In Legend
Clash zu "Ballads 'N' Bullets": Piano Metal - ein Paradoxon?
Special
Andrea: Also wenn man es genau nimmt, bezeichnen IN LEGEND ihre Musik nicht als „Piano Metal“ sondern als „Hand-hammered Piano Craft“! Nur welcher Rezensent kann sich darunter auf Anhieb etwas vorstellen? Vielleicht ist „Piano Metal“ tatsächlich eine von Promotern und Label unglücklich gewählte Bezeichnung, aber wer sagt denn, dass wir diese übernehmen müssen? Als Musikjournalisten steht es uns ja durchaus zu, Musik zu klassifizieren.
Ich wäre Dir sogar dankbar, wenn Du eine prägnante Bezeichnung für diese Musik finden könntest, wurde ich doch selbst schon von Bastian Emig (!) für meine Beschreibung seiner Musik als „klavierbasierten Rock/Metal“ verhöhnt. Parallelen zu anderen Bands lassen sich bei IN LEGEND m. E. schwer ziehen und unter „Tori Amos auf Koks“ kann sich vermutlich nur Bastian etwas vorstellen… Also Walter, steck IN LEGEND in die richtige Schublade, und dann lass uns über die Musik reden!
„Ballads ‚N‘ Bullets“ ist schließlich nicht einfach der Versuch, ein neues Genre aus dem Boden zu stampfen, sondern das Ergebnis eines langjährigen Prozesses, dessen Ziel „auszuloten, wie weit man mit dem Klavier gehen kann“ sicherlich noch nicht beendet, aber schon jetzt beachtlich ist. So kann ich Deinen Eindruck, die Kompositionen hätten durch „das Piano einen mehr als nur weichgespülten Anstrich erhalten“ nicht teilen. IN LEGEND zeigen mit Songs wie „Elekbö“, „Vortex“, „A Hanging Matter“ und dem leider nur über iTunes erhältlichen Bonus Track „Me Against A Wall“, dass sich auch ohne Gitarren Songs komponieren lassen, die dem härteren Spektrum zuzuordnen sind.
Da es sich um ein Debütalbum handelt, präsentieren sich IN LEGEND jedoch nicht nur als harte Piano-Band, sondern zeigen mit den Balladen „Universe“ und „At Her Side“ auch ihre seeehr softe Seite. Klar, „At Her Side“ ist so weich, wie die Handtücher in der guten alten Lenor Werbung, aber das ist ja auch ein Liebeslied, für Mädchen, damit sie was zum träumen haben. Und ob man solche Schnulzen nun mag oder nicht, man muss eingestehen, dass der Song gut komponiert ist! Überhaupt kann man Bastian Emig m. E. zugestehen, dass er ein guter Komponist ist.
Walter: Na das ist ja mal ’ne spannende Sache. Ich soll mir ein Genre einfallen lassen? Warum eigentlich? Egal, immerhin habe ich Dich soweit überzeugen können, dass METAL und IN LEGEND nicht zusammenpassen (so wie Österreich und Glück im Fußball gegen Deutschland, aber nein, ich werd‘ jetzt nicht heulen, buääähhhh – Tschuldigung, hat mal jemand ein Taschentuch?).
Durch die Tatsache, dass deine Variante „Klavierbasierter Rock/Metal“ noch nicht einmal nach Meinung der Band zutreffend ist, fühle ich mich nur bestätigt – auch wenn ich damit sogar noch eher einverstanden gewesen wäre. Aber wie man sieht, ist es manchmal sogar fatal, sich zu sehr an der vorgegebenen Stilrichtung festzuhalten, auch wenn die Bezeichnung „Piano Metal“ noch nicht einmal von der Band selbst stammt. Ein Beweis mehr, dass es einfacher wäre, Musik einfach als solche wirken zu lassen und sich nicht auf etwaige „Vorgaben“ durch Schubladen einzulassen.
Und wozu eigentlich sollten wir uns überhaupt ein Genre für die Band ausdenken? Warum einigen wir uns nicht auf: IN LEGEND klingen wie IN LEGEND – das heißt doch, dass die Band mit keiner anderen zu vergleichen ist? Denkst Du nicht, dass die Jungs damit wesentlich mehr Freude haben?
In Wirklichkeit ist es doch überhaupt nicht notwendig, dass Musik in eine „Schublade“ gesteckt wird. Entweder sie gefällt, oder nicht. Allerdings muss man sich als Rezensent eben gewissermaßen rechtfertigen, weshalb man manche Bands mag, und andere eben weniger (und wenn es nur vor KollegInnen ist, die sich mit der persönlichen Meinung nicht identifizieren können 🙂 )
Zugegeben, wäre irgendetwas anderes bei IN LEGEND als Genre angegeben worden, hätte auch ich mich anders artikuliert um meine Meinung zu „Ballads ‚N‘ Bullets“ abzugeben. Die hätte dann in etwa so gelautet:
Nette Idee zwar, für Metaller aber völlig ungeeignet, weil gitarrenfrei 🙂
Und noch was (womit ich wieder beim „Rechtfertigen“ wäre): Selbst die von Dir zitierten „härteren“ Tracks empfinde ich jetzt nicht ganz soooo hart, andererseits finde ich die von dir als die „seeehr soften Seite“ offenbarenden Tracks passender, weil stimmiger im Gesamtkonzept, das fernab jeglicher schwermetallischer Gangart liegt.
Aber auch das ist reine Geschmackssache, weshalb ich sicher bin, dass sich weniger engstirnige Zeitgenossen als meine Wenigkeit an diesem Album auch durchaus erfreuen werden. Eines noch liebe Andrea: Musik für „Mädchen, damit sie was zum träumen haben“ klingt für mich irgendwie anders – schon mal ASPHYX versucht 🙂 ?
Andrea: ASPHYX, bleib mir mit dem Kuschelrock vom Leib 😉
Wenn ich mir unseren „Clash“ durchlese, scheint es mir, dass ein paar Kollegen weinend vor ihren Bildschirmen sitzen müssen. Da schicken sie einen vehementen Verteidiger der Gitarre und eine Abtrünnige des Metals (ich mag schließlich nicht nur IN LEGEND und VAN CANTO sondern auch APOCALYPTICA) in den Ring, aber statt uns seitenlang Hasstiraden an den Kopf zu werfen, erzielen wir schon in der dritten Runde eine Einigung. Entweder, wir haben den Sinn eines Clashs nicht verstanden, oder wir haben das größte Problem, das die Metalszene mit IN LEGEND hat, aufgedeckt und gelöst! Die vorgenommene Klassifizierung führt u. U. zu falschen Erwartungen und demnach auch zu Unverständnis für Musik und Musiker.
Dein Vorschlag bringt Schubladenfetischisten zwar wenig – IN LEGEND stehen immer noch unsortiert vor dem großen Musikschrank – und ich stelle Deine Aussage, die Musik sei für Metaller vollkommen ungeeignet, in Frage. Aber Du hast den dreien tatsächlich eines der größten Komplimente gemacht, das eine Band heutzutage bekommen kann:
IN LEGEND klingen wie IN LEGEND.
Damit können wir diesen Clash im Grunde genommen beenden, denn gegen die Musik an sich hast Du offenkundig nichts einzuwenden. Deine ursprüngliche 3/10-Benotung ist unhaltbar, scheint sie doch ausschließlich auf der unglücklichen Genrezuordnung zu basieren, und muss nach oben korrigiert werden.
Da IN LEGEND mit „Ballads ‚N‘ Bullets“ ein Debütalbum vorgelegt haben, das – wie auch Du geschrieben hast – in sich stimmig ist, es zudem keine Durchhänger gibt, sondern vom Instrumental „Yue“, über die Balladen bis hin zu den härteren – aber nicht schwermetallischen 😉 – Songs, alle Kompositionen überzeugen können, die Musiker ihr Handwerk offenkundig beherrschen und auch hinsichtlich des Sounds und der Produktion höchstens persönliche Präferenzen zu Abzügen führen, gebe ich dem Album solide 8/10 Punkten.
Warum keine 10 Punkte? Ganz einfach, IN LEGEND haben ihr Potential m. E. noch nicht voll ausgeschöpft und ich bin gespannt, wie sich die Band in den kommenden Jahren entwickeln wird.
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Band | |
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Stile | Experimental, Progressive Metal, Progressive Rock |
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