Heavy Trip
Die Filmkritik zur Metal-Comedy

Special

Was man den beiden Drehbuchautoren und Regisseuren Juuso Laatio und Jukka Vidgren auf jeden Fall lassen muss, ist, dass sie es auf immer wieder lustige Weise schaffen, Genreklischees durch den Kakao zu ziehen. Dass der Metalhead an sich ein gewisses Maß an Selbstironie besitzen muss, um sich nicht auf den Schlips getreten zu fühlen, ist klar. So manch trver Metaller mag deshalb so seine Problemchen mit dem Film haben. Albern sein ist schließlich nicht cvlt genug. Wer die Metalszene aber nicht ganz so verbissen sieht und auch mal über sich selbst lachen kann, wird garantiert seinen Spaß an „Heavy Trip“ haben.

Schon das Genre der Film-Band IMPALED REKTUM lässt schmunzeln. Zur Erinnerung, gespielt wird Symphonic-Post-Apocalyptic-Reindeer-Grinding-Christ-Abusing-Extreme-War-Pagan-Fennoscandian-Metal. Na, wen erinnert das an die sich immer weiter verzweigenden Genres, die wir alle so lieben? Auch die Art und Weise, wie die Jungs bei der Suche nach einem Bandnamen vorgehen, kann man sich so auch gut bei der ein oder anderen Band gewisser Genrezugehörigkeiten vorstellen. Gesucht wird nämlich ein Bandname, der möglichst eklig ist und Bezug auf Wörter wie Kotze oder Arsch nimmt.

Wer hat den trve Metallern eigentlich den Stock in den Arsch geschoben?

Letztendlich wird der Bandname gefunden, als einer der Dorfbewohner die Frage aufwirft, wer Pasi, der Persönlichkeitsmerkmale von Sheldon Cooper (aus der TV-Serie „The Big Bang Theory“) aufweist, eigentlich einen Stock in den Arsch geschoben hat. Pasi – Pardon, Xytrax – ist es auch, der sein enzyklopädisches Wissen über Bands gerne auch mal ungefragt zum Besten gibt. Teilweise sehr zum Leidwesen seiner Bandkollegen. Spaß versteht er nicht so wirklich, und er macht gerne verallgemeinernde Aussagen darüber, was im Metal wie zu sein hat. Wenn wir mal ganz ehrlich sind, kennen die meisten von uns sicher auch den ein oder anderen, auf den diese Beschreibung passt. Was man Pasi allerdings lassen muss, ist, dass er das Ganze nicht wertend, sondern nur beschreibend kundtut.

Bild Heavy Trip Film-Ausschnitt

Eine ganz gute Szeneparodie ist „Heavy Trip“ also auf jeden Fall, auch, wenn der Film sich im Grunde auf eine kleine Gruppe von Metallern konzentriert, die inmitten einer idyllischen Dorfgemeinde existiert. Wie sieht es aber mit der Musik aus? Da lässt sich sagen, überraschend gut. Der Soundtrack stammt immerhin auch von Lauri Porra, der seit 2005 den Bass bei STRATOVARIUS schwingt und zudem reichlich Erfahrung im Komponieren von Filmmusik hat. Gäbe es IMPALED REKTUM tatsächlich und würden sie so klingen wie im Film, ich würde sie mir jedenfalls anhören. Das Berliner Publikum klatscht sogar Beifall, nachdem die Band auf der Leinwand zum ersten Mal ihren Song spielt.

„Heavy Trip“ überzeugt mit mal subtilem und mal plattem Humor

Auch so mancher Gag in „Heavy Trip“ animiert die Leute im Kino zu Applaus. Fast keine Minute vergeht, ohne dass Gelächter im Saal ertönt. Für einige der Witze muss man eine gewisse Affinität zu Finnland haben, und das damit einhergehende Verständnis für seine Marotten. Da wir uns im Norden befinden (zur finnisch-norwegischen Grenze ist es nicht weit), kreuzt gerne mal ein Rentier unseren Weg, wie man sehen wird zum Teil mit fatalen Folgen. Weniger heiter ist die Perspektivlosigkeit, die für junge Leute im ländlichen Finnland herrscht. Diese wird jedoch auf lustige Weise thematisiert und ist auf eine gewisse Art auch das, was die Band antreibt.

Einige Schwächen hat „Heavy Trip“ aber definitiv ebenfalls. Der Plot ist mitunter holprig und wird gerade gegen Ende reichlich absurd. So wird durch einen einzigen, finnischen Dorfpolizisten die norwegische Nationalgarde – beziehungsweise deren Resterampe bestehend aus einem Haufen Amateur-Reservisten – mobilisiert, um die Band am Grenzübertritt zu hindern. Diese Situation eskaliert überaus schnell und kulminiert dann in der Explosion des Waffenlagers. Vielleicht ein wenig zu viel, um in den sonst noch einigermaßen realistischen Film zu passen. Auch die Tatsache, dass die Jungs von einer sehr hohen Klippe springen und dann geschlossen und vor allem unverletzt am Ufer eines Fjords angespült werden, lässt einen dann doch kurz mit den Augen rollen. Zudem findet ein Großteil des Films nicht on the road, sondern zu Hause im Dorf statt. Der eigentliche Trip umfasst nur ca. die letzten 20-30 Minuten von „Heavy Trip“.

Metal und Freundschaft

Betrachtet man „Heavy Trip“ aber als Ganzes, so kann man die Progression des Absurden am Ende dann doch irgendwie nachvollziehen. Man darf auch nicht vergessen, was man von so einer Komödie zu erwarten hat und was nicht. Spätestens als IMPALED REKTUM auf dem Wikingerschiff samt Besatzung auf dem Northern Damnation Festival einlaufen, Jynkkys Sarg auf die Bühne tragen und die Menge begeistern, bekommt man ein angenehm warmes Gefühl in der Magengrube. „Heavy Trip“ schafft es, seine Message rüberzubringen. Zusammenhalten und so das scheinbar Unmögliche schaffen; dabei über sich hinauswachsen und Hindernisse – ob innere oder äußere – überwinden; das geht am besten mit guten Freunden. Und guter Musik.

Wertung: 9/10

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Quelle: Heavy Trip (Film), Internet Movie Database
19.09.2018

headbanging herbivore with a camera

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5 Kommentare zu Heavy Trip - Die Filmkritik zur Metal-Comedy

  1. BlindeGardine sagt:

    Wird der film auch ne deutsche oder englische synchro bekommen? Klingt so als seichte unterhaltung eigentlich ganz lustig und allgemein mag ich skandinavische komödien, die sind oft so schön trocken und absurd. Aber ob ich mir das komplett auf finnisch geben will, eher nicht.

    1. Angela sagt:

      Sieht aktuell nicht danach aus, aber vielleicht gibt es darüber auch nur noch keine Infos.

      1. BlindeGardine sagt:

        Danke für die Info. Hoffe da kommt früher oder später noch ne Synchro, Untertitel lesen lenkt mich einfach zu sehr ab und das Finnische klingt für mein Gehör einfach komisch.

      2. Angela sagt:

        Sehr cool, danke!

  2. Watutinki sagt:

    Hat auf jeden Fall Spass gemacht der Film, war eine große Party! Die Band wirkt authentisch, hier sind echte Metal Fans am Werk und nicht irgendwelchw Filmleute die über die Szene berichten. Der Band eigene Songs ist zudem ziemlich fett, da überzeugt!
    Leider – und ich bin schon dafür die Szenen Klischees ordentlich durch den Kakao zu ziehen – übertreibt es der Film hier-und-da ganz ordentlich und es ist teilweise einfach nur blöd und niveaulos. Bspw. dieses Gekotze. Auch der Leader der Band ist ein derartiger Mega Weichling und jede 5 Sekunden damit beschäftigt sich die Haare aus dem Gesicht zu wischen. Auch dieser Homo Mist… einige Klischee waren noch nie besonders sinning und werden hie rauf die SWpitze getrieben. Mit dem richtigen Publikum ein Kracher (als auf dem Fantasy Filmfest), alleine kann man viele Punkte abziehen.