Heathen
Der "schmale" Diskografie-Check

Special

Victims Of Deception (1991)

Cover Artwork von HEATHEN "Victims Of Deception"

Cover Artwork von HEATHEN „Victims Of Deception“

Wir schreiben das Jahr 1991, und die ganze Metalwelt dreht sich um ein Softrockalbum, das METALLICA veröffentlicht haben. Die ganze Welt des Metals? Nein. Eine kleine Band aus der Bay Area stemmt sich wacker gegen die Überpräsenz jener ehemaligen Kollegen. Die Rede ist von HEATHEN, die mit „Victims Of Deception“ ihr Überalbum veröffentlichen, und nicht nur das. „Victims Of Deception“ ist das beste Metalalbum aller Zeiten. Warum? Das erörtern wir nachfolgend.

Zunächst ist da die Besetzung der Band, die perfekt miteinander harmoniert. Über die beiden Gitarristen Doug Piercy und Lee Altus und Drummer Darren Minter (ein Bass wurde für die Aufnahmen  wohl nicht benötigt… ähem…) bis hin zu Sänger David White-Godfrey, der den Songs mit seiner markanten melodischen Stimme seinen Stempel aufdrückt. Hier stimmt einfach alles. Das Gitarrendoppel haut ein göttliches Riff nach dem anderen heraus und kann sich damit locker bis heute im internationalen Thrash behaupten. Dazu kommt das überragende Songwriting. Hier passt jede Note, jedes Break sitzt perfekt, und auch die Coverversion von RAINBOWs „Kill The King“ macht in diesem Kontext absolut Sinn, da der Song brutal gut interpretiert wurde. Ein echt gelungenes Coverartwork rundet das Gesamtpaket standesgemäß ab.

Nun aber das Wichtigste, die Songs. „Victims Of Deception“ startet mit einem langen Intro, das die Ansprache eines TV-Predigers wiedergibt. Es folgen akustische Gitarren, die von Akzenten begleitet werden. Eine kurze Melodiefolge und dann bricht das Inferno über den Hörer herein. HEATHEN riffen in der Champions League und stellt jeden Song des schwarzen Albums in den Schatten. „Hypnotized“, so der Name des Openers, macht seinem Titel dann auch alle Ehre. Er hypnotisiert den Hörer mit einer optimalen Melange aus harten, griffigen Riffs und sehr schönen Gitarrenharmonien, die von Sänger David White-Godfrey mitgetragen werden. Das ist technischer Thrash auf höchstem Niveau und zudem melodisch hoch zehn. Wer da nicht sofort im Takt mit dem Kopf wackelt, hat den Metal verpennt. „Opiate Of The Masses“ macht genau an selber Stelle weiter. Höchst melodisch, knallharte Riffs, technisch perfekt auf den Punkt gespielt und Ohrwurm Melodien en masse. Mit dem folgenden „Heathen’s Song“ gibt es eine Neueinspielung des Bandklassikers vom Debüt „Breaking The Silence“ zu hören. Die hier vorliegende Version ist schlussendlich allein aufgrund des besseren Sounds dem Original vorzuziehen. Die neu arrangierten Gesangsmelodien passen 1991 ebenfalls besser zu HEATHEN als 1987. Auch der akustische Anfang kommt hier wesentlich atmosphärischer rüber, als noch auf dem Debütalbum. Zudem wurde das Lied noch um drei Minuten erweitert, was dem Song eine ganz neue Dynamik gibt. Als Abschluss von LP-Seite A steht mit bereits erwähnten „Kill The King“ ein perfekt gelungenes Cover des RAINBOW-Klassikers. Zwar haben auch schon andere Bands (u.a. PRIMAL FEAR, LIEGE LORD) diese Nummer nachgespielt, aber noch keiner ist es gelungen so nah und lebendig an das Original zu kommen, wie eben HEATHEN. Die A-Seite der LP ist also schon einmal zeitlos genial.

Die Erwartungshaltung ist nach einer solch genialen A-Seite natürlich groß. Können HEATHEN das Niveau der erste LP-Seite halten? Natürlich können sie. „Fear Of The Unknown“ fängt sehr atmosphärisch an, ist aber eine ähnliche Thrash-Granate wie die Songs der ersten Seite. Hart und melodisch zugleich, aber ebenfalls mit einer superben Hookline gesegnet, macht der Song genau da weiter, wo „Heathen’s Song“ aufgehört hat. Mit „Prisoners Of Fate“ folgt eine Power-Ballade, die in den Achtzigern das Zeug zum Stadionhit gehabt hätte. Ein wundervoller Song mit einer schön fragilen Melodie, den David White-Godfrey herzergreifend intoniert. Definitiv ein Highlight und den ganzen Top-Songs. Mit „Guitarmony“ folgt ein Instrumental, das vor allem für (angehende) Gitarristen interessant ist. Nichtsdestotrotz passt das Stück erstklassig an genau die Stelle der Scheibe und läutet den folgenden Brecher „Mercy Is No Virtue“ ein, der völlig konkurrenzlos alles niederbrettert. Auch das abschließende „Timeless Cell Of Prophecy“ geht noch einmal in die Vollen und zeigt dem Hörer, wo der Thrash-Hammer hängt. Hier spielen HEATHEN alle ihre Trümpfe wieder gekonnt aus. Melodie, knackige Riffs, makelloses Songwriting und göttliche Vocals sind die Zutaten, die nicht nur den Song, sondern „Victims Of Deception“ im Allgemeinen auszeichnen.

Ein Fazit? Das zweite HEATHEN-Album ist nicht nur das Magnum Opus der Band, sondern gleichzeitig auch das beste Metalalbum aller Zeiten. Warum das so ist? Weil hier, wie nirgends sonst, Produktion, Songwriting, textliche Tiefe, harte Riffs, eingängige Melodien und ein gelungenes Coverartwork Hand in Hand gehen. Besser kann man Heavy Metal nicht spielen und es ist echt traurig, dass die Band so spät dran war. 1991 war Thrash Metal fast schon wieder auf dem absteigenden Ast. Wenn dieses Album 1986 herausgekommen wäre, würden HEATHEN heute einen ähnlichen Status wie METALLICA innehaben. Da bin ich sicher. (CB)

Sammlungswürdig: Das beste Metalalbum aller Zeiten? Aber sicher.

Wichtige Songs: Alle

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18.09.2020

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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1 Kommentar zu Heathen - Der "schmale" Diskografie-Check

  1. thrash-head sagt:

    Die Alben 1-3 sind gut beschrieben, aber das neue Output hat meines Erachtens nichts/kaum was mit Thrash zu tun.
    Auch der Abschluss-satz „…jetzt da SLAYER (leider) Geschichte sind! “
    suggeriert eine Vergleichbarkeit mit Slayer…Sorry totaler Bullshit!

    Grüße