich sehr gerne. So fing ich also an die Alben zu kaufen, weil ich die Cover so sehr mochte und als Resultat begann ich auch die Musik zu hören. Also denke ich, dass alles einfach eine natürliche Entwicklung war und ich dachte niemals über eine andere Musikrichtung nach, für die ich zeichnen wollte. Als ich also 1993 eine Anfrage bekam für Ancient Rites ein LP-Cover anzufertigen, zögerte ich nicht dieses Angebot anzunehmen. Nachdem dieses dann veröffentlich wurde, bekam ich einen Anruf von Osmose Productions aus Frankreich, um Cover für Marduk und Absu zu machen. Nachdem diese dann fertig waren, kam die Sache richtig ins Rollen und ich bekam viele Angebote. Es war damals wirklich eine aufregende Zeit für mich.

Wie hast Du es geschafft, dass Du einen solch großen Namen in der Szene hast? Es gibt so viele Booklets, die das „Kris Verwimp-Zeichen“ auf dem Booklet haben. Wo siehst Du die wichtigen Schritte in Deiner „Karriere“?

Ein Grund ist, dass ich wirklich hart arbeite und mich ganz dem einzelnen Cover hingebe. Der härteste Teil ist es, jedes Mal mit immer neuen Designs und Konzepten aufzuwarten… neue Farbkombinationen, neue Kompositionen. Alles gab es irgendwie schon mal, also ist es nicht einfach ein bestechendes Bild zu erschaffen. Ich höre die Musik immer sehr sorfältig, lese die Lyrics und versuche dies alles visuell umzusetzen. Ich versuche außerdem für jedes Cover eine andere Art des Zeichnes zu entwickeln. Dadurch habe ich selbst sehr viel gelernt. Viele könnten meinen, dass alles nur Job ist und dass ich versuche so viele Cover wie möglich zu zeichnen, aber das stimmt überhaupt nicht. Ich bin kein Buisness-Typ, sondern nur ein Künstler, der es liebt etwas zu erschaffen und dieses dann auf CDs zu sehen. Ich habe es nie beabsichtigt einen großen Namen zu bekommen. Es ist einfach passiert, dass die Leute meine Arbeiten bemerkten und meine Signatur behielten. Erst wollte ich meine Arbeiten gar nicht signieren, denn meiner Meinung nach zerstört sie nur die Atmosphäre eines Bildes. Eine Signatur sagt dir, dass es nur ein Bild ist und holt dich zurück in die Realität. Meine Freunde sagten mir jedoch, dass ich unbedingt meinen Namen darunter setzen müsse. Es gibt aber trotzdem noch Sachen, die ich nicht signiert habe, wie z.B. T-Shirt Designs…
Die wichtigsten Schritte für mich waren sicherlich mein erstes Comic-Buch in den Achzigern, die Ancient Rites LP 1993, das Marduk und Absu Cover 1994 und 1995, das erste vollfarbige Odoric Comic-Buch „The Wall Of Doom“ 1996 und das nächste große Ding wird die Veröffentlichung meines zweiten Odoric Comic-Buchs sein, welches mit „The Heart Of The Serpent“ betitelt sein wird.

Inside The Wire

Wie bekommst Du denn Deine Aufträge?

Ich bekomme meine Aufträge meistens durch Leute, die mich über das Internet kontaktieren (Ich habe auch eine eigene Webseite: http://home.tiscalinet.be/krisverwimp) oder durch ganz normale Post. Ich habe niemals selbst Bands oder Labels angesprochen. Wenn ich keine Aufträge für CD-Cover habe, dass widme ich meine Zeit den Comic-Büchern.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Bands oder Labels? Geben diese Dir konkrete Anweisungen, wie sie ein Bild/Cover haben möchten?

Die Zusammenarbeit ist natürlich verschieden. Kein Label und keine Band arbeitet gleich, deswegen bekomme ich manchmal komplette Anweisungen und manchmal kann ich arbeiten, wie ich will. Ich versuche immer Inspirationen von der Musik und den Texten zu bekommen… einige Bands (wie z.B. Absu) geben mir sehr genaue Anweisungen, wie das Cover aussehen soll, aber andere haben genug Vertrauen in mich und lassen mich werkeln.

Wenn Du nun einen Auftrag hast, was sind dann Deine nächsten Schritte? Könntest Du beschreiben, wie ein Cover entsteht bis es fertig ist?

Zuerst mache ich immer ein paar Konzepte und Probe-Designs, welche ich dann der Band per E-mail schicke, um zu sehen, was sie daran mögen und was nicht. Wenn nötig, mache ich dann Veränderungen oder versuche mit neuen Ideen aufzuwarten. Wenn die Band oder das Label dann damit einverstanden ist, dann beginne ich das richtige Bild zu malen.

Wie erhält die Band dann das fertige Bild? Scannst Du es ein und schickst es der Band wieder per E-Mail? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du die Originale weggibst.

Zurzeit scanne ich die Bilder ein und schicke sie der Band oder dem Label auf CD-R. Wenn es ganz eilig sein muss, dann auch per E-Mail. Früher musste ich davon immer so eine Art Dias machen…das hat viel gekostet und machmal war das Resultat gar nicht so toll. Ich bin wirklich glücklich, dass diese Zeiten vorbei sind. Es ist sehr frustrierend, wenn das Cover dann zu hell, zu dunkel oder in ganz anderen Farben gedruckt ist.
Das Original ist in der Tat nicht zu verkaufen! Ich verschicke es nie… viele Leute haben mich schon gefragt, ob sie nicht meine Bilder kaufen können, aber ich kann mich einfach nicht von ihnen trennen. Ich habe so viele Stunden daran gearbeitet und ich mag den Gedanken nicht, dass Leute dann mit meinen Zeichnungen den großen Reibach machen.

Welche Zeichentechniken wendest Du bei Deinen Bildern an?

Ich benutze eigentlich eine Kombination von verschiedenen Techniken. Außerdem verwende ich viele experimentelle Sachen (z.B. Acrylfarben mit Erde für das Cover von Absu’s „Tara“) Ich male meistens mit Acrylfarben auf Papier oder Karton (niemals auf Leinentuch). Ich nehme außerdem auch Ölfarben, um über die Schicht Acryl zu malen und um Highlights oder verschiedene Effekte zu erzielen. Für große Hintergründe oder Farbregelungen verwende ich auch Airbrush. Ich mag keine Bilder die komplett mit Airbrush hergestellt sind. Deswegen male ich so viel wie möglich. Es kommen außerdem auch Stifte und verschiedene Arten von Tinte zum Einsatz, um viele kleine Details zu erzeugen. Ich liebe Zeichnungen mit vielen Details, aber es sollte niemals zu viel sein. Einige Sachen sollten ruhig ein wenig verschleiert bleiben. Meistens versuche ich einen Stil zu erschaffen, der sehr detailreich ist, aber dem Betrachter trotzdem noch Platz für eigene Gedanken lässt.

Wie würdest Du ein typisches Verwimp-Bild beschreiben?

Nun, das ist wirklich schwierig zu sagen… Ich mache einfach meine eigenen Sachen und denke nicht darüber nach es typisch zu gestalten. Ich denke, es passiert immer eine Geschichte in meinen Bildern… ich versuche immer etwas zu erzählen. Ich mag gerne epische Dinge, also gibt es dort oftmals Krieger, Schlachten oder andere Fantasy-Elemente. Außerdem liebe ich auch keltische Motive und versuche sowas einzubinden, wenn immer es möglich ist. Ich achte auch immer sehr genau auf die Komposition mit einem unterbewussten Level. Wenn du dir meine Zeichnungen ansiehst, dann wirst du fast alles an seinem richtigen Platz der Komposition finden. Viele meiner Bilder sind um geometrische Figuren herum gezeichnet. Dies passiert einfach, wenn ich gerade an einem Stück arbeite. Ich denke, dass die Wahl der Farben ebenfalls etwas als typisch angesehen werden kann, denn ich nehme meistens dunkle Farben. Ich mag helle Farben nicht besonders… ich muss sie immer zusammenmixen, bis ich sie für passend halte.

Wie lange brauchst Du normalerweise für ein Covermotiv?

Normalerweise brauche ich zwei Wochen um ein Cover zu malen, aber das beinhaltet nicht die Zeit, die für Kompositionen und Probezeichnungen drauf geht. Wenn ich erstmal mit dem richtigen Bild angefangen bin, dann arbeite ich sehr schnell daran. Viel hängt auch davon ab, wie viele Details es gibt. Eine massive Schlachtszene wird natürlich mehr Zeit beanspruchen, als ein einzelner Krieger.

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Wie sieht Dein Tagesablauf aus? Bist Du ein Arbeitstier, welches 20 Studen pro Tag im Studio arbeitet?

An einem normalen Tag muss ich erstmal zur Arbeit gehen. Ich starte morgens um 7:45 Uhr, um meinen täglich (eher langweiligen) Bürojob zu erledigen. Ich bin dann wieder um 18 Uhr zu Hause und um ca. 20 Uhr beginne ich dann zu malen. Dies dauert meistens bis 1 Uhr und manchmal sogar bis nach 3, deswegen bekomme ich auch nicht viel Schlaf. Viele Leute glauben, dass Künstler wie ich viel Geld verdienen, aber sie vergessen, dass Metal immer noch ein Underground-Musikstil ist. Labels kommen und gehen und sind niemals völlig zuverlässig, wenn es um die Bezahlung geht. Auch wenn sie für ein Cover zu viel bezahlen müssen, dann machen sie da irgendetwas am Computer, benutzen ein paar Fotos und klauen ein paar Bilder aus dem Internet. Das ist natürlich alles viel billiger. Deswegen ist es sehr schwierig von Kunst alleine zu leben und ich respektiere wirklich alle Künstler, die das können, denn sie müssen entweder sehr hart arbeiten oder sie sind berühmt genug, um hohe Preise zu nehmen. Wie auch immer, am Wochenende oder im Urlaub arbeite ich jeden Tag an meinen Bildern. Ich vergesse dann vollkommen die Zeit. Ich habe auch nur ein kleines Arbeitszimmer und kein Studio. Meistens bin ich von einem Haufen Büchern und CDs umgeben. Ich habe eine große Sammlung von inspirierenden Sachen. Vor einiger Zeit hatte ich noch nichtmal diesen Raum…ich erschuf die Cover, wie „The Sun Of Tiphareth“ von Absu auf einem kleinen Tisch in meinem Schlafzimmer mit extrem schlechten Licht.

Zeichnest Du auch Dinge oder für Bands, die nichts mit Metal zu tun haben?

Ich habe auch einige Abbildungen für Rollenspiele erstellt (hauptsächlich Michael Moorcock’s Corum und Hawkmoon RPG’s) und auch ein paar Buch-Cover… Außerdem arbeite ich auch immer an meinem eigenen Comic-Buch „Odoric“, aber ich würde nicht sagen, dass dies nichts mit Metal zu tun hat. Ich mache allerdings keine Bilder für Werbungen etc., denn alles was ich mache, hat etwas mit Fantasy oder epischen Gedanken zu tun.

Welche Bands magst Du und sind diese auch wichtig als Inspiration? Siehst Du Dich außerdem als einen Teil der Szene?

Ich höre immer Musik, wenn ich male! Ich finde Musik sehr inspirierend… Musik, die ich mag, muss heavy und episch sein. Ich bin dem 80er-Jahre Metal wie Iron Maiden, Judas Priest, Mercyful Fate, Manowar, Queensrÿche, etc. aufgewachsen. Jetzt höre ich auch viel Black Metal (Limbonic Art, Golden Dawn, Summoning, Primordial, Vintersorg, Falkenbach, Hel), aber ich mag auch die neue Generation der epischen Heavy-Metal-Bands, wie z.B. Domine oder Doomsword. Außerdem mag ich auch Soundtracks oder solche Bands wie Mortiis, Pazuzu, Dargaard oder auch einfach nur mittelalterlichen Kram.
Ich besuche viele Konzerte in Belgien und Holland und die meisten meiner Freunde hören schon ihr ganzes Leben Metal. Ich kenne auch viele Bands hier aus dem Underground und viele Leute aus der ganzen Welt, die Metal hören. Ich versuche diese zu unterstützen und allen zurückzuschreiben, wenn sie mich kontakten… Ich weiß nicht, ob mich das zu einem Teil der Szene macht, aber ich denke schon!

Magst Du es Interviews zu geben und über Deine Arbeit zu sprechen oder ist dies eher die schwarze Seite der Medaille?

Ich halte Interviews nicht für negativ. Es bedeutet, dass die Menschen meine Arbeit bemerkt haben und nun mehr wissen wollen. Ich wünschte nur, dass ich mehr Zeit hätte alle Fragen ausreichend zu beantworten, denn hinter jedem CD-Cover steckt eine eigene Geschichte. Ich mag es wirklich sehr alle diese Geschichten zu erzählen, aber dann würde ich ja gar nicht mehr zum Zeichen kommen.

Letzte Worte?

Obwohl ich schon sehr viel gezeichnet habe, bin ich immer noch voll von Inspiration und denke, dass meine besten Bilder erst noch kommen werden. Ich bin nie wirklich komplett mit meiner Arbeit zufrieden, lerne jeden Tag dazu und hoffe, immer besser zu werden. Es gibt immer noch so viel, was ich malen möchte, aber ich habe einfach nicht genug Zeit. Mein zweites „Odoric“ Comic-Buch soll auch nächstes Jahr fertiggestellt sein und außerdem ist auch ein Soundtrack in Arbeit. Es gibt also einiges, worauf man sich freuen kann.
Zum Schluss möchte ich Rebecca für das Interview danken und grüße jeden, der diese Zeilen hier gelesen und seine Aufmerksamkeit meinen Bildern geschenkt hat.

10.04.2003

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